samyama nabelzentrum 250nābhicakre kāyavyūha-jñānam
नाभिचक्रे कायव्यूहज्ञानम्

Diese und die folgenden Sutras handeln von Auswirkungen langanhaltender Konzentration auf bestimmte Körperteile oder -regionen. Grundsätzlich geht es um Kenntnis und Verständnis von Körperprozessen und dem eigenen Wesen. Patanjali beginnt in dieser Sutra mit der Konzentration auf das Nabelzentrum. Samyama (der Dreiklang aus Konzentration, Meditation und Samadhi) auf diesen Bereich soll dem Yogi die Struktur des Körpers offenbaren. Was ist darunter zu verstehen und wie muss man genau vorgehen?

Inhalt: Yogasutra Kapitel 3, Vers Sutra 30

Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits

Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:

  • Samyama, samyamah, saṁyamā = Ausdruck für die Triade Dharana, Dhyana und Samadhi; Selbstbeherrschung; Abfolge von Dharana, Dhyana und Samadhi;
  • Samyamat, samyamât = durch Ausführung von Samyama über;
  • Nabhi, nābhi = Nabel;
  • Chakra, cakra = Energiezentrum; Rad; Kreis; Bewusstseinszentrum;
  • Nâbhi-chakre = (durch Ausübung von Samyama) über das Nabelzentrum; Nabelrad;
  • Kaya, kâya = der (physische) Körper; Dimension;
  • Vyuha, vyûha = Anordnung; Aufbau; Organisation; Bedürfnisse; Konstellation;
  • Jnana, jñāna, jnânam = Wissen; Verständnis; Erkenntnis;

Übersetzungsvarianten und -hinweise (Quellen)

Hervorhebungen weisen auf Besonderheiten der jeweiligen Übersetzung hin. Übertragungen aus dem Englischen sind Eigenübersetzungen.

  • Roots: „Durch Konzentration auf den Kreis des Nabels (nâbhi-cakra) .... Anordnung des Körpers.“
  • Sukadev: „... auf das Nabelzentrum ... Wissen um den Aufbau des Körpers.“
  • Deshpande/Bäumer: „… Nabelzentrum … Wissen von der (inneren) Ordnung des Körpers.“
  • Dr. R. Steiner: „Durch Meditation auf das Energiezentrum am Nabel ...“
  • Coster: „-“
  • Feuerstein: „[Durch samyama hinsichtlich] des “Nabel-Rades” (nabhi-cakra) …“
  • R. Palm: „… auf den Nabelkreis …“
  • R. Sriram: „Die Konstellation der Körperorgane …“
  • Govindan: „[Durch Eins-werden] ausgerichtet auf das Nabel-Chakra …“
  • Iyengar: „… erlangt man Wissen von Anlage und Ordnung des menschlichen Körpers.“
  • Chip Hartranft: „Wenn man sich mit perfekter Disziplin auf das Energiezentrum des Nabels konzentriert, ... Einblicke in die Organisation des Körpers.“
  • R. Skuban: „… gelangt man zu Wissen vom Aufbau des Körpers.“
  • Paul Deussen (1908): „[Durch Anwendung] auf den Nabelkreis (das manipurakam, siehe das Buch "Sechzig Upanishad's" von Deussen auf S. 675) erfolgt Kenntnis der Anordnung des Leibes."
  • T.K.V. Desikachar: „… so erlangt man tiefes Verständnis von der Anordnung der Organe … zueinander und von ihrem Zustand.“
  • G. Pradīpaka: „(Durch Saṁyama) auf dem Nabel-Kakra -- d.h. „Maṇipūra“-- (nābhi-cakre), ... über die Struktur und Disposition (vyūha) des Körpers (kāya) (erlangt)“
  • 12koerbe.de (dort: 29): „... Nabel-Zentrum ... Körper-Bewegungs-Erkenntnis
  • Hariharananda Aranya: „(Durch das Üben von Samyama) auf dem Nabelplexus wird ...“
  • I. K. Taimni: „... Wissen über die Organisation des Körpers gewonnen.“
  • Vyasa Houston: „Durch Samyama auf das Nabelkakra..."
  • Barbara Miller: „Durch vollkommene Disziplin auf dem Kreis des Nabels hat man ...“
  • Swami Satchidananda: „Durch Samyama auf das Nabelgeflecht ... Wissen über die Konstitution des Körpers.“
  • Swami Prabhavananda: „Indem man Samyama auf den Nabel macht, erlangt man Wissen über die Konstitution des Körpers.“
  • Swami Vivekananda: „Auf dem Nabelkreis (entsteht) das Wissen um die ....“
  • Wim van den Dungen (buddhistischer Kommentar zum Yogasutra): „Durch Beschränkung [englisch: constraint; gemeint ist vermutlich auch bei Wim van den Dungen: Samyama] auf dem Nabelrad ...“
  • Rainbowbody: „Durch Samyama auf das Wirken des Nabelchakras... innere Wissen... darüber offenbart, wie alle Nadis (Energiekanäle) des Körpers und ihre zusammenhängende Dynamik miteinander verbunden sind.”

Zu den Quellen

Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:

Bücher

Internetseiten

Weitere Quellen, z. B. zu aktuellen Studien, sind direkt im Text verlinkt.

Dein Übersetzungsvorschlag

Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.

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Einordnung dieser Sutra im Yogasutra

Samyama ist die Schlüsselübung im dritten Kapitel des Yogasutra zum Erreichen der geistigen Kräfte. In den Sutras III-1 bis III-7 erläutert Patanjali zunächst, was Samyama ist: die Kombination aus

  • Dharana (Konzentration),
  • Dhyana (Meditation) und
  • Samadhi (Überbewusstsein).

In Sutra III-8 ergänzt er dann, dass der Yogi zur Erlangung der Erleuchtung über Samyama hinausgehen muss.

