Prâtibhâd vâ sarvam
प्रातिभाद्वा सर्वम्
Manchmal flüstert uns eine leise Stimme zu, ohne dass wir genau wissen, woher sie kommt – ein inneres Wissen, das uns den Weg weist. In Patanjalis Yogasutra III-34 wird diese Intuition als Schlüssel zu umfassendem Wissen beschrieben. Dieser Artikel beleuchtet, wie durch die Praxis von Samyama und die Kultivierung innerer Stille ein Zugang zu dieser tiefen Weisheit möglich wird.
Dieser Vers ist eine Einleitung und Zusammenfassung der darauf folgenden Sutras. Es geht um intuitive Erkenntnis mittels Samyama, durch die kein Geheimnis verhüllt bleiben soll ...
Kurz zusammengefasst
- 🧘 Yogasutra III-34: Intuition als Weg zum Wissen
Patanjali beschreibt in Sutra III-34, dass durch Pratibha – die intuitive Erleuchtung – alles Wissen zugänglich wird. Diese Erkenntnis ist das Resultat tiefer meditativer Praxis und innerer Klarheit. - 🔄 Samyama: Der dreifache Pfad zur Erkenntnis
Samyama kombiniert Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Versenkung). Durch diese Praxis wird der Geist geschärft, was den Zugang zu intuitivem Wissen erleichtert. - 🧘♀️ Praktische Anwendung im Alltag
Intuition kann im Alltag durch Achtsamkeit und bewusste Wahrnehmung geschult werden, z. B. beim Betreten eines Raumes oder bei Entscheidungen. Diese Praxis stärkt das Vertrauen in die eigene innere Weisheit. - 🧠 Wissenschaftliche Perspektive auf Intuition
Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass Intuition zum Beispiel auf unbewusster Mustererkennung basiert und in bestimmten Hirnregionen, wie dem präfrontalen Kortex, verarbeitet wird. - 🧘♂️ Hindernisse auf dem Weg zur Intuition
Emotionale Turbulenzen, mentale Unruhe und festgefahrene Denkmuster können den Zugang zur Intuition blockieren. Eine regelmäßige Praxis und innere Reinigung sind daher essenziell. - 🧘♀️ Der innere Lehrer: Pratibha als spirituelle Führung
In vielen Yogatraditionen wird die Intuition als Stimme des inneren Gurus betrachtet, der durch Praxis und Hingabe aktiviert wird.
Details und Erläuterungen zu allen Punkten im weiteren Artikel.
Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits
Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:
- Prâtibhâd = göttlich; intuitiv; von intuitivem Wissen; spontane Erhellung;
- Va, vâ = oder;
- Sarvam = alles; jedes;
Zu den Quellen
Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:
Bücher
- Mircea Eliade: Yoga – Unsterblichkeit und Freiheit
- Iyengar: Der Urquell des Yoga
- Deshpande/Bäumer: Die Wurzeln des Yoga
- Geraldine Coster: Yoga und Tiefenpsychologie
- R. Sriram: Von der Erkenntnis zur Befreiung – Das YogaSutra
- Govindan: Die Kriya Yoga Sutras des Patanjali
- Mallinson/Singleton: Roots of Yoga
- R. Palm: Der Yogaleitfaden des Patañjali
- T.K.V. Desikachar: Über Freiheit und Meditation | Das Yoga Sutra von Patanajali
- Feuerstein, Georg: Die Yoga Tradition (Amazon)
- Skuban, Ralph: Patanjalis Yogasutra (Amazon)
- Sri Swami Satchidananda: The Yoga Sutras of Patanjali (Amazon)
- Trevor Leggett: The complete Commentary by Sankara on the Yoga-Sutras* (Amazon)
Internetseiten
- Internet-Übersetzung des Yogasutras auf Yoga-Vidya.de
- Zu den Sutras auf ashtangayoga.info
- Zu den Sutras auf 12koerebe.de
- Zu den Sutras auf vedanta-yoga.de
- Openland.de (mittlerweile offline)
- Zu www.bodhi.sofiatopia.org (buddhistische Kommentare zum Yogasutra nur noch als Buch)
- sanskrit-sanscrito.com (Sutras anscheinend entfernt)
- Zur Übersetzung von Chip Hartranft (PDF)
- Die Übersetzung von Hariharananda Aranya, I. K. Taimni, Vasa Houston, Barbara Miller, Swami Satchidananda, Swami Prabhavananda, Swami Vivekananda finden sich auf dieser Seite.
- Übersetzung von James Haughton Woods
- Rainbowbody.com (ausführliche und eigene Kommentierung)
- Wisdom Library
Dein Übersetzungsvorschlag
Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.
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Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)
Einordnung dieser Sutra im Yogasutra
Samyama ist die Schlüsselübung im dritten Kapitel des Yogasutra zum Erreichen der geistigen Kräfte. In den Sutras III-1 bis III-7 erläutert Patanjali zunächst, was Samyama ist: die Kombination aus
- Dharana (Konzentration),
- Dhyana (Meditation) und
- Samadhi (Überbewusstsein).
In Sutra III-8 ergänzt er dann, dass der Yogi zur Erlangung der Erleuchtung über Samyama hinausgehen muss.
In den Sutras III-9 bis III-15 geht es weiter mit Erläuterungen, welche Wandlung der Geist (Chitta) vollziehen muss, um Samyama bis zur Perfektion ausüben zu können. Aufeinander aufbauend sind das die Stadien
- Nirodha-Parinama (Wandel durch Sammlung, einfache Konzentration),
- Samadhi-Parinama (Wandlung durch länger andauernde Konzentration) und
- Ekagrata-Parinama (Wandel/Transformation durch vollkommene Versenkung auf einen Punkt/ein Thema).
Der notwendige Wandel des Geistes erfolgt nach und nach, ist keine sprunghafte Entwicklung.
In den Sutras III-16 bis III-49 macht Patanjali eine ganze Reihe von Vorschlägen, worauf man Samyama lenken könnte und welche Folgen (Siddhis = Kräfte, besondere Erkenntnisse) sich jeweils daraus ergeben.
In dieser Sutra III-34 schildert Patanjali, dass es dem Yogi (durch das Üben von Samyama) intuitives Wissen "von allem und jedem" zu erhalten.
Besondere Kräfte (Siddhis) mit Samyama erlangen
Besondere Kräfte (Siddhis) mit Samyama erlangen
Patanjalis Anleitungen zur Erlangung der Siddhis lauten generell, dass der Praktizierende Samyama gezielt auf ein Meditationsobjekt anwendet. Samyama ist die Verbindung aus anhaltender Konzentration, Meditation und schlussendlich Samadhi (Überbewusstsein) auf ein Objekt der Meditation. Skuban sieht den Vorgang von Samyama als “mentales Eindringen in ein Objekt, das den Übenden schließlich zu den feinstofflichsten Bereichen des Seins führt.” Dadurch werden die drei Eigenschaften (siehe Sutra III-13) eines Objektes voll erkannt. So wird das Objekt voll verstanden und über die Gunas auch beherrschbar. Alle Objekte sind nämlich laut Yogalehre Erscheinungsformen der drei Gunas, auch das Bewusstsein des Menschen. Der Yogi diszipliniert sein Bewusstsein und kann über bzw. in Samyama die Gunas auch außerhalb seines Bewusstseins beeinflussen oder verändern. So erklären sich gemäß Yogalehre die Siddhis.
