Citta (Chitta) wird zumeist als Geist oder Bewusstsein übersetzt, im Englischen: Mind.

Ich übersetze es im Kapitel Yoga Sutras des Patanjali zumeist mit Geist; oftmals liest man es als Bewusstsein übersetzt. Aber Geist steht für mich eher für etwas Manifestes, und Citta ist ja eine Manifestation des Cit, des Bewusstseins. Bei Patanjali meint dieses "Geist" alles aus Denken und Empfinden.

Sutras, die das Citta behandeln

Citta in Vielfalt

Govindan weist darauf hin, dass Citta von Patanjali nirgends erläutert wird, doch einige Hinweise ergeben sich aus dem Zusammenhang der jeweiligen Textstelle. Zum Beispiel in Sutra IV-23: Wenn der Geist in der Lage ist, den Sehenden und das Gesehene widerzuspiegeln, versteht er alles. Anders: Das Bewusstsein - Citta - wird gefärbt durch das wahre Selbst - den Seher, Sehenden - und die Manifestationen der Natur - dem Gesehenen. Oder: Leid entsteht, wenn der Mensch sich mit dem Gesehenen und nicht dem Seher identifizieren. Etwas blumiger ausgedrückt: Wir identifizieren uns mit unseren Träumen, nicht mit dem, was wir sind.

Sriram schreibt: Eine Funktion des Citta ist die Erinnerung. Smrti. Wir können uns erinnern, wie wir etwas gelöst haben oder können über eine Vorurteils-Erinnerung an unserem Glück vorbeilaufen. So sind die Funktionen des Cittas mal hinderlich, mal förderlich oder mal neutral.

Citta ist also vielschichtig und beschränkt sich nicht auf Verstandesdenken oder Emotionen. Es ist der Filter vor dem Seher (Purusha, unser gesamtes "normales Innenleben", das wir zum großen Teil als Ich ansehen, neben unserem Körper.

Citta kann auch mal für Psyche, für Erkenntnisfähigkeit, Willenskraft, Motivation, Bewegungen des Denkens, Gemütszustände, Gefühle, Vorstellungen, Zerstreuungen im Geist, psycho-mentale Modifikationen, Fluktuationen im Bewusstsein oder Unterscheidungsvermögen stehen.

Wortstamm

Wortwurzel Cit (Chit): Bewusstsein. Wenn dieses Cit sich reflektiert und "durch etwas Feinstoffliches wirkt", entfaltet es sich als Citta.

Sriram nennt Citta das meinende Selbst. Man könnte das Citta nirgend sehen, es aber wie das Feld eines Magneten spüren.

Deshpande/Bäumer schreiben: Der Wortstamm Cit heißt so viel wie "sehen, erkennen", Citta ist das Passivpartizip des Verbes und könnte entsprechend mit "Das Gesehene, das Erkannte" übersetzt werden. All dies, was wir in der Vergangenheit gesehen und erkannt haben, bildet unser Bewusstsein.

Iyengar übersetzt Cit als Verb mit wahrnehmen, bemerken, erkennen, verstehen, ersehnen, begehren, erinnern. Als Substantiv dann: Gedanke, Emotion.

Citta erleben

Citta ist somit eigentlich mehr als der Geist, es bezeichnet unseren Zustand. Man kann es auch als Denkweise, Denkart oder Zustand des Geistes erleben. Du kannst das live nachvollziehen, wenn du in einem Zustand innerer Ruhe durch die Stadt gehst oder in einem Kontext, in dem du zu einem Termin musst. Du wirst die Menschen, den Verkehr und die Atmosphäre unterschiedlich erleben.

Noch stofflich

Iyengar, der in den Sutras Citta mit Bewusstsein übersetzt) definiert Citta auch als subtilste Form der kosmischen Intelligenz Mahat, welche das Grundprinzip oder die Quelle des Prakriti, der stofflichen Welt, ist. Citta ist also noch stofflich, während Purusha ganz anderer Natur ist.

