hrḍaye citta-saṁvit
हृदये चित्तसंवित्
Ob mitten im Großstadttrubel oder ganz in sich versunken auf der Yogamatte – es gibt einen Ort, der immer erreichbar ist: das Herz. Nicht bloß als Organ, sondern als Zentrum für Intuition, Stille und tiefes Verstehen. Wer sich intensiver mit dem Yogasutra 3.35 und der Praxis des Samyama auf das Herz beschäftigt, merkt schnell: Hier geht’s nicht nur um Meditation, sondern um eine völlig neue Art, sich selbst zu begegnen.
Mit dem Herzen als Meditationsobjekt in Samyama sollen Meditierende die Natur ihres Geistes verstehen. Was ist damit genau gemeint? Wird dadurch auch die Seele erkannt? Und wo genau liegt dieses “Herz”, über das man meditieren soll? Dieser Artikel zeigt, wie das vonstatten gehen kann – verständlich, alltagsnah und inspiriert von uralter Weisheit, vielen Kommentatoren und moderner Forschung.
Kurz zusammengefasst
- Samyama auf das Herz
Durch die Praxis von Samyama auf das Herzzentrum (Hridayam) kann laut Patanjali ein tiefes, intuitives Verständnis des eigenen Geistes (Citta) entstehen. Die Meditation führt weg vom reinen Denken hin zum unmittelbaren Erleben.
Das Sutra beschreibt, wie durch bewusste, meditative Sammlung auf das Herz ein Zugang zur Natur des Geistes erlangt wird. Diese Praxis fördert Einsicht, innere Klarheit und emotionale Intelligenz. - Herz vs. Verstand
Die yogische Psychologie unterscheidet zwischen geistigen Funktionen wie Manas, Buddhi und Ahamkara und dem tieferen Herzraum, der als Quelle der Intuition gilt. Diese Differenzierung hilft, den Geist besser zu verstehen und das Herzbewusstsein zu kultivieren. - Alltagspraxis
Die Herzübung lässt sich unkompliziert in den Alltag integrieren – sei es durch bewusstes Zuhören, kleine Atempausen, Herzmeditation vor dem Schlafengehen oder achtsames Schreiben. Kleine Rituale können viel bewirken. - Wissenschaftlicher Hintergrund
Studien zur Herzkohärenz zeigen, dass sich die Verbindung zwischen Herz und Gehirn gezielt stärken lässt – mit positiven Effekten auf Emotionen, Stressregulation und kognitive Leistungsfähigkeit.
Details und Erläuterungen zu allen Punkten im weiteren Artikel.

Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits
Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:
- Samyama, samyamah, saṁyamā = Ausdruck für die Triade Dharana, Dhyana und Samadhi; Selbstbeherrschung; Abfolge von Dharana, Dhyana und Samadhi;Samvit
- Samyamat, samyamât = durch Ausführung von Samyama über;
- Hrdaya, hṛdaya, hridayam, Hridaya = Herz;
- Hridaye = (durch Übung von Samyama) auf das Herz;
- Citta = Verstand; Geist; Bewusstsein; Psyche; Denken;
- Samvit, saṁvit = Wahrnehmung; Verstehen; genaues Wissen; Empfindung; Verständnis;
- Citta–samvit = Verstehen bzw. Wahrnehmen des Geistes;

Zu den Quellen
Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:
Bücher
- Mircea Eliade: Yoga – Unsterblichkeit und Freiheit
- Iyengar: Der Urquell des Yoga
- Deshpande/Bäumer: Die Wurzeln des Yoga
- Geraldine Coster: Yoga und Tiefenpsychologie
- R. Sriram: Von der Erkenntnis zur Befreiung – Das YogaSutra
- Govindan: Die Kriya Yoga Sutras des Patanjali
- Mallinson/Singleton: Roots of Yoga
- R. Palm: Der Yogaleitfaden des Patañjali
- T.K.V. Desikachar: Über Freiheit und Meditation | Das Yoga Sutra von Patanajali
- Feuerstein, Georg: Die Yoga Tradition (Amazon)
- Skuban, Ralph: Patanjalis Yogasutra (Amazon)
- Sri Swami Satchidananda: The Yoga Sutras of Patanjali (Amazon)
- Trevor Leggett: The complete Commentary by Sankara on the Yoga-Sutras* (Amazon)
Internetseiten
- Internet-Übersetzung des Yogasutras auf Yoga-Vidya.de
- Zu den Sutras auf ashtangayoga.info
- Zu den Sutras auf 12koerebe.de
- Zu den Sutras auf vedanta-yoga.de
- Openland.de (mittlerweile offline)
- Zu www.bodhi.sofiatopia.org (buddhistische Kommentare zum Yogasutra nur noch als Buch)
- sanskrit-sanscrito.com (Sutras anscheinend entfernt)
- Zur Übersetzung von Chip Hartranft (PDF)
- Die Übersetzung von Hariharananda Aranya, I. K. Taimni, Vasa Houston, Barbara Miller, Swami Satchidananda, Swami Prabhavananda, Swami Vivekananda finden sich auf dieser Seite.
- Übersetzung von James Haughton Woods
- Rainbowbody.com (ausführliche und eigene Kommentierung)
- Wisdom Library
Weitere Quellen, z. B. zu aktuellen Studien, sind direkt im Text verlinkt.
Dein Übersetzungsvorschlag
Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.
Hast du einen eigenen Übersetzungsvorschlag?
Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)