In den Sutras III-9 bis III-15 geht es weiter mit Erläuterungen, welche Wandlung der Geist (Chitta) vollziehen muss, um Samyama bis zur Perfektion ausüben zu können. Aufeinander aufbauend sind das die Stadien

  1. Nirodha-Parinama (Wandel durch Sammlung, einfache Konzentration),
  2. Samadhi-Parinama (Wandlung durch länger andauernde Konzentration) und
  3. Ekagrata-Parinama (Wandel/Transformation durch vollkommene Versenkung auf einen Punkt/ein Thema). 

Der notwendige Wandel des Geistes erfolgt nach und nach, ist keine sprunghafte Entwicklung.

In den Sutras III-16 bis III-49 macht Patanjali eine ganze Reihe von Vorschlägen, worauf man Samyama lenken könnte und welche Folgen (Siddhis = Kräfte, besondere Erkenntnisse) sich jeweils daraus ergeben.

In dieser Sutra schildert Patanjali, dass mittels Samyama auf das Nabelzentrum Wissen zum eigenen Körper gewonnen wird.

Besondere Kräfte (Siddhis) mit Samyama erlangen

Besondere Kräfte (Siddhis) mit Samyama erlangen

Patanjalis Anleitungen zur Erlangung der Siddhis lauten generell, dass der Praktizierende Samyama gezielt auf ein Meditationsobjekt anwendet. Samyama ist die Verbindung aus anhaltender Konzentration, Meditation und schlussendlich Samadhi (Überbewusstsein) auf ein Objekt der Meditation. Skuban sieht den Vorgang von Samyama als “mentales Eindringen in ein Objekt, das den Übenden schließlich zu den feinstofflichsten Bereichen des Seins führt.” Dadurch werden die drei Eigenschaften (siehe Sutra III-13) eines Objektes voll erkannt. So wird das Objekt voll verstanden und über die Gunas auch beherrschbar. Alle Objekte sind nämlich laut Yogalehre Erscheinungsformen der drei Gunas, auch das Bewusstsein des Menschen. Der Yogi diszipliniert sein Bewusstsein und kann über bzw. in Samyama die Gunas auch außerhalb seines Bewusstseins beeinflussen oder verändern. So erklären sich gemäß Yogalehre die Siddhis. 

Vibhutis, der andere Name für die Siddhis, bedeutet wörtlich weg (vi) von den Elementen (bhutas) und steht damit laut einiger Kommentatoren auch für die Abwendung von der Identifikation mit den materiellen Grundlagen unseres Lebens, yogisch: Prakriti. Hin zur Erkenntnis unserer wahren Natur: Purusha.

Die Sutras III-16 bis III-49  nennen die Objekte, auf die ein Yogi seine Samyama-Konzentration legen sollte, um besondere Kräfte zu entfalten. Iyengar betont jedoch, dass diese Siddhis sich erst bei weit fortgeschrittenen Yoga-SchülerInnen zeigen.

Ergänzend: Lange Pranayama-Praxis soll spontane Siddhis triggern können. Gerade Wechselatmung über Monate hinweg wird in manchen Berichten als „geistöffnend“ beschrieben – mit plötzlichen Hörerlebnissen oder Visionen.

Was ist Samyama?

Was ist Samyama?

Samyama besteht aus drei Stufen: Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein). Nur die erste Stufe von Samyama, die Konzentration auf ein Objekt, lässt sich willentlich steuern. Die darauf aufbauenden Geisteszustände Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) müssen sich laut der meisten Kommentatoren des Yogasutras von alleine einstellen und werden durch lang anhaltende Konzentration und Beseitigung der Geisteshindernisse erlangt. Feuerstein bezeichnet Samyama als 'Bündelung' von Konzentration, Meditation und Samadhi. Du findest Samyama ausführlicher in den ersten Sutras des dritten Kapitels des Yogasutra hier auf yoga-welten.de besprochen. Siehe vor allem:

Yoga Sutra III-4: Die drei (Dhahrana, Dhyana, Samadhi) zusammen auf ein Objekt oder einen Ort angewendet wird Samyama genannt

Zur Sutra


Yoga Sutra III-5: Aus der Meisterung von Samyama entsteht vollkommenes Wissen über das Wahrgenommene

Zur Sutra


Yoga Sutra III-6: Der Fortschritt im Samyama erfolgt in Stufen

Zur Sutra


Voraussetzungen und Umgang mit den Siddhis

Empfehlungen zu Voraussetzungen und zum Umgang mit den Siddhis

Viele Kommentatoren empfehlen, mit den Siddhis sehr bewusst umzugehen. Folgendes wird oft geraten:

Wer sich den Siddhis zuwendet, sollte die Yamas und Niyamas in seinem Leben verwirklicht haben. Diese sind:

Die Yamas – Selbstkontrolle

  • Ahimsa – Gewaltlosigkeit
  • Satya – Wahrhaftigkeit
  • Asteya – Nicht-Stehlen
  • Brahmacharya – Wandel in Brahma / Selbstbeherrschung / Enthaltsamkeit
  • Aparigraha – Nicht-Greifen, Verzicht auf Gier

Niyamas – Verhaltensregeln

  • Saucha – Reinheit
  • Santosha – Zufriedenheit
  • Tapas – Selbstzucht
  • Svadhyaya – Selbststudium (Studium)
  • Ishvarapranidhana – Verehrung des Göttlichen

Siehe dazu die Erläuterungen in "Yamas und Niyamas im täglichen Leben".

Siddhis sollten nicht zum Vergnügen, zur Selbsterhöhung oder anderen ungünstigen, egoistischen Zielen angewendet werden. Vielmehr zeigen die Siddhis (so Iyengar und andere), dass die Yogapraxis “richtig angelegt” sei.

Selbstverständlich sollte man Siddhis auch nicht dazu nutzen, um jemand anderen damit zu schaden.

Stattdessen wird eher ein “Nicht-Beachten” der Siddhis angeraten, wenn diese sich denn zeigen sollten. Iyengar schreibt, (S. 244), die Übungen bei Auftreten der Siddhis mit Glauben und Begeisterung weiterzuentwickeln, die Siddhis aber mit völligem Gleichmut zu betrachten.