So erklärt sich auch die Umschreibung von Citta als Schleier über dem wahren Selbst, dem Seher. Du siehst alles durch diesen Schleier. Yoga will diesen Schleier lüften, so dass du die Welt siehst, wie sie ist.

Wandlungsfähig

Dieses Citta ist ständig im Wandel, über den Tag, von Woche zu Woche, von Jahr zu Jahr. Der Purusha hingegen bleibt immer gleich.

Swami Vishnu-devananda schreibt, Chit umfasst vier Bewusstseinszustände:

  • Wachen
  • Träumen
  • Tiefschlaf
  • Samadhi

Iyengar schreibt, die indische Philosophie untergliedert Citta in drei Aspekte:

  • innerer Sinn, der mit objektiven Mitteln zu Erkenntnis gelangt: Manas
  • Die eigentliche Intelligenz: Buddhi. Wächst durch Erfahrung, führt zu Weisheit.
  • Das Ego: ahamkara

Die inneren Vorgänge

Citta kann als geistiges und psychisches Organ gesehen werden, als die Einheit der seelischen Funktionen wie Denken, Gefühl und aktives Bewusstsein. Citta als Ort aller inneren Vorgänge.

Diese Vielfalt wird auch in dem Ausdruck "Geistsee" deutlich, der manchmal für Citta verwendet wird. Dieser Geistsee wird durch Yoga zur Ruhe gebracht, ausgeglichen, so dass das Purusha darin hervorscheinen kann.

Störende Vrittis

Es wird immer Vrittis, Bewegungen im Citta geben, da die Welt sich wandelt. Aber wenn man unter dem Citta den Purusha erkannt hat, stellt das kein Problem mehr dar. Man hat ja dann sein wahres Selbst erkannt.

Also: Hier ist Citta - dann kommen die Vrittis, die Gedanken, Meinungen, Gefühle - und dann ist da die Welt. Was ankommt, ist ein Mix, eine Vorstellung von der Welt. Sind die Vrittis beruhigt, kann der Geist die Welt so sehen, wie sie ist. Und das eigene Selbst.

Eine weitere Vorstellungshilfe: Citta ist wie eine Linse, die zwischen dem Seher und der äußeren Welt liegt. Alle Vrittis trüben die Linse, mit Yoga machen wir sie rein und klar, so dass das Licht der Seele ohne Hindernis hindurchscheinen kann.

Mit der Klarheit kommt das Streben

Iyengar schreibt: Ein von allen sinnlichen Verstrickungen erlöstes Citta strebt von selbst dem Atman, dem Purusha, zu, wie die Schwerkraft einen Körper anzieht.

Verschiedene Aspekte des Citta

Aus dem Buch "Der Urquell des Yoga" von Iyengar:

  • citta bhava: Das Fühlen des Geistes
  • citta jnana: Wissen des Geistes
  • citta laya: beruhigter Geist
  • citta prasadana: gleichmäßige Verteilung des Geistes (gilt als günstig)
  • citta sakti: Kraft des Geistes, "Energie der Schau", Geisteskraft, Erkenntnisvermögen, Deshpande/Bäumer definieren es auch als Eigenwesen des Purusha.
  • citta suddhi: Klarheit des Geistes
  • citta viksepa: zerstreuter Geist
  • citta vritti: Bewegung/Veränderung/Schwankung im Geist, seelisch-geistige Voränge, siehe Sutra I-2.

Fazit und Ziele des Yogas

Ein Sadhaka (Schüler) des Yogas strebt danach, seinen Geist(see) rein und klar zu machen. Dies gelingt über die Beruhigung der Wellen (Vrittis) im Geist(see). Willenskraft spielt hierbei eine Rolle, aber die Vrittis sollen nicht unterdrückt werden, sondern über die Techniken des Yogas und die ethischen Lebensregeln zur Ruhe kommen. Yoga als Mittel zur Zügelung, Beruhigung und (final) Unterdrückung. Wenn der Sadhaka alle inneren Bewegungen angehalten hat, ist das Ziel des Yogas erreicht. Beim Yoga ist sozusagen der Weg auch das Ziel.

 

Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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