Keine spirituelle Richtung kommt ohne Verhaltensregeln aus. Diese legen fest, welche ethischen Handlungsweisen für einen Aspiranten (oder auch jeden Menschen) förderlich sind. Was dem Christen die zehn Gebote, das sind dem Yogi die Yamas und Niyamas. Gleichzeitig sind sie die ersten beiden Stufen im Raja Yoga, dem achtgliedrigen Yoga-Pfad (auch Ashtanga- oder Kriya-Yoga genannt). Patanjali definiert Yama und Nyama im Yogasutra.

Die alten Yogis hätten sich wohl nicht träumen lassen, dass ihre Regeln Jahrtausende später im Großraumbüro, beim Online-Shopping oder in WhatsApp-Chats auf die Probe gestellt würden. Und doch: Die Yamas und Niyamas im täglichen Leben sind verblüffend aktuell. Wer sie nicht als starre Gebote liest, sondern als praktische Orientierung, entdeckt, wie Gewaltlosigkeit beim Autofahren aussieht, warum Wahrheit auch mal Schweigen bedeutet und weshalb ein bisschen Maßhalten beim zweiten Glas Wein oft heilsamer ist als jeder Verzicht.

Dieser Artikel zeigt, wie sich alte Weisheit im modernen Alltag verankern lässt: Was sind die Yamas und Niyamas? Wie werden diese in den alten Schriften ausgelegt? Und wie wende ich die Yamas und Niyamas im Alltag an? Der Artikel gibt Antwort und hält zwei Downloads (Poster & Merkkarte) parat.

Die Gebote im Yoga

Ausgangspunkt und Zusammenfassung: Yamas und Niyamas

Die Yamas und Niyamas werden bei Patanjali im Yogasutra ab Sutra II-29 besprochen.

Yoga Sutra II-29: Die acht Glieder des Yoga-Weges sind: Yama (Umgangsregeln), Niyama (Enthaltungen), Asana (Stellungen), Pranayama (Atemregulierung), Pratyahara (Sinnesrückzug), Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Erleuchtung)

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Diese Regeln sind älter als Patanjali, finden sich z. B. schon in den Upanishaden und anderen Dharma-Schriften. Patanjali systematisiert sie, erfindet sie aber nicht.

  • Yamas
    Die fünf Yamas – Ahimsa (Gewaltlosigkeit), Satya (Wahrhaftigkeit), Asteya (Nicht-Stehlen), Brahmacharya (Selbstbeherrschung) und Aparigraha (Nicht-Greifen) – sind grundlegende ethische Leitlinien, die im Alltag durch kleine, konkrete Handlungen wie Freundlichkeit, Ehrlichkeit oder Maßhalten lebendig werden.
  • Niyamas
    Die fünf Niyamas – Saucha (Reinheit), Santosha (Zufriedenheit), Tapas (Disziplin), Svadhyaya (Selbststudium) und Ishvarapranidhana (Hingabe) – richten den Blick nach innen und stärken durch Klarheit, innere Ruhe und Vertrauen die persönliche Entwicklung.
  • Praktische Umsetzung
    Die Regeln sind nicht abstrakt, sondern im täglichen Leben anwendbar – im Stau, beim Konsum, im digitalen Raum oder im Büro. Kleine Gewohnheiten wie bewusstes Zuhören, weniger Notlügen oder Minimalismus machen sie greifbar.
  • Fallstricke
    Zu viel des Guten kann kippen: Gewaltlosigkeit darf nicht Selbstaufgabe bedeuten, Wahrhaftigkeit nicht Brutalität, Disziplin nicht Selbstquälerei. Balance ist entscheidend.
  • Moderne Anwendung
    Im digitalen Leben zeigen sich die Yamas und Niyamas etwa beim respektvollen Umgang auf Social Media oder bei der Vermeidung von Copy-Paste ohne Quellen. Auch in Beruf und Beziehungen helfen sie, Klarheit, Vertrauen und Maß zu bewahren.

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Yamas & Niyamas als Poster

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Die Yamas – Selbstkontrolle

Sanskrit

  • Yama: Enthaltung; Selbstkontrolle;

Die Yamas sind Bestandteil des Sadharana Dharmas, allgemeine Verhaltensregeln der Hindus.

Yoga Sutra II-30: Die förderlichen Selbstbeschränkungen (yamas) sind Nichtverletzen, Wahrhaftigkeit, Nichtstehlen, Enthaltsamkeit und Begierdelosigkeit

Zur Sutra


Yoga Sutra II-31: Die Yamas sind überall einzuhalten, unabhängig vom eigenen Status, dem Ort, der Zeit oder den äußeren Umständen – sie stellen das Große Gelübde dar

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1. Ahimsa – Gewaltlosigkeit

ahimsa friede 250Sanskrit

  • Himsa: Gewalt, Grausamkeit
  • Ahimsa: Nicht-Gewalt

Zugehörige Sutra:

Yoga Sutra II-34: Gedanken und Zweifel, die zu schädigendem Verhalten führen – egal ob dies selbst getan, in Auftrag gegeben oder nur begünstigt wird, egal ob durch Gier, Ärger oder Verblendung motiviert, egal ob in der Ausführung mild, mittelmäßig

Zur Sutra


Vom Wortlaut her fordert Ahimsa zunächst einmal ein Vermeiden von Gewalt. Meist wird es darüber hinaus als ein grundlegendes Nichtverletzen interpretiert. Gewaltlosigkeit meint, niemals einem Lebewesen in irgendeiner Form Schaden zuzufügen. Ahimsa wird auch als Grundlage für die folgenden Yamas und Niyamas gedeutet.