Dem Yogi wird also geraten, sich nicht auf die Siddhis einzulassen, sich nicht von ihnen “mitreissen zu lassen”, um sie nicht für eigenen selbstsüchtige Bedürfnisse zu verwenden, woraus späteres Leiden folgen würde. Stattdessen solle er/sie weiter auf dem Pfad der Befreiung zu wandeln und die Siddhis eher als Prüfung ansehen, ob man nicht doch noch - trotz fortgeschrittener yogischer Entwicklung - den Verlockungen der Dualität und des Ego-Daseins nachgibt.

Swami Sivananda sagt über Siddhis:

„Yoga ist nicht dazu da, Siddhis, Kräfte, zu erlangen. Wenn ein Yogaschüler die Versuchung verspürt, Siddhis zu erlangen, wird sein weiterer Fortschritt ernsthaft verzögert. Er hat den Weg verloren. Ein Yogi, der darauf konzentriert ist, höchsten Samadhi zu erreichen, muss Siddhis zurückweisen, wo auch immer sie auftauchen. Siddhis sind Einladungen von Devatas. Nur wenn man diese Siddhis zurückweisen kann, kann man Erfolg im Yoga erlangen.“

Im tibetischen Buddhismus werden vergleichbare Fähigkeiten „Shes-rab“ genannt. Auch dort: klare Intuition, inneres Sehen, spontane Einsicht – aber nie als Ziel, sondern als Prüfstein für Demut.

Missverständnisse rund um Siddhis

Die Aussicht auf übernatürliche Kräfte fasziniert viele – und genau darin liegen einige häufige Missverständnisse begründet. Ein Irrglaube besteht darin, dass Yoga hauptsächlich dazu diene, solche Siddhis zu erlangen. Tatsächlich betont die Tradition jedoch, dass Siddhis eher Nebenprodukte auf dem spirituellen Weg sind, nicht sein Zweck. Patanjali selbst stellt im unmittelbar folgenden Sutra klar, dass diese Fähigkeiten für einen im Samadhi befindlichen Geist Upasarga – also Störungen oder Ablenkungen – darstellen, auch wenn sie in einem nach außen gewandten Bewusstseinszustand als außergewöhnliche Errungenschaften erscheinen mögen. Yogameister wie Vyasa und später Vivekananda haben daher immer wieder gemahnt, die Siddhis nicht zu überschätzen: Sie seien wie Blüten am Wegesrand – schön und bemerkenswert, aber man sollte nicht vom Weg abkommen, um nur noch Blumen zu pflücken.

Ein weiteres Missverständnis liegt darin, jede ungewöhnliche innere Wahrnehmung sofort für eine echte siddhische Fähigkeit zu halten. Insbesondere wenn Übende beginnen, sich intensiv mit Meditation zu beschäftigen, können imaginäre Bilder, Lichterscheinungen oder akustische Phänomene auftauchen. Die Yoga-Tradition fordert hier Viveka, das unterscheidende Erkenntnisvermögen: Handelt es sich wirklich um eine valide intuitive Einsicht (Pratibha) oder nur um eine Wunschprojektion des Geistes? Echte spirituelle Intuition wird traditionell durch bestimmte Qualitäten kenntlich gemacht – sie geht einher mit tiefer innerer Stille, Klarheit und Gewissheit, ohne Aufregung oder Ego-Stolz. Hingegen sind halluzinatorische Erlebnisse oder irrige „Eingebungen“ oft dramatisch, emotional aufgeladen oder selbstbezogen. Es ist ein bekanntes Risiko, dass ein Yogi, der sich zu früh auf Siddhis fokussiert, Opfer von Täuschungen werden kann. Beispielsweise könnte man glauben, die Gedanken anderer lesen zu können, während man in Wirklichkeit eigenen Fantasien nachhängt.

Schließlich gibt es das Missverständnis, Siddhis seien ein Zeichen von Erleuchtung oder spiritueller Vollendung. Historische Berichte zeigen jedoch, dass auch wenig ethische oder unreife Personen zeitweise paranormale Fähigkeiten aufweisen konnten – was nicht mit wahrer Heiligkeit gleichzusetzen ist. Im Yoga wird daher gelehrt, die Siddhis weder zu verteufeln noch zu vergötzen. Sie dürfen auftauchen, doch der richtige Umgang ist entscheidend: Ein reifer Yogi nimmt sie wahr, schenkt ihnen aber wenig Bedeutung und bleibt dem höheren Ziel, Kaivalya (der völligen Befreiung), verpflichtet. Missverständnisse klären sich letztlich durch Erfahrung und Anleitung: In der traditionellen Guru-Schüler-Beziehung wurden auftauchende Siddhi-Erlebnisse vertraulich besprochen, um sicherzustellen, dass der Schüler nicht in Fallen wie Egoismus oder Ablenkung tappt. So soll auch der moderne Übende verstehen, dass Wunder im Yoga-Kontext Prüfsteine der Haltung sind – sie verlangen nach noch mehr Demut, Vairagya und Konzentration auf den eigentlichen Weg.

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Zum Nabelchakra

Das Nabelchakra bzw. Nabelzentrum gilt im Yoga als energetischer Mittelpunkt des Körpers. Im Sanskrit wird es Nabhi-Chakra oder Manipuraka-Chakra genannt. Wörtlich heißt Manipura “Stadt der Juwelen” und hat seinen Sitz in der Wirbelsäule gegenüber dem Bauchnabel.

Es

  • korrespondiert mit dem Sonnengeflecht,
  • speichert Energie (Prana) und
  • steht auch für Hitze,
  • Vitalität und
  • Selbstbewusstsein.

Der gesamte Bereich um den Nabel wird Kandasthana (Kanda ist das Ei) genannt und gilt als Ursprung aller 72.000 Nadis, der Nerven in yogischer Terminologie. Laut Iyengar (S. 252) gilt in yogischer Lehre der Nabel als “das Zentrum des sympathischen Nervensystems”.

Siddhi: Kenntnis vom Körper

In den yogischen Schriften vom Körper ist vor allem von den Chakren (Energiezentren), den Engstellen (Knoten) und den Nadis (Energiebahnen) die Rede.