Einordnung dieser Sutra im Yogasutra
Samyama ist die Schlüsselübung im dritten Kapitel des Yogasutra zum Erreichen der geistigen Kräfte. In den Sutras III-1 bis III-7 erläutert Patanjali zunächst, was Samyama ist: die Kombination aus
- Dharana (Konzentration),
- Dhyana (Meditation) und
- Samadhi (Überbewusstsein).
In Sutra III-8 ergänzt er dann, dass der Yogi zur Erlangung der Erleuchtung über Samyama hinausgehen muss.
In den Sutras III-9 bis III-15 geht es weiter mit Erläuterungen, welche Wandlung der Geist (Chitta) vollziehen muss, um Samyama bis zur Perfektion ausüben zu können. Aufeinander aufbauend sind das die Stadien
- Nirodha-Parinama (Wandel durch Sammlung, einfache Konzentration),
- Samadhi-Parinama (Wandlung durch länger andauernde Konzentration) und
- Ekagrata-Parinama (Wandel/Transformation durch vollkommene Versenkung auf einen Punkt/ein Thema).
Der notwendige Wandel des Geistes erfolgt nach und nach, ist keine sprunghafte Entwicklung.
In den Sutras III-16 bis III-49 macht Patanjali eine ganze Reihe von Vorschlägen, worauf man Samyama lenken könnte und welche Folgen (Siddhis = Kräfte, besondere Erkenntnisse) sich jeweils daraus ergeben.
In dieser Sutra III-35 postuliert Patanjali, dass tiefe Meditation auf das "Herz" zum Verständnis des eigenen Geistes führen soll.
Besondere Kräfte (Siddhis) mit Samyama erlangen
Besondere Kräfte (Siddhis) mit Samyama erlangen
Patanjalis Anleitungen zur Erlangung der Siddhis lauten generell, dass der Praktizierende Samyama gezielt auf ein Meditationsobjekt anwendet. Samyama ist die Verbindung aus anhaltender Konzentration, Meditation und schlussendlich Samadhi (Überbewusstsein) auf ein Objekt der Meditation. Skuban sieht den Vorgang von Samyama als “mentales Eindringen in ein Objekt, das den Übenden schließlich zu den feinstofflichsten Bereichen des Seins führt.” Dadurch werden die drei Eigenschaften (siehe Sutra III-13) eines Objektes voll erkannt. So wird das Objekt voll verstanden und über die Gunas auch beherrschbar. Alle Objekte sind nämlich laut Yogalehre Erscheinungsformen der drei Gunas, auch das Bewusstsein des Menschen. Der Yogi diszipliniert sein Bewusstsein und kann über bzw. in Samyama die Gunas auch außerhalb seines Bewusstseins beeinflussen oder verändern. So erklären sich gemäß Yogalehre die Siddhis.
Vibhutis, der andere Name für die Siddhis, bedeutet wörtlich weg (vi) von den Elementen (bhutas) und steht damit laut einiger Kommentatoren auch für die Abwendung von der Identifikation mit den materiellen Grundlagen unseres Lebens, yogisch: Prakriti. Hin zur Erkenntnis unserer wahren Natur: Purusha.
Die Sutras III-16 bis III-49 nennen die Objekte, auf die ein Yogi seine Samyama-Konzentration legen sollte, um besondere Kräfte zu entfalten. Iyengar betont jedoch, dass diese Siddhis sich erst bei weit fortgeschrittenen Yoga-SchülerInnen zeigen.
Ergänzend: Lange Pranayama-Praxis soll spontane Siddhis triggern können. Gerade Wechselatmung über Monate hinweg wird in manchen Berichten als „geistöffnend“ beschrieben – mit plötzlichen Hörerlebnissen oder Visionen.
Was ist Samyama?
Was ist Samyama?
Samyama besteht aus drei Stufen: Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein). Nur die erste Stufe von Samyama, die Konzentration auf ein Objekt, lässt sich willentlich steuern. Die darauf aufbauenden Geisteszustände Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) müssen sich laut der meisten Kommentatoren des Yogasutras von alleine einstellen und werden durch lang anhaltende Konzentration und Beseitigung der Geisteshindernisse erlangt. Feuerstein bezeichnet Samyama als 'Bündelung' von Konzentration, Meditation und Samadhi. Du findest Samyama ausführlicher in den ersten Sutras des dritten Kapitels des Yogasutra hier auf yoga-welten.de besprochen. Siehe vor allem:
Yoga Sutra III-4: Wenn die drei (Dharana, Dhyana, Samadhi) zusammen auf ein Objekt oder einen Ort angewendet werden, so wird dies Samyama genannt
Yoga Sutra III-5: Aus der Meisterung von Samyama entsteht vollkommenes Wissen über das Wahrgenommene
Yoga Sutra III-6: Der Fortschritt im Samyama erfolgt in Stufen
Voraussetzungen und Umgang mit den Siddhis
Empfehlungen zu Voraussetzungen und zum Umgang mit den Siddhis
Viele Kommentatoren empfehlen, mit den Siddhis sehr bewusst umzugehen. Folgendes wird oft geraten:
Wer sich den Siddhis zuwendet, sollte die Yamas und Niyamas in seinem Leben verwirklicht haben. Diese sind:
Die Yamas – Selbstkontrolle
- Ahimsa – Gewaltlosigkeit
- Satya – Wahrhaftigkeit
- Asteya – Nicht-Stehlen
- Brahmacharya – Wandel in Brahma / Selbstbeherrschung / Enthaltsamkeit
- Aparigraha – Nicht-Greifen, Verzicht auf Gier
Niyamas – Verhaltensregeln
- Saucha – Reinheit
- Santosha – Zufriedenheit
- Tapas – Selbstzucht
- Svadhyaya – Selbststudium (Studium)
- Ishvarapranidhana – Verehrung des Göttlichen
Siehe dazu die Erläuterungen in "Yamas und Niyamas im täglichen Leben".
Siddhis sollten nicht zum Vergnügen, zur Selbsterhöhung oder anderen ungünstigen, egoistischen Zielen angewendet werden. Vielmehr zeigen die Siddhis (so Iyengar und andere), dass die Yogapraxis “richtig angelegt” sei.
Selbstverständlich sollte man Siddhis auch nicht dazu nutzen, um jemand anderen damit zu schaden.
Stattdessen wird eher ein “Nicht-Beachten” der Siddhis angeraten, wenn diese sich denn zeigen sollten. Iyengar schreibt, (S. 244), die Übungen bei Auftreten der Siddhis mit Glauben und Begeisterung weiterzuentwickeln, die Siddhis aber mit völligem Gleichmut zu betrachten.
Dem Yogi wird also geraten, sich nicht auf die Siddhis einzulassen, sich nicht von ihnen “mitreissen zu lassen”, um sie nicht für eigene selbstsüchtige Bedürfnisse zu verwenden, woraus späteres Leiden folgen würde. Stattdessen solle er/sie weiter auf dem Pfad der Befreiung zu wandeln und die Siddhis eher als Prüfung ansehen, ob man nicht doch noch – trotz fortgeschrittener yogischer Entwicklung - den Verlockungen der Dualität und des Ego-Daseins nachgibt.
Swami Sivananda sagt über Siddhis:
„Yoga ist nicht dazu da, Siddhis, Kräfte, zu erlangen. Wenn ein Yogaschüler die Versuchung verspürt, Siddhis zu erlangen, wird sein weiterer Fortschritt ernsthaft verzögert. Er hat den Weg verloren. Ein Yogi, der darauf konzentriert ist, höchsten Samadhi zu erreichen, muss Siddhis zurückweisen, wo auch immer sie auftauchen. Siddhis sind Einladungen von Devatas. Nur wenn man diese Siddhis zurückweisen kann, kann man Erfolg im Yoga erlangen.“
Im tibetischen Buddhismus werden vergleichbare Fähigkeiten „Shes-rab“ genannt. Auch dort: klare Intuition, inneres Sehen, spontane Einsicht – aber nie als Ziel, sondern als Prüfstein für Demut.
Missverständnisse rund um Siddhis
Die Aussicht auf übernatürliche Kräfte fasziniert viele – und genau darin sind einige häufige Missverständnisse begründet. Ein Irrglaube besteht darin, dass Yoga hauptsächlich dazu diene, solche Siddhis zu erlangen. Tatsächlich betont die Tradition jedoch, dass Siddhis eher Nebenprodukte auf dem spirituellen Weg sind, nicht sein Zweck. Patanjali selbst stellt im unmittelbar folgenden Sutra klar, dass diese Fähigkeiten für einen im Samadhi befindlichen Geist Upasarga – also Störungen oder Ablenkungen – darstellen, auch wenn sie in einem nach außen gewandten Bewusstseinszustand als außergewöhnliche Errungenschaften erscheinen mögen. Yogameister wie Vyasa und später Vivekananda haben daher immer wieder gemahnt, die Siddhis nicht zu überschätzen: Sie seien wie Blüten am Wegesrand – schön und bemerkenswert, aber man sollte nicht vom Weg abkommen, um nur noch Blumen zu pflücken.
Ein weiteres Missverständnis liegt darin, jede ungewöhnliche innere Wahrnehmung sofort für eine echte siddhische Fähigkeit zu halten. Insbesondere wenn Übende beginnen, sich intensiv mit Meditation zu beschäftigen, können imaginäre Bilder, Lichterscheinungen oder akustische Phänomene auftauchen. Die Yoga-Tradition fordert hier Viveka, das unterscheidende Erkenntnisvermögen: Handelt es sich wirklich um eine valide intuitive Einsicht (Pratibha) oder nur um eine Wunschprojektion des Geistes? Echte spirituelle Intuition wird traditionell durch bestimmte Qualitäten kenntlich gemacht – sie geht einher mit tiefer innerer Stille, Klarheit und Gewissheit, ohne Aufregung oder Ego-Stolz. Hingegen sind halluzinatorische Erlebnisse oder irrige „Eingebungen“ oft dramatisch, emotional aufgeladen oder selbstbezogen. Es ist ein bekanntes Risiko, dass ein Yogi, der sich zu früh auf Siddhis fokussiert, Opfer von Täuschungen werden kann. Beispielsweise könnte man glauben, die Gedanken anderer lesen zu können, während man in Wirklichkeit eigenen Fantasien nachhängt.
Schließlich gibt es das Missverständnis, Siddhis seien ein Zeichen von Erleuchtung oder spiritueller Vollendung. Historische Berichte zeigen jedoch, dass auch wenig ethische oder unreife Personen zeitweise paranormale Fähigkeiten aufweisen konnten – was nicht mit wahrer Heiligkeit gleichzusetzen ist. Im Yoga wird daher gelehrt, die Siddhis weder zu verteufeln noch zu vergötzen. Sie dürfen auftauchen, doch der richtige Umgang ist entscheidend: Ein reifer Yogi nimmt sie wahr, schenkt ihnen aber wenig Bedeutung und bleibt dem höheren Ziel, Kaivalya (der völligen Befreiung), verpflichtet. Missverständnisse klären sich letztlich durch Erfahrung und Anleitung: In der traditionellen Guru-Schüler-Beziehung wurden auftauchende Siddhi-Erlebnisse vertraulich besprochen, um sicherzustellen, dass der Schüler nicht in Fallen wie Egoismus oder Ablenkung tappt. So soll auch der moderne Übende verstehen, dass Wunder im Yoga-Kontext Prüfsteine der Haltung sind – sie verlangen nach noch mehr Demut, Vairagya und Konzentration auf den eigentlichen Weg.
Möchtest du bis hierhin etwas ergänzen oder korrigieren?
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Vielen Dank für jeden Hinweis!