Gewaltlosigkeit klingt nach Weltpolitik und Gandhi. Aber sie beginnt viel kleiner. Nichtverletzen kann auf mehreren Ebenen ausgelegt werden: Nicht genervt hupen, wenn jemand beim Abbiegen trödelt. Statt dich für den dritten Keks selbst zu verfluchen, freundlich zu dir sein. Gewaltlosigkeit fängt im Kopf an, nicht im Protestmarsch. Weitere Beispiele:

  • Keine körperliche Gewalt gegen kein fühlendes Wesen
    Beispielhaft steht hier das Leben von Mahatma Gandhi, der seinen Protest gegen die Besetzung Indiens durch die Engländer auf strikte Gewaltlosigkeit gründete. Doch nicht nur Schläge verursachen Schmerzen, auch Worte können tief verletzen. Von daher wird Ahimsa auch als Freundlichkeit in Worten verstanden.
    Zudem sehen viele in Ahimsa eine Forderung des Yoga nach einem vegetarischem wenn nicht sogar veganem Leben.
  • Keine gewalttätigen Gedanken
    Doch was nützt ein friedliches äußeres Gebaren deinem yogischen Fortschritt, wenn du in deinem Inneren jedem Zweiten die Pest an den Hacken wünscht? Wenig bis gar nichts. Darum wird Ahimsa auch als Forderung zu freundlichen Gedanken gegenüber jedermann verstanden.
  • Wie sieht Gewaltlosigkeit auf Social Media aus? Vielleicht so: keine wütenden Kommentare schreiben, auch nicht, wenn dich jemand provoziert oder wenn die Person etwas schreibt, was in deinen Augen verabscheuenswürdig ist.

Im Patanjalayogasastra (beinhaltet den Kommentar zum Yogasutra vom mystischen Vyasa, zitiert aus „Roots of Yoga“), wird Ahimsa  als Grundlage für die folgenden Yamas und Niyamas gedeutet. Dort heißt es:

"Von diesen bedeutet Gewaltlosigkeit, niemals einem Lebewesen in irgendeiner Weise Schaden zuzufügen. Die anderen Regeln und Observanzen sind darin verwurzelt. Sie werden praktiziert, um sie zu praktizieren, mit dem Ziel, sie zu vervollkommnen. Sie werden nur deshalb dargelegt, um seine reine Form herbeizuführen. Und so heißt es: „In der Tat, je mehr dieser Brahmane hier viele Gelübde ablegen möchte, desto mehr praktiziert er eben jene Gewaltlosigkeit in ihrer reinen Form, indem er von den Ursachen der aus Unachtsamkeit ausgeübten Gewalt Abstand nimmt."

Warum ist Ethik so wichtig im Yoga?

Manche sagen, weil man mit Yoga so außergewöhnliche Kräfte entwickele, brauche man hohe ethische Maßstäbe für das eigene Handeln. Wahrscheinlich hatten die alten Yogis bei der Formulierung der Yamas und Niyamas aber vor allem die Förderung der Geistesruhe des Yogis durch Einhalten dieser Regeln im Sinn. Denn Yoga ist ja, so die Definition von Patanjali, das Zuruhebringen der Bewegungen im Geist.

Auch kein Himsa bei dir selbst

Wo Gewaltlosigkeit in Selbstaufgabe kippen kann: Manchmal braucht es ein klares „Nein“, auch wenn es unbequem ist.

Viele Kommentatoren verstehen daher die Forderung nach Ahimsa weit: Die Gewaltlosigkeit müsse auch der eigenen Person zuteilwerden, auch „dem eigenen Wesen“ (R. Palm). Nicht nur den anderen Wesen solltest du Freundlichkeit angedeihen lassen, du solltest auch nett zu dir selbst sein. Dich nicht ständig in Gedanken schelten, weil du heute wieder nicht alles geschafft hast. Deinen Körper nicht durch ungesundes Verhalten schädigen.

Ich soll weder in Taten, noch Worten und (vor allem?) auch nicht in Gedanken verletzen, nicht andere, nicht mich, auch kein Tier, gar kein fühlendes Wesen.

Grenzen von Ahimsa

Diese Forderung – radikal gedeutet – würde wohl zum eigenen Verhungern führen (was einige wenige radikale Jainas wohl wegen dieser Deutungsart auch so vollziehen – das Ritual des Zu-Tode-Fastens). Neben anderen plädiert Skuban dazu, den gesunden Menschenverstand bei der Befolgung der Forderung nach Nichtverletzen einzuschalten, um zu beurteilen, wie weit Ahimsa in unserem Leben reichen kann. Für den einen ist es die klare Forderung danach, vegan zu leben, ein anderer sieht es so, wie Cicero einst schrieb: „Töte mich, um zu essen, aber morde nicht, um besser zu essen.“

Die Antwort nach den Grenzen von Ahimsa sei individuell, so mehrere Kommentatoren, müsse aber – so die recht einhellige Meinung – entschieden weiter reichen, als das, womit sich die Menschheit zur Zeit begnügt.