Vibhutis, der andere Name für die Siddhis, bedeutet wörtlich weg (vi) von den Elementen (bhutas) und steht damit laut einiger Kommentatoren auch für die Abwendung von der Identifikation mit den materiellen Grundlagen unseres Lebens, yogisch: Prakriti. Hin zur Erkenntnis unserer wahren Natur: Purusha.
Die Sutras III-16 bis III-49 nennen die Objekte, auf die ein Yogi seine Samyama-Konzentration legen sollte, um besondere Kräfte zu entfalten. Iyengar betont jedoch, dass diese Siddhis sich erst bei weit fortgeschrittenen Yoga-SchülerInnen zeigen.
Ergänzend: Lange Pranayama-Praxis soll spontane Siddhis triggern können. Gerade Wechselatmung über Monate hinweg wird in manchen Berichten als „geistöffnend“ beschrieben – mit plötzlichen Hörerlebnissen oder Visionen.
Was ist Samyama?
Was ist Samyama?
Samyama besteht aus drei Stufen: Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein). Nur die erste Stufe von Samyama, die Konzentration auf ein Objekt, lässt sich willentlich steuern. Die darauf aufbauenden Geisteszustände Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) müssen sich laut der meisten Kommentatoren des Yogasutras von alleine einstellen und werden durch lang anhaltende Konzentration und Beseitigung der Geisteshindernisse erlangt. Feuerstein bezeichnet Samyama als 'Bündelung' von Konzentration, Meditation und Samadhi. Du findest Samyama ausführlicher in den ersten Sutras des dritten Kapitels des Yogasutra hier auf yoga-welten.de besprochen. Siehe vor allem:
Yoga Sutra III-4: Die drei (Dhahrana, Dhyana, Samadhi) zusammen auf ein Objekt oder einen Ort angewendet wird Samyama genannt
Yoga Sutra III-5: Aus der Meisterung von Samyama entsteht vollkommenes Wissen über das Wahrgenommene
Yoga Sutra III-6: Der Fortschritt im Samyama erfolgt in Stufen
Voraussetzungen und Umgang mit den Siddhis
Empfehlungen zu Voraussetzungen und zum Umgang mit den Siddhis
Viele Kommentatoren empfehlen, mit den Siddhis sehr bewusst umzugehen. Folgendes wird oft geraten:
Wer sich den Siddhis zuwendet, sollte die Yamas und Niyamas in seinem Leben verwirklicht haben. Diese sind:
Die Yamas – Selbstkontrolle
- Ahimsa – Gewaltlosigkeit
- Satya – Wahrhaftigkeit
- Asteya – Nicht-Stehlen
- Brahmacharya – Wandel in Brahma / Selbstbeherrschung / Enthaltsamkeit
- Aparigraha – Nicht-Greifen, Verzicht auf Gier
Niyamas – Verhaltensregeln
- Saucha – Reinheit
- Santosha – Zufriedenheit
- Tapas – Selbstzucht
- Svadhyaya – Selbststudium (Studium)
- Ishvarapranidhana – Verehrung des Göttlichen
Siehe dazu die Erläuterungen in "Yamas und Niyamas im täglichen Leben".
Siddhis sollten nicht zum Vergnügen, zur Selbsterhöhung oder anderen ungünstigen, egoistischen Zielen angewendet werden. Vielmehr zeigen die Siddhis (so Iyengar und andere), dass die Yogapraxis “richtig angelegt” sei.
Selbstverständlich sollte man Siddhis auch nicht dazu nutzen, um jemand anderen damit zu schaden.
Stattdessen wird eher ein “Nicht-Beachten” der Siddhis angeraten, wenn diese sich denn zeigen sollten. Iyengar schreibt, (S. 244), die Übungen bei Auftreten der Siddhis mit Glauben und Begeisterung weiterzuentwickeln, die Siddhis aber mit völligem Gleichmut zu betrachten.
Dem Yogi wird also geraten, sich nicht auf die Siddhis einzulassen, sich nicht von ihnen “mitreissen zu lassen”, um sie nicht für eigenen selbstsüchtige Bedürfnisse zu verwenden, woraus späteres Leiden folgen würde. Stattdessen solle er/sie weiter auf dem Pfad der Befreiung zu wandeln und die Siddhis eher als Prüfung ansehen, ob man nicht doch noch - trotz fortgeschrittener yogischer Entwicklung - den Verlockungen der Dualität und des Ego-Daseins nachgibt.
Swami Sivananda sagt über Siddhis:
„Yoga ist nicht dazu da, Siddhis, Kräfte, zu erlangen. Wenn ein Yogaschüler die Versuchung verspürt, Siddhis zu erlangen, wird sein weiterer Fortschritt ernsthaft verzögert. Er hat den Weg verloren. Ein Yogi, der darauf konzentriert ist, höchsten Samadhi zu erreichen, muss Siddhis zurückweisen, wo auch immer sie auftauchen. Siddhis sind Einladungen von Devatas. Nur wenn man diese Siddhis zurückweisen kann, kann man Erfolg im Yoga erlangen.“
Im tibetischen Buddhismus werden vergleichbare Fähigkeiten „Shes-rab“ genannt. Auch dort: klare Intuition, inneres Sehen, spontane Einsicht – aber nie als Ziel, sondern als Prüfstein für Demut.
Missverständnisse rund um Siddhis
Die Aussicht auf übernatürliche Kräfte fasziniert viele – und genau darin liegen einige häufige Missverständnisse begründet. Ein Irrglaube besteht darin, dass Yoga hauptsächlich dazu diene, solche Siddhis zu erlangen. Tatsächlich betont die Tradition jedoch, dass Siddhis eher Nebenprodukte auf dem spirituellen Weg sind, nicht sein Zweck. Patanjali selbst stellt im unmittelbar folgenden Sutra klar, dass diese Fähigkeiten für einen im Samadhi befindlichen Geist Upasarga – also Störungen oder Ablenkungen – darstellen, auch wenn sie in einem nach außen gewandten Bewusstseinszustand als außergewöhnliche Errungenschaften erscheinen mögen. Yogameister wie Vyasa und später Vivekananda haben daher immer wieder gemahnt, die Siddhis nicht zu überschätzen: Sie seien wie Blüten am Wegesrand – schön und bemerkenswert, aber man sollte nicht vom Weg abkommen, um nur noch Blumen zu pflücken.
Ein weiteres Missverständnis liegt darin, jede ungewöhnliche innere Wahrnehmung sofort für eine echte siddhische Fähigkeit zu halten. Insbesondere wenn Übende beginnen, sich intensiv mit Meditation zu beschäftigen, können imaginäre Bilder, Lichterscheinungen oder akustische Phänomene auftauchen. Die Yoga-Tradition fordert hier Viveka, das unterscheidende Erkenntnisvermögen: Handelt es sich wirklich um eine valide intuitive Einsicht (Pratibha) oder nur um eine Wunschprojektion des Geistes? Echte spirituelle Intuition wird traditionell durch bestimmte Qualitäten kenntlich gemacht – sie geht einher mit tiefer innerer Stille, Klarheit und Gewissheit, ohne Aufregung oder Ego-Stolz. Hingegen sind halluzinatorische Erlebnisse oder irrige „Eingebungen“ oft dramatisch, emotional aufgeladen oder selbstbezogen. Es ist ein bekanntes Risiko, dass ein Yogi, der sich zu früh auf Siddhis fokussiert, Opfer von Täuschungen werden kann. Beispielsweise könnte man glauben, die Gedanken anderer lesen zu können, während man in Wirklichkeit eigenen Fantasien nachhängt.
