Wieviel Dehnung ist sinnvoll?

Jukiwi fragt:

Hi,

ich habe mir im Zusammenhang mit  Trikonasana die Bilder von Yogastellungen angesehen. Dabei stelle ich mir nun die Frage, wieviel Dehnung wir im Yoga eigentlich anstreben sollen? Mit sehr viel Respekt gesagt, wirkt dieses Bild auf mich zirkusreif, aber ich würde mich selbst regelrecht davor fürchten, so dehnfähig zu sein. Ich habe da auch kritische Stimmen im Ohr, die von überdehnten und daher instabil gewordenen Gelenken warnen (z.B. Viveka, Heft 50).

Ich bemühe mich in meinen Yogakursen um ein ausgewogenes Verhältnis von Kräftigung (ca. 60%, wenn man es überhaupt in Zahlen ausdrücken kann!) und Dehnung (ca 20 %), der Rest ist Entspannung und aktives Mobilisieren. Weder ich noch eine/r meiner TN könnten oder wollten Padanghustasana in dieser Weise jemals ausführen. Ich halte meine TN eher zu mehr Ausrichtung und Streckung und weniger Dehnung an, damit sie spüren, wann sie ins Hohlkreuz ausweichen möchten und das verhindern lernen.

Wie seht ihr das? Gibt es dazu andere Fachmeinungen oder Erfahrungen?

LG, Jukiwi

Die Antworten lauten wie folgt:

Wintersun

Hi Jukiwi,

eine Lehrerin hat auf einer Fortbildung erzählt, dass ihre Lehrer ihre Beweglichkeit sehr gefördert haben, obwohl sie schon sehr, sehr beweglich war. Alle fanden ihre Beweglichkeit ganz toll. Sie fand es allerdings merkwürdig und dachte - wo ist die Grenze? Sie hat sich durch diese Übungsweise ihren Körper ruiniert, sagt sie. Sie hat dann einen anderen Yogastil gefunden und ist heute eine der besten Lehrerinnen, die ich kenne.

Ich orientiere meinen Unterricht an den Möglichkeiten meiner TN. Und da bei fast allen der Bewegungsspielraum eher klein ist, habe ich mir über ein Zuviel bisher wenig Gedanken gemacht. Bei mir selbst ist das genauso. Ich bin eher „fest“.

Liebe Grüße, Wintersun

Wintersun

Heute, beim Durchsehen meiner Yoganotizen, habe ich Folgendes zu Janu Shirsasana gefunden: Einer meiner Lehrer fragte einmal in einer Stunde: "Was willst Du in dieser Haltung erreichen? Die Beine strecken? Den Kopf zum Knie bringen? Oder einfach nur die Energie gut zum Fließen zu bringen?"

Yeswecan

Dehne so viel, wie es angenehm erscheint, dann noch etwas darüber hinaus, um den Bewegungsumfang der Gelenke allmählich zu erweitern. Bleibe aber immer unterhalb der Schmerzensgrenze. Höre stets auf die Signale des Körpers und du entwickelst ein Gefühl dafür, was gut für dich ist. Wenn du auf deinen Körper hörst, vermeidest du Verletzungen. Denke an die Ziele des Yoga. Sie bestehen nicht darin, akrobatische Kunststücke zu vollbringen, sondern darin, einen freien Energiefluss zu ermöglichen.

Liebe Grüße, Yeswecan

ANYA

Dehnung ist ja nicht gleich Dehnung. Es gibt bestimmte Muskelgruppen, die gerne verkürzen. Dies hat oft etwas mit dem Beruf oder Sport zu tun, den der Schüler, die Schülerin sonst noch so betreibt. Allgemein gesagt sind dies oft der kleine Brustmuskel, der die Schulter dann nach "vorn" zieht, und der große Oberschenkelmuskel, der das Becken in die Schieflage (also aus der aufgerichteten Position) nimmt. Diese Muskeln sollten - und werden - in den klassischen Asanas gedehnt.

Wie immer sollte es m.E. um eine gute Anamnese jedes Schülers gehen, bevor man allen die gleichen intensiven Dehnungen lehrt. Bei den hyperbeweglichen Menschen sollte man viel über die Bandhas arbeiten, um Verletzungen vorzubeugen, oder wie meine Lehrerin Benita Cantieni es formuliert: "anatonisch sicher" Yoga machen.

Yeswecan

Hi,

die Dehnung zu verbessern, sollte nicht mit "Gewalt", d.h. unter Schmerzen geschehen. Eine Möglichkeit, die ich persönlich und mit Erfolg anwende: bei der Ausübung von Asanas, die mir aufgrund von Muskelverkürzungen schwerfallen, erhöhe ich nicht die Intensität, sondern die Dauer des Haltens. Also Dehnungen, die mir leicht fallen, halte ich kürzere Zeit, mir schwerfallende Dehnungen halte ich länger. Die ist m.E. eine Möglichkeit, die Dehnungsfähigkeit allmählich zu verbessern. Ich übe aber immer unter dem Gesichtspunkt, dass Dehnung nicht alles ist. Wichtiger sind mir eine volle Konzentration und die richtige Atemtechnik während des Übens.

Liebe Grüße, Yeswecan

Jukiwi

Hi Yeswecan,

ja da stimme ich dir zu: Dehnungen, die leicht fallen, weisen m.E. auf eine ausreichende Dehnfähigkeit hin und müssen nicht weiter forciert werden. Ich weiß leider nicht mehr, wo ich gelesen habe, dass man bei überflexiblen Gelenken (z.B. ein ISG, das immer wieder verkantet) überhaupt gar nicht mehr an die Dehngrenzen herangehen sollte, sondern etwa bei 70% des Möglichen bleiben, dafür aber dort auf Kraft/Dauer hinarbeiten sollte. Allerdings ist es für einen Anfänger nahezu unmöglich, diese Dinge bei sich selbst zu erspüren, oder?

LG, Jukiwi

Yeswecan

Hi Jukiwi,

soweit ich weiß, sollten bei überflexiblen Gelenken Hyperflexionen und -extensionen vermieden werden. Z.B. kann ein sogenannter Gleitwirbel (der durch Verschleiß bei vermehrter und wiederholter Hohlkreuzbildung entstehen kann) bei starken Dehnungen reflektorisch zu Muskelverspannungen und damit Schmerzen und sogar neurologischen Symptomen führen. In diesem Fall wären Kräftigung der Rumpfmuskulatur zu empfehlen. Die 70% als Dehngrenze zu empfehlen, ist bestimmt nicht verkehrt, aber schwer einzuschätzen. Man könnte hier einen Orthopäden zu Rate ziehen.

Liebe Grüße, Yeswecan

Woher stammen diese Beiträge?

Früher gab es auf Yoga-Welten.de einen Forumsbereich. Dieser musste aus technischen Gründen abgeschaltet werden, es gab aber auch fast keine neuen Diskussionen mehr. 

Um die oftmals sehr wertvollen Beiträge der Forumsteilnehmer zu "retten", habe ich die ursprünglichen Posts als Grundlage für eine Neuformulierung genommen und zu einem eigenständigen Text umgeschrieben. 

Dabei wurden auch Dopplungen, Rechtschreibfehler und auch themenfremde Postings korrigiert, gekürzt oder ganz weggelassen. Diese "Straffung" erleichtert den Einstieg ins Thema. Zudem wurden die Texte neu formuliert und um Sachverhalte, Bilder etc. ergänzt. Fehler durch diese Textergänzungen etc. sind natürlich nur mir anzulasten. Ich hoffe aber und habe mich sehr darum bemüht, dass die Aussagen der Forenteilnehmer dabei nicht verfälscht wurden.

Unter jedem Posts gibt es die Möglichkeit, diesen weiterhin zu ergänzen, auf Fehler aufmerksam zu machen usw.

Kannst du etwas ergänzen?

