Shabdârtha-pratyayânâm itaretarâdhyâsât samkaras tat-pravibhâga-samyamât sarva-bhûta-ruta-jnânam
शब्दार्थप्रत्ययामामितरेतराध्यासात्संकरः तत्प्रविभागसंयमात् सर्वभूतरुतज्ञानम्
Alle Sprachen sprechen, alle Tiere verstehen – wer würde nicht gerne diese Fähigkeit haben? Patanjali schreibt, dass der Yogi Samyama auf die verschiedenen Bedeutungsebenen des Gehörten legen solle, diese Ebenen klar voneinander trennen möge und so alles von Mensch oder Tier Geäußerte verstehen könne. In den Kommentaren zu dieser Sutra finden wir Ansätze, wie wir im Alltag dieses Siddhi üben können.
1. Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits
Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:
- Shabda, śabda = Wort; Ton; Benennung; Klang; Geräusch; verbal; Klangschwingung; Silbenfolge; Laut;
- Artha = Objekt (das dieses Wort beschreibt); Sache; Bedeutung; Zweck; Grund; Sinn;
- Pratyayanam, pratyayânâm, pratyayāna = Gedanke; Erfahrung; Verstandesinhalt; Vorstellung; Intention;
- Itara = das eine;
- Itaretara, itaretarā = das eine und das andere;
- Adhyasa, adhyāsa, adhyasat = basieren aufeinander; Überlagerung; Verschiebung; Verschränkung; gegenseitige Besetzung;
- Itaretara-Dhyasat, itaretarâ-dhyâsât = infolge (aufgrund) des Aufeinanderliegens;
- Samkara, saṁkara = Vermischung; Verwirrung; verwoben mit; Vermengung;
- Tat = von ihnen; dann;
- Pravihaga, pravibhâga, pravibhāga = Trennung; Auflösung; Teilung; Unterscheidung;
- Samyama, samyamah, saṁyamā = Ausdruck für die Triade Dharana, Dhyana und Samadhi; Selbstbeherrschung; Abfolge von Dharana, Dhyana und Samadi;
- Samyamat, samyamât = durch Ausführung von Samyama über; durch das Eins-werden mit;
- Sarva = alle; alles; all;
- Bhuta, bhûta = Lebewesen;
- Ruta = Ton; Klang; Sprache; Gebrüll; Kommunikation; akustische Äußerung; Heulen; Geräusch;
- Jnana, jñāna, jnânam = Wissen; Verständnis; Erkenntnis; Wissen;
Zu den Quellen
Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:
Bücher
- Mircea Eliade: Yoga – Unsterblichkeit und Freiheit
- Iyengar: Der Urquell des Yoga
- Deshpande/Bäumer: Die Wurzeln des Yoga
- Geraldine Coster: Yoga und Tiefenpsychologie
- R. Sriram: Von der Erkenntnis zur Befreiung – Das YogaSutra
- Govindan: Die Kriya Yoga Sutras des Patanjali
- Mallinson/Singleton: Roots of Yoga
- R. Palm: Der Yogaleitfaden des Patañjali
- T.K.V. Desikachar: Über Freiheit und Meditation | Das Yoga Sutra von Patanajali
- Feuerstein, Georg: Die Yoga Tradition (Amazon)
- Skuban, Ralph: Patanjalis Yogasutra (Amazon)
- Sri Swami Satchidananda: The Yoga Sutras of Patanjali (Amazon)
- Trevor Leggett: The complete Commentary by Sankara on the Yoga-Sutras* (Amazon)
Internetseiten
- Internet-Übersetzung des Yogasutras auf Yoga-Vidya.de
- Zu den Sutras auf ashtangayoga.info
- Zu den Sutras auf 12koerebe.de
- Zu den Sutras auf vedanta-yoga.de
- Openland.de (mittlerweile offline)
- Zu www.bodhi.sofiatopia.org (buddhistische Kommentare zum Yogasutra nur noch als Buch)
- sanskrit-sanscrito.com (Sutras anscheinend entfernt)
- Zur Übersetzung von Chip Hartranft (PDF)
- Die Übersetzung von Hariharananda Aranya, I. K. Taimni, Vasa Houston, Barbara Miller, Swami Satchidananda, Swami Prabhavananda, Swami Vivekananda finden sich auf dieser Seite.