Iyengar lässt keinen Zweifel: Mit Samya auf das Nabelchakra “... lernt der Yogi den gesamten Körper und damit jede einzelne Zelle in vollkommener Weise kennen und wir dadurch Herr seines eigenen Körpers.” Nur ein weit entwickelt Yogi könne so die “feine Trennungslinie zwischen Körper und Bewusstsein” sowie zwischen diesem und der Seele erkennen und dadurch wirklich Herr über sich selbst werden.

Ähnlich Govindan (S. 127): “Wenn man bis zur totalen Verschmelzung (samyama) auf den Solarplexus oder das Nabelchakra … meditiert, kann man die feinstofflichen Strukturen des menschlichen Körpers erkennen.”

Sudadev rät allen Medizinern und HeilpraktikerInnen, sich zusätzlich zum Lehrstoff regelmäßig auf das Nabelzentrum zu konzentrieren. Dann würde ein “intuitives Verständnis für den Körper” entstehen. Man solle sich auch auf das Nabelchakra des Patienten konzentrieren, um so eventuell weitere Informationen zu dessen Krankheit zu erspüren.

An anderer Stelle sagt Sukadev, dass die tägliche Übung der Konzentration auf die Nabelgegend dazu führe, dass Instinkte erwachen und du intuitiv spürst, was du gerade brauchst.

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Wie genau auf das Nabelzentrum meditieren – Samyama auf das Nabelzentrum?

Voraussetzungen und Vorbereitungen für Samyama und Siddhis

Voraussetzungen für Samyama und Siddhis

Um Samyama – die kombinierte Praxis von Konzentration, Meditation und Versenkung – erfolgreich üben zu können, müssen bestimmte psychologische und spirituelle Voraussetzungen erfüllt sein. Einig sind sich die traditionellen wie modernen Lehrer, dass der Geist des Übenden ausreichend gereinigt und gesammelt sein muss. Das bedeutet: innere Stabilität, relative Gedankenstille und Freiheit von starken emotionalen Aufwallungen als Grundlage. Es bedarf eines Maßes an Konzentrationskraft, Achtsamkeit und Gelassenheit gegenüber Sinnesreizen, damit die Aufmerksamkeit vollständig nach innen gelenkt werden kann. Besonders hervorgehoben wird die Haltung der Nicht-Verhaftung (Vairagya): Der Yogi soll nicht mehr an gewöhnlichen Sinnesfreuden oder Erfolgserlebnissen hängen, sondern eine innere Unabhängigkeit davon kultiviert haben.

Darüber hinaus betont der yogische Weg, dass die grundlegenden Stufen des Achtgliedrigen Pfades gefestigt sein sollen, bevor man sich höheren Techniken wie Samyama widmet. Konkret bedeutet dies: Yama und Niyama – die ethischen Prinzipien und Selbstdisziplinen – sollten im Leben des Übenden verankert sein, um mentale Unruhe und konflikthafte Begierden zu minimieren. Die Praxis von Asana (Körperübungen) und Pranayama (Atemlenkung) baut Spannungen und Rastlosigkeit ab und stabilisiert Körper und Nerven, was indirekt dem Geist zugutekommt. Pratyahara, das systematische Zurückziehen der Sinne, ist ebenfalls eine entscheidende Vorstufe: Erst wenn die Aufmerksamkeit nicht mehr unwillkürlich von äußeren Eindrücken gesteuert wird, kann echte Konzentration nach innen entstehen. Diese Vorarbeiten schaffen den Nährboden, auf dem Samyama gedeihen kann. Ein Yogi, der Schritt für Schritt diesen Pfad gegangen ist, entwickelt die geistige Stärke und Reinheit, die nötig sind, um tiefe Versenkung zu erreichen – und in deren Folge können Siddhis überhaupt erst auftauchen.

Die Rolle von Entsagung und Ethik (Vairagya, Yama, Niyama)

Entsagung/Nichtanhaftung im Yoga, auf Sanskrit Vairagya, und die ethischen Richtlinien Yama und Niyama gehören zu den fundamentalsten Anforderungen, insbesondere wenn es um den Umgang mit Siddhis geht. Vairagya bedeutet ein inneres Losgelöstsein: der Übende übt sich darin, Verlangen und Anhaftungen aufzugeben – seien es sinnliche Genüsse, materielle Güter oder auch das Streben nach außergewöhnlichen Fähigkeiten. So kann der Yogi in die Tiefe von Samyama gelangen.

Die Geisteshaltung von Vairagya ist auch hilfreich dabei, dass aufkommende Siddhis den Yogi nicht verführen. Nur wer in Gleichmut gegenüber allen Phänomenen bleibt, kann übernatürliche Wahrnehmungen haben, ohne vom eigentlichen Pfad abzukommen. Patanjali nennt Vairagya nicht umsonst bereits im ersten Kapitel als Schlüssel zur geistigen Stille: Das fortwährende Loslassen verhindert, dass der Geist neue Wellen von Begierde und Ego-Stolz bildet.