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Bitte antworte mit Namen oder Namenskürzel, dann können die Antworten zugeordnet werden. Aber anonyme Ergänzungen sind ebenfalls wertvoll.

 

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Siehe auch die Empfehlungen von Yoga-Welten zu jedem Üben

Generelle Tipps zur Asana-Ausführung

Wenn du in die Stellung kommst, mache diese zunächst bewegungslos. Es ist eine gute Basis, eine Asana für zehn ruhige Atemzüge regungslos (oder zumindest sehr ruhig) zu halten. In dieser Zeit auch keine Korrekturen vorzunehmen oder tiefer zu dehnen.

  • Der Atem in der Asana
    Wenn du in Stellung gehst und dich dabei ausdehnst, atme beim In-Die-Stellung-Gehen ein. Umgekehrt, bei zusammenziehenden Stellungen, atme beim Reingehen aus. Beim Auflösen der Stellung entsprechend umgekehrt.

    Wenn du in der Stellung bist, beruhige den Atem. Immer weiter (siehe dazu auch: Yoga - wie atmen?. Atme mit dem Bauch und verlangsame und verfeinere deine Atmung im Laufe des Haltens der Stellung. Wenn problemlos möglich baue kleine Atempausen ein. Verlangsame den Atem so weit, wie es ohne Stress möglich ist.

    Wenn du einen Schritt weiter gehen willst, atme während deiner gesamten Asana Praxis in der Ujjayi-Atmung (hier erläutert). Halte dann deine Konzentration während der gesamten Übung beim Atem.

  • Bandhas in der Asana
    In vielen Asanas ist es förderlich, Mula Bandha (ggf. leicht) zu halten.

  • Entspanne dich
    Wenn die Asana fest und der Atem ruhig geworden ist, entspanne alle Körperbereiche, die nicht zum Halten der Asana angespannt sein müssen, so wie es Patanjali in Sutra II-47 empfiehlt. Gehe vom Kopf (Gesicht!) den ganzen Körper bis zu den Füßen durch und entspanne dabei alle Bereiche.

  • Die Konzentration
    Konzentriere dich bei jeder Asana mit allen Sinnen und deinem ganzen Geist auf die Bereiche, die gestreckt oder gestaucht werden. Werde innerlich eins mit diesem Bereich.

  • Variante: Konzentriere dich auf die Unendlichkeit
    In Sutra II-47 empfiehlt Patanjali zudem, sich in der Asana auf die Unendlichkeit zu konzentrieren. Mache dir z. B. bewusst, dass du in der Asana mit dem ganzen Universum verbunden bist, über das Prana mit Allem im Austausch stehst. Oder stelle dir vor, wie du in der Asana inmitten eines Sternenmeeres stehst. Finde deine eigene Verbindung zum Unendlichen.

  • Variante: Tipp zur Förderung von Freude und innere Stärke
    Spüre die positiven Belebungs-, Dehnungs- und Stimmungswirkungen während und nach der Übung. Erfreue dich ganz bewusst daran, mache diese Freude in deinem Inneren für 5-10 Sekunden lebendig und stark.
    Dies ist eine von uns empfohlene Ergänzung zu jeder Asana. Sie dient dazu, förderliche Neuronenverbindungen im Gehirn aufzubauen und sukzessive zu verstärken, siehe nähere Erläuterungen beim Beitrag "Spirituelles Tagebuch".

  • Spüre nach
    Wenn du aus der Asana herausgekommen ist, spüre ihrer Wirkung im ganzen Körper nach. 

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Zu Yoga kam sie, weil sie dachte, dass ihr das helfen könnte. Nun kommt sie teilweise schmerzfrei und geht nach dem Yoga (trotz Entspannungstechniken vor und nach der Stunde, Atemübungen usw.) mit Kopfschmerzen :-(

Weiß jemand, was das sein kann und was wir dagegen machen könnten? Die Antworten lauteten wie folgt:

Hier weiterlesen: Kopfschmerzen / Migräne nach Yoga


Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

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