R. Skuban betont die große Wirksamkeit von Ahimsa. Er sagt: „... würde die Mehrheit der Menschen nur diesen ersten Schritt des Yoga-Weges beherzigen, wären wir dem Paradies auf Erden schon sehr nah.“

Sutra II-35: Was folgt, wenn wir Ahimsa befolgen

Yoga Sutra II-35: Wenn das Nichtverletzen [anderer Lebewesen im Wesen eines Menschen] fest verwurzelt ist, verschwindet jede Feindseligkeit in seiner Umgebung

Zur Sutra


 

2. Satya – Wahrhaftigkeit

wahrheit auge 250

Sanskrit

  • Satya = Wahrhaftigkeit, Wahrheit;

Im Patanjalayogasastra (beinhaltet den Kommentar zum Yogasutra vom mystischen Vyasa, zitiert aus „Roots of Yoga“) heißt es:

„Wahrhaftigkeit ist, wenn Rede und Geist mit ihrem Objekt übereinstimmen und wenn Rede und Geist mit dem übereinstimmen, was gesehen oder gefolgert wird. Wenn sie geäußert wird um einem anderen die eigenen Gedanken mitzuteilen, sollte die Rede nicht trügerisch, verworren oder ohne Information sein. Sie sollte unternommen werden, um allen Wesen zu nützen, nicht um Wesen zu verletzen. Und selbst wenn die Rede auf diese Weise [d.h. wahrheitsgemäß] geäußert wird, aber mit der alleinigen Absicht, den Wesen zu schaden, dann liegt keine Wahrhaftigkeit vor, sondern nur Sünde. Durch diesen bloßen Schein der Tugend, diese Fälschung der Tugend, würde man in schrecklicher Dunkelheit enden. Deshalb sollte man, nachdem man das Wohl aller sorgfältig bedacht hat, die Wahrheit sprechen.“

Drei Siebe des Sokrates (bzw. des Weisen, der Weisheit oder der Wahrheit)

Zum weisen Sokrates kam der junge Polimus gelaufen und er rief bereits von Weitem: "Höre, Sokrates. Ich muss dir etwas erzählen!"

"Halte ein!" unterbracht ihn der Weise, "hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe gesiebt?"

"Drei Siebe?", fragte Polimus voller Verwunderung.

 ➔ Hier weiterlesen

Satya heißt im Grunde genommen vor allem, dass wir nicht lügen sollen. Wahrhaftigkeit bedeutet nicht, jedem Kollegen ungebremst die Meinung zu servieren. Satya ist der Entschluss, weniger Notlügen zu benutzen – nicht „ich stecke im Stau“ zu murmeln, wenn du schlicht zu spät losgegangen bist. Wahrheit schafft Vertrauen, auch in winzigen Dingen.

Was wie eine ethische Pflichtübung daherkommt, kann für die eigene Persönlichkeitsentwicklung und auf die Zusammensetzung unseres Umfeldes erhebliche Auswirkungen haben. Jeder, der ernsthaft versucht, die tausenderlei Notlügen, Verdrehungen oder „Lügen durch Übergehen“ im Alltag zu vermeiden, wird einschneidende Veränderungen in seinem Leben feststellen. Meist wird von (sehr) positiven Auswirkungen berichtet. Man muss sich aber erst einmal trauen, den Weg der Wahrhaftigkeit – auch oder vor allem gegenüber sich selbst – zu betreten ...

Konfliktpotenzial: Wann Wahrhaftigkeit brutal wird, statt hilfreich. Nicht jede ungeschminkte Wahrheit tut gut.

Satya kann in Konkurrenz zu Ahimsa stehen, wenn das wahre Wort jemand anderen verletzen würde. Hier gilt es abzuwägen. Im Thirukkural heißt es sogar:

„Auch eine Lüge ist als Wahrheit zu bewerten, wenn diese Lüge niemanden schadet aber bei jemand anderen Gutes bewirkt.“

Manchmal ist dann Schweigen der bessere Weg. Als Lösung bietet es sich hin und wieder auch an, diplomatisches Geschick bei der Wahl seiner Worte zu entwickeln. Zum Beispiel die Wahrheit im Meeting sagen – aber ohne Kollegen bloßzustellen.

Ein andermal sollten wir vielleicht unsere negative Sicht über den Kritisierten oder dessen Verhalten überdenken. Wenn wir alle anderen als Idioten ansehen und uns ethische Pluspunkte davon versprechen, dies jedem offen mitzuteilen, könnten wir uns auf dem Holzweg befinden ...

Weite Auslegung

Mehrere Kommentatoren legen – wie bei den anderen Yamas auch – dieses Yama weit aus. Satya meine auch:

  • nicht übertreiben
  • nichts vortäuschen
  • nicht heucheln
  • nicht betrügen
  • Ehrlichkeit in der Werbung
  • völlige Aufgabe von Selbsttäuschungen
  • nur das aussprechen, was erbaulich und/oder sinnvoll ist
  • usw.

Satya sollte ebenfalls auf sich selbst angewendet werden. Wir sollten uns nichts vormachen oder uns selbst belügen. Gedanken sind schnell gedacht und auch schnell verdreht gedacht. Darum ist das Führen eines spirituellen Tagebuches eine große Hilfe dabei, sich selbst gegenüber ehrlich zu werden.

Sutra II-36: Was folgt, wenn wir Satya befolgen

Yoga Sutra II-36: Wenn Wahrhaftigkeit [im Wesen eines Menschen] fest verwurzelt ist, entspricht das [jeweilige] Ergebnis seiner [jeweiligen] Handlung

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Spirituelles Tagebuch führen

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3. Asteya – Nicht-Stehlen

versprochen nichtstehlen 250

Sanskrit

  • Steya: Stehlen, Diebstahl;
  • Asteya; Nicht-Stehlen;

„Du sollst nicht stehlen“. Das kommt bekannt vor. Aber es geht auch darum, kein geistiges Eigentum missbräuchlich zu verwenden oder gar als unsere Leistung auszugeben.