Schließlich gibt es das Missverständnis, Siddhis seien ein Zeichen von Erleuchtung oder spiritueller Vollendung. Historische Berichte zeigen jedoch, dass auch wenig ethische oder unreife Personen zeitweise paranormale Fähigkeiten aufweisen konnten – was nicht mit wahrer Heiligkeit gleichzusetzen ist. Im Yoga wird daher gelehrt, die Siddhis weder zu verteufeln noch zu vergötzen. Sie dürfen auftauchen, doch der richtige Umgang ist entscheidend: Ein reifer Yogi nimmt sie wahr, schenkt ihnen aber wenig Bedeutung und bleibt dem höheren Ziel, Kaivalya (der völligen Befreiung), verpflichtet. Missverständnisse klären sich letztlich durch Erfahrung und Anleitung: In der traditionellen Guru-Schüler-Beziehung wurden auftauchende Siddhi-Erlebnisse vertraulich besprochen, um sicherzustellen, dass der Schüler nicht in Fallen wie Egoismus oder Ablenkung tappt. So soll auch der moderne Übende verstehen, dass Wunder im Yoga-Kontext Prüfsteine der Haltung sind – sie verlangen nach noch mehr Demut, Vairagya und Konzentration auf den eigentlichen Weg.
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Siddha: Mit Yoga zu Wissen durch Intuition
Rainbowbody schreibt: „Jeder hat dieses innere Licht in sich, aber nur wenige erkennen es vollständig. Wenn es hervorscheint, wird alles (sarva) offenbart.”
Iyengar verdeutlicht (S. 256): “Die Intuition lässt den Yogi alle Dinge wahrnehmen, einzeln und in ihrer Gesamtheit.” Mittels Samyama über ein strahlendes Licht würde er zum “All-Erkennenden”. Dies würde dann (irgendwann, im weiteren Prozess des yogischen Pfades) auch zur Überwindung der Natur führen.
Einige müssen nicht lange üben, um über Samadhi und Samyama zu Erkenntnissen zu kommen. Schon in Sutra I-19 schreibt Patanjali, dass manche zum Beispiel durch ihre günstige Geburt zu Einsichten kommen:
Yoga Sutra I-19: Dieses [Virama Pratyaya oder Asamprajnata Samadhi] kann [auch] von Geburt aus, durch frühere Körperlosigkeit oder durch Verschmelzung mit der Natur (Prakriti) erlangt werden
Wie soll man vorgehen, um intuitives Wissen durch Yoga zu erhalten?
Voraussetzungen und Vorbereitungen für Samyama und Siddhis
Voraussetzungen für Samyama und Siddhis
Um Samyama – die kombinierte Praxis von Konzentration, Meditation und Versenkung – erfolgreich üben zu können, müssen bestimmte psychologische und spirituelle Voraussetzungen erfüllt sein. Einig sind sich die traditionellen wie modernen Lehrer, dass der Geist des Übenden ausreichend gereinigt und gesammelt sein muss. Das bedeutet: innere Stabilität, relative Gedankenstille und Freiheit von starken emotionalen Aufwallungen als Grundlage. Es bedarf eines Maßes an Konzentrationskraft, Achtsamkeit und Gelassenheit gegenüber Sinnesreizen, damit die Aufmerksamkeit vollständig nach innen gelenkt werden kann. Besonders hervorgehoben wird die Haltung der Nicht-Verhaftung (Vairagya): Der Yogi soll nicht mehr an gewöhnlichen Sinnesfreuden oder Erfolgserlebnissen hängen, sondern eine innere Unabhängigkeit davon kultiviert haben.
Darüber hinaus betont der yogische Weg, dass die grundlegenden Stufen des Achtgliedrigen Pfades gefestigt sein sollen, bevor man sich höheren Techniken wie Samyama widmet. Konkret bedeutet dies: Yama und Niyama – die ethischen Prinzipien und Selbstdisziplinen – sollten im Leben des Übenden verankert sein, um mentale Unruhe und konflikthafte Begierden zu minimieren. Die Praxis von Asana (Körperübungen) und Pranayama (Atemlenkung) baut Spannungen und Rastlosigkeit ab und stabilisiert Körper und Nerven, was indirekt dem Geist zugutekommt. Pratyahara, das systematische Zurückziehen der Sinne, ist ebenfalls eine entscheidende Vorstufe: Erst wenn die Aufmerksamkeit nicht mehr unwillkürlich von äußeren Eindrücken gesteuert wird, kann echte Konzentration nach innen entstehen. Diese Vorarbeiten schaffen den Nährboden, auf dem Samyama gedeihen kann. Ein Yogi, der Schritt für Schritt diesen Pfad gegangen ist, entwickelt die geistige Stärke und Reinheit, die nötig sind, um tiefe Versenkung zu erreichen – und in deren Folge können Siddhis überhaupt erst auftauchen.
Die Rolle von Entsagung und Ethik (Vairagya, Yama, Niyama)
Entsagung/Nichtanhaftung im Yoga, auf Sanskrit Vairagya, und die ethischen Richtlinien Yama und Niyama gehören zu den fundamentalsten Anforderungen, insbesondere wenn es um den Umgang mit Siddhis geht. Vairagya bedeutet ein inneres Losgelöstsein: der Übende übt sich darin, Verlangen und Anhaftungen aufzugeben – seien es sinnliche Genüsse, materielle Güter oder auch das Streben nach außergewöhnlichen Fähigkeiten. So kann der Yogi in die Tiefe von Samyama gelangen.
Die Geisteshaltung von Vairagya ist auch hilfreich dabei, dass aufkommende Siddhis den Yogi nicht verführen. Nur wer in Gleichmut gegenüber allen Phänomenen bleibt, kann übernatürliche Wahrnehmungen haben, ohne vom eigentlichen Pfad abzukommen. Patanjali nennt Vairagya nicht umsonst bereits im ersten Kapitel als Schlüssel zur geistigen Stille: Das fortwährende Loslassen verhindert, dass der Geist neue Wellen von Begierde und Ego-Stolz bildet.
Ergänzend dazu bilden Yama und Niyama das moralische Fundament. Die fünf Yamas – etwa Gewaltlosigkeit (Ahimsa), Wahrhaftigkeit (Satya) oder Nicht-Gier (Aparigraha) – und die fünf Niyamas – etwa Reinheit (Shaucha) und Selbststudium (Svadhyaya) – sorgen dafür, dass der Charakter und Lebenswandel des Yogis ethisch ausgerichtet sind. Warum ist das so wichtig in Bezug auf Siddhis? Zum einen reinigt moralisches Verhalten das Herz und mindert egoistische Tendenzen, was die Wahrscheinlichkeit von Missbrauch oder falscher Identifikation mit Kräften reduziert. Zum anderen stabilisieren Yama und Niyama den Geist: Ein Gewissen, das frei von Schuld und Zwiespalt ist, kommt leichter zur Ruhe. Traditionell heißt es, dass Siddhis nur einem Yogi dauerhaft und gefahrlos zufallen, der Tugend und Selbstbeherrschung verkörpert. Andernfalls können Machtgefühle, Hochmut oder unethische Versuchungen die Folge sein. Daher lehren die Yogameister, dass jede Erweiterung der Fähigkeiten mit entsprechender Demut und Verantwortungsbewusstsein einhergehen muss – Qualitäten, die durch die Befolgung von Yama und Niyama kultiviert werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Vairagya und die ethische Praxis sind Förderer und Schutzmechanismus auf dem Weg zur höheren Erkenntnis. Sie erleichtern das Eindringen in lang anhaltende innere Stille bei voller Bewusstheit und bewahren den Übenden davor, die Richtung zu verlieren, wenn Siddhis auftauchen. Ein Yogi, der Entsagung übt und ethisch gefestigt ist, wird die verfeinerten Sinneswahrnehmungen zwar registrieren, aber weder missbrauchen noch für wichtiger halten als das letztendliche Ziel – die Erkenntnis des wahren Selbst (Purusha) und die Befreiung.
