Bhuvana-jnânam sûrye samyamât
भुवज्ञानं सूर्येसंयमात्
Patanjali schlägt weitere Samyama-Praktiken vor. In dieser und den folgenden Sutras geht es um eine kosmische Ausrichtung der Meditation. Durch Samyama auf Sonne, Mond und Polarstern erhält man die Kräfte, die mit diesen galaktischen Objekten in Verbindung gebracht werden. In dieser Sutra geht es um die Meditation auf die Sonne. Eventuell spielt Patanjali hier auch auf die “innere Sonne” an.
Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits
Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:
- Samyama, samyamah, saṁyamā = Ausdruck für die Triade Dharana, Dhyana und Samadhi; Selbstbeherrschung; Abfolge von Dharana, Dhyana und Samadhi;
- Samyamat, samyamât = durch Ausführung von Samyama über;
- Bhuvana = Welt; Sonnensystem; physische Welten; feinstoffliche Welten; Wesen; Existenzort; Weltall; Welten; Kosmos; die geschaffene Welt; das Universum; Himmel; Himmelskörper;
- Jnana, jñāna, jnânam = Wissen; Verständnis; Erkenntnis;
- Surye, sûrye = über die Sonne;
Zu den Quellen
Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:
Bücher
- Mircea Eliade: Yoga – Unsterblichkeit und Freiheit
- Iyengar: Der Urquell des Yoga
- Deshpande/Bäumer: Die Wurzeln des Yoga
- Geraldine Coster: Yoga und Tiefenpsychologie
- R. Sriram: Von der Erkenntnis zur Befreiung – Das YogaSutra
- Govindan: Die Kriya Yoga Sutras des Patanjali
- Mallinson/Singleton: Roots of Yoga
- R. Palm: Der Yogaleitfaden des Patañjali
- T.K.V. Desikachar: Über Freiheit und Meditation | Das Yoga Sutra von Patanajali
- Feuerstein, Georg: Die Yoga Tradition (Amazon)
- Skuban, Ralph: Patanjalis Yogasutra (Amazon)
- Sri Swami Satchidananda: The Yoga Sutras of Patanjali (Amazon)
- Trevor Leggett: The complete Commentary by Sankara on the Yoga-Sutras* (Amazon)
Internetseiten
- Internet-Übersetzung des Yogasutras auf Yoga-Vidya.de
- Zu den Sutras auf ashtangayoga.info
- Zu den Sutras auf 12koerebe.de
- Zu den Sutras auf vedanta-yoga.de
- Openland.de (mittlerweile offline)
- Zu www.bodhi.sofiatopia.org (buddhistische Kommentare zum Yogasutra nur noch als Buch)
- sanskrit-sanscrito.com (Sutras anscheinend entfernt)
- Zur Übersetzung von Chip Hartranft (PDF)
- Die Übersetzung von Hariharananda Aranya, I. K. Taimni, Vasa Houston, Barbara Miller, Swami Satchidananda, Swami Prabhavananda, Swami Vivekananda finden sich auf dieser Seite.
- Übersetzung von James Haughton Woods
- Rainbowbody.com (ausführliche und eigene Kommentierung)
- Wisdom Library
Dein Übersetzungsvorschlag
Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.
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Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)
Einordnung dieser Sutra im Yogasutra
Samyama ist die Schlüsselübung im dritten Kapitel des Yogasutra zum Erreichen der geistigen Kräfte. In den Sutras III-1 bis III-7 erläutert Patanjali zunächst, was Samyama ist: die Kombination aus
- Dharana (Konzentration),
- Dhyana (Meditation) und
- Samadhi (Überbewusstsein).
In Sutra III-8 ergänzt er dann, dass der Yogi zur Erlangung der Erleuchtung über Samyama hinausgehen muss.
In den Sutras III-9 bis III-15 geht es weiter mit Erläuterungen, welche Wandlung der Geist (Chitta) vollziehen muss, um Samyama bis zur Perfektion ausüben zu können. Aufeinander aufbauend sind das die Stadien
- Nirodha-Parinama (Wandel durch Sammlung, einfache Konzentration),
- Samadhi-Parinama (Wandlung durch länger andauernde Konzentration) und
- Ekagrata-Parinama (Wandel/Transformation durch vollkommene Versenkung auf einen Punkt/ein Thema).