Im Patanjalayogasastra (beinhaltet den Kommentar zum Yogasutra vom mystischen Vyasa, zitiert aus „Roots of Yoga“) heißt es:

„Stehlen ist die unrechtmäßige Aneignung von fremdem Besitz für sich selbst; seine Ablehnung dagegen ist Nicht-Stehlen, das sich in Form von Lustlosigkeit äußert.“

Nichtstehlen klingt selbstverständlich. Doch wie schnell stehlen wir Zeit? Fünf Minuten länger bei Instagram scrollen, obwohl jemand am Küchentisch wartet. Und Nicht-Stehlen in Zeiten von Copy-Paste? Ganz einfach: Bilder oder Texte nicht ungefragt übernehmen, sondern Urheber fragen und nennen. Asteya beginnt im Respekt vor dem, was anderen gehört.

Manche Kommentatoren sehen die moralische Forderung weiter. Auch Missgunst über Hab und Gut anderer gilt es zu vermeiden. Man sollte am besten gar nicht erst das haben wollen, was jemand anderes hat.

Sutra II-37: Was folgt, wenn wir Asteya befolgen

Yoga Sutra II-37: Wenn Nichtstehlen [im Wesen eines Menschen] fest verwurzelt ist, kommen alle Reichtümer [wörtlich: Juwelen] zu ihm

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4. Brahmacharya – Wandel in Brahma / Selbstbeherrschung / Enthaltsamkeit

brahmacharya statue sonne 250

Sanskrit

  • Brahma: das Wesentliche, das Eine Wahre;
  • Char: bewegen;
  • Brahmacharya: Mäßigung; Bewegung auf das Wesentliche hin; sexuelle Enthaltsamkeit; sexuelles Fehlverhalten vermeiden; Selbstbeherrschung; Maß halten;

Wir sehen: Brahmacharya wird recht unterschiedlich übersetzt. Oft wird es als sexuelle Enthaltsamkeit oder sexuelle Zurückhaltung interpretiert. Manchmal als Aufforderung, treu zu sein. Ein andermal als Aufforderung zum reinen Lebenswandel.

In modernen Interpretationen gerne auch als „Maß halten“. Selbstbeherrschung ist dann kein Ruf zum Klosterleben. Sie zeigt sich darin, nach dem zweiten Glas Wein aufzuhören oder Netflix pünktlich auszuschalten. Maßhalten, statt sich treiben zu lassen. Brahmacharya heißt dann: nicht alles mitnehmen, was gerade lockt. Selbstbeherrschung heißt hier auch: Überstunden im Zaum halten. Denn wer ständig überzieht, stiehlt letztlich sich selbst Energie.

Brahmacharya heißt wörtlich „brahmischer Wandel“ und meint ein Verhalten, das zum Ziel die Allseele (R. Palm) oder im yogischen Sinne auch „Purusha – das wahre Selbst“ hat. Also eine Lebensweise, die zur Erleuchtung, zum höchsten Ziel führt. Enthaltsamkeit in diesem Sinne würde „das rechte Maß einhalten“ bedeuten, vernünftig leben. Ein Zuviel aber auch ein Zuwenig vermeiden. In diesem Sinne wäre es zu kurz gegriffen, Brahmacharya nur auf den Sex zu beziehen.

Meist wird Brahmacharya aber auf sexuelle Enthaltsamkeit bezogen oder als Aufforderung zu moralisch einwandfreier Sexualität verstanden (zu deuten als: Sex, der niemanden verletzt, erniedrigt oder Lügen nach sich zieht).

Vom Prinzip her dürfte es darum gehen, den spirituellen Fortschritt nicht durch sexuelle Fehltaten oder andere Zügellosigkeiten zu verzögern.

Govindan schreibt: mit Enthaltsamkeit „kann man vieles loslassen, was ... gewöhnlich eine große Quelle der Ablenkung und des Leids ist.“

Im Patanjalayogasastra (beinhaltet den Kommentar zum Yogasutra vom mystischen Vyasa, zitiert aus „Roots of Yoga“) heißt es:

„Sexuelle Enthaltsamkeit ist Enthaltsamkeit des verborgenen Organs, der Genitalien.“

Sutra II-38: Was folgt, wenn wir Brahmacharya befolgen

Yoga Sutra II-38: Wenn Enthaltsamkeit (Brahmacharya wörtlich: Wandel in Brahma) [im Wesen eines Menschen] fest verwurzelt ist, erlangt er große Vitalität

Zur Sutra


Liṅgapurāṇa – Detailanweisungen zur sexuellen Enthaltsamkeit:

1.8.16 Für Asketen, die sexuelle Enthaltsamkeit (brahmacarya) praktizieren, heißt [sexuelle Enthaltsamkeit], sich nicht durch Handlungen des Geistes, der Rede oder des Körpers am Geschlechtsverkehr zu beteiligen.

1.8.17 Dies bezieht sich insbesondere auf Einsiedler, die ohne Ehefrauen leben. Ich werde dich auch über die sexuelle Enthaltsamkeit von Haushältern belehren, die mit Ehefrauen leben.

1.8.18 Für sie heißt sexuelle Enthaltsamkeit, dass sie [den Geschlechtsverkehr] mit ihren Frauen vorschriftsmäßig vollziehen und sich ansonsten immer in Gedanken, Taten und Worten davon zurückhalten.

1.8.19 Nachdem die rituell reine Ehefrau den Geschlechtsverkehr vollzogen hat, sollte sie ein Bad nehmen. Indem er sich so verhält, ist der disziplinierte Hausvater sicherlich sexuell enthaltsam.