Vorbereitende Techniken für Samyama und verfeinerte Wahrnehmung
Um den Geist auf Samyama und mögliche subtile Wahrnehmungen vorzubereiten, empfehlen Yogalehrer seit jeher verschiedene unterstützende Techniken. Insbesondere folgende Ansätze haben sich als hilfreich erwiesen:
- Yama und Niyama hatten wir schon, empfohlen wird auch eine stabile und bequeme Sitzhaltung (Asana).
- Pratyahara (Zurückziehen der Sinne): In dieser fünften Stufe des Raja Yoga lernt der Übende, die Aufmerksamkeit von äußeren Sinnesobjekten abzuziehen. Praktisch wird Pratyahara z.B. geübt, indem man sich in Entspannung auf innere Wahrnehmungen konzentriert und äußere Reize ausblendet – etwa durch Augen schließen, in Stille sitzen oder Visualisierungen. Dadurch werden die Sinne „nach innen gezogen“. Ein trainiertes Pratyahara ist die Voraussetzung dafür, dass in Samyama die verfeinerten, inneren Sinneswahrnehmungen auftauchen können. Erst wenn die gewöhnlichen Sinnesreize an Macht verlieren, entsteht Raum für das subtile innere Hören, Sehen etc.
- Pranayama (Atemkontrolle): Gezielte Atemübungen beruhigen das Nervensystem und sammeln den Geist. Durch Regulierung (Patanjali nennt Verlängerung und Verfeinerung) des Atems – etwa mittels tiefer Bauchatmung, Wechselatmung (Nadi Shodhana) oder einfach nur der Verlängerung der Ausatmung – wird der Geist fokussiert und der Energiefluss harmonisiert. Patanjali selbst führt Pranayama als wichtige Vorstufe zu Dharana (Konzentration) an. Ein gleichmäßiger, feiner Atem fördert eine introvertierte Aufmerksamkeit und kann latente Energien (Prana) wecken. Insbesondere fortgeschrittene Pranayamas, die mit Konzentration auf Energiezentren (Chakras) verbunden sind, schulen die Wahrnehmung des inneren Raums. Dadurch wird der Yogi empfänglicher für subtile Empfindungen – eine essenzielle Vorbereitung, um in tiefere Meditation vorzudringen, wo sich Siddhis zeigen könnten.
- Optional: Yoga Nidra (Yogischer Tiefenentspannungszustand): Yoga Nidra ist eine geführte Meditation, die den Körper in vollständige Entspannung versetzt, während der Geist hellwach bleibt. In diesem Schwebezustand zwischen Wachen und Schlaf treten Gehirnwellen auf, die für Aufnahmefähigkeit und Intuition förderlich sind. Die Praxis von Yoga Nidra hilft, unbewusste Verspannungen und mentale Blockaden abzubauen. Sie schult außerdem die Fähigkeit, bewusst ins Unterbewusstsein hineinzulauschen, ohne einzuschlafen. Diese Fertigkeit – entspannt und zugleich aufmerksam nach innen zu schauen – ist eine direkte Vorbereitung auf Samyama. Ein Yogi, der Yoga Nidra meistert, kann seine Aufmerksamkeit lange nach innen richten, was die Kontinuität von Dharana/Dhyana fördert. Zugleich fördert Yoga Nidra einen Zeuge-Geist („Sakshi-Bhava“), der Phänomene beobachten kann, ohne sich damit zu identifizieren – hilfreich, um etwaige Siddhi-Erfahrungen nüchtern zu betrachten. Hier findest du die konkrete Übungsanleitung.
- Optional: Japa (Mantra-Wiederholung): Die Rezitation oder mentale Wiederholung eines Mantras gilt als eine der wirkungsvollsten Konzentrationshilfen. Durch Japa wird der rastlose Geist schrittweise beruhigt und auf einen Klang oder eine heilige Silbe ausgerichtet. Das kontinuierliche Wiederholen – ob laut, leise oder innerlich – bündelt die Gedankenströme und führt zu tiefer Meditation. In vielen Yoga-Traditionen heißt es, ein Mantra reinige den Geist und öffne das Herz. Praktisch bewirkt Japa, dass störende Gedanken in den Hintergrund treten und eine spirituelle Schwingung den Vordergrund einnimmt. Dies bereitet auf Samyama vor, indem das Mantra wie ein Anker für Dharana dient und nahtlos in Dhyana übergehen kann. Zudem kann intensives Mantra-Japa dazu führen, dass der Übende das Mantra schließlich innerlich „hört“, ohne aktives Tun – eine Form von subtiler Wahrnehmung, die als Siddhi betrachtet werden könnte (z.B. Nada-Anubhava, das innere Klang-Erlebnis). Selbst wenn solche Phänomene nicht explizit gesucht werden, stärkt Japa in jedem Fall die Konzentration, Hingabe und Vairagya. Diese Qualitäten schützen und begleiten den Yogi, falls sich verfeinerte Sinneswahrnehmungen einstellen.
Zusammengefasst dienen Pratyahara, Pranayama, Yoga Nidra und Japa als (nicht unbedingt notwendige aber) hilfreiche Bausteine in der Vorbereitung auf Samyama. Sie entwickeln die nötige geistige Disziplin, Sammlung und Reinheit, um die im Yoga-Sutra beschriebenen Fähigkeiten zu ermöglichen (garantieren aber deren Auftreten nicht). Gleichzeitig fördern sie die Haltung von Losgelöstheit und innerer Ruhe, sodass der Yogi bereit ist, Siddhis weder zu erzwingen noch zu fürchten, sondern sie im richtigen Geist zu integrieren. Jede dieser Techniken ist für sich schon eine wertvolle Übung; im Zusammenspiel ebnen sie den Weg zu den tieferen Erfahrungen des Yoga – bis hin zur Pratibha, dem aufblitzenden inneren Wissen, und darüber hinaus zum endgültigen Ziel des Yoga, der Verwirklichung des Selbst.
🌀 Samyama-Reife-Check
Samyama – die Kombination aus Konzentration, Meditation und tiefer Versenkung – ist eine hochentwickelte Praxis im Yoga. Doch ist sie für jeden und zu jeder Zeit sinnvoll? Mit diesem kurzen Selbsttest kannst du einschätzen, ob dein Geist bereit ist, sich auf diese subtile Form des inneren Forschens einzulassen.
So geht's: Beantworte die Fragen ehrlich und spontan. Am Ende erhältst du eine Einschätzung und eine Empfehlung für deinen nächsten Schritt.
