Mit Yoga inneres Glück finden – Praxis und Philosophie vereint
"Das Leben kann kein anderes Ziel haben als das Glück, Freude. Nur dieses Ziel - Freude - ist des Lebens völlig würdig. Verzicht, das Kreuz, Hingabe des Lebens, alles für die Freude."
Leo Tolstoi, Tagebücher (1892)
Viele alte Yogaschriften betonen, dass das tiefste Glück nicht in äußeren Umständen, sondern im Inneren des Menschen zu finden ist. Dieses Glück ist jedoch nicht immer im Sinne eines dauerhaften emotionalen Hochgefühls zu verstehen, sondern als Zustand innerer Freiheit und Ruhe (Kaivalya oder Moksha), in dem Leid aufgehoben ist. Manche Texte beschreiben diesen Zustand als Glückseligkeit (Ananda), andere als friedvolle Losgelöstheit.
Doch was kann ich vorher tun, um mittels Yoga (wir besprechen auch weitere glücksfördernde Faktoren) dieses Glück zu finden?
Kurz zusammengefasst
- Ursprung im Yoga: Klassische Yogaschriften wie die Bhagavad Gītā und das Yoga Sūtra betonen nicht primär emotionales Hochgefühl, sondern einen Zustand innerer Ruhe und Befreiung.
- Psychologie & Biologie: Während moderne Glücksforschung zeigt, dass ein nicht unerheblicher Teil unseres Wohlbefindens beeinflussbar sind, weist Forschung zu Yoga auf erhöhte Körper- und Selbstwahrnehmung, Stressreduktion und Nervensystem-Regulation hin.
- Praxis statt Perfektion: Glück durch Yoga entsteht nicht durch perfekte Asanas, sondern durch regelmäßige (geistige) Übung (Abhyāsa), Loslassen (Vairāgya) und im Alltag gelebte Achtsamkeit.
- Moderne Lebenswelt: In der digitalen Zeit wird Yoga zur Gegenbewegung gegen Reizüberflutung; Glück ist nicht mehr nur „mehr haben“, sondern „mehr sein“.
- Soziale und kritische Perspektive: Yoga fördert Mitgefühl und Gemeinschaft – gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass Yoga kein schnelles „Glückstraining“ ist, sondern ein langfristiger Weg zu Gelassenheit.
- Anwendung im Alltag: Atemübungen, Meditation, bewusste Körperhaltungen und Alltags-Mini-Rituale schaffen Mikro-Momente des Glücks – sie machen Glück erfahrbar, nicht nur erklärbar.
Details und Erläuterungen zu allen Punkten im weiteren Artikel.
Yoga-Philosophie und modernes Wohlbefinden
Während Glück heute häufig mit Emotionen wie Freude, Zufriedenheit oder Genuss gleichgesetzt wird, versteht die Yogaphilosophie Glück als inneren Zustand des Gleichgewichts. Im Sanskrit gibt es dafür gleich mehrere Begriffe: Sukha beschreibt ein angenehmes, weiches, „leichtes“ Lebensgefühl – das Gegenteil von Duhkha, dem Zustand des Unbehagens. Ananda hingegen steht für das, was jenseits aller Schwankungen liegt: die Glückseligkeit des reinen Bewusstseins.
Diese Unterscheidung ist bedeutsam, weil sie zeigt, dass Yoga nicht das Ziel verfolgt, ständig „glücklich“ zu sein, sondern Frieden zu finden – selbst in Unglück und Unruhe. Das ist eine Form von Glück, die bleibt, wenn alles andere schwankt.
Yoga und Glück in alten Schriften
Zunächst eine kleine Auswahl zu "Yoga und Glück" in alten Schriften.
Bhagavadgîtâ (um 300 v. Chr.)
(5.2) Entsagung und der Yoga der Handlung führen beide zur höchsten Glückseligkeit, aber von beiden ist der Yoga der Handlung dem Verzicht auf das Handeln überlegen.
weiter in 5.24:
Der, welcher kein Glück, keine Freude, kein Licht findet außer im Innern, der mit Brahman identifizierte Yogin erreicht das Nirvana, das Brahman ist.