Der notwendige Wandel des Geistes erfolgt nach und nach, ist keine sprunghafte Entwicklung.
In den Sutras III-16 bis III-49 macht Patanjali eine ganze Reihe von Vorschlägen, worauf man Samyama lenken könnte und welche Folgen (Siddhis = Kräfte, besondere Erkenntnisse) sich jeweils daraus ergeben.
In dieser Sutra schildert Patanjali, dass mittels Samyama auf die Sonne Erkenntnisse über unser Universum gewonnen werden.
Besondere Kräfte (Siddhis) mit Samyama erlangen
Besondere Kräfte (Siddhis) mit Samyama erlangen
Patanjalis Anleitungen zur Erlangung der Siddhis lauten generell, dass der Praktizierende Samyama gezielt auf ein Meditationsobjekt anwendet. Samyama ist die Verbindung aus anhaltender Konzentration, Meditation und schlussendlich Samadhi (Überbewusstsein) auf ein Objekt der Meditation. Skuban sieht den Vorgang von Samyama als “mentales Eindringen in ein Objekt, das den Übenden schließlich zu den feinstofflichsten Bereichen des Seins führt.” Dadurch werden die drei Eigenschaften (siehe Sutra III-13) eines Objektes voll erkannt. So wird das Objekt voll verstanden und über die Gunas auch beherrschbar. Alle Objekte sind nämlich laut Yogalehre Erscheinungsformen der drei Gunas, auch das Bewusstsein des Menschen. Der Yogi diszipliniert sein Bewusstsein und kann über bzw. in Samyama die Gunas auch außerhalb seines Bewusstseins beeinflussen oder verändern. So erklären sich gemäß Yogalehre die Siddhis.
Vibhutis, der andere Name für die Siddhis, bedeutet wörtlich weg (vi) von den Elementen (bhutas) und steht damit laut einiger Kommentatoren auch für die Abwendung von der Identifikation mit den materiellen Grundlagen unseres Lebens, yogisch: Prakriti. Hin zur Erkenntnis unserer wahren Natur: Purusha.
Die Sutras III-16 bis III-49 nennen die Objekte, auf die ein Yogi seine Samyama-Konzentration legen sollte, um besondere Kräfte zu entfalten. Iyengar betont jedoch, dass diese Siddhis sich erst bei weit fortgeschrittenen Yoga-SchülerInnen zeigen.
Ergänzend: Lange Pranayama-Praxis soll spontane Siddhis triggern können. Gerade Wechselatmung über Monate hinweg wird in manchen Berichten als „geistöffnend“ beschrieben – mit plötzlichen Hörerlebnissen oder Visionen.
Was ist Samyama?
Was ist Samyama?
Samyama besteht aus drei Stufen: Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein). Nur die erste Stufe von Samyama, die Konzentration auf ein Objekt, lässt sich willentlich steuern. Die darauf aufbauenden Geisteszustände Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) müssen sich laut der meisten Kommentatoren des Yogasutras von alleine einstellen und werden durch lang anhaltende Konzentration und Beseitigung der Geisteshindernisse erlangt. Feuerstein bezeichnet Samyama als 'Bündelung' von Konzentration, Meditation und Samadhi. Du findest Samyama ausführlicher in den ersten Sutras des dritten Kapitels des Yogasutra hier auf yoga-welten.de besprochen. Siehe vor allem:
Yoga Sutra III-4: Die drei (Dhahrana, Dhyana, Samadhi) zusammen auf ein Objekt oder einen Ort angewendet wird Samyama genannt
Yoga Sutra III-5: Aus der Meisterung von Samyama entsteht vollkommenes Wissen über das Wahrgenommene
Yoga Sutra III-6: Der Fortschritt im Samyama erfolgt in Stufen
Voraussetzungen und Umgang mit den Siddhis
Empfehlungen zu Voraussetzungen und zum Umgang mit den Siddhis
Viele Kommentatoren empfehlen, mit den Siddhis sehr bewusst umzugehen. Folgendes wird oft geraten:
Wer sich den Siddhis zuwendet, sollte die Yamas und Niyamas in seinem Leben verwirklicht haben. Diese sind:
Die Yamas – Selbstkontrolle
- Ahimsa – Gewaltlosigkeit
- Satya – Wahrhaftigkeit
- Asteya – Nicht-Stehlen
- Brahmacharya – Wandel in Brahma / Selbstbeherrschung / Enthaltsamkeit
- Aparigraha – Nicht-Greifen, Verzicht auf Gier
Niyamas – Verhaltensregeln
- Saucha – Reinheit
- Santosha – Zufriedenheit
- Tapas – Selbstzucht
- Svadhyaya – Selbststudium (Studium)
- Ishvarapranidhana – Verehrung des Göttlichen
Siehe dazu die Erläuterungen in "Yamas und Niyamas im täglichen Leben".