Siddhi: Die Natur des Verstandes über das Herz verstehen
Das eigenen Denken über Samyama auf intuitive Art verstehen: Die Meditation auf das Herz (auf Sanskrit: Hridaya) ermöglicht laut Yogasutra und anderen indischen spirituellen Lehren nicht nur ein Verständnis unseres Bewusstseins, sondern offenbart auch, wie Gefühle und Gedanken miteinander interagieren. Das Herz gilt als symbolisches Zentrum unserer emotionalen Intelligenz und unserer inneren Wahrheit. Durch Samyama auf das Herz, so Patanjali, können Meditierende lernen, Gedankenmuster und emotionale Reaktionen klarer wahrzunehmen, sie zu verstehen und bewusster mit ihnen umzugehen.
„Man sieht nur mit dem Herzen gut."
Aus: Der kleine Prinz
Wim van den Dungen: „Auch im chinesischen Taoismus befindet sich der „mysteriöse Pass“ oder das ultimative Gleichgewicht zwischen Himmel und Erde im mittleren Elixierfeld des Herzens.”
Rainbowbody: „Man könnte auch sagen, dass dieses gleiche innewohnende Samenpotenzial (Bodhicitta), das im Herzkern wohnt, die eigene Buddha-Natur ist - manche sagen, das Christus-Potenzial, das auf seine volle Reifung wartet.”
Erweiterung: Verständnis für andere
Auch das Denken eines anderen Menschen sollen wir richtig verstehen, wenn wir es mit unserem Herzen beurteilen. Sukadev empfiehlt, dies regelmäßig auf all unseren Beziehungsebenen anzuwenden, von der Paarbeziehung über die Yogastunde bis zum Halten eines Vortrags. Versuchen, das Herz des anderen zu spüren, was sie/ihn bewegt. Sich um ein intuitives Gefühl für die andere Person bemühen. Jeden Tag, auch als Bestandteil der eigenen Psychohygiene.