Brahmacharya Diese vier Fehler bei der Sexualität meiden

Wim van den Dungen schreibt in seinem Kommentar zu Brahmacharya:

"Sexuelles Fehlverhalten : wird im Hinblick auf die „Vier Fehler“ analysiert:

  1. falsches Objekt: jedes ungeeignete Objekt der Aufmerksamkeit: für einen zölibatären Mönch (Nonne): jede andere Person, für einen Laien: der Partner eines anderen, unsere eigenen Eltern , ein Kind, ein Mönch (Nonne), eine schwangere Frau, Tiere, jede nicht zustimmende Person;
  2.  falsches Organ: falscher Ort im Körper;
  3.  falscher Ort: Orte, die andere beleidigen (öffentlicher Raum oder heiliger Raum);
  4. falsche Zeit: während der Schwangerschaft, Krankheit oder wenn man Gelübde abgelegt hat;"

Eliade schreibt in "Yoga" auf Seite 58:

"Der Yoga legt ein besonderes Gewicht auf jene -verborgenen Kräfte der Zeugungsfähigkeit-, deren Ausgeben die kostbarste Energie verschwendet, die Kraft des Gehirns schwächt und die Konzentration erschwert ... Und zwar bedeute sexuelle Enthaltsamkeit (brahmacarya) nicht nur Verzicht auf sexuelle Akte, sondern auch das -Verbrennen- der fleischlichen Versuchung selbst. Der Instinkt darf weder ... im Unterbewusstsein sich ausbreitend erhalten bleiben , noch ... sublimiert werden, sondern er wird ganz einfach zertstört ..."

5. Aparigraha – Nicht-Greifen, Verzicht auf Gier

genuegsam blume mauer 250

Sanskrit

  • Parigraha: Begehren; Gier;
  • Aparigraha: Nicht-Greifen; Nicht-Zugreifen; Nichtannehmen von Geschenken; Nicht-Begehren; Nichtumfassen;

Hier wird der Yogi aufgefordert, seine Gier zu zügeln und im Leben nicht alles mitzunehmen, was irgendwie geht. Vor allem dann nicht, wenn vermeintliche Geschenke mit dem Ansinnen gegeben werden, unser Verhalten zu manipulieren.

Nicht-Greifen heißt vermutlich nicht, alles aufzugeben. Aber die Frage zu stellen: „Brauche ich das wirklich?“ – vor dem Kauf, beim nächsten Gratisangebot, bei der nächsten Diskussion. Anspruchslosigkeit entlastet.

Aparigraha meint in anderen Texten auch das Nichtannehmen von Geschenken, die mit einer Absicht gegeben werden. In anderen Worten: unbestechlich sein, sich nicht für Lohn verbiegen. Geschenke unter guten Freunden und Liebenden sind damit vermutlich nicht gemeint.

Es beziehe sich aber nicht nur, so Iyengar, auf materielle Besitztümer, sondern auch „auf die Starrheit des Denkens“. Auch an Gedanken [und Meinungen] dürfe man nicht haften und müsse immer bereit sein, sie loszulassen.

In einem noch weitergehenden Sinne fordert Aparigraha, sogar die Aufgabe von Gewinnsucht und keinen Besitz zu horten.

Im Patanjalayogasastra (beinhaltet den Kommentar zum Yogasutra vom mystischen Vyasa, zitiert aus „Roots of Yoga“) heißt es:

„Nicht-Erwerbstätigkeit ist, die Objekte der Sinne nicht für sich selbst zu nehmen, weil man die Fehler des Erwerbens, Beschützens, Verlierens, Anhaftens oder Schädigens an ihnen sieht.“

Sutra II-39: Mehr zu Aparigraha und: Was folgt, wenn wir Aparigraha befolgen?

Yoga Sutra II-39: Ist Begierdelosigkeit (Aparigraha) [im Wesen eines Menschen] gefestigt, erkennt er den Sinn seiner Geburt

Zur Sutra


Umfrage: Welches Yama hälst du ein?

Um die Einhaltung welcher der Yamas bemühst du dich im täglichen Leben?

Perfekt ist wohl niemand von uns. Darum: In welchem Yama gibst du dir Mühe?

 

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Hier die bisherigen Antworten anschauen ⇓

Die bisherigen Stimmen:

Ahimsa – Gewaltlosigkeit 62 Stimmen
Satya – Wahrhaftigkeit 52 Stimmen
Asteya = Nicht-Stehlen 47 Stimmen
Aparigraha – Nicht-Greifen 41 Stimmen
Brahmacharya – Selbstbeherrschung 32 Stimmen

Niyamas – Verhaltensregeln

Sanskrit

  • Niyama: Verhaltensregel; Einschränkung;

Grundlegende Sutra:

Yoga Sutra II-32: Die Nyamas lauten Reinheit, Zufriedenheit, Selbstdisziplin, Selbststudium und Hingabe an Gott

Zur Sutra


1. Saucha – Reinheit

Sanskrit

  • Sauca, Saucha: (innere und äußere) Reinheit; Klarheit; Sauberkeit; Entschlackung; das Geklärte;

Zugehöriges Element: Erde (körperliche Hülle);

Die Yogis wussten schon lange, dass innere und äußere Reinheit dem Menschen zuträglich ist. Saucha wird vielschichtig ausgelegt. Man versteht darunter unter anderem:

  • körperliche Hygiene (äußere Reinheit)
  • saubere Gedanken zu pflegen (energetische und mentale Ebene)
  • vornehmlich sattvige, leichte, vegetarisch/vegane und reine Nahrung zu sich zu nehmen (gesunde Ernährung)
  • innere Reinheit anzustreben (hierfür stehen dem Yogi Pranayama, Asana und verschiedene Kriya-Yoga-Reinigungstechniken zur Verfügung)
  • eine saubere Wohnumgebung
  • einen aufgeräumten und sauberen Arbeitsplatz
  • Asana und Pranayama zur inneren Reinigung zu üben
  • Den Nachrichtenstrom zu filtern. Wer den Kopf sauber hält, lebt leichter.

Deshpande/Bäumer schreiben: "Der Yogaweg verlangt Reinigung" wie die Gewinnung von reinem Gold die Entferfnung der Schmutzklumpen im Golderz notwenig mache.