Siddhis sollten nicht zum Vergnügen, zur Selbsterhöhung oder anderen ungünstigen, egoistischen Zielen angewendet werden. Vielmehr zeigen die Siddhis (so Iyengar und andere), dass die Yogapraxis “richtig angelegt” sei.
Selbstverständlich sollte man Siddhis auch nicht dazu nutzen, um jemand anderen damit zu schaden.
Stattdessen wird eher ein “Nicht-Beachten” der Siddhis angeraten, wenn diese sich denn zeigen sollten. Iyengar schreibt, (S. 244), die Übungen bei Auftreten der Siddhis mit Glauben und Begeisterung weiterzuentwickeln, die Siddhis aber mit völligem Gleichmut zu betrachten.
Dem Yogi wird also geraten, sich nicht auf die Siddhis einzulassen, sich nicht von ihnen “mitreissen zu lassen”, um sie nicht für eigenen selbstsüchtige Bedürfnisse zu verwenden, woraus späteres Leiden folgen würde. Stattdessen solle er/sie weiter auf dem Pfad der Befreiung zu wandeln und die Siddhis eher als Prüfung ansehen, ob man nicht doch noch - trotz fortgeschrittener yogischer Entwicklung - den Verlockungen der Dualität und des Ego-Daseins nachgibt.
Swami Sivananda sagt über Siddhis:
„Yoga ist nicht dazu da, Siddhis, Kräfte, zu erlangen. Wenn ein Yogaschüler die Versuchung verspürt, Siddhis zu erlangen, wird sein weiterer Fortschritt ernsthaft verzögert. Er hat den Weg verloren. Ein Yogi, der darauf konzentriert ist, höchsten Samadhi zu erreichen, muss Siddhis zurückweisen, wo auch immer sie auftauchen. Siddhis sind Einladungen von Devatas. Nur wenn man diese Siddhis zurückweisen kann, kann man Erfolg im Yoga erlangen.“
Im tibetischen Buddhismus werden vergleichbare Fähigkeiten „Shes-rab“ genannt. Auch dort: klare Intuition, inneres Sehen, spontane Einsicht – aber nie als Ziel, sondern als Prüfstein für Demut.
Missverständnisse rund um Siddhis
Die Aussicht auf übernatürliche Kräfte fasziniert viele – und genau darin liegen einige häufige Missverständnisse begründet. Ein Irrglaube besteht darin, dass Yoga hauptsächlich dazu diene, solche Siddhis zu erlangen. Tatsächlich betont die Tradition jedoch, dass Siddhis eher Nebenprodukte auf dem spirituellen Weg sind, nicht sein Zweck. Patanjali selbst stellt im unmittelbar folgenden Sutra klar, dass diese Fähigkeiten für einen im Samadhi befindlichen Geist Upasarga – also Störungen oder Ablenkungen – darstellen, auch wenn sie in einem nach außen gewandten Bewusstseinszustand als außergewöhnliche Errungenschaften erscheinen mögen. Yogameister wie Vyasa und später Vivekananda haben daher immer wieder gemahnt, die Siddhis nicht zu überschätzen: Sie seien wie Blüten am Wegesrand – schön und bemerkenswert, aber man sollte nicht vom Weg abkommen, um nur noch Blumen zu pflücken.