In der Bhagavadgītā (5.2) heißt es also, sowohl Entsagung als auch der Yoga des Handelns führten zur höchsten Vollendung, doch sei der Yoga des Handelns der Entsagung überlegen. Das Ziel ist dabei ein Zustand des inneren Friedens und der Befreiung, vermutlich nicht ein emotionales oder euphorisches Glück im weltlichen Sinn.
Im Mahâbhârata (12.187.51, ab 400 v. Chr.) wird einen Knoten (granthi) im Herzen erwähnt, dessen Auflösung Glück bringen soll.
Yogasutra (ca. 400 n. Chr.)
Yoga Sutra I-12: Übung (Abhyasa) und Nichtanhaften (Vairagya) führen zur Beruhigung der Bewegungen des Geistes (Nirodha)
Yoga Sutra I.12 erklärt: Die Bewegungen des Geistes kommen durch beständige Übung (abhyāsa) und Losgelöstheit (vairāgya) zur Ruhe. Damit ist weniger eine willentliche Kontrolle der Geistesbewegungen gemeint als das schrittweise Erreichen des Zurruhkommens dieser Bewegungen (Gedanken, Gefühle, Erinnerungen ...), hin zu innerer Gelassenheit und Klarheit.
Buddha äußert sich diesbezüglich im Udāna 2.2 des Pāli-Kanons:
„Magst du auch Sinnenglück und Glück des Himmels finden,
Viel größer ist das Glück, den Drang zu überwinden."

Ishvara Gita (7.-10. Jhd.)
Nicht-Sein-Yoga und das Große Yoga. Der Herr (Gott) sagte:
11.7 Und das, indem man das Selbst als immer glückselig und rein wahrnimmt, ist Einssein mit mir, welches als das Große Yoga des höchsten Herren bezeichnet wird.
Yogabija (14. Jhd.) von Gorakhnath
87 Da ist kein Verdienst/Wert größer als Yoga, keine Freude, kein Glück größer als Yoga, und nichts feinsinniger als Yoga, denn da ist kein Pfad höher als Yoga.
Die Göttin fragte:
88 Herr, was ist Yoga genau? Wie wird es praktiziert? Was geschieht als Ergebnis von Yoga? Bitte gebe mir auf dies alles eine Antwort, oh Sankara.
Der Gott sagte:
89 Die Vereinigung von Apāna [von oben nach unten sich bewegender Hauch (Vayu) im Körper] und Prāṇa [umgekehrt fließende Lebensenergie], die Vereinigung der eigenen Rajas (eine der drei Gunas: Leidenschaft) und [der eigenen] Samen, die Vereinigung von Sonne und Mond, die Vereinigung der individuellen Seele und der höchsten Seele
90 und in derselben Weise die Vereinigung von allen Dualitäten, das wird Yoga genannt.
In Roots of Yoga heißt es: Die Yogabija beschreibt in ähnlicher Weise Laya Yoga als die Auflösung des Geistes, wodurch der Atem beständig wird und der höchste Zustand des Glücklichseins - charakterisiert als "Glückseligkeit im eigenen Selbst" (svatmananda) - erhalten wird.
Hatha Yoga Pradipika (15. Jhd.)
Vers 4-2: Nun werde ich hier die beste Methode zum Erlangen von Samadhi erklären.
Swatmarama (Autor der Pradipika) verspricht:
4-2: Dadurch erlangt man Wohlbefinden, überwindet den Tod und empfängt göttliche Wonne.
Alternativübersetzung: Nun werde ich den höchsten Prozess von Samadhi erklären, welcher den Tod besiegt, ein Mittel zum Erreichen von Glück ist und der beste Verursacher von der Wonne von Brahman ist.
In anderen Worten: Swatmarama verspricht hier: Du kannst (dauerhaft) glücklich werden. Ja, noch mehr: Göttlicher Wonne teilhaftig werden. Hier auf Erden, jetzt. Die „Überwindung des Todes“ ist dabei vermutlich symbolisch gemeint – sie könnte für die Erfahrung des unvergänglichen Selbst jenseits von Körper und Ego stehen.