Diese Zeitleiste zeigt dir die Stufen des Yogawegs, die nötig sind, um in den Zustand von Samyama zu kommen – und wie daraus Siddhis (verfeinerte Sinneswahrnehmungen) spontan entstehen können. 🪷 Yama & Niyama Ethische Grundlagen & Selbstdisziplin: z. B. Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Reinheit. Sie bereiten deinen Geist auf Tiefe und Klarheit vor. 🧘 Asana Stabiler, bequemer Sitz. Der Körper wird still, der Atem ruhig – beides ist nötig für längere innere Versenkung. 🌬️ Pranayama Atemkontrolle als Brücke zur inneren Wahrnehmung, Pantanjali empfiehlt, Ausatmung und Einatmung und Anhalten zu verlängern und zu verfeinern. Dieses Pranayama beruhigt das Nervensystem und bereitet den Geist auf Fokus vor. 👁️ Pratyahara Zurückziehen der Sinne. Der Blick geht nach innen. Die Außenwelt verliert an Bedeutung. Jetzt beginnt echte Sammlung. 🎯 Dharana Konzentration auf ein Objekt (z. B. Licht, Atem, Mantra). Der Geist bleibt bei einem Punkt – erste Form von Meditation. 🧘♀️ Dhyana Meditation. Der Fokus wird fließend, mühelos. Es gibt keine Unterbrechungen mehr – reines Verweilen im Beobachteten. 🌌 Samadhi Verschmelzen mit dem Objekt. Kein „Ich meditiere“ mehr – nur noch reines Sein. Dies ist der Eingang in tiefe Einsicht. ✨ Übergang zu Samyama Wenn Dharana, Dhyana und Samadhi auf dasselbe Objekt gerichtet sind – ohne Unterbrechung –, kann daraus Samyama entstehen. Dann ist der Geist hochfokussiert, durchlässig und empfänglich für tiefe, intuitive Erkenntnis. 🌟 Was entsteht daraus? Spontan kann es geschehen, dass sich ein Siddhi zeigt, du z. B. feiner hörst, spürst, siehst – nicht mit den Sinnen, sondern von innen heraus. Denke immer daran: Siddhis sind kein Ziel, aber ein möglicher Meilenstein auf deinem Weg.
Interaktive Zeitleiste: Pfad zu Samyama und den Siddhis
„Dies ist das Ziel aller Yogalehren, d.h. den inneren, schlafenden Lehrer zu wecken, aber die Frage bleibt, wie?“
Rainbowbody
Sukadev verdeutlicht, dass Intuition durch Samyama entsteht und gefördert wird. Samyama, der Dreiklang aus Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) auf ein Meditationsobjekt ist das Mittel der Wahl für den Yogi, um die in Kapitel III des Yogasutra besprochenen Siddhis auszuüben.
Üblicherweise gelingt Samyama, die tiefe Versenkung des Geistes bei voller Bewusstheit, am besten mit intensiver Meditation. Es soll auch mit Yoga Nidra funktionieren, wenn du die darin enthaltenen Schritte mit Konzentration ohne einzuschlafen durchführen kannst. Zu beiden Techniken findest du Anleitung (& Downloads) auf Yoga-Welten.de:
Der Begriff Meditation hat viele Facetten. Das Spektrum reicht vom Nachsinnen über ein Thema (vornehmliche Betrachtungsweise der Philosophen) bis zur völligen Gedankenstille. Im Folgenden findest du eine konkrete Anleitung der Schritte, welcher der Buddha himself seinen Schülern zum Lernen einer tiefen Meditation gegeben hat. Sicherlich nicht die schlechteste Herangehensweise, wenn du persönliche Entwicklung oder gar Erleuchtung zum Ziel deiner Meditationsreise auserkoren hast. Am Ende findest du eine Merkkarte zum Ausdruck – z. B. für das Portemonnaie. Willkommen zu der Entspannungstechnik des Yogas: Yoga Nidra. Die yogische Tiefenentspannung, auch "yogischer Schlaf" genannt, ist eine Tiefenentspannungsübung der tantrischen Yoga-Lehre. Ihr Ursprung liegt in weit entfernten Zeiten. Yoga Nidra führt in tiefe Entspannungszustände, die mit einiger Übung bei vollem Bewusstsein erfahren werden können. Zusätzlich besteht über einen sogenannten Sankalpa die Möglichkeit, Persönlichkeitsentwicklung tief ins Unbewusste einzuprägen. Hier findest du Yoga Nidra erläutert und dazu eine einfache Anleitung, einen Gratis-MP3-Download, den Text zum Ausdrucken und viele Varianten für fortgeschrittenes Üben, auch als Videos.Beitrag: Meditation lernen
Meditation lernen – die grundlegende Anleitung aus dem Buddhismus
Beitrag: Yoga Nidra
Yoga Nidra | Anleitung, MP3, Text und Variationen
Praktische Anleitung: Samyama auf das innere Licht oder eine Frage
Um Sutra III-34 konkret umzusetzen, kann folgende Schilderung beispielhaft als Orientierung dienen:
- 1. Dharana (Konzentration): Richte die Aufmerksamkeit auf das innere Licht – etwa als Lichtpunkt im Herzen oder zwischen den Augenbrauen.
- 2. Dhyana (Meditation): Lasse die Vorstellung des Lichts lebendig werden. Spüre, wie es sich ausdehnt, wärmt und leuchtet. Lass Gedanken vorüberziehen, ohne ihnen zu folgen.
- 3. Samadhi (Verschmelzung): In tiefer Versenkung tritt das Gefühl des „Ich meditiere“ zurück. Es bleibt nur das Erkennen im Licht. Intuition zeigt sich hier als klare, stille Einsicht – nicht als Gedanke, sondern als Gewissheit.
Diese Praxis kann regelmäßig geübt werden, um generell Zugang zur inneren Weisheit zu erhalten. Oder man richtet Samyama zum Beispiel auf eine Fragestellung, die einen bewegt. Intuition wäre dann, wenn sich eine Ahnung der Lösung, ein Spüren oder ein Drang einstellt. Besonders hilfreich ist es, eine offene Frage in sich zu tragen, ohne zwanghaft eine Antwort zu suchen. Die Antwort kann dann unerwartet, aber stimmig auftauchen – als inneres Wissen, das sich ganz natürlich anfühlt.
Rainbowbody: „Ebenso kann Samyama auf das innere Licht, den innersten Lehrer, die innere Weisheit (Pratibhad), das wahre authentische Selbst usw. diesen Prozess verstärken und aktivieren. Alles, was wir brauchen, ist, dass die innere Weisheit/der innere Lehrer aktiviert und das cit-vrtti auf Null transformiert wird (= nicht Denken).” Iyengar spricht in diesem Zusammenhang von “Samyama über das strahlende Licht”.
Intuition im Alltag üben
Mikro-Samyamas
Du kannst aber auch ohne die starke Vertiefung durch Samyama deine Intuition üben. Indem du das Hinspüren übst, zum Beispiel
- auf die Stimmung, wenn du einen Raum betrittst.
- Wenn du ein Nahrungsmittel in die Hand nimmst und in dich hineinspürst, ob dessen Verzehr dir guttun wird.
- Oder hinausgehen, in das Wetter einfühlen und dich fragen, wie es sich in den nächsten Stunden weiterentwickeln wird.