Ergänzend dazu bilden Yama und Niyama das moralische Fundament. Die fünf Yamas – etwa Gewaltlosigkeit (Ahimsa), Wahrhaftigkeit (Satya) oder Nicht-Gier (Aparigraha) – und die fünf Niyamas – etwa Reinheit (Shaucha) und Selbststudium (Svadhyaya) – sorgen dafür, dass der Charakter und Lebenswandel des Yogis ethisch ausgerichtet sind. Warum ist das so wichtig in Bezug auf Siddhis? Zum einen reinigt moralisches Verhalten das Herz und mindert egoistische Tendenzen, was die Wahrscheinlichkeit von Missbrauch oder falscher Identifikation mit Kräften reduziert. Zum anderen stabilisieren Yama und Niyama den Geist: Ein Gewissen, das frei von Schuld und Zwiespalt ist, kommt leichter zur Ruhe. Traditionell heißt es, dass Siddhis nur einem Yogi dauerhaft und gefahrlos zufallen, der Tugend und Selbstbeherrschung verkörpert. Andernfalls können Machtgefühle, Hochmut oder unethische Versuchungen die Folge sein. Daher lehren die Yogameister, dass jede Erweiterung der Fähigkeiten mit entsprechender Demut und Verantwortungsbewusstsein einhergehen muss – Qualitäten, die durch die Befolgung von Yama und Niyama kultiviert werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Vairagya und die ethische Praxis sind Förderer und Schutzmechanismus auf dem Weg zur höheren Erkenntnis. Sie erleichtern das Eindringen in lang anhaltende innere Stille bei voller Bewusstheit und bewahren den Übenden davor, die Richtung zu verlieren, wenn Siddhis auftauchen. Ein Yogi, der Entsagung übt und ethisch gefestigt ist, wird die verfeinerten Sinneswahrnehmungen zwar registrieren, aber weder missbrauchen noch für wichtiger halten als das letztendliche Ziel – die Erkenntnis des wahren Selbst (Purusha) und die Befreiung.

Vorbereitende Techniken für Samyama und verfeinerte Wahrnehmung

Um den Geist auf Samyama und mögliche subtile Wahrnehmungen vorzubereiten, empfehlen Yogalehrer seit jeher verschiedene unterstützende Techniken. Insbesondere folgende Ansätze haben sich als hilfreich erwiesen:

  • Yama und Niyama hatten wir schon, empfohlen wird auch eine stabile und bequeme Sitzhaltung (Asana).
  • Pratyahara (Zurückziehen der Sinne): In dieser fünften Stufe des Raja Yoga lernt der Übende, die Aufmerksamkeit von äußeren Sinnesobjekten abzuziehen. Praktisch wird Pratyahara z.B. geübt, indem man sich in Entspannung auf innere Wahrnehmungen konzentriert und äußere Reize ausblendet – etwa durch Augen schließen, in Stille sitzen oder Visualisierungen. Dadurch werden die Sinne „nach innen gezogen“. Ein trainiertes Pratyahara ist die Voraussetzung dafür, dass in Samyama die verfeinerten, inneren Sinneswahrnehmungen auftauchen können. Erst wenn die gewöhnlichen Sinnesreize an Macht verlieren, entsteht Raum für das subtile innere Hören, Sehen etc.
  • Pranayama (Atemkontrolle): Gezielte Atemübungen beruhigen das Nervensystem und sammeln den Geist. Durch Regulierung (Patanjali nennt Verlängerung und Verfeinerung) des Atems – etwa mittels tiefer Bauchatmung, Wechselatmung (Nadi Shodhana) oder einfach nur der Verlängerung der Ausatmung – wird der Geist fokussiert und der Energiefluss harmonisiert. Patanjali selbst führt Pranayama als wichtige Vorstufe zu Dharana (Konzentration) an. Ein gleichmäßiger, feiner Atem fördert eine introvertierte Aufmerksamkeit und kann latente Energien (Prana) wecken. Insbesondere fortgeschrittene Pranayamas, die mit Konzentration auf Energiezentren (Chakras) verbunden sind, schulen die Wahrnehmung des inneren Raums. Dadurch wird der Yogi empfänglicher für subtile Empfindungen – eine essenzielle Vorbereitung, um in tiefere Meditation vorzudringen, wo sich Siddhis zeigen könnten.
  • Optional: Yoga Nidra (Yogischer Tiefenentspannungszustand): Yoga Nidra ist eine geführte Meditation, die den Körper in vollständige Entspannung versetzt, während der Geist hellwach bleibt. In diesem Schwebezustand zwischen Wachen und Schlaf treten Gehirnwellen auf, die für Aufnahmefähigkeit und Intuition förderlich sind. Die Praxis von Yoga Nidra hilft, unbewusste Verspannungen und mentale Blockaden abzubauen. Sie schult außerdem die Fähigkeit, bewusst ins Unterbewusstsein hineinzulauschen, ohne einzuschlafen. Diese Fertigkeit – entspannt und zugleich aufmerksam nach innen zu schauen – ist eine direkte Vorbereitung auf Samyama. Ein Yogi, der Yoga Nidra meistert, kann seine Aufmerksamkeit lange nach innen richten, was die Kontinuität von Dharana/Dhyana fördert. Zugleich fördert Yoga Nidra einen Zeuge-Geist („Sakshi-Bhava“), der Phänomene beobachten kann, ohne sich damit zu identifizieren – hilfreich, um etwaige Siddhi-Erfahrungen nüchtern zu betrachten. Hier findest du die konkrete Übungsanleitung.
  • Optional: Japa (Mantra-Wiederholung): Die Rezitation oder mentale Wiederholung eines Mantras gilt als eine der wirkungsvollsten Konzentrationshilfen. Durch Japa wird der rastlose Geist schrittweise beruhigt und auf einen Klang oder eine heilige Silbe ausgerichtet. Das kontinuierliche Wiederholen – ob laut, leise oder innerlich – bündelt die Gedankenströme und führt zu tiefer Meditation. In vielen Yoga-Traditionen heißt es, ein Mantra reinige den Geist und öffne das Herz. Praktisch bewirkt Japa, dass störende Gedanken in den Hintergrund treten und eine spirituelle Schwingung den Vordergrund einnimmt. Dies bereitet auf Samyama vor, indem das Mantra wie ein Anker für Dharana dient und nahtlos in Dhyana übergehen kann. Zudem kann intensives Mantra-Japa dazu führen, dass der Übende das Mantra schließlich innerlich „hört“, ohne aktives Tun – eine Form von subtiler Wahrnehmung, die als Siddhi betrachtet werden könnte (z.B. Nada-Anubhava, das innere Klang-Erlebnis). Selbst wenn solche Phänomene nicht explizit gesucht werden, stärkt Japa in jedem Fall die Konzentration, Hingabe und Vairagya. Diese Qualitäten schützen und begleiten den Yogi, falls sich verfeinerte Sinneswahrnehmungen einstellen.