- Übersetzung von James Haughton Woods
- Rainbowbody.com (ausführliche und eigene Kommentierung)
- Wisdom Library
Dein Übersetzungsvorschlag
Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.
Hast du einen eigenen Übersetzungsvorschlag?
Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)
3. Einordnung dieser Sutra im Yogasutra
Samyama ist die Schlüsselübung im dritten Kapitel des Yogasutra zum Erreichen der geistigen Kräfte. In den Sutras III-1 bis III-7 erläutert Patanjali zunächst, was Samyama ist: die Kombination aus Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein). In Sutra III-8 erläutert Patanjali, dass der Yogi zur Erlangung der Erleuchtung über Samyama hinausgehen muss.
In den Sutras III-9 bis III-15 erläutert Patanjali, welche Wandlung der Geist (Chitta) vollziehen muss, um Samyama bis zur Perfektion ausüben zu können. Aufeinander aufbauend sind das die Stadien Nirodha-Parinama (Wandel durch Sammlung, einfache Konzentration), Samadhi-Parinama (Wandlung durch länger andauernde Konzentration) und Ekagrata-Parinama (Wandel/Transformation durch vollkommene Versenkung auf einen Punkt/ein Thema). Der notwendige Wandel des Geistes erfolgt nach und nach, ist keine sprunghafte Entwicklung.
In den Sutras III-16 bis III-49 macht Patanjali eine ganze Reihe von Vorschlägen, worauf man Samyama lenken könnte und welche Folgen (Siddhis) sich jeweils daraus ergeben.
Diese Sutra beschreibt, wie der Yogi die Sprachen aller Lebewesen verstehen kann.
Besondere Kräfte (Siddhis) mit Samyama erlangen
Besondere Kräfte (Siddhis) mit Samyama erlangen
Patanjalis Anleitungen zur Erlangung der Siddhis lauten generell, dass der Praktizierende Samyama gezielt auf ein Meditationsobjekt anwendet. Samyama ist die Verbindung aus anhaltender Konzentration, Meditation und schlussendlich Samadhi (Überbewusstsein) auf ein Objekt der Meditation. Skuban sieht den Vorgang von Samyama als “mentales Eindringen in ein Objekt, das den Übenden schließlich zu den feinstofflichsten Bereichen des Seins führt.” Dadurch werden die drei Eigenschaften (siehe Sutra III-13) eines Objektes voll erkannt. So wird das Objekt voll verstanden und über die Gunas auch beherrschbar. Alle Objekte sind nämlich laut Yogalehre Erscheinungsformen der drei Gunas, auch das Bewusstsein des Menschen. Der Yogi diszipliniert sein Bewusstsein und kann über bzw. in Samyama die Gunas auch außerhalb seines Bewusstseins beeinflussen oder verändern. So erklären sich gemäß Yogalehre die Siddhis.
Vibhutis, der andere Name für die Siddhis, bedeutet wörtlich weg (vi) von den Elementen (bhutas) und steht damit laut einiger Kommentatoren auch für die Abwendung von der Identifikation mit den materiellen Grundlagen unseres Lebens, yogisch: Prakriti. Hin zur Erkenntnis unserer wahren Natur: Purusha.
Die Sutras III-16 bis III-49 nennen die Objekte, auf die ein Yogi seine Samyama-Konzentration legen sollte, um besondere Kräfte zu entfalten. Iyengar betont jedoch, dass diese Siddhis sich erst bei weit fortgeschrittenen Yoga-SchülerInnen zeigen.
Was ist Samyama?
Was ist Samyama?