Es geht darum, außerhalb formaler Praxis den Alltag zur Schulung der Intuition zu nutzen – durch bewusste Momente der Achtsamkeit auf innere Regungen. Diese „Mikro-Samyamas“ bestehen wie beschrieben aus kurzen Phasen bewussten Innehaltens, in denen du in dich hineinspürst – vor einer Entscheidung, in einem Gespräch beim Lesen eines Textes oder bei einem der anderen zuvor genannten Vorschläge. In diesen Momenten kann sich eine leise Gewissheit oder ein inneres „Ja“ oder „Nein“ zeigen, das sich als Orientierung erweist.
Weitere Beispiele dieser Geistes-Praktiken zur Entwicklung von Intuition im Alltag:
- Tägliche Stillephasen,
- achtsames Tagebuchschreiben,
- Naturerfahrung und
- das bewusste Zurücknehmen des analytischen Denkens in Entscheidungsmomenten.
- Auch das bewusste Verweilen in innerer Ungewissheit – ohne vorschnelle Lösung – kann Raum für tiefere Einsicht schaffen.
Was fördert die Intuition gemäß Yogalehre?
In den Kommentaren zu Yogasutra III-34 finden sich folgende Elemente, die zur “Weckung des inneren Gurus” führen und gleichzeitig auf dem Weg zur Erleuchtung weiterbringen.
- Ein anderer Guru als “Katalysator des Erwachens”.
- Verwirklichung von vergangenen, förderlichen Karmas.
- Auflösung von Kleshas.
- Auflösung von vergangenem Karma, Erschöpfung von negativem Karma, z. B. durch selbstloses Handeln.
„Reifes Karma fruchtet, wenn vergangene Ursachen und gegenwärtige Bedingungen zusammentreffen, daher betreibt der weise Yogi eine zweckmäßige Praxis, wie Samyama auf die innere Weisheit.”
Rainbowbody
Umfrage: Wie könnte man die eigene Intuition noch beleben?
Hast du einen weiteren Vorschlag, das intuitive Wissen zu üben oder zu fördern?
Vielen Dank für jede Anregung!
Hintergrund: Pratibha (intuitives Wissen) im Kontext
Einordnung von Pratibha in die Yogalehre
Zur Erinnerung: Die Sutra III-34 lautet: Prâtibhâd vâ sarvam. Prâtibhâd wird mit göttlich, intuitiv, von intuitivem Wissen oder spontane Erhellung übersetzt.
Im Yoga wird die Intuition gerne als Stimme des inneren Lehrers verstanden. Dieser innere Lehrer ist nicht ein individuelles Ego, sondern das Bewusstsein selbst, das in der Stille des Geistes zu sprechen beginnt. Pratibha steht somit nicht nur für spontanes Wissen, sondern auch für eine Verbindung zum inneren göttlichen Prinzip, das als Quelle aller Erkenntnis gesehen wird. In diesem Licht wird der Yogi nicht zum Wissenden durch Anhäufung, sondern durch Offenbarung.
Intuition und Viveka – die Unterscheidungskraft
Ein zentrales Thema im Yoga ist Viveka, die Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen. Pratibha ist nicht einfach nur ein intuitives Gefühl – sie ist die intelligente, lichtvolle Qualität des Bewusstseins, die sich in Form von klarer Einsicht zeigt. Diese Einsicht entsteht gemäß Yogalehre dann, wenn der Geist nicht mehr durch Wunsch, Angst oder Erinnerung getrübt ist. Natürlich ist das eine sehr knappe Darstellung dieses komplexen Themas.
Stufen der Erkenntnis im Yoga
Patanjali beschreibt im Yogasutra verschiedene Ebenen des Wissens: von diskursivem Denken über meditative Einsicht bis hin zu plötzlichem Gewahrwerden. Pratibha wird im Kommentar oft als eine Art Übergangszustand beschrieben – vergleichbar mit dem Moment, wenn der Tag anbricht, aber die Sonne noch nicht vollständig sichtbar ist. Diese Erkenntnis ist nicht voll ausgeprägt wie das "Unterscheidende Wissen" (Viveka-khyati), aber sie übersteigt bereits alle gewöhnlichen Denkprozesse. Das macht sie besonders kostbar auf dem Weg zur Erleuchtung.
Grenze zur Halluzination – wie unterscheide ich echte Intuition?
Ein Aspekt, der bei der Arbeit mit Intuition oft unterbelichtet bleibt, ist die Frage nach der Prüfbarkeit. Gerade weil Pratibha sich nicht argumentativ äußert, sondern als plötzliche Einsicht erscheint, ist es für Übende wichtig, zwischen echter Intuition und Wunschdenken zu unterscheiden. Eine echte intuitive Erkenntnis ist oft begleitet von einem Gefühl tiefer Klarheit, Stille und innerer Stimmigkeit – ohne emotionale Aufregung. Sie ist nicht drängend, sondern ruhig und gewiss. Mehr dazu unten.
Bezug zur Gegenwart: Intuition in der modernen Psychologie
Auch die moderne Psychologie erkennt heute, dass viele Entscheidungsprozesse unbewusst ablaufen und dabei auf einem komplexen Zusammenspiel gespeicherter Erfahrungen beruhen. In der Yoga-Tradition wird dieser Prozess spirituell vertieft und kultiviert. Der Yogi macht sich durch Samyama empfänglich für diese „hintergründige Intelligenz“, die in der Tiefe des Bewusstseins verborgen liegt – ein Wissen jenseits des intellektuellen Diskurses.
Gefahren bei der einseitigen Betonung der Intuition
Es muss vielleicht noch gesagt werden, dass Intuition kein Ersatz für ethische Entwicklung oder kritisches Denken ist. Ohne die Reinigung des Geistes (durch ethische Leitlinien, im Yoga z. B. die Yamas, Niyamas und aufrichtiges Selbststudium) kann das Vertrauen auf „innere Stimmen“ in die Irre führen. Die Yogatradition sieht daher Intuition immer in Verbindung mit Disziplin, Reinheit und ethischer Ausrichtung.
Verbindung zur Bhagavad Gita: Krishna als göttlicher Lehrer
Ein interessanter Vergleich lässt sich mit der Bhagavad Gita ziehen, wo Krishna als göttlicher Lehrer spricht – zunächst äußerlich, doch zunehmend wird deutlich, dass er als Stimme im Inneren Arjunas spricht. Auch hier erscheint das innere Licht der Erkenntnis als höchste Quelle des Wissens, die sich nicht durch Studium, sondern durch Hingabe und Klarheit entfaltet.
Kulturelle Perspektiven auf Intuition
In östlichen wie westlichen Mystiktraditionen gilt Intuition als Weg zur Wahrheit: Im Taoismus etwa spricht man vom „Nichtwissen“, im Sufismus vom „Herzenswissen“. In vielen dieser Strömungen ist der Zugang zur Intuition nicht passiv, sondern ein Akt der inneren Öffnung, der mit Loslassen, Hingabe und radikaler Ehrlichkeit verbunden ist.
Abgrenzung: Intuition ist nicht Instinkt oder Wunsch
Es ist hilfreich, zwischen Intuition, Instinkt und Wunschdenken zu unterscheiden. Intuition ist nicht das Bauchgefühl im Sinne einer Reaktion des Nervensystems auf äußere Reize, und sie ist auch nicht das, was man sich einfach wünscht. Sie kommt nicht aus dem Denken, sondern aus einer tieferen Ebene des Bewusstseins – stiller, klarer und feiner als Emotion oder Impuls. Ihre Aussagen fühlen sich zeitlos gültig und nicht zwanghaft an. Ein Kriterium für ihre Echtheit ist das Gefühl von innerer Stimmigkeit und Ruhe, das sie begleitet.