Etwas darüber hinausgehend kann man unter Saucha auch die Forderung sehen, sich nicht durch die ungefilterte Aufnahme von schlechten Nachrichten innerlich zu verschmutzen. Buddha spricht in diesem Zusammenhang davon, dass er Schlechtes nicht in sein "Herz einlässt". Siehe dazu auch Sutra II-33, in der eine Kultivierung positiver Gedanken angemahnt wird. Vyasa (Kommentator des Yogasutra) fügt hinzu, dass Sauca auch meine, Unreinheiten des Geistes zu reinigen (Eliade, Yoga, S.58f).

Unter Saucha wird von mancher Stelle sogar die Aufforderung zu einer Lebensweise verstanden, die heutzutage mit Minimalismus bezeichnet wird. Siehe den Artikel "Warum Minimalismus?".

Deshpande/Bäumer hingegen wollen eine Betonung der "Reinigung des Sehens" bei Saucha verstanden wissen. Der Yogi müsse zum "reinen Schauen" finden, dies führe zu "Loslösung und Befreiung" und sei "der Kern der Reinigung".

Im Yoga wurden Techniken entwickelt, auch das Innere des Körpers mechanisch zu reinigen:

Ähnliche Reinigungstechniken finden sich übrigens im  Evangelium der Essener, wie man bei Ralph Skuban nachlesen kann.

Sutras: Was folgt, wenn wir Saucha befolgen

Yoga Sutra II-40: Durch Reinheit entsteht Abneigung gegenüber dem eigenen Körper und gegenüber der Berührung mit anderen Körpern

Zur Sutra


Yoga Sutra II-41: Aus Reinheit entstehen Klarheit im Geist, innere Freude, gerichtete Konzentration, Beherrschung der Sinne und Erkennen vom wahren Selbst

Zur Sutra


2. Santosha – Zufriedenheit

Sanskrit

  • Santosha, Samtosa: Sanskrit Genügsamkeit, Bescheidenheit; Zufriedenheit;

Zugehöriges Element: Wasser (physiologische Hülle);

Santosha steht für folgende Geisteshaltungen:

  1. Ich nehme alles so, wie es kommt.
  2. Ich bin mit dem zufrieden, wie es ist.

Das reicht von der Empfehlung, die geistige Haltung der Abneigung bzw. Ablehnung (von Erlebnissen, Menschen, Umständen usw.) immer weiter abzulegen bis hin zur Forderung, sich nicht mit anderen zu vergleichen.

Zufriedenheit klingt schlicht, ist aber manchmal die härteste Übung: beim Warten in der Supermarktschlange nicht innerlich kochen. Zufriedenheit: die Macken des anderen nicht ständig neu verhandeln. „Ich nehme, was ist.“ – das ist Santosha.

Dies bedeutet nicht, dass man in seinem Leben nichts verändern darf. Es geht vielmehr darum, die negativen Folgen geistigen Haderns mit der Welt und den eigenen Erfahrungen zu vermeiden.

Hariharananda Aranhya (1869-1947), Kommentar des Yogasutra, verdeutlicht:

"Um Dornen zu entgehen, ist es lediglich nötig, Schuhe zu tragen, nicht jedoch, die ganze Erde mit Leder zu überziehen."

Ramana Maharshi (1879-1950) geht noch einen Schritt weiter: Wenn der Wunsch eines Menschen erfüllt wird, er (mehr oder weniger kurz) zufrieden ist, "kehrt er in Wirklichkeit zu seinem Ursprung zurück und erfreut sich an dem Glück, das das Selbst ist" (beides zitiert aus Ralph Skuban). Mit Santosha würde ein Mensch also nur seine eigentliche Natur empfinden.

Deshpande/Bäumer sehen in Santosha, dass Begierden, Wünsche, Gier und der unstillbare Hunger nach einem Mehr von allem, was man für wünschenswert hält, zur Ruhe kommen. Irgendwann sei nichts mehr von Bedeutung, was nicht "das reine Schauen und das rechte Verstehen der existenziellen Situation fördert."

Sutra: Was folgt, wenn wir Santosha befolgen

Yoga Sutra II-42: Durch das Kultivieren von Zufriedenheit erreichen wir höchstes Glück

Zur Sutra


3. Tapas – Selbstzucht

Sanskrit

  • Tapas: Hitze, Glut; Intensität; Enthusiasmus; den Körper „erhitzen“; etwas mit Freude tun; Askese; Selbstzucht; Selbstdisziplin; inneres Feuer; Hitze; Intensität der Disziplin; ständige Übung; Anstrengung;

Zugehöriges Element: Feuer (psychische Hülle);

Tapas hat viele Bedeutungen, auch im Yoga-Universum. Hier bei den Niyamas wird es meist im Sinne von Selbstzucht verstanden. Gemeint ist sowohl die Disziplin beim Üben von Meditation, Asana und Co. als auch der bewusste Verzicht auf Annehmlichkeiten, die uns auf lange Sicht schwächen. Ziel ist ebenfalls, über innere und äußere Reinheit ein Stärken von Körper und Geist.

Wann Selbstdisziplin in Selbstquälerei umschlägt: Ausdauer ist wertvoll, Fanatismus zerstörerisch. Selbstdisziplin bedeutet nicht, sich mit eiserner Härte durch Fastenkuren zu peitschen. Es reicht schon, Widerstände zu überwinden (morgens aufzustehen und zu meditieren), sich ungesunder Vergnügungen zu enthalten (die fünfte Tasse Kaffee ...) und einen klaren und positiven Geist trotz widriger äußerer Umstände zu bewahren (z. B. bei einer Beleidigung innerlich nicht aufzubrausen).