Samyama besteht aus drei Stufen: Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein). Nur die erste Stufe von Samyama, die Konzentration auf ein Objekt, lässt sich willentlich steuern. Die darauf aufbauenden Geisteszustände Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) müssen sich laut der meisten Kommentatoren des Yogasutras von alleine einstellen und werden durch lang anhaltende Konzentration und Beseitigung der Geisteshindernisse erlangt. Feuerstein bezeichnet Samyama als 'Bündelung' von Konzentration, Meditation und Samadhi. Du findest Samyama ausführlicher in den ersten Sutras des dritten Kapitels des Yogasutra hier auf yoga-welten.de besprochen. Siehe vor allem:
Yoga Sutra III-4: Die drei (Dhahrana, Dhyana, Samadhi) zusammen auf ein Objekt oder einen Ort angewendet wird Samyama genannt
Yoga Sutra III-5: Aus der Meisterung von Samyama entsteht vollkommenes Wissen über das Wahrgenommene
Yoga Sutra III-6: Der Fortschritt im Samyama erfolgt in Stufen
Voraussetzungen und Umgang mit den Siddhis
Empfehlungen zu Voraussetzungen und zum Umgang mit den Siddhis
Viele Kommentatoren empfehlen, mit den Siddhis sehr bewusst umzugehen. Folgendes wird oft geraten:
Wer sich den Siddhis zuwendet, sollte die Yamas und Niyamas in seinem Leben verwirklicht haben. Diese sind:
Die Yamas – Selbstkontrolle
- Ahimsa – Gewaltlosigkeit
- Satya – Wahrhaftigkeit
- Asteya – Nicht-Stehlen
- Brahmacharya – Wandel in Brahma / Selbstbeherrschung / Enthaltsamkeit
- Aparigraha – Nicht-Greifen, Verzicht auf Gier
Niyamas – Verhaltensregeln
- Saucha – Reinheit
- Santosha – Zufriedenheit
- Tapas – Selbstzucht
- Svadhyaya – Selbststudium (Studium)
- Ishvarapranidhana – Verehrung des Göttlichen
Siehe dazu die Erläuterungen in "Yamas und Niyamas im täglichen Leben".
Siddhis sollten nicht zum Vergnügen, zur Selbsterhöhung oder anderen ungünstigen, egoistischen Zielen angewendet werden. Vielmehr zeigen die Siddhis (so Iyengar und andere), dass die Yogapraxis “richtig angelegt” sei.
Selbstverständlich sollte man Siddhis auch nicht dazu nutzen, um jemand anderen damit zu schaden.
Stattdessen wird eher ein “Nicht-Beachten” der Siddhis angeraten, wenn diese sich denn zeigen sollten. Iyengar schreibt, (S. 244), die Übungen bei Auftreten der Siddhis mit Glauben und Begeisterung weiterzuentwickeln, die Siddhis aber mit völligem Gleichmut zu betrachten.
Dem Yogi wird also geraten, sich nicht auf die Siddhis einzulassen, sich nicht von ihnen “mitreissen zu lassen”, um sie nicht für eigenen selbstsüchtige Bedürfnisse zu verwenden, woraus späteres Leiden folgen würde. Stattdessen solle er/sie weiter auf dem Pfad der Befreiung zu wandeln und die Siddhis eher als Prüfung ansehen, ob man nicht doch noch - trotz fortgeschrittener yogischer Entwicklung - den Verlockungen der Dualität und des Ego-Daseins nachgibt.
Swami Sivananda sagt über Siddhis:
„Yoga ist nicht dazu da, Siddhis, Kräfte, zu erlangen. Wenn ein Yogaschüler die Versuchung verspürt, Siddhis zu erlangen, wird sein weiterer Fortschritt ernsthaft verzögert. Er hat den Weg verloren. Ein Yogi, der darauf konzentriert ist, höchsten Samadhi zu erreichen, muss Siddhis zurückweisen, wo auch immer sie auftauchen. Siddhis sind Einladungen von Devatas. Nur wenn man diese Siddhis zurückweisen kann, kann man Erfolg im Yoga erlangen.“
4. Verwirrung zwischen Wort, Vorstellung und Bedeutung
Patanjali postuliert, dass ein voll entwickelter yogischer Geist alle Sprachen und Tierlaute verstehen könne. „Normalen“ Menschen gelinge dies nicht, weil sie in ihrem Geist beim Zuhören drei Dinge miteinander vermengen würden. Diese sind:
- Shabda
Hiermit ist die Klangschwinung gemeint, bzw. einfach das Wort oder der Name, welches das Objekt bezeichnet. - Pratyayanam
Dies sind die mentalen Vorstellungen, Erfahrungen bzw. Inhalte, die wir mit dem Objekt verbinden. - Artha
Das ist das eigentliche Objekt, die Bedeutung oder die Aufgabe der Sache, die wir verstehen wollen.