Weiter unten in der Pradipika heißt es:
Zu Nishpatti – Vollendung im Raja Yoga
- 4-76: Nun folgt der Zustand des Nishpatti. Wenn der Knoten des Rudras (im Ajna-/Stirn-Chakra) durchstoßen wurde und der Lebenshauch zum Sitz Shivas gelangt ist, ertönt der Klang einer Flöte ...
- 4-77: Dann ist der Geist eins geworden. Das nennt man Raja Yoga. Der Yogi wird wie Ishvara (Gott) Schöpfer und Auflöser.
- 4-78: Dann mag Erlösung gegeben sein oder auch nicht, aber in diesem Zustand völliger Versunkenheit ist ungebrochene Glückseligkeit.
Gheranda Samhita (18. Jhd.)
5-57 Durch die Atemkontrolle erhält der Yogi die Fähigkeit, sich im Äther zu bewegen; durch Atemkontrolle werden Krankheiten zerstört; durch Atemkontrolle wird die Göttin (śakti) geweckt; Durch die Atemkontrolle gelangt der Geist in den supramentalen Zustand. Glückseligkeit entsteht im Verstand und der Praktiker der Atemkontrolle wird glücklich.
Das Glück der Erkenntnis: Sat-Chit-Ananda
In der Vedanta-Philosophie wird das Selbst (Ātman) als Sat-Chit-Ananda beschrieben – Sein, Bewusstsein und Glückseligkeit. Diese drei Aspekte sind untrennbar: Wenn der Mensch in seiner wahren Natur ruht, erlebt er nicht mehr Glück über etwas, sondern Glück als sein Wesen selbst.
Das klingt abstrakt, doch viele Yoga-Übende kennen Momente, die dem nahekommen: Wenn der Geist ruhig wird, der Atem gleichmäßig fließt und für einen Moment alles einfach „gut“ ist – ohne Grund. Das ist kein ekstatisches Glück, sondern ein stilles, zufriedenes, waches Dasein.

Menschen suchen auf vielen Pfaden nach dem Glück
"Weltliches" Glück
Beginnen wir unsere Suche nach dem Glück im profanen Leben. Alle Ereignisse der Geschichte können als ein Streben nach Glück gedeutet werden. Jene trachten mit aller Kraft nach einem gutbezahlten Job, diese jagen Tag für Tag nach einem High bei exzessivem Sport. Damals suchten die Nationen das Glück in der Eroberung fremder Länder, heute im Wachstum des Bruttosozialproduktes. Wir könnten viele weitere Glückdefinitionen finden.
Und dann gabs und gibt's da noch die Yogis. Die suchen das Glück – wie eingangs dargelegt – im Inneren. Wir konkretisieren das gleich. Doch schauen wir vorher noch, was denn die aktuelle Forschung zum Thema Glück (im amerikanischen Happiness) zu sagen hat.
Gute soziale Beziehungen gelten als profunde Glücksgaranten
Wissenschaft vom Glück
Von einer gewissen Warte aus betrachtet kann man zusammenfassen, dass die Wissenschaft vom Glück (Happiness-Forschung) dieses für relativ hält. Einkommenswachstum bewirkt nur bis zu einer – kulturabhängigen – Grenze ein signifikantes Glückswachstum, hat man erst einmal ein gutes Auskommen, bringt selbst eine Gehaltverdopplung gefühlt kaum einen Glückszuwachs.
Man hat ebenso festgestellt, dass sogar chronische Krankheit und Behinderung unser Glücksempfinden nicht lange nennenswert beeinträchtigen, wenn diese nicht mit ständigen Schmerzen oder anhaltenden sozialen Problemen einhergehen. Studien zur sogenannten „hedonischen Anpassung“ zeigen, dass Menschen sich an viele Veränderungen ihres Lebensstandards gewöhnen und oft zu einem stabilen Glücksniveau zurückkehren. Wir gewöhnen uns stattdessen einfach an ein Problem und kehren zu unserem vorherigen Glücksniveau zurück.