Manche Kommentatoren verorten das hier angesprochene Hridaya in der Mitte des Brustraumes.
Wo genau befindet sich das hier angesprochene “Herz” (Hridaya)?
Hridaya setzt sich aus den Sanskrit-Wörtern "hri" (geben), "da" (nehmen) und "ya" (Gleichgewicht) zusammen, was "das, was in vollkommener Balance gibt und nimmt" bedeutet – und verweist damit auf die zentrale Rolle des Herzens im Austausch mit der Welt.
Viele Kommentatoren wie Iyengar oder Skuban sehen das Herz-Chakra angesprochen: “Die Zitadelle des Purusa ist das Herz, Anahat-Cakra, der Sitz der reinen Erkenntnis und des Bewusstseins.” (Iyengar). Yam ist das zugehörige Mantra.
Rainbowbody differenziert: „Das hridayam-Zentrum ist das Herz der Herzen - das allerheiligste - der heilige Tempel - der Sitz der Gottesquelle - die holographische axis mundi, oder das, was man als unser zentrales Herzzentrum bezeichnen kann … Das Herz der Herzen (hridayam) wird so vom persönlichen Herzen (anahat chakra) unterschieden …”
Govindan (S. 131) wird sehr konkret: “Gemeint ist nicht das physische Herz, sondern die Mitte unseres Seins, die, räumlich gesehen, in der Mitte der Brust zu finden ist.”