Mittels Samyama kann der fortgeschrittene Yogi diese drei Ebenen voneinander trennen und so aus jedem Klang dessen Bedeutung erkennen.
5. Siddhi (außergewöhnliche Kraft): Alle Lebewesen verstehen
Sukadev: „Hier erfahren wir, wie wir Menschen und auch Tiere verstehen können, deren Sprache wir nicht kennen.“ Rainbowbody „... was dem Adepten erlaubt, sich mit allen Tieren zu unterhalten, die des Klangs fähig sind.“ Iyengar: „Ein vollkommener Yogi erkennt Bedeutung und Gefühlsgehalt jedes Lautes oder Wortes in jeder Sprache.“
Govindan (S. 118): „Im Allgemeinen unterscheidet man nicht zwischen einem Objekt, seiner Bezeichnung durch ein Wort (sabda) und dem Klang … des Wortes. Es heißt jedoch, dass durch das Eins-werden (samyama) mit dieser Unterscheidung der yogin die Kenntnis von Fremdsprachen erlangt.“
Deshpande/Bäumer (S. 149) gehen sogar noch einen Schritt weiter: „Der Ausdruck sarva-bhuta-ruta im Sutra würde sogar die Geräusche lebloser Dinge mit einschließen, weil jedes, wenn es durch Berührung oder Reibung mit irgendetwas ein Geräusch hervorbringt.“ Es erfordere eine „ungewöhnliche Aufmerksamkeit und feine Empfindsamkeit“ um die Unterschiede in diesen Geräuschen zu entdecken. Davon sei in dieser Sutra III-17 die Rede.
Andere Kommentatoren meinen hingegen, dass Patanjali in dieser Sutra vor allem vom Verstehen der Tiere spricht. Palm (S. 153) schreibt dazu: „rua, von der Wurzel ru (schreien, brüllen) wird hauptsächlich auf das Tierreich bezogen, ein rutajfia ist einer, der die Schreie der Tiere, besonders der Vögel versteht.“
Wie auch immer - folgende Grundannahme liegt diesem Siddhi zugrunde: Unser Verstand überlagert bzw. ergänzt alle Klänge (von anderen Menschen, Tieren oder Naturphänomenen), die wir hören, mit „konzeptuellen Erfindungen“, Annahmen, Vorurteilen usw. So geht die wahre Botschaft des Klanges verloren. Gelingt es dem Yogi mittels der Samyama-Technik (tiefe Meditation über ein Objekt, siehe oben) sich ganz auf den Klang zu konzentrieren, würde er/sie direkt verstehen, was gemeint sei.
Rainbowbody schildert den Vorgang so: „Die Bedeutung der heiligen Klänge, der Gebete, des Mantras und der Sphärenmusik sind in sich selbst leer, aber wenn sie mit dem dritten Ohr gehört werden, werden sie durch Gnosis gehört und verstanden.“
Möchtest du bis hierhin etwas ergänzen oder korrigieren?
Möchtest du bis hierhin etwas zum Gesagten ergänzen oder etwas korrigieren?
Vielen Dank für jeden Hinweis!
6. Wie genau eine fremde Sprache (oder andere Klänge) ohne deren Kenntnis verstehen? Mit Alltagstipps
Samyama, der Dreiklang aus Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) auf ein Meditationsobjekt ist das Mittel der Wahl für den Yogi, um die in Kapitel III des Yogasutra besprochenen Siddhis auszuüben. In diesem Fall ist das die Bedeutung eines Klanges.