Ein weiteres Missverständnis liegt darin, jede ungewöhnliche innere Wahrnehmung sofort für eine echte siddhische Fähigkeit zu halten. Insbesondere wenn Übende beginnen, sich intensiv mit Meditation zu beschäftigen, können imaginäre Bilder, Lichterscheinungen oder akustische Phänomene auftauchen. Die Yoga-Tradition fordert hier Viveka, das unterscheidende Erkenntnisvermögen: Handelt es sich wirklich um eine valide intuitive Einsicht (Pratibha) oder nur um eine Wunschprojektion des Geistes? Echte spirituelle Intuition wird traditionell durch bestimmte Qualitäten kenntlich gemacht – sie geht einher mit tiefer innerer Stille, Klarheit und Gewissheit, ohne Aufregung oder Ego-Stolz. Hingegen sind halluzinatorische Erlebnisse oder irrige „Eingebungen“ oft dramatisch, emotional aufgeladen oder selbstbezogen. Es ist ein bekanntes Risiko, dass ein Yogi, der sich zu früh auf Siddhis fokussiert, Opfer von Täuschungen werden kann. Beispielsweise könnte man glauben, die Gedanken anderer lesen zu können, während man in Wirklichkeit eigenen Fantasien nachhängt.
Schließlich gibt es das Missverständnis, Siddhis seien ein Zeichen von Erleuchtung oder spiritueller Vollendung. Historische Berichte zeigen jedoch, dass auch wenig ethische oder unreife Personen zeitweise paranormale Fähigkeiten aufweisen konnten – was nicht mit wahrer Heiligkeit gleichzusetzen ist. Im Yoga wird daher gelehrt, die Siddhis weder zu verteufeln noch zu vergötzen. Sie dürfen auftauchen, doch der richtige Umgang ist entscheidend: Ein reifer Yogi nimmt sie wahr, schenkt ihnen aber wenig Bedeutung und bleibt dem höheren Ziel, Kaivalya (der völligen Befreiung), verpflichtet. Missverständnisse klären sich letztlich durch Erfahrung und Anleitung: In der traditionellen Guru-Schüler-Beziehung wurden auftauchende Siddhi-Erlebnisse vertraulich besprochen, um sicherzustellen, dass der Schüler nicht in Fallen wie Egoismus oder Ablenkung tappt. So soll auch der moderne Übende verstehen, dass Wunder im Yoga-Kontext Prüfsteine der Haltung sind – sie verlangen nach noch mehr Demut, Vairagya und Konzentration auf den eigentlichen Weg.
Möchtest du bis hierhin etwas ergänzen oder korrigieren?
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Was ist in dieser Sutra gemeint? Meditation über die reale Sonne?
Sonnen-Samyama und Siddhi “Wissen um die Welt/das Universum”
Welches Wissen ist mit “Bhuvana-jnânam” in dieser Sutra gemeint? Hier wird von den Kommentatoren ein breites Spektrum geöffnet. Zum einen kann es ganz bodenständig um “die Zusammenhänge der Natur und des Sonnensystems zu verstehen” (Sukadev) gehen. Doch man sollte sich nicht blind auf diese derart gewonnenen Erkenntnisse verlassen: Dieses so gewonnene “physikalische Wissen”, so Sukadev weiter, müsse aber in der Praxis stets überprüft werden.
Laut Sukadev kann durch Samayama auf das Sonnenlicht auch ein intuitives Wissen um den eigenen Platz in der Welt erworben werden. Zudem könne die Astralwelt erkannt werden, sogar ein Kontakt zu feinstofflichen Wesen sei möglich.
Oder Meditation über die "innere Sonne"?
Iyengar sieht hier hingegen (auch) die Forderung Patanjalis an den Sadhaka (yogischer Schüler), “... sich dem inneren Körper zuzuwenden, um die Seele zu erforschen und zu erkennen.” Denn wie Sonne die äußere Welt erleuchtet, so dringt das “Licht der Seele” ins innere vor.
Iyengar weiter (S. 251): “Das Licht, das aus der Seele leuchtet, ist die Sonne des Lebens. Durch dieses Licht wird es hell in den sieben Erkenntnisbereichen des Bewusstseins eines Yogi.” Mit den "Erkenntnisbereichen" meint er vermutlich die sieben Hauptchakra:
- Muladhara (Beckenboden),
- Svadhisthana (Kreuzbein),
- Manipura (Nabelgegend),
- Anahata (Herz),
- Visuddhi (Kehle),
- Ajna (Punkt zwischen den Augenbrauen) und
- Sahasrara (Scheitel des Kopfes)
Iyengar verweist in dieser Sutra ähnlich wie Vyasa auch darauf, dass es gemäß “indischer Philosophie” 14 Welten bzw. Bereiche im Universum gäbe: 7 höhere und 7 niedere Bereiche.
