kind betet auf teppich l 564

Dann sagte die Priesterin:

"Sprich zu uns vom Gebet."

Und er antwortete, sagte:

[er=der Prophet Almustafa, der 12 Jahre auf sein Schiff gewartet hatte, das ihn jetzt endlich in seine Heimat zurückbringen sollte. Vor seiner Abreise baten ihn einzelne Einwohner der Stadt Orphalese, ihnen ein letztes Mal seine Einsichten zu einem bestimmten Thema zu erläutern]

Ihr betet in Verzweiflung und Not.
Würdet ihr doch auch beten
in der Fülle eurer Freude und in euren Tagen des Überflusses.

Denn zu was anderem ist das Gebet da,
als für die Ausdehnung von euch selbst in den lebendigen Äther [Raum des Himmels]?

Und wenn es zu eurem Trost ist, wenn ihr [im Gebet] eure Dunkelheit in den Raum ausschüttet,
so ist es [das Gebet] auch zu eurer Freude, wenn ihr [darin] die Morgenröte eures Herzens verströmt.

Und auch wenn ihr [gerade] nicht anders könnt als zu weinen, wenn eure Seele euch zum Gebet ruft,
so sollte sie euch wieder und wieder [zum Gebet] anspornen, trotz aller Tränen,
bis ihr wieder lacht.

Wenn ihr betet, erhebt ihr euch in die Luft und trefft dort jene,
die ebenfalls zu dieser Stunde beten,
und welche ihr nur im Gebet treffen könnt.

Darum lasst euren Besuch dieses unsichtbaren Tempels für nichts anderes
als für Verzückung und süße Gemeinschaft sein.

Wenn ihr den Tempel für keinen anderen Zweck betretet als zu fragen [verlangen],
so werde ihr nicht erhalten:

Und wenn ihr eintretet, um euch selbst zu erniedrigen,
so werdet ihr nicht erhöht.

Sogar wenn ihr ihn betretet, um für das Wohl anderer zu bitten,
werdet ihr nicht erhört.

Es genügt, wenn ihr den unsichtbaren Tempel betretet.

Ich kann euch nicht lehren, wie man in Worten betet.

Gott hört nicht auf eure Worte,
außer, wenn er selbst diese Worte über eure Lippen spricht.

Und ich kann euch nicht das Gebet der Meere
und Wälder und Berge lehren.

Aber ihr, die ihr aus den Bergen, den Wäldern und den Meeren geboren seid,
könnt euer Gebet in euren Herzen finden.

Und wenn ihr nur der Stille der Nacht zuhört,
so werdet ihr sie in Stille sagen hören:

"Unser Gott, der unser geflügeltes Selbst ist, es ist dein Wille in uns, der will.

Es ist dein Begehren in uns, das begehrt.

Es ist dein Drang in uns, der unsere Nächte, die deine sind, in Tage wendet,
die ebenfalls dir gehören.

Wir können dich nicht wegen irgendetwas fragen,
denn du kennst unsere Bedürfnisse, bevor sie in uns [überhaupt] emporsteigen:

Dich brauchen wir; und indem du uns mehr von dir gibst, gibst du uns alles."

Aus: Khalil Gibran "Der Prophet"; Übersetzung mit Anmerkungen: Peter Bödeker (2019)
[...] = Einfügungen von Peter Bödeker

 

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Siehe auch:

prioritaeten orden 564

Pater Franz Jalics, Exerzitienmeister des Ordens der Societas Jesus, hat fünf Lebensregel für die Mönche der "Gesellschaft Jesu" aufgestellt. Die Befolgung dieser Regeln soll zu einem erfüllten Leben führen und würde das seinige zur Unterstützung unseres Yoga-Weges leisten. Wer aber bei den Lebensregeln des Paters primär an religiöse Exerzitien denkt, der irrt erst einmal ... 

Mich hat überrascht, welche Priorität der umtriebige Priester an die oberste Stelle gesetzt hat! 

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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