Diese Anpassung ist jedoch nicht vollständig: Dauerhafte Schmerzen, schwere Krankheiten oder soziale Isolation können das Wohlbefinden langfristig mindern.
Ähnlich verhält es sich mit dem sprunghaft angestiegenen Glücksniveau nach einem Lottogewinn, das nach einem Jahr wieder auf das ursprüngliche Niveau abgesunken ist. Nur umgekehrt.
An die Gebrechen des Alters können wir uns gewöhnen. Glückshemmend wäre nur, wenn alle um uns herum deutlich gesünder sind.
Der Vergleich
Zudem hängt unser Glücksniveau stark von unseren Erwartungen ab: Wenn wir uns immer eine Villa mit Meerblick erhoffen, werden wir von einer Doppelhaushälfte kein Glücksgefühl erwarten dürfen. Wenn wir vorher aber schon mit dem Leben in einer kleinen Mietwohnung zufrieden waren, wird so ein Doppelhaus als echter Luxus erscheinen – und uns entsprechend glücklich machen. Für eine gewisse Zeit.
Ähnliche Probleme haben Jugendliche im Zeitalter von Youtube und Co. Vor einigen hundert Jahren hatten diese als Peergroup – als persönlichen Vergleichsmaßstab – nur die Menschen in ihrem Dorf. Unter denen ragten sie mit ihrer jugendlichen Frische hervor wie ein Kopfstand unter lauter Shavasanas. Heutzutage aber sind die sportgestählten, reichen und schlanken Helden dieser Welt das Maß der Dinge. Vorhandene Schwächen werden bei deren Auftritten natürlich wegretuschiert oder bleiben den Kameras verborgen. Wer kann gegen solche Vergleiche bestehen?
Familie - für viele ein wichtiger Glücksbaustein
Familie und Freunde
Einen ganz entscheidenden Faktor für unser subjektives Wohlbefinden sehen Glücksforscher in stabilen (und positiven) Familien- und Sozialstrukturen. In einem Satz: Wer sich in einer Gemeinschaft geborgen fühlt, ist glücklich.
Glück ist ansteckend
Yoga gilt oft als Weg nach innen, doch paradoxerweise öffnet er nach außen. Wer regelmäßig übt, wird oft gelassener, freundlicher, aufmerksamer – und genau das verändert Beziehungen. Studien zeigen, dass mitfühlendes Verhalten und soziale Verbundenheit zu den stärksten Glücksfaktoren gehören. In der Yogaphilosophie spiegelt sich das in den Yamas und Niyamas: Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Zufriedenheit.
Ein friedlicher Geist ist kein Luxusgut, sondern ein Geschenk an die Gemeinschaft. Glück wird dadurch zu etwas Wechselseitigem – es wächst, wenn es geteilt wird.
Sind Tiere glücklich?
Die Biologie des Glücks
Leider, leider (oder für andere: glücklicherweise) scheint unser allgemeines Glücksniveau zum großen Teil angeboren.
Unsere Gefühlswelt ist darauf ausgelegt, immer wieder nivelliert zu werden. Keine Ekstase soll ewig anhalten (dann würden wir vielleicht verhungern), niemand soll ewig traurig bleiben, wenn ihm ein schlimmes Ereignis widerfahren ist.
Unsere Gefühlswelt pendelt sich nach solchen Ausschlägen immer wieder in Richtung Normalniveaus ein. Dieses soll – so sagen Biologen – weitgehend determiniert sein. Wenn du also auf der Gefühlsskala eine 5 (von 10 möglichen Punkten für höchstes Glück) bist, wirst du immer mal wieder in 7 leben können, Insbesondere dann, siehe oben, wenn du in einem glücklichen sozialen Umfeld lebst.
Aber es gibt halt auch Menschen mit Glücks-Normalniveau 8, die an schlechten Tagen gerade mal auf eine 6 kommen.
Die spannende Frag lautet: Wenn ich genetisch eine 7 mit Schwankung 5 bis 9 bin, wie stabilisiere ich mich eher bei 8 bis 9 als bei 5-6? Schauen wir auf die Thesen einer modernen Happiness-Forscherin:
Yoga und Neurobiologie des Glücks
Neurowissenschaftlich betrachtet wirkt Yoga wie ein natürlicher Stimmungsregulator. Durch gleichmäßige Atmung, Bewegung und meditative Fokussierung wird das parasympathische Nervensystem aktiviert – jenes System, das für Ruhe und Regeneration sorgt. Der Körper schaltet um vom „Kampf-oder-Flucht“-Modus in den „Ruhe-und-Verdauung“-Zustand.
Gleichzeitig fördern bestimmte Yogaformen – insbesondere solche mit bewusster Atemlenkung – die Ausschüttung von GABA, einem Neurotransmitter, der innere Ruhe erzeugt. So und mithilfe weiterer ähnlicher Mechnismen entsteht womöglich ein biologisches Fundament für das, was spirituell als „Sattva“ – Klarheit und Harmonie – beschrieben wird.
Sonja Lyubomirsky: Das eigene Glück lässt sich fördern
Die 12 Wege zum Glück nach Sonja Lyubomirsky
Sonja Lyubomirsky schreibt in ihrem Buch "Glücklich sein: Warum Sie es in der Hand haben, zufrieden zu leben" von Glücksforschungen an Zwillingen. Diese haben ergeben, dass 50 Prozent eines menschlichen "Glücklichkeits-Levels" genetisch bestimmt sind, 10 Prozent von den Lebensumständen abhängen und die restlichen 40 Prozent der gefühlten Lebenszufriedenheit in der Hand eines jeden Menschen selbst liegen.
Lyubomirsky nennt 12 Punkte, mit den wir unsere optimales Glückslevel ausschöpfen:
- Entwickle Dankbarkeit
- Kultiviere eine optimistische Lebenshaltung
- Vermeide negative Gedanken wie Grübeleien und soziale Vergleiche
- Sei freundlich und hilfsbereit
- Pflege gute Beziehungen
- Finde Flow-Aktivitäten, bei denen du ganz bei der Sache bist
- Finde deine Lebensziele und verpflichte dich ihnen
- Genieße die glücklichen Momente des Lebens, rufe sie immer wieder ins Gedächtnis
- Entwickle Strategien, schwere Zeiten zu meistern
- Lerne vergeben
- Praktiziere Religion und/oder Spiritualität
- Trage Sorge für deinen Körper
Psychologische Forschung und Yoga-Praxis
Auch die moderne Psychologie entdeckt zunehmend, was Yogis seit Jahrtausenden wissen: Körper und Geist sind keine getrennten Systeme. Studien der positiven Psychologie zeigen, dass Achtsamkeitspraktiken – zu denen auch viele Formen des Yoga gehören – die Aktivität im präfrontalen Kortex erhöhen, also in dem Hirnareal, das für Gelassenheit und Selbstregulation zuständig ist.
Zudem wirken regelmäßige Atemübungen (Pranayama) und Meditation messbar auf das Stresssystem: Sie senken Cortisol, stabilisieren den Blutdruck und fördern die Resilienz.
Das Glück, das sich daraus ergibt, ist weniger spektakulär, eher leise – ein Glück der Stabilität und Klarheit, das uns nicht nur besser fühlen, sondern auch klarer denken lässt.
Yoga-Glück hat wenig mit perfekten Asana-Ausführungen zu tun
Glücksfalle Streben nach Reichtum
Viele Menschen nutzen (vergeuden?) einen Großteil ihrer Zeit damit, nach Ruhm und Geld zu streben. Am Ziel angekommen, verpufft die Wirkung der vermeintlichen Glücksverheißer allzu schnell und wir sacken wieder auf unser normales Niveau ab. Gibt es erfolgversprechendere Glückswege?

Der Sinn und das Glück
"Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie."
Das Leben junger Eltern besteht zum nicht geringen Teil aus Zeiten der Sorge, des Lärmes, der Arbeit, des mangelnden Schlafes, fehlender Rückzugsmöglichkeiten und des Zeitmangels. Dennoch betrachten viele Eltern die Kleinen als das Glück ihres Lebens. Ein Widerspruch?