Ähnlich Rainbowbody: „Samyama auf das solare Prinzip (surye-samyamat) bringt bhuvana-jnanam hervor, was wörtlich Wissen über das Universum, den Kosmos oder den Makrokosmos bedeutet.”
Oder Meditation über einen Nadi, einen der zahlreichen Energiekanäle, die von den Yogis postuliert werden?
Auch Skuban empfindet die Auslegung dieser Sutra zu Samyama auf die reale Sonne als unbefriedigend. Für ihn spricht vieles dafür, dass Patanjali hier Surya-Nadi meine, den Energiekanal auf der rechten Seite der Wirbelsäule, auch Pingala-Nadi genannt.
Bei Govindan (S. 125) lesen wir hingegen von der Deutung des Wortes “Sonne” als das “Sonnentor im menschlichen Körper” und das wiederum sei Sushumna-Nadi, der zentrale Energiekanal entlang der Wirbelsäule zum Scheitel. Er schildert noch, dass der yogin nach seinem Tod zu den höheren astralen Ebenen der devas (Götter) gelange (oder sogar noch darüber hinaus zu den “kausalen Ebenen der Wahrheit”), wenn sie/er den Körper durch Sushumna-Nadi verließe.
Umfrage: Welches Meditationsobjekt ist hier deiner Meinung nach gefragt?
Welches Meditationsobjekt ist deiner Meinung nach in dieser Sutra mit Surye gemeint?
Wie genau soll man bei Samyama über ein Meditationsobjekt vorgehen?
Voraussetzungen und Vorbereitungen für Samyama und Siddhis
Voraussetzungen für Samyama und Siddhis
Um Samyama – die kombinierte Praxis von Konzentration, Meditation und Versenkung – erfolgreich üben zu können, müssen bestimmte psychologische und spirituelle Voraussetzungen erfüllt sein. Einig sind sich die traditionellen wie modernen Lehrer, dass der Geist des Übenden ausreichend gereinigt und gesammelt sein muss. Das bedeutet: innere Stabilität, relative Gedankenstille und Freiheit von starken emotionalen Aufwallungen als Grundlage. Es bedarf eines Maßes an Konzentrationskraft, Achtsamkeit und Gelassenheit gegenüber Sinnesreizen, damit die Aufmerksamkeit vollständig nach innen gelenkt werden kann. Besonders hervorgehoben wird die Haltung der Nicht-Verhaftung (Vairagya): Der Yogi soll nicht mehr an gewöhnlichen Sinnesfreuden oder Erfolgserlebnissen hängen, sondern eine innere Unabhängigkeit davon kultiviert haben.
Darüber hinaus betont der yogische Weg, dass die grundlegenden Stufen des Achtgliedrigen Pfades gefestigt sein sollen, bevor man sich höheren Techniken wie Samyama widmet. Konkret bedeutet dies: Yama und Niyama – die ethischen Prinzipien und Selbstdisziplinen – sollten im Leben des Übenden verankert sein, um mentale Unruhe und konflikthafte Begierden zu minimieren. Die Praxis von Asana (Körperübungen) und Pranayama (Atemlenkung) baut Spannungen und Rastlosigkeit ab und stabilisiert Körper und Nerven, was indirekt dem Geist zugutekommt. Pratyahara, das systematische Zurückziehen der Sinne, ist ebenfalls eine entscheidende Vorstufe: Erst wenn die Aufmerksamkeit nicht mehr unwillkürlich von äußeren Eindrücken gesteuert wird, kann echte Konzentration nach innen entstehen. Diese Vorarbeiten schaffen den Nährboden, auf dem Samyama gedeihen kann. Ein Yogi, der Schritt für Schritt diesen Pfad gegangen ist, entwickelt die geistige Stärke und Reinheit, die nötig sind, um tiefe Versenkung zu erreichen – und in deren Folge können Siddhis überhaupt erst auftauchen.
Die Rolle von Entsagung und Ethik (Vairagya, Yama, Niyama)
Entsagung/Nichtanhaftung im Yoga, auf Sanskrit Vairagya, und die ethischen Richtlinien Yama und Niyama gehören zu den fundamentalsten Anforderungen, insbesondere wenn es um den Umgang mit Siddhis geht. Vairagya bedeutet ein inneres Losgelöstsein: der Übende übt sich darin, Verlangen und Anhaftungen aufzugeben – seien es sinnliche Genüsse, materielle Güter oder auch das Streben nach außergewöhnlichen Fähigkeiten. So kann der Yogi in die Tiefe von Samyama gelangen.