Sutra: Was folgt, wenn wir Tapas befolgen

Yoga Sutra II-43: Durch tapas (Entsagungen, Selbstzucht) verschwinden Unreinheiten; dies führt zu Vollkommenheit und Beherrschung vom Körper und den Sinnen

Zur Sutra


4. Svadhyaya – Selbststudium (Studium)

Sanskrit

  • Sva, Swa: selbst: „zu mir gehörig“;
  • Adhyaya: Untersuchung; Erforschung; nahe herangehen;
  • Svadhyaya, Swadhyaya: Selbststudium; Selbsterforschung; Selbstreflexion; (innere) Reflexion; lernen von sich selbst; auf sich selbst achten;

Zugehöriges Element: Luft (intelektuelle Hülle);

Hier fordert uns die Yogalehre dazu auf, uns selbst immer besser kennenzulernen. Uns unserer Gedanken und Einstellungen bewusst zu werden. Die Motive unseres Handelns zu erkennen.

Selbststudium meint: innehalten. Tagebuch schreiben. Sich selbst beim Argumentieren zuhören – und hinterfragen, ob man sich gerade etwas vormacht.

In einem engeren Sinne wird Svadhya als Studium spiritueller Schriften ausgelegt. Aber auch dieses Lesen heiliger Texte soll uns letzlich zur Selbsterforschung, zum Gang nach Innen motivieren.

Sutra: Was folgt, wenn wir Svadhyaya befolgen

Yoga Sutra II-44: Durch Selbstserforschung wird man eins mit der ersehnten Gottheit (bzw. dem Ideal)

Zur Sutra


Siehe auch:

Spirituelles Tagebuch führen

Zum Artikel


5. Ishvarapranidhana – Verehrung des Göttlichen

Sanskrit

  • Ishvarapranidhana, Ishvara Pranidhana: Verehrung des Göttlichen; Hingabe an Gott; Verehrung Gottes; Verehrung des Göttlichen; Gottvertrauen; Annehmen des Schicksals;

Zugehöriges Element: Äther (spirituelle Hülle);

Das Göttliche anerkennen – auch ohne religiösen Hintergrund. Es kann heißen: loslassen. Nicht alles kontrollieren wollen. Ein Stück Vertrauen ins Leben selbst.

Patanjali definiert „das Göttliche“ im Yogasutra nicht konkret. Es scheint, als will er jedem selbst überlassen, ob und wie er an etwas Göttliches glaubt. Allgemein könnte man Ishvarapranidhana als die Forderung nach einer Kultivierung einer Beziehung zu Gott verstehen.

Ralph Skuban schreibt: "Die Hingabe ... kann eine Art Schnellstraße zum inneren Licht sein." Er zählt darunter auch das Sprechen (heiliger) Mantras, Gebete, rituelle Handlungen oder Karmayoga.

Dr. Steiner übersetzt Iishvara-Pranidhana als "Annehmen seines Schicksals" – eine der wenigen Übersetzungen, die ohne Gott auskommt.

Ishvarapranidhana lässt sich aber auch so deuten, dass man alles in Gottes Hände gibt. Sich schon selbst im Leben bemüht, aber das Ergebnis Gott überlässt.

Im täglichen Leben kannst du probieren, alles als göttlich anzusehen. So durch die Welt zu gehen kann sehr inspirierend sein.

Mystiker gehen noch weiter. Sie erstreben völlige Selbstaufgabe, eine Art Sterben im Leben, gemeint ist vermutlich die völlige Aufgabe des Ego über die bedingungslose Hingabe (Liebe) zum Höchsten bzw. der Quelle, aus der alles entstand, meist Gott genannt. Im Zen (ohne Gott) heißt es ähnlich:

"Der Suchende wird zum Tal."

Dann werden alle Geheimnisse der Seele offenbart (Johannes vom Kreuz, 1542-1591, schrieb dies im Dunklen einer Gefängniszelle, inmitten der Folter durch die Inquisition in der Schrift "Die dunkle Nacht der Seele", gefunden bei Ralph Skuban). 

Sutra: Was folgt, wenn wir Ishvarapranidhana befolgen

Yoga Sutra II-45: Die Hingabe an Ishwara führt zur Vollkommenheit in Samadhi.

Zur Sutra


Alle Sutras zu Ishvara / dem Göttlichen bzw. der Hingabe daran

Yoga Sutra I-23: Oder durch fromme Hingabe an Ishvara (Gott als ein ideal gedachtes Wesen) kann es erlangt werden

Zur Sutra


Yoga Sutra I-24: Ishvarah ist als besonderes Wesen unberührt von Leid, Karma oder Wünschen

Zur Sutra


Yoga Sutra I-25: Er ist unübertroffen und Quell allen Wissens

Zur Sutra


Yoga Sutra I-26: Ungegrenzt von der Zeit ist er seit ältesten Zeiten der Lehrer aller Meister

Zur Sutra


Yoga Sutra I-27: Ishvara zeigt sich in dem Wort OM (Pranavah)

Zur Sutra


Yoga Sutra I-28: OM ist im Bewusstsein seines Sinnes mit Hingabe zu wiederholen

Zur Sutra


Yoga Sutra I-29: Durch diese Praxis erlangt man das wahre innere Selbst und alle Hindernisse verschwinden

Zur Sutra


Yoga Sutra II-1: Strenge Übungspraxis, Selbststudium und Hingabe an den höchsten Herrn – das ist der Kriya Yoga

Zur Sutra


Yoga Sutra II-32: Die Nyamas lauten Reinheit, Zufriedenheit, Selbstdisziplin, Selbststudium und Hingabe an Gott

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Yoga Sutra II-45: Die Hingabe an Ishwara führt zur Vollkommenheit in Samadhi.