Wie häufig verlässt du dich auf deine Intuition bei Entscheidungen?
Intuition im spirituellen Kontext: Der innere Lehrer
Viele Yogatraditionen sprechen vom inneren Guru oder inneren Lehrer, der durch Intuition spricht. Dieser innere Lehrer ist nicht getrennt vom Selbst, sondern eine Facette des eigenen Wesens, die durch Sammlung und Übung zugänglich wird. Wer Samyama auf das innere Licht oder auf das Herz praktiziert, kultiviert eine Beziehung zu diesem inneren Lehrer. Die Stimme der Intuition wird mit der Zeit vertrauter, präziser und verlässlicher.
Mögliche Hindernisse für intuitive Erkenntnis
Der Zugang zu Pratibha kann durch verschiedene innere Zustände blockiert sein, darunter:
- Unruhe des Geistes (vikshepa)
- Festhalten an Konzepten und intellektueller Überheblichkeit
- Emotionale Turbulenzen oder starke Wunschprojektionen
- Übermäßige Sinnesreize oder unruhiger Lebensstil
Ein ruhiger, gereinigter Geist ist die Grundvoraussetzung, um intuitive Einsichten zu empfangen und richtig einordnen zu können. Die Arbeit an den Kleshas (inneren Hindernissen) und eine sattvige Lebensweise unterstützen diesen Prozess.
Erfahrungen mit Intuition
- Intuition und Musik: Musiker berichten häufig von intuitiven Momenten während des Spielens, die als Flow-Zustände beschrieben werden und mit erhöhter Kreativität einhergehen.
- Intuition in der Medizin: Erfahrene Ärzte treffen oft intuitive Diagnosen, die sich später als korrekt erweisen, basierend auf subtilen Hinweisen und Erfahrung.
- Intuition bei Tieren: Viele Tiere zeigen intuitive Verhaltensweisen, wie z. B. das Erkennen von Erdbeben oder anderen Naturkatastrophen, bevor sie eintreten.
- Intuition und Träume: Einige Menschen berichten von intuitiven Einsichten in Träumen, die ihnen bei wichtigen Lebensentscheidungen geholfen haben.
- Intuition in der Wirtschaft: Erfolgreiche Unternehmer wie Steve Jobs betonten die Bedeutung der Intuition bei geschäftlichen Entscheidungen.
- Intuition und Ernährung: Intuitive Ernährung, bei der man auf die Signale des Körpers hört, kann zu einem gesünderen Essverhalten führen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Intuition
Die wissenschaftliche Forschung zur Intuition hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Intuition wird heute nicht mehr nur als mystisches Bauchgefühl betrachtet, sondern als eine kognitive Fähigkeit, die auf unbewusster Informationsverarbeitung basiert.
🧠 Was ist Intuition?
Wissenschaftliche Definition von Intuition: Intuition (von mittellateinisch intuitio „unmittelbare Anschauung“, zu lateinisch intueri „genau hinsehen, anschauen“) ist die Fähigkeit, Einsichten in Sachverhalte, Sichtweisen, Gesetzmäßigkeiten oder die subjektive Stimmigkeit von Entscheidungen zu erlangen, ohne diskursiven [diskursiv = methodisch, schlussfolgernd] Gebrauch des Verstandes, also etwa ohne bewusste Schlussfolgerungen.
Alternativ ausgedrückt: Intuition bezeichnet die Fähigkeit, Entscheidungen oder Einsichten zu erlangen, ohne bewusste Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie beruht auf der schnellen Verarbeitung von Erfahrungen und Mustern durch das Gehirn. Diese Prozesse laufen oft unbewusst ab und ermöglichen es, in komplexen Situationen rasch zu reagieren.
🔍 Forschungsergebnisse im Überblick
- Intuition als unbewusste Intelligenz: Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut beschreibt Intuition als eine Form der unbewussten Intelligenz, die auf jahrelanger Erfahrung basiert und besonders in unsicheren oder dynamischen Situationen effektiv ist.
- Frühkindliche Intuition: Studien zeigen, dass bereits sechs Monate alte Babys Mengenunterschiede intuitiv erkennen können, was auf eine angeborene numerische Intuition hinweist.
- Intuition vs. Einsicht: Studien unterscheiden zwischen Intuition als einem erfahrungsbasierten, schrittweisen Prozess und Einsicht als einem plötzlichen, diskontinuierlichen Phänomen. Beide Prozesse tragen zur Problemlösung bei, unterscheiden sich jedoch in ihrer Entstehung.
- Emotionale Einflüsse: Forschung zeigt, dass positive Stimmung die Nutzung von Intuition fördert, während negative Emotionen eher zu analytischem Denken führen.
- Intuition und Entscheidungsfindung: Intuitive Entscheidungen können in bestimmten Kontexten schneller und effektiver sein als analytische Entscheidungen, insbesondere wenn sie auf umfangreicher Erfahrung basieren.
📚 Weiterführende Literatur
- Gigerenzer, G.: Bauchentscheidungen: Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition.
- Pearson, J.: The Intuition Toolkit – ein praktischer Leitfaden zur Nutzung von Intuition im Alltag.
- Kahneman, D.: Schnelles Denken, langsames Denken – über die zwei Systeme des Denkens und die Rolle der Intuition.
Zusammengefasst: Die aktuelle Forschung unterstreicht also, dass Intuition eine wertvolle Ergänzung zum analytischen Denken darstellt, insbesondere in komplexen oder unsicheren Situationen. Sie basiert auf unbewusster Verarbeitung von Erfahrungen und kann durch Übung und Selbstreflexion weiterentwickelt werden.
Kommentar von Vyasa zu Sutra 3.34
Erläuterungen zu Vyasa
Vyasa war ein indischer Philosoph des 5. bzw. 6. Jahrhunderts nach Christi, der den ältesten überlieferten Kommentar zum Yogasutra des Patanjali schrieb. Der Text wird Yogabhashya (wörtlich "Kommentar (Bhashya) zur Yogaphilosophie") genannt und um 600 nach Christi datiert. Vyasas Kommentare zu den Sutras sind oftmals recht kurz.
Dieses Yogabhashya wurde im 8./9. Jh. von Shankara (788–820 n. Chr, indischer Gelehrter, Vedanta-Philosoph, Begründer der Advaitavedānta-Tradition) kommentiert. Sein Kommentar nennt sich Yogabhashyavivarana, Vivarana ist ein Unterkommentar. Auch Vachaspati Mishra hat einen frühen, berühmten Kommentar zum Yogasutra geschrieben. (Meine Quellen für diese Kommentare waren unterschiedliche Bücher und Webseiten, zum Beispiel Legget (siehe Literatur) und wisdomlib.org/hinduism/book/yoga-sutras-with-commentaries/). Ich gebe hier diese Kommentare in für mich relevanten Auszügen in Worten wieder, die für mich den Sinn in heutigen Worten am besten wiedergeben. Dies ist explizit kein Bemühen, die Originalkommentare wortgetreu wiederzugeben. Fehlinterpretationen sind natürlich in meiner Verantwortung.
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Die Kommentare von Vyasa, Mishra und Shankara sind oft wörtlich übersetzt worden, zum Beispiel bei den oben angegebenen Quellen.