Zusammengefasst dienen Pratyahara, Pranayama, Yoga Nidra und Japa als (nicht unbedingt notwendige aber) hilfreiche Bausteine in der Vorbereitung auf Samyama. Sie entwickeln die nötige geistige Disziplin, Sammlung und Reinheit, um die im Yoga-Sutra beschriebenen Fähigkeiten zu ermöglichen (garantieren aber deren Auftreten nicht). Gleichzeitig fördern sie die Haltung von Losgelöstheit und innerer Ruhe, sodass der Yogi bereit ist, Siddhis weder zu erzwingen noch zu fürchten, sondern sie im richtigen Geist zu integrieren. Jede dieser Techniken ist für sich schon eine wertvolle Übung; im Zusammenspiel ebnen sie den Weg zu den tieferen Erfahrungen des Yoga – bis hin zur Pratibha, dem aufblitzenden inneren Wissen, und darüber hinaus zum endgültigen Ziel des Yoga, der Verwirklichung des Selbst.

🌀 Samyama-Reife-Check

Samyama – die Kombination aus Konzentration, Meditation und tiefer Versenkung – ist eine hochentwickelte Praxis im Yoga. Doch ist sie für jeden und zu jeder Zeit sinnvoll? Mit diesem kurzen Selbsttest kannst du einschätzen, ob dein Geist bereit ist, sich auf diese subtile Form des inneren Forschens einzulassen.

So geht's: Beantworte die Fragen ehrlich und spontan. Am Ende erhältst du eine Einschätzung und eine Empfehlung für deinen nächsten Schritt.

1. Wie leicht fällt es dir, Gedanken im Geist kommen und gehen zu lassen, ohne ihnen zu folgen?





2. Wie sieht deine Meditationspraxis aktuell aus?





3. Wie reagierst du auf innere Unruhe oder Reizüberflutung?





4. Kannst du dich länger auf ein inneres Objekt (z. B. Atem, Mantra, Lichtpunkt) konzentrieren?





5. Wie gehst du mit spirituellen Erfahrungen um?





6. Hast du das Gefühl, dass deine spirituelle Praxis dich transformiert?





7. Wie reagierst du auf Stille?





Interaktive Zeitleiste: Pfad zu Samyama und den Siddhis

Diese Zeitleiste zeigt dir die Stufen des Yogawegs, die nötig sind, um in den Zustand von Samyama zu kommen – und wie daraus Siddhis (verfeinerte Sinneswahrnehmungen) spontan entstehen können.

🪷 Yama & Niyama

Ethische Grundlagen & Selbstdisziplin: z. B. Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Reinheit. Sie bereiten deinen Geist auf Tiefe und Klarheit vor.

🧘 Asana

Stabiler, bequemer Sitz. Der Körper wird still, der Atem ruhig – beides ist nötig für längere innere Versenkung.

🌬️ Pranayama

Atemkontrolle als Brücke zur inneren Wahrnehmung, Pantanjali empfiehlt, Ausatmung und Einatmung und Anhalten zu verlängern und zu verfeinern. Dieses Pranayama beruhigt das Nervensystem und bereitet den Geist auf Fokus vor.

👁️ Pratyahara

Zurückziehen der Sinne. Der Blick geht nach innen. Die Außenwelt verliert an Bedeutung. Jetzt beginnt echte Sammlung.

🎯 Dharana

Konzentration auf ein Objekt (z. B. Licht, Atem, Mantra). Der Geist bleibt bei einem Punkt – erste Form von Meditation.

🧘‍♀️ Dhyana

Meditation. Der Fokus wird fließend, mühelos. Es gibt keine Unterbrechungen mehr – reines Verweilen im Beobachteten.

🌌 Samadhi

Verschmelzen mit dem Objekt. Kein „Ich meditiere“ mehr – nur noch reines Sein. Dies ist der Eingang in tiefe Einsicht.

✨ Übergang zu Samyama

Wenn Dharana, Dhyana und Samadhi auf dasselbe Objekt gerichtet sind – ohne Unterbrechung –, kann daraus Samyama entstehen. Dann ist der Geist hochfokussiert, durchlässig und empfänglich für tiefe, intuitive Erkenntnis.

🌟 Was entsteht daraus?

Spontan kann es geschehen, dass sich ein Siddhi zeigt, du z. B. feiner hörst, spürst, siehst – nicht mit den Sinnen, sondern von innen heraus. Denke immer daran: Siddhis sind kein Ziel, aber ein möglicher Meilenstein auf deinem Weg.

Samyama, der Dreiklang aus Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) auf ein Meditationsobjekt ist das Mittel der Wahl für den Yogi, um die in Kapitel III des Yogasutra besprochenen Siddhis auszuüben. In diesem Fall ist das Nabelzentrum im Bauchraum das Objekt der Konzentration/Meditation.

Üblicherweise gelingt tiefe Versenkung bei voller Bewusstheit am besten mit tiefer Meditation. Es soll auch mit Yoga Nidra funktionieren, wenn du die darin enthaltenen Schritte mit Konzentration ohne einzuschlafen durchführen kannst. Zu beiden Techniken findest du Anleitung (& Downloads) auf Yoga-Welten.de:

Beitrag: Meditation lernen

Meditation lernen

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Meditation lernen – die grundlegende Anleitung aus dem Buddhismus

Der Begriff Meditation hat viele Facetten. Das Spektrum reicht vom Nachsinnen über ein Thema (vornehmliche Betrachtungsweise der Philosophen) bis zur völligen Gedankenstille. Im Folgenden findest du eine konkrete Anleitung der Schritte, welcher der Buddha himself seinen Schülern zum Lernen einer tiefen Meditation gegeben hat. Sicherlich nicht die schlechteste Herangehensweise, wenn du persönliche Entwicklung oder gar Erleuchtung zum Ziel deiner Meditationsreise auserkoren hast.

Am Ende findest du eine Merkkarte zum Ausdruck – z. B. für das Portemonnaie.

Hier weiterlesen: Meditation lernen

Beitrag: Yoga Nidra

Yoga Nidra

Einzelner Baum im Feld, tiefe Wolken

Yoga Nidra | Anleitung, MP3, Text und Variationen

Willkommen zu der Entspannungstechnik des Yogas: Yoga Nidra. Die yogische Tiefenentspannung, auch "yogischer Schlaf" genannt, ist eine Tiefenentspannungsübung der tantrischen Yoga-Lehre. Ihr Ursprung liegt in weit entfernten Zeiten.

Yoga Nidra führt in tiefe Entspannungszustände, die mit einiger Übung bei vollem Bewusstsein erfahren werden können. Zusätzlich besteht über einen sogenannten Sankalpa die Möglichkeit, Persönlichkeitsentwicklung tief ins Unbewusste einzuprägen.

Hier findest du Yoga Nidra erläutert und dazu eine einfache Anleitung, einen Gratis-MP3-Download, den Text zum Ausdrucken und viele Varianten für fortgeschrittenes Üben, auch als Videos.

Hier weiterlesen: Yoga Nidra

Vorstufe Bauchatmung

Auch bei der bewussten Bauchatmung, bei der die Bewegungen der Bauchdecke nachgespürt werden, wird dieses intuitive Verständnis der eigenen Körpervorgänge gefördert. Sukadev rät, sich bei jeder Atemübung immer mal wieder auf den Bauch zu konzentrieren. Er sagt sogar, dass bewusste, tiefe und gleichmäßige Bauchatmung einer Psychohygiene gleichkäme. Und wenn man bewusst mit dem Bauch atmet, würden viele schlechte Eigenschaften von selbst verschwinden. Man würde sich mehr bewegen, nicht mehr rauchen etc.

Hier findet sich auch einer der Gründe, warum Asanas klassischerweise ruhig und bewegungslos gehalten werden, verbunden mit dem Hineinspüren in die jeweils behandelten/gestreckten Körperbereiche. Zusätzlich zur physischen Übungswirkung kommt dann ein Verständnisgewinn über den Körper bzw. die jeweiligen Körperpartien hinzu.

Du kannst mit der Bauchatmung die Praxis von Samyama auf das Nabelzentrum (Sutra III.30) recht einfach und effektiv in deinen Alltag integrieren. Es geht dabei nicht darum, sofort tiefe spirituelle Zustände zu erreichen, sondern darum, ein besseres Körperbewusstsein und eine feinere Wahrnehmung für deine körperlichen und emotionalen Vorgänge zu entwickeln. Hier sind einige konkrete Beispiele, wie du das Nabelchakra bewusst in deinen Alltag einbauen kannst:

  • Bewusste Atempausen zwischendurch
    Nimm dir mehrmals täglich eine kurze Pause von etwa zwei bis drei Minuten. Setze oder stelle dich aufrecht hin und atme bewusst tief in den Bauch hinein. Richte dabei deine volle Aufmerksamkeit auf die Region rund um deinen Nabel. Spüre, wie sich deine Bauchdecke beim Einatmen hebt und beim Ausatmen wieder senkt. Diese Übung stärkt deine Verbindung zu deinem Körper und beruhigt gleichzeitig dein Nervensystem. So fühlst du dich nach kurzer Zeit zentrierter und ausgeglichener.
  • Während stressiger Situationen
    Wann immer du im Alltag in stressige Situationen gerätst – sei es im Berufsleben oder privat –, kannst du bewusst einen kurzen Moment innehalten und deine Aufmerksamkeit gezielt auf deinen Nabelbereich lenken. Stell dir vor, wie du von dort aus Stabilität und Kraft schöpfst. Schon wenige bewusste Atemzüge reichen oft, um Stressgefühle zu reduzieren und deinen Geist wieder klarer werden zu lassen.
  • Vor wichtigen Entscheidungen
    Steht eine wichtige Entscheidung an, versuche, die Aufmerksamkeit bewusst auf dein Nabelzentrum zu richten. Atme ruhig und versuche, innerlich zu erspüren, welche Entscheidung für dich stimmig ist. Das stärkt dein Bauchgefühl und unterstützt dich dabei, intuitiv die richtige Wahl zu treffen. Je häufiger du diese Übung machst, desto leichter wird es dir fallen, authentische Entscheidungen zu treffen, die wirklich zu dir passen.
  • Als Teil deiner Yogapraxis
    Wenn du regelmäßig Yoga praktizierst, kannst du bewusst Asanas (Körperhaltungen) wählen, die dein Nabelchakra aktivieren. Besonders Übungen wie der „Krieger“, die „Bootshaltung“ oder einfache sitzende Vorbeugen, bei denen du bewusst deinen Atem in den Bauchraum lenkst, helfen dabei, dein Nabelzentrum energetisch zu stärken. Verweile bewusst in diesen Haltungen und versuche wahrzunehmen, wie sich deine Bauchregion und dein Energiefluss verändern.
  • Während des Essens
    Auch deine Mahlzeiten kannst du nutzen, um dich mit deinem Nabelchakra zu verbinden. Bevor du isst, nimm dir einen Moment Zeit und atme bewusst tief in den Bauch. Das hilft dir nicht nur, langsamer und achtsamer zu essen, sondern aktiviert auch deine Verdauungskräfte. Mit etwas Übung wirst du feststellen, dass du intuitiver spürst, welche Nahrungsmittel dir wirklich guttun und wie viel du tatsächlich brauchst.

🧘‍♀️ Kommentar von Vyasa zu Sutra 3.30

Erläuterungen zu Vyasa

Vyasa war ein indischer Philosoph des 5. bzw. 6. Jahrhunderts nach Christi, der den ältesten überlieferten Kommentar zum Yogasutra des Patanjali schrieb. Der Text wird Yogabhashya (wörtlich "Kommentar (Bhashya) zur Yogaphilosophie") genannt und um 600 nach Christi datiert. Vyasas Kommentare zu den Sutras sind oftmals recht kurz.

Ohne Vyasas Kommentar wären viele Sutras heute fast unverständlich. Manche Gelehrte sagen, der Text ist erst durch den Kommentar wirklich „lesbar“.

Vyāsa war vielleicht/wahrscheinlich kein einzelner Autor, sondern ein Titel, der mehrere Kommentatoren der indischen Tradition umfasst. Die Stimme, die wir im Yogasutra-Kommentar hören, ist also vielleicht ein Chor.

Vyasas Yogabhashya wurde im 8./9. Jh. von Shankara (788–820 n. Chr, indischer Gelehrter, Vedanta-Philosoph, Begründer der Advaitavedānta-Tradition) kommentiert. Sein Kommentar nennt sich Yogabhashyavivarana, Vivarana ist ein Unterkommentar.

Auch Vachaspati Mishra hat einen frühen, berühmten Kommentar zum Yogasutra geschrieben. (Meine Quellen für diese Kommentare waren unterschiedliche Bücher und Webseiten, zum Beispiel Legget (siehe Literatur) und wisdomlib.org/hinduism/book/yoga-sutras-with-commentaries/). Ich gebe hier diese Kommentare in für mich relevanten Auszügen in Worten wieder, die für mich den Sinn in heutigen Worten am besten wiedergeben. Dies ist explizit kein Bemühen, die Originalkommentare wortgetreu wiederzugeben. Fehlinterpretationen sind natürlich in meiner Verantwortung.

Du siehst etwas anders, hast einen Fehler gefunden oder möchtest etwas ergänzen? Bitte schreibe dies unten bei "Ergänzungen von dir".

Die Kommentare von Vyasa, Mishra und Shankara sind oft wörtlich übersetzt worden, zum Beispiel bei den oben angegebenen Quellen.

Vyasa, einer der wichtigsten Kommentatoren des Yoga Sutra, beschreibt ebenfalls in seinem Kommentar zur entsprechenden Passage, wie durch Samyama auf das Nabelgeflecht (Manipura Chakra) tiefes Wissen über den menschlichen Körper erlangt werden kann. Seine Ausführungen gehen über eine rein symbolische Deutung hinaus und greifen auf das medizinisch-philosophische Weltbild seiner Zeit zurück.

Vyasa beschreibt hierbei eine traditionelle Sichtweise des Körpers aus der Perspektive von Yoga und Ayurveda. Er teilt den Körper in zwei wesentliche Kategorien ein:

🔸 Die drei grundlegenden Körpersäfte (Doshas):

  1. Gas (Vata) – verantwortlich für Bewegung und Dynamik im Körper.
  2. Galle (Pitta) – verantwortlich für Transformation, Verdauung und Stoffwechsel.
  3. Schleim (Kapha) – sorgt für Stabilität, Festigkeit und Befeuchtung der Gewebe.

Diese drei Doshas bilden aus ayurvedischer Sicht die Basis sämtlicher Körperprozesse und beeinflussen unsere körperliche sowie psychische Balance.

🔸 Die sieben Körpersubstanzen (Dhatus):

Vyasa führt außerdem sieben essenzielle Bestandteile auf, aus denen der physische Körper aufgebaut ist:

  1. Haut (Rasa) – äußerste Schutzschicht und erste Berührung mit der Umwelt.
  2. Blut (Rakta) – versorgt den Körper mit Nährstoffen und Sauerstoff.
  3. Muskeln (Mamsa) – ermöglichen Bewegung und Kraft.
  4. Sehnen (Meda) – verbinden Muskeln mit Knochen und sorgen für Stabilität.
  5. Knochen (Asthi) – geben dem Körper Form und Festigkeit.
  6. Fettgewebe (Majja) – schützt Organe, speichert Energie.
  7. Samen oder Fortpflanzungssubstanz (Shukra) – essenziell für die Fortpflanzung und Vitalität.

Vyasa weist hier ausdrücklich darauf hin, dass diese sieben Substanzen in einer aufeinanderfolgenden Reihenfolge angeordnet sind, wobei jede vorherige Schicht eine äußere, und jede nachfolgende Schicht eine tiefere, innere Ebene repräsentiert. Mit zunehmender Tiefe steigt die Feinheit und Vitalität dieser Substanzen.

Übungsvorschlag zu Sutra III-30

Widme dich in der kommenden Woche täglich der Konzentration auf dein Nabelzentrum. Sei es als eigenständige Meditation, in Form bewusster Bauchatmung, beim Hatha-Yoga, bei Chi-Gong-Übungen oder sogar in deiner täglichen Arzt-/Heilpraktiker-Praxis.

Meine Erkenntnisse/Erfahrungen bei/mit dieser Übung

... oder kannst du eine andere Übung zum besseren Verständnis bzw. zum Erfahren dieser Sutra ergänzen?

 

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Siehe auch folgende Sutras

Siehe auch Sutra III.41 als eine weitere Entwicklung dieses Prozesses.

Yoga Sutra III-41: Durch Beherrschung von Samana (verbindender Atem/Prana) erlangt der Yogi inneres Feuer

Hier weiterlesen


Siehe in diesem Zusammenhang auch III.21:

Yoga Sutra III-21: Durch Samyama auf die Form des eigenen Körpers, kann ein Auge dessen Licht nicht mehr wahrnehmen; so entsteht die Kraft, unsichtbar zu werden

Hier weiterlesen


Dies bezieht sich laut den Kommentaren "auf die Fähigkeit des Yogi-Adepten, in die Juwelenstadt seines Energiekörpers einzutreten und seine inneren Energiekörperbestandteile neu zu ordnen, so dass sich die physischen Bestandteile zu neuen, spezifizierten, veränderten, gemusterten Formationen neu ausrichten werden”.

Ergänzungen und Fragen von dir zur Sutra

Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?

Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:

 

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Videos zu Sutra III-30

Anvita Dixit zur Meditation über das Nabelzentrum (bei ihr Sutra III-29)

Länge: 8 Minuten

Youtube-Video

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Video von Ahnand Krishna zur Sutra

Kräfte von Samyama: Asha Nayaswami zu Sutra 3:28-36

Länge: 73 Minuten

Youtube-Video

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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