Tajjapas tad–artha–bhâvanam
तज्जपः तदर्थभावनम्
Die Übung besteht also im Wiederholen von OM, hingebungsvoll und verbunden mit einer Vorstellung von dessen Bedeutung. Hiermit erläutert Patanjali einen weiteren Weg zur Befreiung. Begibt man sich auf diesen Pfad, sollte man wissen, wie er sich dieses Wiederholen vorstellte.
Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrit
- Tat, Tad = es, das (gemeint ist Pranava bzw. OM); manchmal auch "deshalb";
- Japas = murmeln, flüsternd wiederholen;
- Tat-japa = seine ständige Wiederholung; Artha = Absicht, Zweck, Sinn;
- Tat-artha = seine Bedeutung (Ishvaras);
- Bhavanam, bhâvanam = mit Gefühl, mit Hingabe, Versenkung; Nachdenken, Kontemplation;
- Artha-Bhavanam = Nachdenken über etwas;
Übersetzungsvarianten und -hinweise (Quellen)
- Iyengar schreibt, dass diese Sutra so gemeint sei, dass der Yogi OM im vollen Bewusstsein seiner Bedeutung wiederholen sollte. Es geht um "andächtige" und "bewusste" Wiederholung des Mantras (Japa-Yoga), reines Plappern im Geiste verbunden mit der Planung des kommenden Tages scheint also nicht zu genügen.
- R. Sriram schreibt "Die geistige Verschmelzung mit der Vorstellung von Ishvara verbunden mit dem Wiederholen" von OM führe zu "Hingabe".
- Govindan übersetzt, dass man mit Hingabe über den Sinn von OM "nachdenken" soll.
- Deshpande formuliert "... stete, aufmerksame Murmeln" sei die "Vergegenwärtigung seines Sinnes".
- Coster schreibt "Konzentriertes Meditieren über die Idee Gott führt zu seiner Erkenntnis" mit allmählicher Überwindung der Hindernisse.
- 12koerbe.de übersetzt, dass das innerliche Sprechen von OM heißt, sich "ihren Sinn zu vergegenwärtigen".
- Swami Prabhavananda: "Dieses Wort muss mit der Meditation über seine Bedeutung wiederholt werden.".
- Ashtangayoga.info: Wiederholung von OM in diesem Sinne "... führt zur spirituellen Ausrichtung".
Beliebt: Nach jedem OM eine Perle weiter
Siehe, so nocht nicht geschehen, vorab die Erläuterungen zu OM in Sutra I-27.
Die Kunst des Japa
Wie schon in Sutra I-27 erläutert geht es also nicht um das reine – laute oder gedankliche – Brabbeln von OM. Drei Elemente wollen berücksichtigt werden:
- Die ständige Wiederholung von OM
- Das innere Bewusstsein über dessen Bedeutung
- Eine Haltung der Hingabe
Das Profane ersetzen
Das Ziel der Praxis der bewussten Wiederholung eines Mantras liegt darin, das Bewusstsein von seiner weltlichen Justierung hin zum Göttlichen auszurichten.
Verschmelzung
Govindan schreibt, die Wirkung des Wiederholens von OM könne mit dem intensiven Hören klassischer Musik verglichen werden: Man verschmilzt mit der Musik und erreicht einen anderen Bewusstseinszustand.
{tab Übung}
Übung zu Yoga Sutra I-28
Übungsvorschlag für die kommende Woche:
Wiederhole diese Woche wieder regelmäßig OM in vollem Bewusstsein von dessen Bedeutung. Versuche nun, dein Gefühl der Hingabe zu intensivieren. Kultiviere Liebe und Sehnsucht beim Rezitieren.
{tab Verwandte/ergänzende Sutras}
Verwandte/ergänzende Sutras
Siehe zu I-28 auch:
Yoga Sutra I-41: Für den, der die Bewegungen des Geistes auf ein Minimum reduziert, verschmelzen Wahrnehmender, Wahrgenommenes und Wahrnehmung, so wie ein Kristall Form und Farbe eines Hintergrundes reflektiert. Das ist Samapatti (Verschmelzung).
Kshîna-vritter abhijâtasy eva maner grahîtri-grahana-grâhyeshu tatstha-tadanjanatâ samâpattih
क्षीणवृत्तेरभिजातस्येव मणेर्ग्रहीतृग्रहणग्राह्येषु तत्स्थतदञ्जनता समापत्तिः
Im Laufe einer langen und ernsthaft betriebenen Meditationspraxis verändert sich unser Geist und wir vertiefen beständig das Verständnis von unserer inneren Natur und der äußeren Welt. Diese Sutra spielt auf einen besonderen Aspekt dieser Entwicklung an: der Verschmelzung von Wahrnehmenden, Wahrgenommenen und Wahrnehmung.
Damit sind höchst erstaunliche Fähigkeiten verbunden, wie wir in den Kommentaren lesen.
Yoga Sutra I-23: Oder durch fromme Hingabe an Ishvara (Gott als ein ideal gedachtes Wesen) kann es erlangt werden
Îshwara–pranidhânâd vâ
ईश्वरप्रणिधानाद्वा
Mit dieser Sutra weicht Patanjali deutlich vom Samkhya, der grundlegenden Yoga-Philosophie, ab: Gott tritt ins Spiel. Konkreter: Ishvara als Konzept einer persönlichen Gottheit mit ganz bestimmten Eigenschaften. Gott einmal anders, als man ihn sich üblicherweise vorstellt ...
Yoga Sutra II-1: Strenge Übungspraxis, Selbststudium und Hingabe an den höchsten Herrn – das ist der Kriya Yoga
Tapah-svâdhyâyeshwara-pranidhânânikriyâ-yogah
तपः स्वाध्यायेश्वरप्रणिधानानि क्रियायोगः
Das zweite Kapitel des Yogasutras von Patanjali beginnt mit der Definition des Kriya-Yoga, dem Yoga der Tat. Dieses Kapitel wird praxisnäher, ist für Anfänger und fortgeschrittene Yogis interessant. Doch das Yoga-Ziel wird nicht an einem Tag erreicht, bedarf des Abbaus von Hindernissen und der kontinuierlichen und dauerhaften Praxis. Gleich in der ersten Sutra verdeutlicht Patanjali, welche Übungen am wirkungsvollsten sind.
Videos zu Sutra I-28
{tab OM - Aussprache}
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{tab Erläuterungen zu OM}
OM Mantra: Bedeutung und Erläuterungen von Sukadev:
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OM Mantra: Einsatzmöglichkeiten und Erläuterungen von Olga Illichova. Hinweis: die Tonqualität wird im Laufe des Videos besser.
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Dr. Kausthub Desikachar zu Sutra I-27-I-28
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{tab Nayaswami Asha}
Nayaswami Asha zu Sutra I-27 bis I-29
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