Es scheint so, als ob ein hartes Leben, das als sinnvoll erlebt wird, deutlich erfüllender ist als eines voller angenehmer Momente, das wir dafür als sinnlos ansehen. (Mache dir das bewusst, wenn du das Nächste mal überlegst, ob du lieber eine Yoga-Runde übst oder eher eine Serie schauen solltest)
Selten bis nie ist dies übrigens ein "objektiver" Sinn. Sinnhaftigkeit wird bei den meisten Menschen von ihrem Glauben und(oder der momentanen Kultur bestimmt. Siehe: Wie gebe ich meinem Leben einen Sinn?

Herz-Meditationen wollen die innere Freude fördern
Zwischenfazit: Vorteil Yoga
Wenn wir die bisherigen Glücks-Fakten mit dem Weg des Yoga abgleichen, kommen wir auf zahlreiche Yoga-Glückspunkte:
- Eine fordernde Praxis, die als sinnvoll angesehen wird.
- Die Lehre des Yogas enthält die Unsterblichkeit der Seele und mit der Karmalehre eine inhärente Sinnhaftigkeit aller Ereignisse. Zudem verspricht die Yoga-Philosophie uns eine hohe Selbstwirksamkeit – ebenfalls ein wichtiger Punkt für Zufriedenheit.
- Viel Energie (Prana) durch Asana und Pranayama, was sicherlich das eigene Glückslevel anhebt.
- Eventuell: Eine spirituelle Gemeinschaft, mit der wir gemeinsam üben und in der wir uns geborgen fühlen.
Doch die Yogalehre zielt eigentlich nicht auf derartige Glückspunkte ab. Zudem sind alle obigen Elemente noch nicht das "Ananda", was ein Yogi im Samadhi erleben soll.
Alltagsbezug – Glück durch gelebte Praxis
Was bedeutet das aber für den Alltag?
Es ist leicht, sich in philosophischen Begriffen zu verlieren. Doch Yoga entfaltet seine Kraft erst im Tun – und im Dranbleiben. Abhyāsa, die Übung, ist kein heroischer Akt, sondern eine stille Entscheidung, jeden Tag aufs Neue anzufangen. Fünf Minuten Atemachtsamkeit am Morgen, eine bewusste Körperhaltung beim Arbeiten, ein freundlicher Gedanke anstelle eines gereizten Kommentars – das ist Yoga im Alltag.
Solche Mikropraktiken verschieben unmerklich den inneren Schwerpunkt: vom Reagieren zum Wahrnehmen, vom Wünschen zum Sein. Und genau dort, irgendwo zwischen Ein- und Ausatmen, beginnt das Glück, von dem die alten Schriften sprechen.

Glück im Buddhismus
Die buddhistischen Lehren zielen stark auf das Anheben des Glücksniveaus eines Menschen ab. Hier finden wir ein ganz anderes – eher in die Richtung der Yoga-Philosophie gehendes – Glücksverständnis.
Glück, so die Lehre Buddhas, hängt nicht von subjektiven Empfindungen, Hormonen oder sinntragenden Tätigkeiten ab. Das Gegenteil ist der Fall: Wahres Glück kann in uns wachsen, wenn wir dem Glück nicht länger in Form von Illusionen und Anhaftungen hinterherlaufen. Unglück entsteht gerade dadurch, dass wir an glücklichen Empfindungen festhalten wollen und darunter leiden, wenn das Leben doch wieder anders verläuft.
In der buddhistischen Lehre sind deshalb auch angenehme Empfindungen nicht an sich das Problem, sondern die Anhaftung an sie. Wahres Glück entsteht, wenn wir lernen, Empfindungen und Gedanken zu beobachten, ohne uns an sie zu klammern. Dadurch entsteht Gelassenheit und Einsicht in die Vergänglichkeit.