Der indische Gelehrte Vyasa, einer der bedeutendsten Kommentatoren des Yoga-Sutra, beschreibt das sogenannte „prātibha“ – also das übernormale, intuitive Wissen – als eine Art Übergangslicht zur höheren Erkenntnis. Dieses prātibha ist seiner Auslegung nach die erste Stufe wahren Wissens, das auf der Fähigkeit zur inneren Unterscheidung (Viveka) beruht. Er vergleicht es mit dem Aufleuchten der Morgensonne: Noch ist es nicht der volle Tag (vollkommene Erkenntnis), aber das Licht beginnt bereits, die Dunkelheit zu vertreiben.
Vyasa erklärt, dass durch das Aufsteigen dieses besonderen Wissens der Zustand entsteht, in dem der Yogi beginnt, alles zu erkennen. Diese Erkenntnis ist jedoch nicht rational oder analytisch erworben, sondern intuitiv und spontan, als würde sie aus dem Inneren hervortreten.
Er spricht hier nicht von gewöhnlichem Wissen, sondern von einer transrationalen (etwas, das über die reine Vernunft oder das Rationale hinausgeht oder es übertrifft) Einsicht, die dem Übenden den Zugang zu tiefer Wahrheit eröffnet. Dieser Zustand tritt laut Vyasa ein, wenn der Geist ruhig, gesammelt und klar geworden ist – also nach erfolgreicher Praxis von Samyama (Konzentration, Meditation und Versenkung in einem Objekt).
🧩 Ergänzende Erläuterung
- Prātibha ist nicht die letzte Stufe spiritueller Erkenntnis, sondern eine frühe Form spirituellen Wissens, die den Yogi auf dem Weg zu noch tieferer Unterscheidungskraft (Viveka-Khyāti) begleitet.
- Die Verwendung des Begriffs „übernormales Wissen“ (adhyātma-jñāna) soll verdeutlichen, dass es sich um eine nicht alltägliche, nicht logische Erkenntnisform handelt.
- Das Bild der „Sonne in der Morgendämmerung“ dient als Metapher: Das Licht ist schon sichtbar, doch der Tag ist noch nicht angebrochen – genauso verhält es sich mit prātibha auf dem Weg zur vollständigen Erleuchtung.
Hinweis zur Verständlichkeit:
Dies ist keine wörtliche Übersetzung des Originals, sondern eine kontextuell erklärte Nacherzählung des Sinns, damit Leser:innen ohne Sanskritkenntnisse die tiefere Bedeutung von Vyasas Kommentar leichter erfassen können.
Übungsvorschläge zu Sutra III-34
Übe dich darin, eine innere Bereitschaft für spontane Eingebungen und intuitives Wissen zu kultivieren. Dies bedarf der Achtsamkeit und Zugewandtheit zum Inneren. Wir haben oben schon Alltagsübungen zur Förderung der Intuition kurz angerissen. Hier findest du nun konkrete Übungsvorschläge:
🔍 1. Spür hin, bevor du entscheidest
Bevor du einfach „aus dem Kopf“ eine Entscheidung triffst, gönn dir ein paar ruhige Sekunden. Atme tief durch, nimm einen Moment Abstand und frag dich:
„Wie fühlt sich das an?“
Nicht: „Was ist logisch?“ – sondern: „Was sagt mein Bauch, mein Herz, mein Inneres?“
📌 Beispiel: Du bekommst zwei Jobangebote. Beide klingen gut. Statt direkt eine Pro-und-Contra-Liste zu schreiben, schließ für einen Moment die Augen und spür, bei welchem Gedanken dein Körper entspannter wird oder wo vielleicht ein kleines inneres Leuchten auftaucht.
🍽️ 2. Übe intuitive Auswahl beim Essen
Das klingt vielleicht banal, aber gerade beim Essen kannst du deine Intuition gut schärfen. Frag dich beim Einkaufen oder Kochen:
„Was tut mir jetzt wirklich gut?“
Nicht: „Was sollte ich essen?“ – sondern: „Wonach sehne ich mich, ohne dass es reines Lustfuttern ist?“
📌 Beispiel: Du greifst zu Obst statt zu Chips, nicht weil du sollst, sondern weil du spürst, dass dein Körper heute Frische braucht.
🌿 3. Mini-Samyama im Alltag
Du brauchst keine Yogahöhle, um Samyama zu üben. Versuch’s so:
Setz dich still hin, nimm ein Thema, das dich beschäftigt, und konzentriere dich ein paar Minuten nur darauf (Dharana). Dann bleib einfach präsent, ohne Druck – beobachte (Dhyana). Wenn es gelingt, tauchst du in einen Zustand, in dem die Antwort „einfach kommt“ (Samadhi).
📌 Beispiel: Du weißt nicht, wie du ein schwieriges Gespräch anfangen sollst. Du gehst raus in die Natur, bleibst still, atmest, denkst nicht aktiv nach – und plötzlich hast du den Satz.
🌙 4. Achte auf die erste Eingebung am Morgen
Direkt nach dem Aufwachen ist der Kopf noch leer. Genau da zeigt sich oft deine innere Weisheit – ohne Filter.
📌 Tipp: Halte dir ein Notizbuch bereit. Schreib auf, was dir in den ersten Minuten in den Sinn kommt – oft ist das purer Zugang zu deinem Prātibha.
🧘♀️ 5. Samyama auf das innere Licht
Wenn du meditierst, kannst du das wörtlich nehmen: Stell dir ein Licht im Herzen oder zwischen den Augenbrauen vor. Sammle dich darauf. Lass das Licht klarer werden. Bleib einfach damit. Irgendwann kommt ein Gefühl von Klarheit oder Gewissheit.
📌 Das kannst du täglich für 5 Minuten machen. Es geht nicht um „Antworten“, sondern darum, deinen Kanal nach innen zu öffnen.
🗣️ 6. Lern deiner Intuition zu vertrauen – auch wenn sie „komisch“ ist
Das ist vielleicht der schwierigste Teil. Intuition spricht nicht immer laut – sie flüstert. Und sie hat manchmal keine Beweise.
📌 Beispiel: Du hast ein komisches Gefühl bei einer neuen Bekanntschaft. Du kannst es nicht begründen – aber dein Inneres sagt „Stopp“. Nimm das ernst. Oder umgekehrt: Du fühlst dich aus "intuitiv" zu einem Menschen hingezogen? Dann suche das Gespräch und schaue, was sich aus der Bekanntschaft ergibt.
Fazit: Prātibha im Alltag zu leben bedeutet, sich immer wieder zu trauen, innezuhalten, zu lauschen und zu fühlen – statt immer nur zu analysieren. Du musst dafür kein Guru sein. Du brauchst nur Stille, Ehrlichkeit dir selbst gegenüber und Übung im Zuhören. Dann wird aus dem ersten Funken irgendwann das Licht, von dem Vyasa spricht.
Meine Erkenntnisse/Erfahrungen bei/mit dieser Übung
Siehe auch folgende Sutras
Yoga Sutra I-19: Dieses [Virama Pratyaya oder Asamprajnata Samadhi] kann [auch] von Geburt aus, durch frühere Körperlosigkeit oder durch Verschmelzung mit der Natur (Prakriti) erlangt werden
Ergänzungen und Fragen von dir zur Sutra
Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?
Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:
Videos zu Sutra III-34
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Anvita Dixit: Ihr Kommentar zu dieser Sutra (bei ihr Sutra III-33): Was ist Pratibha?
Länge: 9 Minuten
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Kräfte von Samyama: Asha Nayaswami zu Sutra 3:28-36
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