Üblicherweise gelingt tiefe Versenkung bei voller Bewusstheit am besten mit tiefer Meditation. Es soll auch mit Yoga Nidra funktionieren, wenn du die darin enthaltenen Schritte mit Konzentration ohne einzuschlafen durchführen kannst. Zu beiden Techniken findest du Anleitung (& Downloads) auf Yoga-Welten.de:
Beitrag: Yoga Nidra
Yoga Nidra | Anleitung, MP3, Text und Variationen
Willkommen zu der Entspannungstechnik des Yogas: Yoga Nidra. Die yogische Tiefenentspannung, auch "yogischer Schlaf" genannt, ist eine Tiefenentspannungsübung der tantrischen Yoga-Lehre. Ihr Ursprung liegt in weit entfernten Zeiten.
Yoga Nidra führt in tiefe Entspannungszustände, die mit einiger Übung bei vollem Bewusstsein erfahren werden können. Zusätzlich besteht über einen sogenannten Sankalpa die Möglichkeit, Persönlichkeitsentwicklung tief ins Unbewusste einzuprägen.
Hier findest du Yoga Nidra erläutert und dazu eine einfache Anleitung, einen Gratis-MP3-Download, den Text zum Ausdrucken und viele Varianten für fortgeschrittenes Üben, auch als Videos.
Beitrag: Meditation lernen
Meditation lernen – die grundlegende Anleitung aus dem Buddhismus
Der Begriff Meditation hat viele Facetten. Das Spektrum reicht vom Nachsinnen über ein Thema (vornehmliche Betrachtungsweise der Philosophen) bis zur völligen Gedankenstille. Im Folgenden findest du eine konkrete Anleitung der Schritte, welcher der Buddha himself seinen Schülern zum Lernen einer tiefen Meditation gegeben hat. Sicherlich nicht die schlechteste Herangehensweise, wenn du persönliche Entwicklung oder gar Erleuchtung zum Ziel deiner Meditationsreise auserkoren hast.
Am Ende findest du eine Merkkarte zum Ausdruck – z. B. für das Portemonnaie.
In Patanjalis Aussage findet sich die Vorstellung, dass jedes Wort, dass ein Lebewesen ausspricht, im Klang einen „Bedeutungsträger“ übermittelt, welcher unabhängig vom konkreten Wort/Bezeichnung ist. Skuban schreibt (S. 184): „Dieser Bedeutungsträger, sphota, ist es zu dem der Meditierende Zugang finden kann.“
Deshpande/Bäumer (S. 149): „Das Wort als Laut ist ein artikulierter Ausdruck der Absicht, etwas mitzuteilen, die im Bewusstsein entstanden ist.“ Dieser Mechanismus ist allen Lebewesen mit dem Menschen gemein: erst bildet sich eine Absicht im Bewusstsein, die dann über den Laut kommuniziert werden soll.
Sukadev gibt leichter umzusetzende Alltagstipps. Er empfiehlt, sich voll auf den Klang einer fremden Sprache zu konzentrieren und das auf ganz entspannte Art und Weise. Am besten ganz ohne bewusste Absicht, verstehen zu wollen. Ganz entspannt auf den Klang konzentrieren. Plötzlich würde man dann verstehen, was gemeint sei. Man könne das überall ausprobieren. Er verweist auf ähnliche Ansätze bei sogenannten Super-Learning-Sprachlernmethoden und empfiehlt dieses Vorgehen als Ergänzung zum normalen Sprachenlernen. Zudem schlägt er vor, dieses Vorgehen auch auf Tiere und sogar auf einen Bach oder auf das Rauschen eines Baumes anzuwenden. Oder auf ein Gewitter. Das Herz würde sich öffnen und Verbundenheit entstehen.
Skuban schreibt, durch das „schrittweise Loslassen ‘mentaler Beimischungen’“ gelange der Meditierende immer näher an die „Wirklichkeit eines Objektes“.
