Yoga Sutra Praxis
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Yoga Sutra I-1: Jetzt wird Yoga erklärt
Atha yoga-anuśāsanam
अथ योगानुशासनम्Jetzt ist Yoga-Zeit. Dies kann ein schönes Motto jeder Yogasitzung sein: Jetzt, hier - mein Yoga!
Womöglich verbirgt sich weiterer verborgener Sinn hinter dieser Sutra. Schauen wir uns Übersetzungsvarianten und die interessantesten Deutungen an.
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Yoga Sutra I-2: Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Bewegungen im Geist
Yogash citta–vritti–nirodhah
योगश्चित्तवृत्तिनिरोधःWenn ich festlegen müsste, welche Sutra die Bedeutsamste ist, dann würde ich diese wählen. Hier wird der Yogaweg in einem Satz zusammengefasst. Alle weiteren Sutras erläutern den Weg.
Auslegung und Deutung dieser Sutra erfolgt unterschiedlich. Lies hier, welche Prioritäten du gemäß der Sutras-Deuter bei deiner täglichen Praxis setzen solltest.
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Yoga Sutra I-12: Die bewusste Kontrolle der Bewegungen im Geist wird durch Übung und Verhaftungslosigkeit erlangt
Abhyâsa–vairâgyâbhyâm tan–nirodhah
अभ्यासवैराग्याभ्यां तन्निरोधःIn den folgenden Sutras wendet sich Patanjali einem neuen Bereich zu. Es geht um zwei zentrale Konzepte (oder Prinzipien bzw. Vorgehensweisen) für die eigene spirituelle Entwicklung:
Abhyasa und Vairagya
Übung und NichtanhaftenSomit kann auch diese Sutra als grundlegend eingeordnet werden. Sie begründet die tägliche Praxis des Yogi und fordert eine bestimmte Geisteshaltung zu "weltlichen Dingen" und emotionalen Verstrickungen.
Eine Geschichte verdeutlicht die anzustrebende Geistesverfassung...
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Yoga Sutra I-13: Übung ist die ständige Bemühung, die Beruhigung der Bewegungen im Geist fest zu begründen
tatra sthitau yatno-bhyāsaḥ
तत्र स्थितौ यत्नोऽभ्यासःAbhyasa sind alle Anstrengungen zur Beherrschung des Geistes. Nicht aus Selbstzweck, sondern um Zugang zum wahren Selbst zu finden. Es geht um die Beherrschung des Geistes, damit der Purusha durchscheinen kann.
Doch worauf kommt es beim Üben an?
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Yoga Sutra I-14: Die Übung bewirkt dauerhaften Erfolg, wenn sie über lange Zeit hinweg ohne Unterbrechung und mit Hingabe durchgeführt wird
Sa tu dīrgha kālanairantarya satkārāsevito dṛḍhabhūmiḥ
स तु दीर्घकालनैरन्तर्यसत्कारासेवितो दृढभूमिःEigentlich ist dies auch eine zentrale Sutra, da sie ein wichtiges Übungsprinzip hervorhebt: Wenn du nicht dranbleibst, fällst du zurück. Inwiefern eine Pause in der Meditation mit einem Stein, der den Berg wieder herabrollt oder mit "Zwei Schritt vor, einen zurück" verglichen werden sollte, darüber streiten sich die Sutraskommentatoren.
Noch hilfreicher: Lese hier ihre Tipps, wie du dauerhaft falsches Üben vermeidest.
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Yoga Sutra I-15: Verhaftungslosigkeit ist erreicht, wenn das Verlangen nach sichtbaren und unsichtbaren Dingen erloschen ist
dṛṣṭa-anuśravika-viṣaya-vitṛṣṇasya vaśīkāra-saṁjṇā vairāgyam
दृष्टानुश्रविकविषयवितृष्णस्य वशीकारसञ्ज्ञा वैराग्यम्In dieser Sutra beschreibt Patanjali den Endzustand des Übens der Nicht-Anhaftung. Interessant ist, dass viele Kommentatoren diese Sutra dahingehend auslegen, dass Patanjali hierbei auch das Begehren rein spiritueller Wonnezustände im Auge hatte. Sivananda hält (ein wenig) dagegen.
Müssen wir unseren Willen bemühen oder kommt die Freiheit durch das Yoga-Praktizieren quasi "von alleine"?
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Yoga Sutra I-17: Vollkommene Erkenntnis - saṁprajñāta - wird beim Durchlauf von Ahnung, Erfahrung, Freude und Einheitswahrnehmung [in der Meditation] gewonnen
Vitarka–vichâra-ânandâ-asmitâ-rupa-anugamât samprajñâtah
वितर्कविचारानन्दास्मितारुपानुगमात्संप्रज्ञातःEs ist hochinteressant, wie (unterschiedlich) sich der Weg hin zum und der Entwicklungsverlauf im Samadhi vollzieht. Bei der Deutung von Sutra I-17 weisen die Übersetzungen jedoch deutliche Unterschiede auf. Was nicht verwundert, da wir in einen Bereich des Yoga vordringen, der erst nach langer Praxis erreicht wird: Samadhi. Zudem werden die Erfahrungen hier subjektiv durchlebt und können schwer in Worte gefasst werden.
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Yoga Sutra I-21: Diejenigen, deren Wunsch/Wille/Praxis/Sehnsucht intensiv ist, erlangen es [Samadhi, Befreiung] schnell
Tîvra–samvegânâm âsannah
तीव्रसंवेगानामासन्नःEndlich einmal eine nahezu eindeutige Sutra. Doch natürlich gehen die Übersetzungen auch hier unterschiedliche Wege. Es geht um das Wort "Samveganam". Übersetzt man es nun eher mit Wunsch, mit Wille ober mit Übungsbemühungen?
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Yoga Sutra I-22: Der Wunsch/Wille/die Praxis kann schwach, mittelmäßig oder intensiv sein
Mrdu–madhyâ-adhimâtratvât tato’pi visheshah
मृदुमध्याधिमात्रत्वात्ततोऽपि विशेषःMein Patanjali hier wirklich "Wunsch"? Sollen wir nicht allem entsagen, jeden Wunsch im Keime ersticken? Es kann interessant sein, sich darüber klar zu werden, was man sich eigentlich wünscht und wie viel von diesem Wünschen dem Weg des Yoga zuzuordnen ist.
Ist dein Wunsch nach Befreiung nicht groß genug? Hier findest du am Ende des Artikels Tipps, die Sehnsucht in dir zu schüren.