Wer die Jagd nach den "angenehmen Schwingungen" aufgibt, dessen Geist kommt in den Frieden und hier findet sich Ruhe, Klarheit und Zufriedenheit. Wer einmal diesen Zustand erlangt hat, soll sich nicht mehr nach den normalen kulturellen Glücksbausteinen sehnen.
Es geht dem Buddhismus also gerade nicht darum, möglichst enthusiastische Emotionen im Inneren zu erzeugen – natürlich auch nicht deren negative. Wir sollen stattdessen unabhängig werden von diesen "geistigen Drogen", um zu dem wahren Glück zu finden, welches auf der Beherrschung des Geistes beruht.
... und Altruismus
Zum Glücklichwerden gehört in der Lehre des Buddhismus noch ein weiterer Punkt unabdingbar dazu: Die Entwicklung von Mitgefühl und Altruismus. Die erste Empfehlung von Matthieu Ricard im folgenden Video auf die Frage, was ich an erster Stelle für mein Glück tun kann: Mache andere Menschen glücklich, dann wirst auch du glücklich. Ebenso gilt: Vermeide alles, was andere unglücklich macht. Übrigens auch Tiere ...
Siehe Video Minute 54 bis 57.30:
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Der Glücks-Weg des Yoga
... ist dem des Buddhismus nahe verwandt, die Unterschiede liegen meines Erachtens nach nur in Nuancen. Zwar wird durchaus bedeutungsschwer um die Existenz eines unsterblichen Selbstes gestritten, aber das ist für das Thema Glück kaum von Belang. Beide Philosophien sehen ganz ähnliche (innere) Hindernisse, die dem Menschen das wahre Glück versperren. Beide bieten vergleichbare Glücksempfehlungen:
Sutra I-2 sieht das Ziel des Yoga-Weges in der Ruhe des Geistes:
Yoga Sutra I-2: Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Bewegungen im Geist

Sutra I-12 konkretisiert, dass diese nur durch Üben und Loslassen möglich ist:
Yoga Sutra I-12: Übung (Abhyasa) und Nichtanhaften (Vairagya) führen zur Beruhigung der Bewegungen des Geistes (Nirodha)
Diese zwei Sutras umfassen den gesamten buddhistischen Glücksweg – annähernd. Denn Buddha lehrte neben dem Weg der Verhaftungslosigkeit auch die Entwicklung von Mitgefühl. Auch im Yoga finden wir diese Aufforderung in Form der Yama und Niyamas. Nicht ganz so dezidiert, aber doch als klare Empfehlung. Siehe zum Beispiel Sutra I-33:
Yoga Sutra I-33: Der Geist wird geklärt durch Kultivierung von Freundlichkeit, Empathie, Zufriedenheit sowie Gleichgültigkeit gegenüber Freude, Leid, Erfolg und Misserfolg
Praktische Wege: Wie Yoga das Glück fördert
Theorie kann inspirieren – aber Glück entsteht im Tun. Viele Menschen spüren schon nach einer Yogastunde ein inneres Aufatmen, eine sanfte Klarheit. Doch was geschieht da eigentlich?
- Asana (Körperhaltungen): Durch Bewegung in Verbindung mit Atem werden Verspannungen gelöst, der Körper schüttet Endorphine aus, das Nervensystem beruhigt sich.
- Pranayama (Atemübungen): Gleichmäßige Atmung wirkt wie ein stilles Stimmgerät für das Nervensystem. Sie bringt Körper und Geist in Resonanz – und das spürt man.
- Meditation (Dhyana): Sie schärft u. a. die Wahrnehmung für den Moment und löst die ständige Bewertungsschleife, die sonst unsere Zufriedenheit sabotiert.
- Savasana (Endentspannung): Der vielleicht unterschätzteste Glücksmoment. In dieser Stille darf alles losgelassen werden – und das ist oft das größte Glück überhaupt.
Glück im Yoga ist kein Ziel am Ende des Weges, sondern ein Zustand, der sich inmitten der Praxis zeigt – manchmal nur für den Bruchteil eines Atemzugs, und doch tief genug, um zu verändern.