Sriram meint (S. 176): „Wer den Zusammenhang zwischen Worten, der Sache, die sie schildern und den Gedankengängen, die sie auslösen, versteht …“ könne sich mit allem verständigen.
6.1. Umfrage zum Vorgehen
Hast du schon Erfahrungen mit dieser Technik bzw. diesem Vorgehen?
Kannst du Tipps geben, wie du es genau gemacht hast?
7. Kommentar von Vyasa zu Sutra 3.17
Erläuterungen zu Vyasa
Vyasa war ein indischer Philosoph des 5. bzw. 6. Jahrhunderts nach Christi, der den ältesten überlieferten Kommentar zum Yogasutra des Patanjali schrieb. Der Text wird Yogabhashya (wörtlich "Kommentar (Bhashya) zur Yogaphilosophie") genannt und um 600 nach Christi datiert. Vyasas Kommentare zu den Sutras sind oftmals recht kurz.
Dieses Yogabhashya wurde im 8./9. Jh. von Shankara (788–820 n. Chr, indischer Gelehrter, Vedanta-Philosoph, Begründer der Advaitavedānta-Tradition) kommentiert. Sein Kommentar nennt sich Yogabhashyavivarana, Vivarana ist ein Unterkommentar. Auch Vachaspati Mishra hat einen frühen, berühmten Kommentar zum Yogasutra geschrieben. (Meine Quellen für diese Kommentare waren unterschiedliche Bücher und Webseiten, zum Beispiel Legget (siehe Literatur) und wisdomlib.org/hinduism/book/yoga-sutras-with-commentaries/). Ich gebe hier diese Kommentare in für mich relevanten Auszügen in Worten wieder, die für mich den Sinn in heutigen Worten am besten wiedergeben. Dies ist explizit kein Bemühen, die Originalkommentare wortgetreu wiederzugeben. Fehlinterpretationen sind natürlich in meiner Verantwortung.
Du siehst etwas anders, hast einen Fehler gefunden oder möchtest etwas ergänzen? Bitte schreibe dies unten bei "Ergänzungen von dir".
Die Kommentare von Vyasa, Mishra und Shankara sind oft wörtlich übersetzt worden, zum Beispiel bei den oben angegebenen Quellen.
Vyasa schreibt: „Die Macht der Sprache funktioniert nur bei der Manifestation von buchstäblichen Klängen. Die Hörkraft ist das Substrat für die Veränderungen des Klangs allein. Ein Wort aber wird vom Willen zur Erkenntnis (buddhi, Verstand) auf einmal aufgenommen und hat eine einheitliche Erscheinung angenommen, sobald der letzte buchstäbliche Laut verklungen ist. Die buchstäblichen Laute haben aufgrund der Unmöglichkeit, sich gleichzeitig auszudrücken, nicht die Eigenschaft, sich gegenseitig zu unterstützen. Sie tauchen auf und verschwinden wieder, ohne dass sie mit dem Wort in Verbindung stehen oder es ins Bewusstsein bringen. Daher sagt man, dass jeder von ihnen nicht das Wort (selbst) ist.
Der Buchstabe aber ist einzeln ein Bestandteil des Wortes; er hat die Möglichkeit, allen Gegenständen einen Namen zu geben; er ist sozusagen von universeller Geltung, da er in Verbindung mit jedem verbundenen Buchstaben erscheint, er nimmt in verschiedenen Kombinationen verschiedene Plätze ein, manchmal steht er vor und manchmal nach einem anderen Buchstaben. So gibt es viele buchstabengetreue Laute, die, da sie in verschiedenen Reihenfolgen angeordnet sind, dazu beitragen, bestimmte unterschiedliche Laute entsprechend der unterschiedlichen Reihenfolge ihrer Position zu bezeichnen. Zum Beispiel bezeichnen die buchstäblichen Laute g, au und h, die die Fähigkeit besitzen, allen Objekten Namen zu geben, in dieser besonderen Reihenfolge (gauḥ) das besondere Objekt, das Euter usw. besitzt (eine Kuh).