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Yoga Sutra I-23: Oder durch fromme Hingabe an Ishvara (Gott als ein ideal gedachtes Wesen) kann es erlangt werden
Îshwara–pranidhânâd vâ
ईश्वरप्रणिधानाद्वाMit dieser Sutra weicht Patanjali deutlich vom Samkhya, der grundlegenden Yoga-Philosophie, ab: Gott tritt ins Spiel. Konkreter: Ishvara als Konzept einer persönlichen Gottheit mit ganz bestimmten Eigenschaften. Gott einmal anders, als man ihn sich üblicherweise vorstellt...
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Yoga Sutra I-28: OM ist im Bewusstsein seines Sinnes mit Hingabe zu wiederholen
Tajjapas tad–artha–bhâvanam
तज्जपः तदर्थभावनम्Die Übung besteht also im Wiederholen von OM, hingebungsvoll und verbunden mit einer Vorstellung von dessen Bedeutung. Hiermit erläutert Patanjali einen weiteren Weg zur Befreiung. Begibt man sich auf diesen Pfad, sollte man wissen, wie er sich dieses Wiederholen vorstellte.
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Yoga Sutra I-29: Durch diese Praxis erlangt man das wahre innere Selbst und alle Hindernisse verschwinden
tataḥ pratyak-cetana-adhigamo-py-antarāya-abhavaś-ca
ततः प्रत्यक्चेतनाधिगमोऽप्यन्तरायाभावश्चMan kann sagen, dass Patanjali der bewussten OM-Rezitation wahre Wunderwirkungen attestiert. Hindernisse werden überwunden, Probleme gelöst. Die Kommentatoren erläutern dies ausführlicher:
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Yoga Sutra I-32: Zur Überwindung der Hindernisse übe man die auf ein Objekt konzentrierte Meditation
tat-pratiShedhaartham eka-tattva-abhyaasaH
तत्प्रतिषेधार्थमेकतत्त्वाभ्यासःIn den Sutras I-32 bis I-39 erfahren wir Mittel, um die Hindernisse und Störungen auf dem Weg zu beseitigen. Patanjali beginnt, indem er zu einer konkreten Meditation rät.
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Yoga Sutra I-33: Der Geist wird geklärt durch Kultivierung von Freundlichkeit, Empathie, Zufriedenheit sowie Gleichgültigkeit gegenüber Freude, Leid, Erfolg und Misserfolg
Maitrî–karunâ–muditopeksânam sukha–duhkha–punyâpunya–vishayânâm bhâvanâtash chitta prasâdanam
मैत्री करुणा मुदितोपेक्षाणांसुखदुःख पुण्यापुण्यविषयाणां भावनातः चित्तप्रसादनम्Sutra I-33 gibt Empfehlungen zu Tugenden, die ein Yogi zur Unterstützung seines Weges entwickeln sollte. Satchidananda schreibt: "Egal ob du dich am Erreichen von Samadhi interessiert zeigst oder vorhast, den Weg des Yoga völlig zu ignorieren, würde ich dir raten, zumindest diese Sutra zu erinnern."
Die hier gegebenen Empfehlungen seien "very helpful", im täglichen Leben einen friedlichen Geist zu bewahren.
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Yoga Sutra I-34: [Der Geist wird klar] durch (kontrolliertes) Ausstoßen oder Anhalten des Atems
Pracchardana–vidharanabyam va pranasya
प्रच्छर्दनविधारणाभ्यां वा प्राणस्यPatanjali kommt zum Pranayama. Der bewussten Beeinflussung des Atems (konkrete Hinweise kommen von den Kommentatoren) ermöglicht tiefgehende Erfahrungen. Oder ist diese Sutra ganz anders gemeint? Schauen wir uns die Übersetzungsvarianten an:
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Yoga Sutra I-35: Oder die Meditation über subtile Sinneswahrnehmung führt zur Stabilität des Geistes.
Visayavati va pravrttir utpanna manasah sthiti-nibandhani
विषयवती वा प्रवृत्तिरुत्पन्ना मनसः स्थिति निबन्धिनीAuch bei dieser Sutra gehen schon bei der Übersetzung die Bedeutungsinterpretationen auseinander. Vielleicht steckt in jeder der Interpretationen ja ein Quäntchen (hilfreiche) Wahrheit. Auf jeden Fall geht es Patanjali in dieser Sutra darum, wie unsere Sinneswahrnehmung uns ein Tor nach innen öffnet.
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Yoga Sutra I-36: Oder durch Konzentration auf ein inneres Licht, das frei von Leid ist
viśokā vā jyotiṣmatī
विशोका वा ज्योतिष्मतीInneres Licht – wo soll das denn bitte schön leuchten? Seh ich nicht...
Gemach! Die Kommentatoren geben, anders als Patanjali, konkrete Übungsempfehlungen zur Schau des inneren Lichtes.
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Yoga Sutra I-37: Oder durch Meditation über einen Menschen, der völlig frei von Anhaftungen an Sinnesobjekte ist.
Vîta-râga-vishayam vâ chittam
वीतरागविषयं वा चित्तम्Hier kommt die Kraft des Vorbildes zur Wirkung, die traditionelle yogische Guru-Verehrung im positiven Sinne. Aber auch wenn du nicht der Typ für die Verehrung eines Menschen bist, kannst du die Empfehlung dieser Sutra nutzbringend anwenden.
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Yoga Sutra I-38: Oder durch Meditation über Trauminhalte oder den Zustand des traumlosen Schlafes
Svapna-nidrâ-jnânâlambanam vâ
स्वप्ननिद्रा ज्ञानालम्बनम् वाPatanjali schreibt, dass die Meditation über Trauminhalte zur Ruhe des Geistes führen kann. Lese hier, welche Arten von Traumerfahrungen dafür geeignet sind.
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Yoga Sutra I-39: Oder durch Meditation über irgendetwas, das man mag
yathā-abhimata-dhyānād-vā
यथाभिमतध्यानाद्वाHier scheint Patanjali jegliches Objekt zur Meditation freizugeben. Die Kommentatoren schränken das dann jedoch ein klein wenig ein:
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Yoga Sutra I-40: Wenn er das Ziel erreicht, ist er ein Meister vom Kleinsten bis zum Größten
Paramânu-parama-mahattvânto `sya vashikârah
परमाणु परममहत्त्वान्तोऽस्य वशीका
In dieser Sutra schreibt Patanjali, was passiert, wenn mit den Mitteln der Sutra I-33 bis I-39 die Hindernisse aus I-31 und I-32 überwunden sind. Wir erlangen Meisterschaft über alles! Doch der Teufel steckt im Detail: Auch hier deuten die Kommentatoren und Übersetzer den Vers bzw. die Meisterschaft recht unterschiedlich. -
Yoga Sutra I-41: Für den, der die Bewegungen des Geistes auf ein Minimum reduziert, verschmelzen Wahrnehmender, Wahrgenommenes und Wahrnehmung, so wie ein Kristall Form und Farbe eines Hintergrundes reflektiert. Das ist Samapatti (Verschmelzung).
Kshîna-vritter abhijâtasy eva maner grahîtri-grahana-grâhyeshu tatstha-tadanjanatâ samâpattih
क्षीणवृत्तेरभिजातस्येव मणेर्ग्रहीतृग्रहणग्राह्येषु तत्स्थतदञ्जनता समापत्तिः
Im Laufe einer langen und ernsthaft betriebenen Meditationspraxis verändert sich unser Geist und wir vertiefen beständig das Verständnis von unserer inneren Natur und der äußeren Welt. Diese Sutra spielt auf einen besonderen Aspekt dieser Entwicklung an: der Verschmelzung von Wahrnehmenden, Wahrgenommenen und Wahrnehmung.Damit sind höchst erstaunliche Fähigkeiten verbunden, wie wir in den Kommentaren lesen.
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Yoga Sutra I-42: Samapatti erfolgt in vier Stufen. Stufe 1: Wenn Samapatti mit Wortwissen, Schlussfolgerungen und Vorstellungen durchsetzt ist, wird es Savitarka Samapatti genannt
Tatra shabdârtha-jnâna-vikalpaih samkîrnâ savitarkâ samāpattiḥ
तत्र शब्दार्थज्ञानविकल्पैः संकीर्णा सवितर्का समापत्तिःMit dieser Sutra beginnt die Reise im Samadhi. Patanjali beschreibt zunächst die Erscheinungen auf dieser ersten Stufe des Samadhi und nennt sie Savitarka.
Es handelt sich dabei um eine Art Erleuchtung – aber mit "Denken"... -
Yoga Sutra II-1: Strenge Übungspraxis, Selbststudium und Hingabe an den höchsten Herrn – das ist der Kriya Yoga
Tapah-svâdhyâyeshwara-pranidhânânikriyâ-yogah
तपः स्वाध्यायेश्वरप्रणिधानानि क्रियायोगःDas zweite Kapitel des Yogasutras von Patanjali beginnt mit der Definition des Kriya-Yoga, dem Yoga der Tat. Dieses Kapitel wird praxisnäher, ist für Anfänger und fortgeschrittene Yogis interessant. Doch das Yoga-Ziel wird nicht an einem Tag erreicht, bedarf des Abbaus von Hindernissen und der kontinuierlichen und dauerhaften Praxis. Gleich in der ersten Sutra verdeutlicht Patanjali, welche Übungen am wirkungsvollsten sind.
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Yoga Sutra II-2: Der Kriya Yoga vermindert die Leiden des Yogi und führt zu Samadhi
samaadhibhaavanaarthaH kleshatanUkaraNaarthashcha
तपःस्वाध्यायेश्वरप्रणिधानानि क्रियायोगःDas Ziel ist genannt: Samadhi. Auch der Grund dieses Strebens wird deutlich: das menschliche Leiden. Kriya-Yoga unterstützt uns, indem es die Hindernisse aus dem Weg räumt, unser Leiden vermindert und die innere Grundlage für Samadhi schafft.
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Yoga Sutra III-4: Die drei (Dhahrana, Dhyana, Samadhi) zusammen auf ein Objekt oder einen Ort angewendet wird Samyama genannt
Trayam ekatra samyamah
त्रयमेकत्र संयमःKapitel 3 des Yogasutras startete mit den Erläuterungen von Dharana (Konzentration), Dyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein). Wendet man nun diese drei Bewusstseinszustände auf ein Objekt an bzw. bringt sie an einem Ort zusammen, so nennt sich das laut Patanjali: Samyama. Daraus können dann wundersame Dinge folgen - abhängig davon, worauf man Samyama ausrichtet.
Wir klären: ► Was ist genau unter Samyama zu verstehen und ► wie erfahre ich es?
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Yoga Sutra III-6: Der Fortschritt im Samyama erfolgt in Stufen
Tasya bhûmishu viniyogah
तस्य भूमिषु विनियोगःNun wird Patanjali konkreter und erläutert, wie wir uns die Entwicklung und Wirkungsweise von Samyama vorstellen dürfen. In diesem Artikel werden wir die Bedeutung dieser Sutra erkunden, sie in den Kontext des achtgliedrigen Yogapfades einordnen und herausfinden, was die stufenweise Entwicklung alles beinhalten könnte.
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Yoga Sutra III-8: Doch auch diese drei [Dharana, Dhyana, Samadhi] sind äußerlich [verglichen] mit dem samanlosen Zustand [Nirbija]
Tad api bahir-angam nirbîjasya
तदपि बहिरङ्गं निर्बीजस्यNirbija bededeut „ohne Samen“, andere übersetzen auch „keimlos“ - ein weiter Ausdruck für Nirvikalpa Samadhi. Dies ist eine ganz andere Vertiefung als der “normale” Samadhi, wie er in Samyama auf Objekte angewendet wird.
Patanjali stellt also klar: Samyama und all die wunderbaren Möglichkeiten daraus sind noch nicht das Ziel des Yoga. Der Aspirant muss darüber hinaus gelangen, will er wahre Freiheit erfahren. Im Artikel nähern wir uns an eine Vorstellung dieses Zustandes an.
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Yoga Sutra III-10: Die Transformation zur inneren Stille (Nirodha–Parinama) wird durch Wiederholung zu einem ungestörten Fluss
Tasya prashânta–vâhitâ samskârât
तस्य प्रशान्तवाहिता संस्कारत्Es nützt der spirituellen Entwicklung wenig, hin und wieder die Gedanken zur Ruhe zu bringen. Wer einen stillen, klaren Geist möchte, muss die Übungen zur Transformation des Geistes verstetigen. Der Prozess der gesammelten Aufmerksamkeit ohne Gedanken (Nirodha Parinama) sollte sich in einen stetigen Fluss verwandeln. Wie dies gelingen kann, lesen wir in den Kommentaren zu diesem Abschnitt.
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Yoga Sutra III-11: Wenn die Ablenkungen des Geistes abnehmen und die einpünktige Konzentration zunimmt, entwickelt sich Samadhi
sarvārthatā ekāgrātayoḥ kṣayodayau cittasya samādhi-pariṇāmaḥ
सर्वार्थतैकाग्रतयोः क्षयोदयौ चित्तस्य समाधिपरिणामःIn den Sutras zuvor wurde der Prozess von Nirodha-Parinama (erste Verwandlung des Geistes) beschrieben, der Übergang von Konzentration (Dharana) zur Versenkung (Dhyana). Doch der Geist kennt noch eine tiefe Art des Wirkens. Übt der Yogi fleißig weiter, so findet eine weitere Transformation statt: Samadhi-Parinama, die zweite Verwandlung - das Gleiten von Dhyana in Samadhi.
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Yoga Sutra III-12: Die dritte Verwandlung: ekagrata-parinama. Ekagrata (Einpünktigkeit der Konzentration) tritt ein, wenn die kommenden und gehenden wandelbaren Inhalte des Geistes in zwei Zeitpunkten gleich sind.
Tataḥ punaḥ śātoditau tulya-pratyayau cittasya-ikāgratā-pariṇāmaḥ
ततः पुनः शान्तोदितौ तुल्यप्रत्ययौ चित्तस्यैकाग्रतापरिणामःHier nun wird die dritte Verwandlung des Geistes des Yogis/ der Yogini beschrieben: die Transformation durch „einpünktige Konzentration“. Dabei empfindet sich das zeitliche Empfinden des fortgeschrittenen Meditierenden.
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Yoga Sutra III-16: Mit Anwendung von Samyama auf die drei Arten der Veränderung (Form, Zeit und Zustand) wird Wissen um Vergangenheit und Zukunft erlangt
pariṇāmatraya-saṁyamāt-atītānāgata jñānam
परिणामत्रयसंयमादतीतानागतज्ञानम्Mit Sutra III-16 beginnen sie, die besonderen Kräfte, Siddhis oder Vibhutis genannt, die sich beim fortgeschrittenen Yogi durch die Meditationstechnik Samyama bei stetem Üben einstellen sollen. Patanjali benennt das dritte Kapitel des Yogasutra nach ihnen. Er behandelt dabei die Siddhis genauso nüchtern wie alle anderen Aspekte im Yogasutra.
In den Sutras werden verschiedene Objekte oder Themen (Sriram) von Patanjali vorgeschlagen, die für Samyama in Frage kommen, und die Auswirkungen bzw. Kräfte daraus.
In Sutra III-16 erläutert Patanjali die Möglichkeiten, die sich aus Samyama auf die „drei Arten der Veränderung“ (diese sind in Sutra III-13 besprochen) ergeben. Die Kommentatoren dieser Sutra sind sich nicht ganz einig, wie dabei genau vorgegangen werden sollte.
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Yoga Sutra III-17: Klang, Vorstellung und Bedeutungen überlagern sich, wenn wir etwas hören. Das verwirrt den Geist. Mit Samyama auf die Trennung dieser Drei versteht der Yogi die Sprachen aller Wesen
Shabdârtha-pratyayânâm itaretarâdhyâsât samkaras tat-pravibhâga-samyamât sarva-bhûta-ruta-jnânam
शब्दार्थप्रत्ययामामितरेतराध्यासात्संकरः तत्प्रविभागसंयमात् सर्वभूतरुतज्ञानम्Alle Sprachen sprechen, alle Tiere verstehen – wer würde nicht gerne diese Fähigkeit haben? Patanjali schreibt, dass der Yogi Samyama auf die verschiedenen Bedeutungsebenen des Gehörten legen solle, diese Ebenen klar voneinander trennen möge und so alles von Mensch oder Tier Geäußerte verstehen könne. In den Kommentaren zu dieser Sutra finden wir Ansätze, wie wir im Alltag dieses Siddhi üben können.
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Yoga Sutra III-18: Durch die direkte Wahrnehmung unbewusster Prägungen (Samskaras) entsteht Wissen über vorige Leben
Samskâra-sâkshâtkaranât pûrva-jâtijnânam
संस्कारसाक्षात्करणात् पूर्वजातिज्ञानम्Der Pfad der Selbsterkenntnis führt unweigerlich in unsere unterbewussten Prägungen, die wir alle zahlreich in unseren tieferen Hirnschichten abgespeichert haben. Die sich unserem Verstand nicht zu erkennen geben, deren Auswirkungen wir aber beobachten können. Patanjali erläutert hier, dass Samyama über diese unterbewussten Prägungen uns sogar zu Wissen über frühere Geburten verhelfen kann. Wie soll das funktionieren?
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Yoga Sutra III-19: Durch Samyama auf den Geist eines Menschen erkennt der Yogi dessen Gedanken
pratyayasya para-citta-jñānam
न च तत्सालम्बनं तस्याविषयीभूतत्वात्Kann ein fortgeschrittener Yogi die Gedanken anderer Menschen lesen? Patanjali sagt: ja, und zwar wenn ein Yogi Samyama auf den Geist eines Anderen ausübt. Worauf soll man sich dabei konkret konzentrieren?
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Yoga Sutra III-21: Durch Samyama auf die Form des eigenen Körpers, kann ein Auge dessen Licht nicht mehr wahrnehmen; so entsteht die Kraft, unsichtbar zu werden
kāya-rūpa-saṁyamāt tat-grāhyaśakti-stambhe cakṣuḥ prakāśāsaṁprayoge-’ntardhānam
कायरूपसंयमात् तद्ग्राह्यशक्तिस्तम्भे चक्षुःप्रकाशासंप्रयोगेऽन्तर्धानम्Hier nun eine weitere interessante Fähigkeit: für andere Menschen unsichtbar werden. Du könntest mit diesem Siddhi unbemerkt durch eine Menschenansammlung wandeln. Probiere es doch einfach mal aus - im Artikel findest du Tipps dazu.
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Yoga Sutra III-23: Die Folgen einer Handlung (Karma) zeigen sich entweder sofort oder ruhen erst und zeigen sich später. Samyama über das eigene Karma führt zur Vorahnung des Zeitpunktes des eigenen Todes.
Sopakramam nirupakramam cha karma tat-samyamâd aparântajnânam arishtebhyo vâ
सोपक्रमं निरुपक्रमं च कर्म तत्संयमातपरान्तज्ञानम् अरिष्टेभ्यो वाIn dieser Sutra geht es Karma und um die Fähigkeit eines versierten Yogis, den Moment seines Todes in Erfahrung zu bringen. In den Kommentaren wird beides eingehend beleuchtet und mit Beispielen verdeutlicht.
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Yoga Sutra III-24: Durch Samyama auf die Freundlichkeit und anderen Tugenden, erhält der Yogi deren Stärke
maitryâdiæu balâni
मैत्र्यदिषु बलानिDie Eigenschaften Freundlichkeit, Liebe oder Mitgefühl für andere Wesen empfinden zu können, wird in wohl allen spirituellen Richtungen hoch geschätzt. Mit diesen Emotionen geht es uns und der Welt um uns herum besser. Hier schreibt Patanjali, wie wir diese Fähigkeiten bzw. Eigenschaften in uns stärken können.
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Yoga Sutra III-25: Durch Samyama auf die Kräfte eines Elefanten [oder anderer Tiere], bekommt der Yogi dessen Stärke
Baleshu hasti-balâdîni
बलेषु हस्तिबलादीनिDie charakteristischen Kräfte von Tiere annehmen. Dieses Siddhi erinnert an schamanische Rituale mit einem Krafttier. In den Kommentaren zu dieser Sutra machen die Autoren Vorschläge, wie dieses Siddhi konkret geübt werden kann.
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Yoga Sutra III-26: Samyama auf die Quelle des inneren Lichts führt zu Wissen über Subtiles, Verborgenes und Fernes
pravëttyâloka-nyâsât sûkæma-vyavahita-viprakëæøa-jõânam
प्रवृत्त्यालोकन्यासात्सूक्ष्मव्यवहितविप्रकृष्टज्ञानम्Nun wird es subtil und mystisch. Patanjali regt an, sich auf ein inneres Licht zu konzentrieren. Doch was ist das genau? Die Übersetzungen reichen vom simplen “Licht” über “Leuchten der Wahrnehmung”, “Ursprung des inneres Lichts” bis hin zu den “erleuchteten inneren Sinnen”. Manche Kommentatoren raten zur Vorbereitung auf dieses Siddhi zu einer simplen Übung.
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Yoga Sutra III-27: Samyama auf die Sonne führt zu Wissen über das Universum
Bhuvana-jnânam sûrye samyamât
भुवज्ञानं सूर्येसंयमात्Patanjali schlägt weitere Samyama-Praktiken vor. In dieser und den folgenden Sutras geht es um eine kosmische Ausrichtung der Meditation. Durch Samyama auf Sonne, Mond und Polarstern erhält man die Kräfte, die mit diesen galaktischen Objekten in Verbindung gebracht werden. In dieser Sutra geht es um die Meditation auf die Sonne. Eventuell spielt Patanjali hier auch auf die “innere Sonne” an.
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Yoga Sutra III-28: Indem man Samyama auf den Mond ausführt, erlangt man Wissen von der Ordnung der Sterne
candre tāravyūha-jñānam
चन्द्रे ताराव्यूहज्ञानम्Wenn der Blick gen Himmel wandert und sich der Vollmond in voller Pracht zeigt, regt das nicht nur die Fantasie an, sondern weckt auch ein uraltes spirituelles Wissen. In der Tiefe der Yoga-Philosophie verbirgt sich eine mystische Praxis: Samyama auf den Mond – eine Technik, die nicht nur mit innerer Klarheit, sondern auch mit einem tieferen Verständnis kosmischer Zusammenhänge in Verbindung gebracht wird. Dieser Artikel lädt dazu ein, das Zusammenspiel von Mondmeditation, astronomischer Erkenntnis und spiritueller Selbstentfaltung aus verschiedenen Blickwinkeln zu erkunden – aus verschiedenen Blickwinkeln, praxisnah und mit einem Hauch von Sternenstaub.
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Yoga Sutra III-29: Durch Samyama auf den Polarstern erlangt der Yogi Wissen um die Bewegungen der Sterne
Dhruve tad-gati-jnânam
ध्रुवे तद्गतिज्ञानम्Der Polarstern ist ein Fixpunkt am Himmel, um den sich die Sterne drehen. Beobachtet man diesen, so erlangt man gemäß dieser Sutra Wissen vom scheinbaren Wandern der Gestirne in der Nacht. Aber mit “Polarstern” könnte Patanjali auch ein anderes Meditationsobjekt meinen …
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Yoga Sutra III-30: Samyama auf das Nabel-Chakra führt zu Wissen über den Aufbau des eigenen Körpers
nābhicakre kāyavyūha-jñānam
नाभिचक्रे कायव्यूहज्ञानम्Diese und die folgenden Sutras handeln von Auswirkungen langanhaltender Konzentration auf bestimmte Körperteile oder -regionen. Grundsätzlich geht es um Kenntnis und Verständnis von Körperprozessen und dem eigenen Wesen. Patanjali beginnt in dieser Sutra mit der Konzentration auf das Nabelzentrum. Samyama (der Dreiklang aus Konzentration, Meditation und Samadhi) auf diesen Bereich soll dem Yogi die Struktur des Körpers offenbaren. Was ist darunter zu verstehen und wie muss man genau vorgehen?
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Yoga Sutra III-31: Samyama auf die Höhle der Kehle beendet Hunger und Durst
Kaṇṭhakūpe kṣutpipāsānivṛttiḥ
कण्ठकूपे क्षुत्पिपासानिवृत्तिःWer wünscht sich nicht, über den eigenen Appetit hinauszuwachsen – wortwörtlich? In einer Welt voller ständiger Reize und überquellender Supermarktregale wirkt der Gedanke fast märchenhaft, Hunger und Durst allein durch Konzentration verschwinden zu lassen. Doch genau das verspricht Patanjali im Yogasutra. Der jahrtausendealte Pfad des Samyama, tief verwurzelt in der yogischen Tradition, könnte nicht nur den Griff zur Snackschublade überflüssig machen (gibt Patanjali hier einen Tipp zum Schlankwerden? :-), sondern auch ein Schlüssel zu innerer Freiheit und spiritueller Reife sein.
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Yoga Sutra III-32: Samyama auf Kurma-Nadi (Sushumna, Energie der Wirbelsäule) führt zu Festigkeit
Kûrma-nâdyâm sthairyam
कूर्मनाड्यां स्थैर्यम्Manchmal ist es nur ein feiner innerer Klick – und plötzlich sitzt du fester, ruhiger, stabiler. Körperlich wie geistig. Samyama auf Kurma-Nadi hat diese Festigkeit zum Ziel. Kurma Nadi, auch Schildkröten-Nadi genannt, ist ein feinstofflicher Energiekanal, über dessen genaue Lage Uneinigkeit herrscht. Mögliche Positionen reichen vom Bereich unter der Kehle über das Brustbein bis zur Wirbelsäule (Sushumna-Nadi). Wir erläutern die Sichtweisen der Kommentatoren dieser Sutra und nennen Tipps und Übungsvorschläge für eine tiefgehende Meditation auf die Kurma-Nadi.
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Yoga Sutra III-33: Samyama auf das Licht am Scheitel führt zu Visionen von vollkommenen Siddhas (Meistern)
mūrdha-jyotiṣi siddha-darśanam
मूर्धज्योतिषि सिद्धदर्शनम्Wieder eine spannende Fähigkeit: Die Kraft, weise Wesen wahrzunehmen! Manche Sutras liest man – und spürt dabei sofort: Da steckt mehr dahinter. Das Yoga Sutra III-33 ist so ein Kandidat. Es verspricht nicht weniger als Zugang zu einer höheren Wirklichkeit durch eine intensive innere Praxis. Wer neugierig ist auf die mystischen Seiten des Yoga, spirituelle Begegnungen nicht ausschließt und gern tiefer in die Symbolik von Licht, Konzentration und göttlicher Schau eintaucht, findet hier mehr eine breite Palette an Kommentierungen zur Sutra. Dieser Beitrag bringt Ordnung in die Vielfalt der Auslegungen und zeigt praxisnah, wie du mit Samyama auf das Licht am … ja, wo genau? Die Kommentatoren zur Sutra sind sich nicht einig. Mehrere Punkte stehen zur Auswahl.
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Yoga Sutra III-34: Intuition führt zu Wissen von allem und jedem
Prâtibhâd vâ sarvam
प्रातिभाद्वा सर्वम्Manchmal flüstert uns eine leise Stimme zu, ohne dass wir genau wissen, woher sie kommt – ein inneres Wissen, das uns den Weg weist. In Patanjalis Yogasutra III-34 wird diese Intuition als Schlüssel zu umfassendem Wissen beschrieben. Dieser Artikel beleuchtet, wie durch die Praxis von Samyama und die Kultivierung innerer Stille ein Zugang zu dieser tiefen Weisheit möglich wird.
Dieser Vers ist eine Einleitung und Zusammenfassung der darauf folgenden Sutras. Es geht um intuitive Erkenntnis mittels Samyama, durch die kein Geheimnis verhüllt bleiben soll...
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Yoga Sutra III-35: Samyama auf das Herz führt zum Verstehen unseres Geistes
hrḍaye citta-saṁvit
हृदये चित्तसंवित्Ob mitten im Großstadttrubel oder ganz in sich versunken auf der Yogamatte – es gibt einen Ort, der immer erreichbar ist: das Herz. Nicht bloß als Organ, sondern als Zentrum für Intuition, Stille und tiefes Verstehen. Wer sich intensiver mit dem Yogasutra 3.35 und der Praxis des Samyama auf das Herz beschäftigt, merkt schnell: Hier geht’s nicht nur um Meditation, sondern um eine völlig neue Art, sich selbst zu begegnen.
Mit dem Herzen als Meditationsobjekt in Samyama sollen Meditierende die Natur ihres Geistes verstehen. Was ist damit genau gemeint? Wird dadurch auch die Seele erkannt? Und wo genau liegt dieses “Herz”, über das man meditieren soll? Dieser Artikel zeigt, wie das vonstatten gehen kann – verständlich, alltagsnah und inspiriert von uralter Weisheit, vielen Kommentatoren und moderner Forschung.
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Yoga Sutra III-36: Weltliche Erfahrungen wie Vergnügen und Genuss beruhen (nur) auf der fehlenden Unterscheidung zwischen dem wahren Selbst (Purusha) und dem eigenen (reinen/sattvigen) Intellekt (Buddhi).
Wissen um und Bewusstsein für das wahre Selbst entsteht durch Samyama auf dessen Interessen.
Sattwa-purushayor atyantâsamkirnayoh pratyayâvishesho bhogah parârthât svârtha-samyamât purusha-jnânam
सत्त्वपुरुषायोः अत्यन्तासंकीर्णयोः प्रत्ययाविशेषोभोगः परार्थत्वात्स्वार्थसंयमात् पुरुषज्ञानम्Wer sich nicht nur mit dem „was“, sondern auch mit dem „warum“ hinter dem Yoga beschäftigen möchte, landet früher oder später bei den tiefgründigen Versen des Yoga Sutra von Patanjali. Einer davon – Sutra III.36 – hat es besonders in sich. Hier geht’s nicht um akrobatische Posen oder Atemtechniken, sondern um das feine Gespür für das, was in uns wirklich echt ist. Im Artikel findest du die Deutungen und Erläuterungen der Kommentatoren des Yogasutra zu wahrem Selbst, Verstand, inneren Impulsen, äußeren Reizen und spirituellem Ehrgeiz. Und vielleicht – nur vielleicht – bringt dich dieser Vers ein kleines Stück näher an das, was du tief in dir längst bist.
Diese Sutra ist für viele Kommentatoren ein sehr wichtiger Vers. Denn wenn ein Yogi unterscheiden kann, was im Leben dem wahren Selbst dient bzw. in dessen Interesse liegt, so kann er stets eine gute Entscheidung treffen und viele Klippen auf dem spirituellen Pfad umschiffen. Patanjali mahnt vermutlich mit dieser Aussage auch davor, die übersinnlichen Fähigkeiten, die in diesem dritten Kapitel das Hauptthema sind, nicht allzu wichtig zu nehmen bzw. ihnen nicht allzu sehr nachzueifern.
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Yoga Sutra III-37: Von Samyama auf Purusha entstehen intuitives Wissen, Hören, Sehen, Schmecken und Riechen
Tataḥ prātibhaśrāvaṇavedanādarśāsvādavārtā jāyante
ततः प्रातिभश्रावणवेदनादर्शास्वादवार्ता जायन्तेDie Ausrichtung der Konzentration auf die Wünsche des wahren/höheren Selbst wie in der Sutra III-36 zuvor beschrieben bringt weitere Früchte. Wenn wir uns ganz in diesem Sinne ausrichten und verhalten, werden wir feinsinniger und empfänglicher, so Patanjali hier.
Wer mit echter Neugier und einem Hauch Demut auf die Wünsche des wahren Selbst lauscht, der findet hier nicht nur philosophische Weisheit, sondern auch konkrete Werkzeuge, um seine Wahrnehmung zu verfeinern. In diesem Artikel erwarten dich klare Erklärungen verschiedener Kommentatoren zu dieser Sutra, praktische Anleitungen und interessante Brücken zwischen uraltem Yogawissen und moderner Neurowissenschaft.
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Yoga Sutra III-38: Diese sind im normalen Leben (wenn der Geist in Bewegung ist) außergewöhnliche Kräfte, aber Hindernisse für das Erreichen von Samadhi
Te samâdhâv upasargâ vyutthâne siddhayah
ते समाधवुपसर्गाव्युत्थाने सिद्धयःWer den Yogaweg schon eine Weile gegangen ist, merkt schnell: Nicht alles, was glänzt, führt auch ins Licht. Gerade wenn scheinbar übernatürliche Erfahrungen auftreten – sei es eine plötzliche Eingebung, hellsichtiges Spüren oder intuitive „Wunder“ –, wird der innere Kompass auf die Probe gestellt. In diesem Artikel geht es um genau diese Versuchungen, die Patanjali in Sutra III.38 beschreibt: sogenannte Siddhis, geistige Kräfte, die sich oft als Fortschritt verkleiden, in Wahrheit aber zum Stolperstein auf dem Weg zu Samadhi werden können. Wer hier genau hinsieht, versteht tiefer, worum es im Yoga wirklich geht – und worum gerade nicht.
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Yoga Sutra III-39: Werden die Ursachen des Gebundenseins aufgehoben, kann der Yogi durch das Wissen um die Durchgänge in den Körper eines anderen eintreten
badnha-kāraṇa-śaithilyāt pracāra-saṁvedanācca cittasya paraśarīrāveśaḥ
बन्धकारणशैथिल्यात्प्रचारसंवेदनाच्च चित्तस्य परशरीरावेशःVorab: In dem kommenden Abschnitt des Yogasutras wirkt es so, als wären manche Sutras zusammenhanglos integriert. Ob dem wirklich so ist, sei dahingestellt. Vielleicht gibt es eine Struktur, deren Aufbau ich nicht erkenne.
Sutra 3.39 wirft die Frage auf, wie weit Bewusstsein tatsächlich reicht. Kann man sich wirklich vom eigenen Körper lösen – oder ist das alles nur symbolisch zu verstehen? Wer sich ernsthaft mit Yogaphilosophie beschäftigt, stößt früher oder später auf diese faszinierende Stelle. Dieser Artikel nimmt dich mit auf eine gedankliche Reise zwischen Tradition und Transzendenz – verschaffe dir einen Überblick über die zahlreichen Interpretationen zur Auslegung der Geistreise in einen anderen Körper.
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Yoga Sutra III-40: Durch Beherrschung von Udana (aufsteigender Atem/Prana) kann der Yogi schweben und wird nicht von Nässe, Schmutz oder Dornen berührt
Udâna-jayâj jala-panka-kantakâdishv asanga utkrântish cha
उदानजयाअत् जलपण्खकण्टकादिष्वसङ्गोऽत्क्रान्तिश्चManche Verse in den Yoga-Sutras sind wie kleine poetische Rätsel – und dann stolpert man über III.40: Levitation, Unberührbarkeit, Energie, die dich tragen soll? Klingt erstmal weit hergeholt. Doch wer sich in die Kommentare einliest und hineinfühlt, entdeckt dahinter eine uralte Lehre über innere Leichtigkeit, über den aufsteigenden Atem und das wunderbare Gefühl, wenn du das Leben nicht mehr mit dir herumschleppst, sondern es dich hebt. Der Artikel führt dich in diesen Vers ein – mit Wurzeln in alten Kommentaren, Praxisideen für den Alltag und dem Versuch, das Unerklärbare ein kleines Stück greifbar zu machen.
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Yoga Sutra III-41: Durch Beherrschung von Samana (verbindender Atem/Prana) erlangt der Yogi inneres Feuer
samāna-jayāj-jvalanam
समानजयाज्ज्वलनम्Begeben wir uns auf eine Reise ins Zentrum deiner Mitte. Hier sitzt Samana, deine Kraftquelle, gespeist von Prana und Apana, zum Leben erweckt durch gezielte Atem-, Körper- und Bewusstseinsarbeit. In diesem Artikel findest du klassische Erklärungen und praktische Techniken zur Entfaltung des inneren Feuers. 🔥
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Yoga Sutra III-42: Samyama auf die Beziehung zwischen Hören und Raum führt zu gottgleichem Hören
Śrotrākāśayoḥ sambandhasaṁyamāddivyaṁ śrotram
श्रोत्राकाशयोः संबन्धसंयमाद्दिव्यं श्रोत्रम्Wer meint, Hören sei bloß das, was durchs Trommelfell wandert, hat die Rechnung ohne die Yogaphilosophie gemacht. In Patanjalis Yoga-Sutra III.42 tauchen wir ein in ein unbekanntes Terrain: das überphysische Hören – ein Lauschen, das nicht an Schallwellen hängt, sondern an Bewusstsein, Raum und innerer Stille. Dieser Artikel nimmt dich mit auf eine Reise zwischen Ohr und Unendlichkeit, zwischen dem hörbaren Klang und dem, was dahinter liegt. Was bedeutet es, mit dem Raum zu hören? Und wie kann man das im Alltag üben? Hier findest du Erläuterungen zu Sutra III-42 von zahlreichen Kommentatoren. Wer sich darauf einlässt, hört die Welt bald mit ganz anderen Ohren.
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Yoga Sutra III-43: Samyama auf die Verbindung von Raum (Akasha) und Körper und der Vorstellung, leicht wie Baumwolle zu sein, führt zur Fähigkeit, sich frei im Raum bewegen zu können
Kâyâkâshayoh sambandha-samyamât laghu-tûla-samâpattesh châkâsha-gamanam
कायाकाशयोः संबन्धसंयमात् लघुतूलसमापत्तेश्चाकाश गमनम्Manchmal braucht es einfach ein bisschen Leichtigkeit im Kopf – und Patanjalis Sutra III-43 liefert genau das: eine Anleitung, mit dem Geist über Raum und Dichte zu springen. In dieser und den folgenden Sutras schildert Patanjali sogenannte Mahasiddhis, sehr (maha = groß) außergewöhnliche übersinnliche Kräfte. Es gab immer wieder Geschichten von Yogameistern, die solcherlei Fähigkeiten gehabt haben sollen. Patanjali startet in dieser Sutra mit dem Maha-Siddhi “Astralreise”.
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Yoga Sutra III-44: Wenn dieser reale Geisteszustand außerhalb [des Körpers] beibehalten wird (auch Maha-Videha oder große Körperlosigkeit genannt) löst sich der Schleier über dem inneren Licht auf
bahir akalpita vrittih maha videha tatah prakasha avarana kshayah
वहिरकल्पिता वृत्तिर्महाविदेहा ततः प्रकाशावरणक्षयःIn dieser Sutra erläutert Patanjali die außerkörperliche Erfahrung genauer. Er beschreibt, wie man die Erfahrung dauerhaft machen kann und betont durch seine Wortwahl, dass es sich bei diesem Siddhi nicht um Einbildung, sondern um eine echte Erfahrung handelt.
Mit klarem Ziel: den Schleier vor dem inneren Licht zu lüften.
Dieser Artikel bietet nicht nur Interpretationen, sondern auch handfeste Ideen, wie diese eher mystisch anmutende Sutra praktisch erfahrbar wird.
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Yoga Sutra III-45: Durch Samyama auf die Elemente – ihre groben, feinstofflichen, essentiellen Zustände, ihre Beziehungen und ihren Zweck – erlangt der Yogi Herrschaft über die Elemente
Sthûla-svarûpa-sûkshmânvayârthavattva-samymâd bhûta-jayah
स्थूलस्वरूपसूक्ष्मान्वयार्थवत्त्वसंयमात् भूतजयःDas Yoga Sūtra III.45 ist eines der dichterischen Kraftzentren der klassischen Yogaphilosophie. Es beschreibt die Praxis von Samyama auf die fünf Elemente – Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther – und eröffnet damit einen Weg zu tiefer Selbsterkenntnis, energetischer Ausrichtung und geistiger Unabhängigkeit. Dieser Artikel beleuchtet die vielschichtigen Bedeutungen der Elemente, erklärt ihre fünf Erscheinungsformen nach Vyāsa, übersetzt die Praxis von Samyama in konkrete, alltagstaugliche Impulse und ergänzt klassische Auslegungen durch moderne Perspektiven. Das Ziel: ein umfassender, praxisnaher Zugang zu einem der subtilsten Themen des Yogaweges – für alle, die ihre Praxis über Körperhaltungen hinaus vertiefen möchten.
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Yoga Sutra III-46: Daraus [aus der Beherrschung der Elemente] entspringen die Kraft der Verkleinerung usw. sowie die Vollkommenheit und Unverwundbarkeit (wörtlich: Nichtbehinderung in Bezug auf die Eigenschaften) des Körpers
tato-'ṇimādi-prādurbhāvaḥ kāyasaṁpat tad-dharānabhighātśca
ततोऽणिमादिप्रादुर्भावः कायसम्पत्तद्धर्मानभिघातश्चYogasutra 3.46 spricht von Kräften, die uns winzig wie ein Atom oder groß wie ein Riese machen sollen. Dieser Artikel beleuchtet, was hinter diesen legendären Siddhis stecken könnte, wie sie zu verstehen sind und wie wir deren Einüben in unsere Praxis und unseren Alltag integrieren können.
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Yoga Sutra III-48: Samyama auf den Wahrnehmungsprozess der Sinnesorgane, ihre Eigennatur, ihre Verbindung zu unserem Ego, ihre Wechselwirkung untereinander und ihren Zweck führt zum Sieg über die Sinne
grahaña-svarûpâsmitânvayârthavattva-saäyamâd indriya-jayaï
ग्रहणस्वरूपास्मितान्वयार्थवत्त्वसंयमादिन्द्रियजयःMeditation über die Sinne klingt nach fernöstlicher Romantik – doch wer sich ernsthaft damit beschäftigt, entdeckt ein verblüffend handfestes Trainingsprogramm: Die Untersuchung der Tätigkeit deiner Sinnesorgane seziert deine Wahrnehmung Schritt für Schritt und legt offen, wie das Hören, Sehen und Fühlen von Klang, Licht etc. dein Ego befeuern und deine Aufmerksamkeit fernsteuern. In dieser und der folgenden Sutra geht es Patanjali daher um die Meisterung der Sinnesorgane mittels Samyama und den Kräften, die aus dieser Meisterung entstehen.
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Yoga Sutra III-51: Wenn ein Yogi auch an diese (Allmacht, Allwissenheit …) nicht anhaftet wird der letzte Samen des Bösen zerstört und vollständige Befreiung (Kaivalya) erlangt
tad-vairâgyâd api doæa-bîja-kæaye kaivalyam
तद्वैराग्यादपि दोषबीजक्षये कैवल्यम्Da hat der Yogi In Yogasutra III-50 Allmacht und Allwissenheit gewonnen... und muss sich von diesen in Yogasutra III-51 schon wieder lösen. Sonst geht es nicht weiter.
Was bleibt übrig, wenn selbst das Licht des Geistes losgelassen wird? Dieses Sutra aus Patanjalis drittem Kapitel konfrontiert mit einer unbequemen, stillen Wahrheit: Auch das Gute kann binden. Wer sich ernsthaft mit Yogaphilosophie befasst, steht irgendwann vor genau dieser Schwelle – der letzten, innerlichsten Form von Verstrickung. Der folgende Text untersucht das Thema anhand der klassischen Kommentare und alltagstauglicher Umsetzungsvorschläge.
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Yoga Sutra III-53: Durch Samyama auf den Augenblick und die Abfolge von Augenblicken erlangt der Yogi jenes Wissen, das auf der so gewonnenen Unterscheidungskraft beruht
Kshana-tat-kramayoh samyamâd vivekajam jnânam
क्षणतत्क्रमयोः संयमात् विवेकजंज्ञानम्Die restlichen Sutras des 3. Kapitels im Yogasutra handeln von intensiver Achtsamkeit und deren segensreichen Folgen. Tiefe Meditation über die Kette der Augenblicke führt zunächst zu höchstem Wissen und dann sogar zur Erleuchtung, Befreiung – Kaivalya.
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Yoga Sutra IV-1: Die außergewöhnlichen Kräfte (Siddhis) können von Geburt an bestehen oder durch Kräuter, Mantren, Selbstzucht/Askese oder Samadhi (tiefe Meditation) erlangt werden
Janmaushadhi-mantra-tapah-samâdhi jâh siddhayah
जन्मओषधिमन्त्रतपस्समाधिजाः सिद्धयःSiddhis sind außergewöhnliche Fähigkeiten, Kräfte oder Wahrnehmungen. Die erste Sutra des vierten Kapitels im Yogasutra (betitelt mit Kaivalya Pada) nennt fünf Möglichkeiten, solche Siddhis zu erlangen.
Auch in diesem Kapitel des Yogasutra will uns Patanjali zum Yoga-Ziel Kaivalya, der endgültigen inneren Freiheit, führen. In den folgenden Sutras geht Patanjali auf die schier übermächtigen Probleme eines Yogis ein, der Kaivalya (nur) mit eigenem Willen erlangen möchte und gibt viele Tipps und Erläuterungen. Ein wenig wirkt das vierte Kapitel so, als ob Patanjali noch einmal alles ansprechen wollte, was in die Logik der vorigen drei Kapitel nicht hineinpasst hat.
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Yoga Sutra IV-11: Diese (Neigungen/Wünsche) werden von vier Faktoren zusammengehalten: Ursache, Wirkung, (geistige) Stütze, (äußeres) Objekt. Verschwinden diese Faktoren, lösen sich auch die (zugehörigen) Wünsche/Neigungen auf
hetu-phala-āśraya-ālambanaiḥ-saṁgṛhītatvāt-eṣām-abhāve-tad-abhāvaḥ
हेतुफलाश्रयालम्बनैः संगृहीतत्वादेषामभावे तदभावःWieder eine sehr praxisrelevante Sutra. Patanjali nennt hier die Gründe bzw. Ursachen, warum wir auch an ungünstigen Wünschen und Neigungen festhalten. Und er sagt, wie diese Wünsche/Neigungen schwächer werden können bzw. wie wir sie ganz verlieren können. Die Kommentatoren der Sutra ergänzen dies mit vielen Praxistipps. Zwischen klassischer Philosophie, psychologischer Feinmechanik und modernen Studien spannt sich ein Faden, der überraschend praxisnah ist: Wer die Stützen seiner Wünsche kennt, kann sie auch unterbrechen. Und genau das schenkt Freiheit, die sich im Alltag spürbar macht – nicht nur auf dem Meditationskissen.