Yoga, Glück und die digitale Zeit
Unsere Welt beschleunigt sich. Wir vergleichen, bewerten, reagieren – oft, bevor wir überhaupt atmen. Glück wird zu einer flüchtigen Währung in sozialen Netzwerken, messbar an Klicks und Kommentaren.
Yoga kann hier wie ein digitaler Gegenzauber wirken. Die Yogamatte wird zum Ort der Entschleunigung, zur Antithese der Reizüberflutung. Wenn der Atem zur einzigen Benachrichtigung wird, verschiebt sich der Fokus: von der äußeren Reaktion zur inneren Resonanz.
In dieser Zeit, in der Algorithmen vorhersagen, was uns gefallen soll, hat die Fähigkeit, eigene innere Freude zu spüren, fast etwas Rebellisches. Vielleicht ist genau das der Grund, warum Yoga so beständig bleibt – weil es das lehrt, was keine Maschine fühlen kann.
Fazit
Die Glückslehre des ursprünglichen Yoga steht – ähnlich dem Buddhismus – in weiten Teilen dem normalen Glücksstreben unserer heutigen Kultur (höher, schöner, weiter) diametral entgegen. Viele moderne Yogastile mit ihrer Betonung des Körperlichen sind ebenfalls weit entfernt vom "Loslassen" als Glücks- und Erlösungsempfehlung der alten Yogaschriften.
Der klassische Yogaweg empfiehlt ein Leben in Achtsamkeit, Mäßigung und geistiger Klarheit, kontinuierlich in Richtung Samadhi übend. Ziel ist nicht moralische Strenge, sondern die Befreiung von übermäßigen Wünschen und inneren Spannungen. Auch kleine Schritte auf diesem Weg können bereits zu mehr Ruhe und Zufriedenheit führen. Denn nur wenige sind bereit, die notwendigen Schritte in all ihrer Konsequenz tatsächlich zu gehen. Aber es reicht ja erst einmal aus, den Yoga-Glücks-Kurs in Teilbereichen meines Lebens einzuschlagen ...
Vielleicht besteht das Glück im Yoga auch nicht darin, dem Leben seine Schattenseiten zu nehmen, sondern ihnen den Schrecken. Glück ist dann kein Zustand, sondern eine Haltung – ruhig, wach, zugewandt. Yoga nimmt uns nicht die Schwankungen des Lebens – es verändert nur, wie wir mit ihnen schwingen. Glück, im Sinne des Yoga, ist keine permanente Hochstimmung, sondern die Fähigkeit, auch in der Unruhe ruhig zu bleiben. Ein geübter Geist reagiert weniger, urteilt weniger, klammert weniger – und genau darin liegt auch eine stille Freude.

Ergänzungen und Fragen von dir
- Der Kranke kennt nur ein Glück
Anonym schreibt: Ja, was ist Glück? Für die einen Menschen sind das Geld, Gold und Diamanten und ein Haus und schicke Autos. Für die anderen (die Armen in Germany und weltweit) sind es nur einfache Dinge wie ein Dach über dem Kopf und satt zu essen. Mehr nicht! Das wichtigste Glück ist aber, gesund zu sein! Der gesunde Mensch hat vieeele Wünsche, der Kranke hat nur einen Wunsch: gesund zu werden! Übrigens: nur in einem einzigen Land der Welt ist das Glück des Volkes sogar in der Verfassung geschrieben (im buddhistischen Butan), warum nicht im angeblichen reichen Deutschland.
Gibt es eine Frage zum Beitrag, etwas zu ergänzen oder vielleicht sogar zu korrigieren?
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Außer in Phasen der Verliebtheit finden wir gerne bei jedem unserer Mitmenschen etwas, das uns missfällt. Ein störendes Verhalten, ein falsches Wort ...
Wer eine zufriedene und gelassene Geisteshaltung entwickeln möchte, sollte diese Be-(Ver-)urteilungen ablegen. Hierbei hilft, wenn wir im jeweiligen Betragen das Positive suchen. Das kann etwas Erhellendes, etwas Lustiges oder etwas zum Nachdenken-Anregendes sein.
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