Die Geisteshaltung von Vairagya ist auch hilfreich dabei, dass aufkommende Siddhis den Yogi nicht verführen. Nur wer in Gleichmut gegenüber allen Phänomenen bleibt, kann übernatürliche Wahrnehmungen haben, ohne vom eigentlichen Pfad abzukommen. Patanjali nennt Vairagya nicht umsonst bereits im ersten Kapitel als Schlüssel zur geistigen Stille: Das fortwährende Loslassen verhindert, dass der Geist neue Wellen von Begierde und Ego-Stolz bildet.
Ergänzend dazu bilden Yama und Niyama das moralische Fundament. Die fünf Yamas – etwa Gewaltlosigkeit (Ahimsa), Wahrhaftigkeit (Satya) oder Nicht-Gier (Aparigraha) – und die fünf Niyamas – etwa Reinheit (Shaucha) und Selbststudium (Svadhyaya) – sorgen dafür, dass der Charakter und Lebenswandel des Yogis ethisch ausgerichtet sind. Warum ist das so wichtig in Bezug auf Siddhis? Zum einen reinigt moralisches Verhalten das Herz und mindert egoistische Tendenzen, was die Wahrscheinlichkeit von Missbrauch oder falscher Identifikation mit Kräften reduziert. Zum anderen stabilisieren Yama und Niyama den Geist: Ein Gewissen, das frei von Schuld und Zwiespalt ist, kommt leichter zur Ruhe. Traditionell heißt es, dass Siddhis nur einem Yogi dauerhaft und gefahrlos zufallen, der Tugend und Selbstbeherrschung verkörpert. Andernfalls können Machtgefühle, Hochmut oder unethische Versuchungen die Folge sein. Daher lehren die Yogameister, dass jede Erweiterung der Fähigkeiten mit entsprechender Demut und Verantwortungsbewusstsein einhergehen muss – Qualitäten, die durch die Befolgung von Yama und Niyama kultiviert werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Vairagya und die ethische Praxis sind Förderer und Schutzmechanismus auf dem Weg zur höheren Erkenntnis. Sie erleichtern das Eindringen in lang anhaltende innere Stille bei voller Bewusstheit und bewahren den Übenden davor, die Richtung zu verlieren, wenn Siddhis auftauchen. Ein Yogi, der Entsagung übt und ethisch gefestigt ist, wird die verfeinerten Sinneswahrnehmungen zwar registrieren, aber weder missbrauchen noch für wichtiger halten als das letztendliche Ziel – die Erkenntnis des wahren Selbst (Purusha) und die Befreiung.
Vorbereitende Techniken für Samyama und verfeinerte Wahrnehmung
Um den Geist auf Samyama und mögliche subtile Wahrnehmungen vorzubereiten, empfehlen Yogalehrer seit jeher verschiedene unterstützende Techniken. Insbesondere folgende Ansätze haben sich als hilfreich erwiesen:
- Yama und Niyama hatten wir schon, empfohlen wird auch eine stabile und bequeme Sitzhaltung (Asana).
- Pratyahara (Zurückziehen der Sinne): In dieser fünften Stufe des Raja Yoga lernt der Übende, die Aufmerksamkeit von äußeren Sinnesobjekten abzuziehen. Praktisch wird Pratyahara z.B. geübt, indem man sich in Entspannung auf innere Wahrnehmungen konzentriert und äußere Reize ausblendet – etwa durch Augen schließen, in Stille sitzen oder Visualisierungen. Dadurch werden die Sinne „nach innen gezogen“. Ein trainiertes Pratyahara ist die Voraussetzung dafür, dass in Samyama die verfeinerten, inneren Sinneswahrnehmungen auftauchen können. Erst wenn die gewöhnlichen Sinnesreize an Macht verlieren, entsteht Raum für das subtile innere Hören, Sehen etc.
- Pranayama (Atemkontrolle): Gezielte Atemübungen beruhigen das Nervensystem und sammeln den Geist. Durch Regulierung (Patanjali nennt Verlängerung und Verfeinerung) des Atems – etwa mittels tiefer Bauchatmung, Wechselatmung (Nadi Shodhana) oder einfach nur der Verlängerung der Ausatmung – wird der Geist fokussiert und der Energiefluss harmonisiert. