Shabda–jñânânupâtî–vastu–shûnyo–vikalpah
शब्दज्ञानानुपाती वस्तुशून्यो विकल्पः
Wortirrtum ist weit verbreitet, wir nehmen zu oft "Worte für bare Münze". Insbesondere die Manipulation durch Worte wird zum Problem. Der Yoga kennt Techniken, die dies bei dir verhindern.
1. Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits
Zunächst hier die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Worte, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis variieren kannst:
- Shâbda, sabda = Wort, Symbol; andere: verbale Kommunikation, Klang, Sprache.
- Jñâna = Wissen; Erkenntnis.
- Anupâtî = folgend, darauffolgend; Konsequenz.
- vastu = Gegenstand, Objekt; wirklich vorhandene Substanz.
sunya = abwesend, leer, ohne, nichts haben.
Vastu–shûnyah = ohne Substanz, ohne Bezug zur Wirklichkeit. - Vikalpa = „Wortirrtum“; kann lediglich Vorstellung oder Gedanke heißen. Hier wohl eher als Einbildung, eingebildetes Wissen, falsche Vorstellung basierend auf Worten, kann aber auch für Zweifel und Unschlüssigkeit, Konzeptionalisierung, Fantasie, verbale Einbildung oder Täuschung stehen.
Ashtangayoga.info schreibt: Vikalpa ist die Fähigkeit des Geistes, vom Großen (Weizenfeld) auf das Kleine (Weizenähre) zu schließen, das Gegenteil wäre Samkalpa.
Zu den Quellen
Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:
Bücher
- Mircea Eliade: Yoga – Unsterblichkeit und Freiheit
- Iyengar: Der Urquell des Yoga
- Deshpande/Bäumer: Die Wurzeln des Yoga
- Geraldine Coster: Yoga und Tiefenpsychologie
- R. Sriram: Von der Erkenntnis zur Befreiung – Das YogaSutra
- Govindan: Die Kriya Yoga Sutras des Patanjali
- Mallinson/Singleton: Roots of Yoga
- R. Palm: Der Yogaleitfaden des Patañjali
- T.K.V. Desikachar: Über Freiheit und Meditation | Das Yoga Sutra von Patanajali
- Feuerstein, Georg: Die Yoga Tradition (Amazon)
- Skuban, Ralph: Patanjalis Yogasutra (Amazon)
- Sri Swami Satchidananda: The Yoga Sutras of Patanjali (Amazon)
Internetseiten
- Internet-Übersetzung des Yogasutras auf Yoga-Vidya.de
- Zu den Sutras auf ashtangayoga.info
- Zu den Sutras auf 12koerebe.de
- Zu den Sutras auf vedanta-yoga.de
- Openland.de (mittlerweile offline)
- Zu www.bodhi.sofiatopia.org (buddhistische Kommentare zum Yogasutra nur noch als Buch)
- sanskrit-sanscrito.com (Sutras anscheinend entfernt)
- Zur Übersetzung von Chip Hartranft (PDF)
- Die Übersetzung von Hariharananda Aranya, I. K. Taimni, Vasa Houston, Barbara Miller, Swami Satchidananda, Swami Prabhavananda, Swami Vivekananda finden sich auf dieser Seite.
- Übersetzung von James Haughton Woods
- Rainbowbody.com (ausführliche und eigene Kommentierung)
Dein Übersetzungsvorschlag
Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.
Hast du einen eigenen Übersetzungsvorschlag?
Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)
Hier die bisherigen Antworten anschauen ⇓
Antwort 1
Worte sind ein Versuch, zu kommunizieren, wo andere Ausdrucksformen fehlen.
3. Deutung
Wir sehen: In den meisten Übersetzungen bezieht sich Vikalpa darauf, dass wir Worte für die Realität nehmen, obwohl sie so, wie wir sie deuten, in der Welt gar nicht vorkommen.
Wortwissen findet sich unserer Erkenntnis nach nur beim Menschen. Das mag sich irgendwann ändern, jedes Jahr werden neue Erkenntnisse zu den Kommunikationsfähigkeiten von Pflanzen und Tieren gewonnen.
4. Worte im Innen und Außen
Es kann sich hierbei um innere Worte, sprich Selbstsuggestionen, das innere Plappern, eine innere Stimme etc. handeln oder natürlich auf die Worte von jemand Anderes im Außen: Lob und Tadel, Nachrichten, Liebesgeflüster ... alles ist Wortwissen, aber damit nicht notwendig falsch.
Sukadev weist darauf hin, dass Wortirrtum, sowohl beim Tadel (zieht uns runter) als auch beim Lob (kann uns in eine vom anderen gewünschte Richtung hin manipulieren) oder in der Werbung (was ist an einem sportlichen Auto sportlich?) unser Verhalten stark beeinflussen kann.
Andererseits können Worte uns beflügeln, uns wie auf Wolken durch den Tag tragen.
5. Vikalpa allerorten
Wer kennt das nicht: Ein Mensch kann klug daherreden, ohne etwas wirklich zu wissen. Vielleicht meint er sogar, zu wissen, wenn es sich dabei in Wirklichkeit nur um Wortewissen, ein totes Wissen ohne innere Erfahrung und Bestätigung. Phantasiewelten oder substanzlose Ideen handelt.
5.1. Von Vikalpa zu Pramana
Iyengar zeigt auf, dass Vikalpa mittels Analyse, Unterscheidungsvermögen sowie Try- and-Error zu wahrem Wissen geführt werden kann. Das Zaubermittel, diese Wortirrtümer oder Gedankenkonstrukte zu erkennen liegt aber zunächst - wie so oft - im achtsamen Beobachten der eigenen Gedanken.
Zu beachten: Das Grundproblem des Wortirrtums für den Yogaweg liegt darin, wie bei allen Vrittis, dass Vikalpa als Vritti unseren Geist bewegt und damit uns den Blick auf unser wahres Selbst verschleiert.
5.2. Die Ursache
Eliade verweist in Zusammenhang mit Sutra I-9 auf Seite 49 darauf hin, dass stets Unwissenheit die ontologische (vielleicht hier am besten mit "letztendliche" übersetzt) Ursache jeder Vritti ist.
5.3. Dein Feedback / deine offene Frage an den Text
Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?
Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:
5.4. Übung zu Yoga Sutra I-9
Übungsvorschlag für die kommende Woche: Achte diese Woche genau auf die Wirkung die Worte bei dir auslösen. Vielleicht hält dich jemand immer verbal am Boden, oder du merkst, wie du dich bei der Arbeit besonders anstrengst, weil dein Chef immer so nett lobt usw. Zudem: Welche Assoziationen laufen in dir ab, wenn du ein Wort hörst (das Wort Hund ist nicht der physische Hund). Manche Worte haben auf uns ungeheuerlichen Einfluss.
Du kannst diese Übung noch intensivieren:
5.5. Siehe auch
vitarka-bādhane pratiprakṣa-bhāvanam
वितर्कबाधने प्रतिपक्षभावनम्
Jeder spirituell Praktizierende kennt Phasen der Unsicherheit, des Zweifels, der Negativität und der geistigen Schwäche. In dieser Sutra empfiehlt Patanjali die sogenannte Pratipaksha-Bhavana-Methode zur Überwindung dieser unerwünschten Geisteszustände. Im Beitrag findest du neben den gewohnten Übersetzungsalternativen viele Tipps zur Anwendung der Methode.
6. Videos zur neunten Sutra
Erläuterung zur neunten Sutra auf Deutsch:
{tab Englische Erläuterung}
Von Dr. Kausthub Deikachar.
{tab Englisch 2}
Zu den Sutras I-8 bis I-11.
7. Beliebt & gut bewertet: Bücher zum Yogasutra
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7.1. Alte Schriften auf Yoga-Welten.de
- Das Yogasutra – jede Sutra detailliert erläutert
- Die Hatha-Yoga-Pradipika – kapitelweise zusammengefasst
- Zusammenfassung der Bhagavad-Gita
- Eine kurze Zusammenfassung der Upanishaden und des Mahabharata
- Die Mandukya Upanishad – deutsche Übertragung
- Die Gheranda Samhita – kapitelweise zusammengefasst
- Yoga in der Bhagavad Gita – die bunte Vielfalt
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Weitere oft aufgerufene alte Schriften
- Yoga im Mahabmarata – erste Systematik
- Goraksa-Sataka – die älteste Hatha-Abhandlung
- Brahma-Sutra Bhashya von Sankara – der Kommentar von Sankara
- Mrigendra Tantra Yoga Pada
- Die Shiva Samhita