Unterschied zwischen Herz-Chakra und spirituellem Herzzentrum
Wir gesehen ist es einigen Kommentatoren wichtig zu betonen, dass zwischen dem Herz-Chakra (Anahata-Chakra) und dem tieferen spirituellen Herzzentrum (Hridayam) unterschieden werden sollte. Das Anahata-Chakra wird in der Regel energetisch in der Brustregion lokalisiert und repräsentiert die emotionale Ebene des Menschen. Das Hridayam hingegen gilt dann als tieferes spirituelles Zentrum, eine Art innerer „heiliger Raum“, der oft mit dem Sitz der Seele oder inneren Essenz identifiziert wird. Eine Meditation auf das Hridayam zielt für diese Kommentatoren tiefer und spiritueller als die Konzentration auf das Herz-Chakra.
Wie soll genau bei Samyama auf das Herz vorgehen?
Voraussetzungen für Samyama und Siddhis Um Samyama – die kombinierte Praxis von Konzentration, Meditation und Versenkung – erfolgreich üben zu können, müssen bestimmte psychologische und spirituelle Voraussetzungen erfüllt sein. Einig sind sich die traditionellen wie modernen Lehrer, dass der Geist des Übenden ausreichend gereinigt und gesammelt sein muss. Das bedeutet: innere Stabilität, relative Gedankenstille und Freiheit von starken emotionalen Aufwallungen als Grundlage. Es bedarf eines Maßes an Konzentrationskraft, Achtsamkeit und Gelassenheit gegenüber Sinnesreizen, damit die Aufmerksamkeit vollständig nach innen gelenkt werden kann. Besonders hervorgehoben wird die Haltung der Nicht-Verhaftung (Vairagya): Der Yogi soll nicht mehr an gewöhnlichen Sinnesfreuden oder Erfolgserlebnissen hängen, sondern eine innere Unabhängigkeit davon kultiviert haben. Darüber hinaus betont der yogische Weg, dass die grundlegenden Stufen des Achtgliedrigen Pfades gefestigt sein sollen, bevor man sich höheren Techniken wie Samyama widmet. Konkret bedeutet dies: Yama und Niyama – die ethischen Prinzipien und Selbstdisziplinen – sollten im Leben des Übenden verankert sein, um mentale Unruhe und konflikthafte Begierden zu minimieren. Die Praxis von Asana (Körperübungen) und Pranayama (Atemlenkung) baut Spannungen und Rastlosigkeit ab und stabilisiert Körper und Nerven, was indirekt dem Geist zugutekommt. Pratyahara, das systematische Zurückziehen der Sinne, ist ebenfalls eine entscheidende Vorstufe: Erst wenn die Aufmerksamkeit nicht mehr unwillkürlich von äußeren Eindrücken gesteuert wird, kann echte Konzentration nach innen entstehen. Diese Vorarbeiten schaffen den Nährboden, auf dem Samyama gedeihen kann. Ein Yogi, der Schritt für Schritt diesen Pfad gegangen ist, entwickelt die geistige Stärke und Reinheit, die nötig sind, um tiefe Versenkung zu erreichen – und in deren Folge können Siddhis überhaupt erst auftauchen. Die Rolle von Entsagung und Ethik (Vairagya, Yama, Niyama) Entsagung/Nichtanhaftung im Yoga, auf Sanskrit Vairagya, und die ethischen Richtlinien Yama und Niyama gehören zu den fundamentalsten Anforderungen, insbesondere wenn es um den Umgang mit Siddhis geht. Vairagya bedeutet ein inneres Losgelöstsein: der Übende übt sich darin, Verlangen und Anhaftungen aufzugeben – seien es sinnliche Genüsse, materielle Güter oder auch das Streben nach außergewöhnlichen Fähigkeiten. So kann der Yogi in die Tiefe von Samyama gelangen. Die Geisteshaltung von Vairagya ist auch hilfreich dabei, dass aufkommende Siddhis den Yogi nicht verführen. Nur wer in Gleichmut gegenüber allen Phänomenen bleibt, kann übernatürliche Wahrnehmungen haben, ohne vom eigentlichen Pfad abzukommen. Patanjali nennt Vairagya nicht umsonst bereits im ersten Kapitel als Schlüssel zur geistigen Stille: Das fortwährende Loslassen verhindert, dass der Geist neue Wellen von Begierde und Ego-Stolz bildet. Ergänzend dazu bilden Yama und Niyama das moralische Fundament. Die fünf Yamas – etwa Gewaltlosigkeit (Ahimsa), Wahrhaftigkeit (Satya) oder Nicht-Gier (Aparigraha) – und die fünf Niyamas – etwa Reinheit (Shaucha) und Selbststudium (Svadhyaya) – sorgen dafür, dass der Charakter und Lebenswandel des Yogis ethisch ausgerichtet sind. Warum ist das so wichtig in Bezug auf Siddhis? Zum einen reinigt moralisches Verhalten das Herz und mindert egoistische Tendenzen, was die Wahrscheinlichkeit von Missbrauch oder falscher Identifikation mit Kräften reduziert. Zum anderen stabilisieren Yama und Niyama den Geist: Ein Gewissen, das frei von Schuld und Zwiespalt ist, kommt leichter zur Ruhe. Traditionell heißt es, dass Siddhis nur einem Yogi dauerhaft und gefahrlos zufallen, der Tugend und Selbstbeherrschung verkörpert. Andernfalls können Machtgefühle, Hochmut oder unethische Versuchungen die Folge sein. Daher lehren die Yogameister, dass jede Erweiterung der Fähigkeiten mit entsprechender Demut und Verantwortungsbewusstsein einhergehen muss – Qualitäten, die durch die Befolgung von Yama und Niyama kultiviert werden. Zusammenfassend lässt sich sagen: Vairagya und die ethische Praxis sind Förderer und Schutzmechanismus auf dem Weg zur höheren Erkenntnis. Sie erleichtern das Eindringen in lang anhaltende innere Stille bei voller Bewusstheit und bewahren den Übenden davor, die Richtung zu verlieren, wenn Siddhis auftauchen. Ein Yogi, der Entsagung übt und ethisch gefestigt ist, wird die verfeinerten Sinneswahrnehmungen zwar registrieren, aber weder missbrauchen noch für wichtiger halten als das letztendliche Ziel – die Erkenntnis des wahren Selbst (Purusha) und die Befreiung. Vorbereitende Techniken für Samyama und verfeinerte Wahrnehmung Um den Geist auf Samyama und mögliche subtile Wahrnehmungen vorzubereiten, empfehlen Yogalehrer seit jeher verschiedene unterstützende Techniken. Insbesondere folgende Ansätze haben sich als hilfreich erwiesen: Zusammengefasst dienen Pratyahara, Pranayama, Yoga Nidra und Japa als (nicht unbedingt notwendige aber) hilfreiche Bausteine in der Vorbereitung auf Samyama. Sie entwickeln die nötige geistige Disziplin, Sammlung und Reinheit, um die im Yoga-Sutra beschriebenen Fähigkeiten zu ermöglichen (garantieren aber deren Auftreten nicht). Gleichzeitig fördern sie die Haltung von Losgelöstheit und innerer Ruhe, sodass der Yogi bereit ist, Siddhis weder zu erzwingen noch zu fürchten, sondern sie im richtigen Geist zu integrieren. Jede dieser Techniken ist für sich schon eine wertvolle Übung; im Zusammenspiel ebnen sie den Weg zu den tieferen Erfahrungen des Yoga – bis hin zur Pratibha, dem aufblitzenden inneren Wissen, und darüber hinaus zum endgültigen Ziel des Yoga, der Verwirklichung des Selbst. 🌀 Samyama-Reife-Check Samyama – die Kombination aus Konzentration, Meditation und tiefer Versenkung – ist eine hochentwickelte Praxis im Yoga. Doch ist sie für jeden und zu jeder Zeit sinnvoll? Mit diesem kurzen Selbsttest kannst du einschätzen, ob dein Geist bereit ist, sich auf diese subtile Form des inneren Forschens einzulassen. So geht's: Beantworte die Fragen ehrlich und spontan. Am Ende erhältst du eine Einschätzung und eine Empfehlung für deinen nächsten Schritt.Voraussetzungen und Vorbereitungen für Samyama und Siddhis
Diese Zeitleiste zeigt dir die Stufen des Yogawegs, die nötig sind, um in den Zustand von Samyama zu kommen – und wie daraus Siddhis (verfeinerte Sinneswahrnehmungen) spontan entstehen können. 🪷 Yama & Niyama Ethische Grundlagen & Selbstdisziplin: z. B. Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Reinheit. Sie bereiten deinen Geist auf Tiefe und Klarheit vor. 🧘 Asana Stabiler, bequemer Sitz. Der Körper wird still, der Atem ruhig – beides ist nötig für längere innere Versenkung. 🌬️ Pranayama Atemkontrolle als Brücke zur inneren Wahrnehmung, Pantanjali empfiehlt, Ausatmung und Einatmung und Anhalten zu verlängern und zu verfeinern. Dieses Pranayama beruhigt das Nervensystem und bereitet den Geist auf Fokus vor. 👁️ Pratyahara Zurückziehen der Sinne. Der Blick geht nach innen. Die Außenwelt verliert an Bedeutung. Jetzt beginnt echte Sammlung. 🎯 Dharana Konzentration auf ein Objekt (z. B. Licht, Atem, Mantra). Der Geist bleibt bei einem Punkt – erste Form von Meditation. 🧘♀️ Dhyana Meditation. Der Fokus wird fließend, mühelos. Es gibt keine Unterbrechungen mehr – reines Verweilen im Beobachteten. 🌌 Samadhi Verschmelzen mit dem Objekt. Kein „Ich meditiere“ mehr – nur noch reines Sein. Dies ist der Eingang in tiefe Einsicht. ✨ Übergang zu Samyama Wenn Dharana, Dhyana und Samadhi auf dasselbe Objekt gerichtet sind – ohne Unterbrechung –, kann daraus Samyama entstehen. Dann ist der Geist hochfokussiert, durchlässig und empfänglich für tiefe, intuitive Erkenntnis. 🌟 Was entsteht daraus? Spontan kann es geschehen, dass sich ein Siddhi zeigt, du z. B. feiner hörst, spürst, siehst – nicht mit den Sinnen, sondern von innen heraus. Denke immer daran: Siddhis sind kein Ziel, aber ein möglicher Meilenstein auf deinem Weg.
Interaktive Zeitleiste: Pfad zu Samyama und den Siddhis
Samyama, der Dreiklang aus Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) auf ein Meditationsobjekt ist das Mittel der Wahl für den Yogi, um die in Kapitel III des Yogasutra besprochenen Siddhis auszuüben. In diesem Fall ist das Objekt der bewussten Konzentration das Herz bzw. der “Herzraum” wie oben beschrieben.
Üblicherweise gelingt tiefe Versenkung bei voller Bewusstheit am besten mit tiefer Meditation. Es soll auch mit Yoga Nidra funktionieren, wenn du die darin enthaltenen Schritte mit Konzentration ohne einzuschlafen durchführen kannst. Zu beiden Techniken findest du Anleitung (& Downloads) auf Yoga-Welten.de:
Der Begriff Meditation hat viele Facetten. Das Spektrum reicht vom Nachsinnen über ein Thema (vornehmliche Betrachtungsweise der Philosophen) bis zur völligen Gedankenstille. Im Folgenden findest du eine konkrete Anleitung der Schritte, welcher der Buddha himself seinen Schülern zum Lernen einer tiefen Meditation gegeben hat. Sicherlich nicht die schlechteste Herangehensweise, wenn du persönliche Entwicklung oder gar Erleuchtung zum Ziel deiner Meditationsreise auserkoren hast. Am Ende findest du eine Merkkarte zum Ausdruck – z. B. für das Portemonnaie. Willkommen zu der Entspannungstechnik des Yogas: Yoga Nidra. Die yogische Tiefenentspannung, auch "yogischer Schlaf" genannt, ist eine Tiefenentspannungsübung der tantrischen Yoga-Lehre. Ihr Ursprung liegt in weit entfernten Zeiten. Yoga Nidra führt in tiefe Entspannungszustände, die mit einiger Übung bei vollem Bewusstsein erfahren werden können. Zusätzlich besteht über einen sogenannten Sankalpa die Möglichkeit, Persönlichkeitsentwicklung tief ins Unbewusste einzuprägen. Hier findest du Yoga Nidra erläutert und dazu eine einfache Anleitung, einen Gratis-MP3-Download, den Text zum Ausdrucken und viele Varianten für fortgeschrittenes Üben, auch als Videos.Beitrag: Meditation lernen

Meditation lernen – die grundlegende Anleitung aus dem Buddhismus
Beitrag: Yoga Nidra
Yoga Nidra | Anleitung, MP3, Text und Variationen
Als Meditationsrichtinie kann also gelten: Komme zur Ruhe, sitze dich fest und bequem hin und versenke deine Achtsamkeit in dein Herzzentrum. Kehre immer wieder dorthin zurück (Konzentration), bis die Aufmerksamkeit dauerhaft wird (Dhyana) und bleibe dann dabei, bis Samadhi eintritt.
🧘♀️ Wie du das Sutra im Alltag üben kannst
„Durch Samyama auf das Herz wird die Natur des Geistes erkannt.“
Das klingt erstmal sehr spirituell und weit weg vom Alltag, oder? Aber dieses Sutra lässt sich tatsächlich ganz konkret und bodenständig üben – ohne Meditationshöhle oder Retreat. Hier ein paar alltagstaugliche Beispiele, wie du den Weg über das Herz gehen kannst, um mehr über deinen Geist zu erfahren:
💓 Herz-Moment zwischendurch
Beispiel: Du sitzt in der Bahn, wartest in der Schlange oder scrollst durch dein Handy.
Übung: Leg eine kurze Pause ein, atme tief ein, und richte deine Aufmerksamkeit für ein paar Atemzüge in die Mitte deiner Brust.
Warum das wirkt: Dieser kleine Shift in den Fokus bringt dich raus aus dem Kopfkarussell. Du gehst weg vom „Denken über etwas“ hin zu einem stillen Spüren. Und genau da beginnt Samyama – Konzentration auf das Wesentliche.
🗣 Mit dem Herzen zuhören
Beispiel: Jemand erzählt dir etwas – vielleicht auch etwas Schwieriges.
Übung: Anstatt innerlich sofort zu bewerten oder zu überlegen, was du antworten willst, hör einfach mal nur mit dem Herzen zu. Spüre dabei: Was macht das Gesagte emotional mit dir?
Was das bringt: Du trainierst Mitgefühl und lernst, zwischen echtem Verstehen und bloßem Zuhören zu unterscheiden. Du nimmst nicht nur den Inhalt auf, sondern fühlst mit. Das ist gelebtes Herzbewusstsein – mitten im Gespräch.
🧠 Gedanken beobachten – ohne Drama
Beispiel: Du merkst, dass dich deine Gedanken stressen oder runterziehen.
Übung: Setz dich kurz hin, schließe die Augen und geh mit der Aufmerksamkeit ins Herz. Sag dir innerlich: „Ich beobachte nur. Ich bin nicht meine Gedanken.“
Was passiert: Wenn du regelmäßig Samyama auf dein Herz übst, erkennst du schneller, wie dein Geist tickt – welche Gedanken dich dominieren, wie Emotionen kommen und gehen. Das hilft dir, gelassener zu bleiben und dich weniger zu verstricken.
🛌 Vor dem Einschlafen: Zurück ins Herz
Beispiel: Dein Tag war voll, dein Kopf ist noch aktiv.
Übung: Leg dich hin, leg die Hand aufs Herz und atme ein paar Mal tief durch. Dann stell dir vor, wie du mit jeder Einatmung ins Herz sinkst – und mit jeder Ausatmung alles loslässt, was du nicht brauchst.
Wirkung: Du kommst bei dir an. Diese einfache Übung fördert nicht nur besseren Schlaf, sondern stärkt über die Zeit deine Verbindung zum inneren Zentrum – deinem Hridaya.
✍️ Tagebuch aus dem Herzen
Beispiel: Du willst reflektieren, was dich innerlich bewegt.
Übung: Schreib nicht mit dem Verstand, sondern aus dem Herzraum. Frag dich: Was fühle ich wirklich? oder Was sagt mein Herz dazu?
Vorteil: Du verbindest dich mit deiner inneren Stimme – nicht der lauten, sondern der leisen, echten. Und genau diese Verbindung öffnet den Raum, in dem die Natur des Geistes sich zeigt: nicht analysiert, sondern gefühlt.
Zusammengefasst.
Du brauchst keine komplizierten Rituale, um das Sutra zu leben. Du brauchst nur Momente der Präsenz und die Bereitschaft, öfter mal vom Kopf ins Herz zu wechseln. Denn genau dort beginnt das Verständnis – nicht als Theorie, sondern als Erfahrung.
💡 Tipp: Fang klein an. Eine Minute Herzverbindung am Tag ist besser als gar keine. Und mit der Zeit wird daraus ein natürlicher Teil deines Lebens.
Übrigens:
- Auch bei den Asanas Fisch, Kobra und Bogen wird sich auf das Herz konzentriert.
- Rainbowbody: „Wenn wir aus diesem Herzzentrum heraus handeln, verkörpern unsere Handlungen die Essenz aller yam/niyams - alle Glieder des Yoga manifestieren sich auf natürliche Weise. Dies ist also das Herz der Praxis …”

Kommentar von Vyasa zu Sutra 3.35 – Bedeutung des Herzens als Ort des Bewusstseins
Erläuterungen zu Vyasa
Vyasa war ein indischer Philosoph des 5. bzw. 6. Jahrhunderts nach Christi, der den ältesten überlieferten Kommentar zum Yogasutra des Patanjali schrieb. Der Text wird Yogabhashya (wörtlich "Kommentar (Bhashya) zur Yogaphilosophie") genannt und um 600 nach Christi datiert. Vyasas Kommentare zu den Sutras sind oftmals recht kurz.
Ohne Vyasas Kommentar wären viele Sutras heute fast unverständlich. Manche Gelehrte sagen, der Text ist erst durch den Kommentar wirklich „lesbar“.
Vyāsa war vielleicht/wahrscheinlich kein einzelner Autor, sondern ein Titel, der mehrere Kommentatoren der indischen Tradition umfasst. Die Stimme, die wir im Yogasutra-Kommentar hören, ist also vielleicht ein Chor.
Vyasas Yogabhashya wurde im 8./9. Jh. von Shankara (788–820 n. Chr, indischer Gelehrter, Vedanta-Philosoph, Begründer der Advaitavedānta-Tradition) kommentiert. Sein Kommentar nennt sich Yogabhashyavivarana, Vivarana ist ein Unterkommentar.
Auch Vachaspati Mishra hat einen frühen, berühmten Kommentar zum Yogasutra geschrieben. (Meine Quellen für diese Kommentare waren unterschiedliche Bücher und Webseiten, zum Beispiel Legget (siehe Literatur) und wisdomlib.org/hinduism/book/yoga-sutras-with-commentaries/). Ich gebe hier diese Kommentare in für mich relevanten Auszügen in Worten wieder, die für mich den Sinn in heutigen Worten am besten wiedergeben. Dies ist explizit kein Bemühen, die Originalkommentare wortgetreu wiederzugeben. Fehlinterpretationen sind natürlich in meiner Verantwortung.
Du siehst etwas anders, hast einen Fehler gefunden oder möchtest etwas ergänzen? Bitte schreibe dies unten bei "Ergänzungen von dir".
Die Kommentare von Vyasa, Mishra und Shankara sind oft wörtlich übersetzt worden, zum Beispiel bei den oben angegebenen Quellen.
Vyasa beschreibt in seinem Kommentar zum Yogasutra einen symbolisch-poetischen Ort:
„In dieser Stadt des Brahman ist der kleine Lotus, der der Palast ist; in ihm ist das Bewusstsein. Von Saṁyama darauf entsteht Bewusstsein des Geistes.“
Dieser Vers ist mehr als nur eine poetische Metapher. Er verweist auf eine tiefgreifende Erfahrungsebene in der yogischen Philosophie. Um diesen Sinn besser zu verstehen, lohnt es sich, die Aussage in zeitgemäße und klarere Worte zu fassen:
Was meint Vyasa mit „Stadt des Brahman“ und „kleiner Lotus“?
- „Stadt des Brahman“: Diese Formulierung steht für den menschlichen Körper, der in der yogischen Symbolsprache als Wohnsitz des höchsten Prinzips (Brahman) verstanden wird.
- „Kleiner Lotus“: Damit ist das Herzzentrum gemeint – nicht das physische Herz, sondern der innerste Ort des Bewusstseins, der in der Yogatradition oft als spiritueller Lotus in der Brustmitte beschrieben wird.
Der Palast des Bewusstseins
Vyasa nennt diesen Lotus einen Palast, was darauf hinweist, dass dort ein besonders geschützter und heiliger Raum liegt – der Sitz des Bewusstseins (Citta), das sich in seiner reinen Form im Herzen verankert.

Ergänzend: Zusammenhang zwischen Herz-Meditation und Selbstheilung
Das Praktizieren von Samyama auf das Herz fördert nicht nur das geistige Verstehen, sondern unterstützt nach Auffassung vieler Yoga-Praktizierender und -Lehrer auch eine innere emotionale Heilung. Durch diese tiefe, meditative Praxis können verdrängte Emotionen bewusst gemacht und auf sanfte Weise transformiert werden. Diese heilsame Wirkung der Herz-Meditation wird besonders von Praktizierenden geschätzt, die sich in persönlichen Krisen oder Veränderungsprozessen befinden.
Konntest du ähnliche Wirkungen bei der Herz-Meditation feststellen?

Kleines Quiz zum Herz-Geist-Kompass: Wie stark ist dein inneres Herzverständnis?

Auszug zur Studienlage bezüglich der Übung mit dem Herzen
Es existieren mehrere Studien in renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften, die die Auswirkungen gezielter Aufmerksamkeit auf das Herz, insbesondere durch Herzkohärenztraining und resonantes Atmen, auf kognitive Prozesse und emotionale Kohärenz untersuchen.
1. Herzratenvariabilität und kognitive Flexibilität
Eine Studie untersuchte die Beziehung zwischen Herzratenvariabilität (HRV) und kognitiver Flexibilität. Die Ergebnisse zeigten direkte und inverse Korrelationen zwischen kognitiver Flexibilität, funktioneller Konnektivität im Gehirn und HRV. Dies deutet darauf hin, dass HRV ein Prädiktor für kognitive Flexibilität sein könnte, vermittelt durch neuronale Oszillationen.
-
Studie: „The Relationship Between Heart Rate Variability and Cognitive Flexibility“
-
Veröffentlichung: Frontiers in Human Neuroscience, 2019
2. Resonantes Atmen und Gehirnfunktion
In einer randomisierten klinischen Studie wurde untersucht, wie tägliches resonantes Atmen über fünf Wochen die Gehirnfunktion beeinflusst. Die Ergebnisse zeigten eine erhöhte funktionelle Konnektivität in emotionsbezogenen Hirnnetzwerken und eine Verbesserung der emotionalen Regulation.
-
Veröffentlichung: Cognitive, Affective, & Behavioral Neuroscience, 2022
3. HRV-Biofeedback und emotionale sowie körperliche Gesundheit
Eine systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse bewertete die Wirksamkeit von HRV-Biofeedback auf verschiedene Symptome und menschliche Funktionen. Die Analyse ergab signifikante kleine bis moderate Effektgrößen zugunsten von HRV-Biofeedback, insbesondere bei Angst, Depression, Wut sowie bei sportlicher und künstlerischer Leistung.
- Studie: „Heart Rate Variability Biofeedback Improves Emotional and Physical Health and Performance: A Systematic Review and Meta Analysis“
- Veröffentlichung: Applied Psychophysiology and Biofeedback, 2020

Übungsvorschlag zu Sutra III-35
Richte deine Meditation in den kommenden Tagen bewusst auf den Raum des Herzens. Nicht, um etwas zu erreichen, sondern um still zu lauschen, was sich aus der Tiefe zeigt.
Nimm gerne auch das hier angesprochene Herz-Zentrum zum Meditationsobjekt. Kommst du damit deinem Geist, deinem Bewusstsein näher?
Meine Erkenntnisse/Erfahrungen bei/mit dieser Übung
... oder kannst du eine andere Übung zum besseren Verständnis bzw. zum Erfahren dieser Sutra ergänzen?

Siehe auch ...
Wie kann ich die Stimme des Herzens erkennen? In spirituellen Texten, in religiösen Schriften, in Romanen und Lebensberatern liest man oft die Forderung: Höre auf die Stimme deines Herzens. Oder kenne sie zumindest. Die meisten stehen recht ratlos vor dieser Aufgabe und fragen: Wie bitteschön soll ich das bewerkstelligen? Was ist überhaupt die Stimme des Herzens? Es folgt eine Annäherung an eine Antwort in Zitaten und Übungen. Hier weiterlesen: Wie kann ich die Stimme des Herzens erkennen?Beitrag: Wie kann ich die Stimme des Herzens erkennen?
Wie kann ich die Stimme des Herzens erkennen?

Abschließend zum Thema Herz
- Das Herz besitzt ein eigenes Nervensystem mit über 40.000 Neuronen – es „denkt“ also tatsächlich mit und sendet mehr Signale ans Gehirn als umgekehrt.
- Im alten Indien wurde das Herz als Sitz des Atman – des höchsten Selbst – verstanden, nicht das Gehirn. Das spiegelt sich bis heute in der Praxis von Hridaya-Meditationen.
- Das Herzchakra (Anahata) ist das einzige Chakra, das direkt zwischen den drei unteren und drei oberen Chakren liegt – es ist also im gewissen Sinne die Brücke zwischen Körper und Geist.
- Studien zeigen, dass synchronisierte Herzfrequenz und Atmung kognitive Leistungen um bis zu 20 % steigern können, insbesondere bei komplexen Aufgaben.
- Ein Zustand von Herz-Kohärenz kann durch einfache Atemübungen in weniger als 2 Minuten erreicht werden – ganz ohne Vorkenntnisse.
- In der tibetisch-buddhistischen Tradition wird das Herz nicht nur als Sitz der Seele, sondern auch als Zentrum der Wiedergeburt gesehen.

Ergänzungen und Fragen von dir zur Sutra
Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?
Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:

Videos zu Sutra III-35
Liebe- und Herzmeditation - Verständnis der Psyche – Kommentar von Sukadev zu Yoga Sutra - Kap. 3, Vers 35
Länge: 8 Minuten
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Anvita Dixit: Ihr Kommentar zu dieser Sutra (bei ihr Sutra 3.34): Wissen über Chitta
Länge: 8 Minuten
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Video von Ahnand Krishna zur Sutra
Kräfte von Samyama: Asha Nayaswami zu Sutra 3:28-36
Länge: 73 Minuten
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hrḍaye citta-saṁvit