Ein Wort ist die einzige Bewusstseinsäußerung, die gerade dann erscheint, wenn die auf eine bestimmte konventionelle Bedeutung begrenzte Abfolge von buchstäblichen Lauten aufhört; es ist ein konventionelles Zeichen für das Bezeichnete.
So wird ein einzelnes Wort als eine einzige Bewusstseinsäußerung wahrgenommen; es wird durch eine einzige Anstrengung ins Dasein gerufen; es hat keine Teile und keine Ordnung; es ist nicht ein Ganzes aus getrennten und unterschiedlichen buchstäblichen Lauten. Es ist ein Phänomen des Willens zum Sein (buddhi); es wird durch die Operation des Begriffs des letzten buchstäblichen Klangs ins Bewusstsein gebracht; es wird vom Geist der Welt so verstanden, als sei es durch die Verbindung von Buchstaben entstanden) aufgrund der ewigen Gewohnheit, die dadurch zustande kam, dass es immer mit Hilfe von buchstäblichen Klängen, die getrennt benannt, ausgesprochen und gehört wurden, funktioniert hat, dass die Kraft der Sprache zum Zweck der Übertragung der vollständigen verbalen Gedankenzeichen von einem Geist zum anderen funktioniert hat. (So unterscheidet der gewöhnliche Verstand ein Wort von einem anderen durch die konventionelle Bedeutung, indem er sagt, dass eine solche Folge von so und so vielen Buchstaben, die so und so endet, ein solches und solches Objekt bezeichnet.
Die Konvention ist jedoch eine Manifestation des Gedächtnisses, die die wechselseitige Korrelation von Wort und Bedeutung in Form von Koinzidenz zeigt. Dieses Objekt ist dasselbe wie dieses Wort, und dieses Wort ist dasselbe wie dieses Objekt" - das ist die Konvention, die das eine mit dem anderen in Beziehung setzt.
So stoßen Wort, Bedeutung und Idee aufgrund der gegenseitigen Korrelation des Zufalls aufeinander. Nehmen wir zum Beispiel das Wort Kuh, das Objekt Kuh und die Idee Kuh. Wer ihre Unterscheidung kennt, kennt alles.
Und in allen Worten liegt die Kraft eines Satzes. Wenn man sagt: "Ein Baum", so ist das Wort "ist" verstanden, da das durch ein Wort bezeichnete Objekt niemals an Existenz verliert.
In ähnlicher Weise ist keine Handlung ohne ihre Mittel möglich. Wenn man also das Wort "kocht" ausspricht, sind damit alle Geräte gemeint, die für den Akt des Kochens notwendig sind. Nur zum Zweck der Spezialisierung werden das Objekt, das Subjekt und das Instrument wie Caitra, Feuer und Reis ausdrücklich erwähnt.
Dann wird auch die Kombination von Wörtern in Sätzen gesehen, um Bedeutungen durch die gesamten Sätze auszudrücken. Der vedische Schüler liest die Hymnen, lebt und trägt das Leben. In einem Satz wie diesem werden sowohl die Wörter als auch die Bedeutungen der Wörter im Bewusstsein ausgedrückt. Daher sollten die Wörter etymologisch so eingeteilt werden, dass sie Handlungen oder Nominalfälle ausdrücken. Wie wäre es sonst möglich, ein Wort, ein Substantiv oder ein Verb, zu deuten, wenn das eine vom anderen aufgrund äußerer Ähnlichkeit nicht zu unterscheiden ist. Nehmen wir zum Beispiel die Wörter Bhavati, Aśvaḥ, Ajapāyāḥ.
Die Worte, die Bedeutung und die Idee des Satzes sind voneinander verschieden. So bedeutet svetate prāsādaḥ (das Herrenhaus leuchtet weiß) eine Handlung. Die Worte svetaḥ prāsādaḥ (eine weiße Villa) bezeichnen ein Substantiv.