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Umfrage: Welches Niyama hälst du ein?

Um die Einhaltung welcher der Niyamas bemühst du dich im täglichen Leben?

Wie oben bereits gesagt: Perfekt ist wohl niemand von uns. Darum: In welchem Niyama gibst du dir Mühe?

 

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Hier die bisherigen Antworten anschauen ⇓

Die bisherigen Stimmen:

Santosha – Zufriedenheit 26 Stimmen
Svadhyaya – Selbststudium 22 Stimmen
Saucha – Reinheit 21 Stimmen
Tapas – Selbstzucht 18 Stimmen
Ishvarapranidhana – Verehrung des Göttlichen 10 Stimmen

Die Yamas und Niyamas in der Hatha Yoga Pradipika

 Aus dem 1. Kapitel der Hatha-Yoga-Pradipika:

Vers I-15: Übermaß an Essen, zu starke Anstrengung, Geschwätz, Befolgung falscher Regeln, falsche Gesellschaft und Unbeständigkeit - diese sechs Sünden machen Yoga wirkungslos.

Vers I-16: Fester Wille/Enthusiasmus, Mut, Beharrlichkeit/Geduld, Wahrheit, wahres Wissen über das Sein und das Aufgeben von [nur unförderlicher?] Gemeinschaft mit Menschen – diese sechs Dinge führen den Yoga zum Erfolg.

Dann folgen die Regeln von Yama und Niyama, nahezu verdoppelt gegenüber den Sutras des Patanjali:

Hinweis: Die folgenden beiden Verse I-17 und I-18 wurden vermutlich erst späteren Textfassungen der Pradipika hinzugefügt.

Vers I-17: Nun folgen die Yama und Niyama: Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Nichtstehlen, Selbstbeherrschung, Nachsicht, Entschlossenheit, Mitgefühl, Aufrichtigkeit, Mäßigung und Reinheit sind gewiss Yama.

Vers I-18: Selbstzucht, Zufriedenheit, Gläubigkeit, Freigebigkeit, Gottes-Verehrung, Studium der Aussagen der heiligen Schriften, Schamhaftigkeit, Einsicht, Opfer und Japas [Mantrawiederholung, Gebete], das sind die 10 Niyamas, die von denjenigen genannt werden, die mit den Yoga-Schriften vertraut sind.

Zusammengefasst: Warum sollten wir die Yamas und Niyamas im täglichen Leben einhalten?

Die Gründe in Kurzform:

  • Um spirituell wachsen zu können
  • Um Leiden zu vermeiden
  • Um positive Gefühle und gutes Karma anzusammeln
  • Als Richtschnur für den spirituellen Pfad und zum Selbstschutz
  • Wir werten uns nicht ab
  • Um eine ungünstige / leidvolle Wiedergeburt zu umgehen
  • Um gesund zu bleiben und tiefer zu meditieren

Erläuterungen zu diesen Gründen obenim Text und zusammengefasst in Sutra II-30 (für die Yamas) und Sutra II-32 (für die Niyamas).

Fazit: Yamas und Niyamas im täglichen Leben

Die Yamas und Niyamas sind keine staubigen Regeln aus alter Zeit, sondern Werkzeuge, die dich mitten im Alltag begleiten können. Sie erinnern daran, dass es oft kleine Gesten sind – nicht hupen, ehrlich sein, Maß halten, aufräumen, zufrieden sein –, die das große Ganze formen.

Vielleicht liegt genau darin ihre zeitlose Kraft: Sie bringen den Yoga vom Podest in den Alltag. Und genau da, zwischen Supermarkt, Laptop und Familienessen, haben sie ihre größte Wirkung.

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Interessante Fakten zu den Yamas und Niyamas

  1. Ethisches Fundament älter als Patanjali – Die Yamas und Niyamas finden sich schon in frühen Upanishaden und Dharma-Texten. Patanjali systematisierte sie nur.
  2. Ahimsa als politische Waffe – Gandhi machte Gewaltlosigkeit zur Grundlage seines Widerstands. Weniger bekannt: Auch Martin Luther King Jr. griff diese Idee direkt aus dem Yoga-Gedanken auf.
  3. Satya kann Schweigen bedeuten – In manchen Traditionen gilt Schweigen als höchste Form der Wahrhaftigkeit, wenn jedes Wort nur Verwirrung stiften würde.
  4. Asteya und digitale Welt – Schon Vyasa warnte vor „geistigem Stehlen“. Heute wäre das schlicht: keine Bilder, Musik oder Texte ohne Erlaubnis kopieren.
  5. Brahmacharya ohne Zölibat – Im antiken Indien war Brahmacharya ursprünglich die Lebensphase des Lernenden – nicht zwingend sexuelle Enthaltsamkeit, sondern Konzentration auf Studium und Charakterbildung.
  6. Minimalismus avant la lettre – Aparigraha fordert nicht erst heute „Weniger ist mehr“. Schon vor 2000 Jahren galt Besitzanhäufung als Hindernis für geistige Freiheit.
  7. Niyamas als psychische Hygiene – Saucha (Reinheit) war nie nur körperlich gemeint. Schon alte Yogis sprachen von „mentaler Verschmutzung“ durch schlechte Gesellschaft oder negative Gedanken – fast wie ein Vorläufer moderner Psychologie.

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Yamas & Niyamas als Poster

Wir haben ein Poster von den Yamas und Niyamas erstellt:

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Alternativ/ergänzend kannst du dir die Yamas & Niyamas auch als kleine Merkkarte für die Geldbörse herunterladen. Einfach runterladen, ausdrucken und ausschneiden:

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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