Beide Sprachformen bezeichnen sowohl ein Substantiv als auch die Behauptung einer Handlung und auch deren Bedeutung und Vorstellung. Wie das? Durch die Korrelation "dies ist das". Der Begriff hat nur eine Erscheinung, dieselbe wie das konventionelle Zeichen. Was den weißen Gegenstand betrifft, so ist er der Träger sowohl des Wortes als auch der Idee. Er ändert seinen Zustand, geht aber weder mit dem Wort noch mit der Idee. Ein solches ist ein Wort und eine solche eine Idee; keines geht mit dem anderen. Ein anderes ist ein Wort, ein anderes seine Bedeutung und ein anderes die Idee. Indem er auf diese Weise Saṃyama auf ihre gegenseitige Unterscheidung ausübt, erlangt ein Yogī Wissen über die Klänge aller Lebewesen.“
Möchtest du bis hierhin etwas ergänzen oder korrigieren?
Möchtest du bis hierhin etwas zum Gesagten ergänzen oder etwas korrigieren?
Vielen Dank für jeden Hinweis!
8. Übungsvorschlag zu Sutra III-17
Übe dich in der Unterscheidung von Wort, Objekt und Klang beim Sprechen mit anderen Menschen. Lausche Tieren. Kannst du ein Gespür für das jeweils Gesagte entwickeln?
Meine Erkenntnisse/Erfahrungen bei/mit dieser Übung
9. Siehe auch folgende Sutras
Siehe auch folgende Kommentare:in Sutra I.7 zu Pramana und Glaubenssystemen,
- in Sutra I.7 zu Pramana und Glaubenssystemen,
- in Sutra I.9 zu Vikalpa,
- in Sutra I.17 zu Vitarka
- in Sutra I.28 zu Pranava,
- in Sutra I.42 über Worte,
- in Sutra I.43 über das Festhalten,
Yoga Sutra I-7: Direkte Wahrnehmung, korrekte Schlussfolgerung und Überlieferung aus wahren Quellen sind Formen wahren Wissens
Yoga Sutra I-9: Wortirrtum wird verursacht durch Identifikation mit Worten, die in der Realität keine Grundlage haben
Yoga Sutra I-17: Vollkommene Erkenntnis - saṁprajñāta - wird beim Durchlauf von Ahnung, Erfahrung, Freude und Einheitswahrnehmung [in der Meditation] gewonnen
Yoga Sutra I-28: OM ist im Bewusstsein seines Sinnes mit Hingabe zu wiederholen
Yoga Sutra I-42: Samapatti erfolgt in vier Stufen. Stufe 1: Wenn Samapatti mit Wortwissen, Schlussfolgerungen und Vorstellungen durchsetzt ist, wird es Savitarka Samapatti genannt
Yoga Sutra I-43: Stufe 2 von Samapatti: Wenn die Erinnerungen und Prägungen völlig gereinigt sind, als ob dessen eigene Form schwindet, nur noch das (Meditations-)Objekt erstrahlt, ist Nirvitarka (Samapatti/Samadhi) erreicht.
In Zusammenhang stehen auch noch die Sutra , Sutra I.15 und I.49:.
Yoga Sutra I-15: Verhaftungslosigkeit ist erreicht, wenn das Verlangen nach sichtbaren und unsichtbaren Dingen erloschen ist
Yoga Sutra I-49: Das Wissen aus Nirvichara Samapatti ist von höherer Art als das Wissen, das aus Gehörtem, Gelesenem oder mittels Schlussfolgerung gewonnen wurde
10. Ergänzungen und Fragen von dir
Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?
Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:
11. Videos zu Sutra III-17
Sprachen lernen, andere besser verstehen – Kommentar von Sukadev zu Yoga Sutra - Kap. 3, Vers 16
Länge: 7 Minuten
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Morgenansprache Yoga Sutra 3.16
Höre genau zu, besser verstehen: Morgenansprache von Sukadev zu Yoga Sutra 3.16
Länge: 4 Minuten
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Anvita Dixit zu Sutra 3.17
Länge: 12 Minuten
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Video von Ahnand Krishna zur Sutra
Vergangene Leben aufgedeckt: Asha Nayaswami zu Sutra 3:16-18
Länge: 75 Minuten
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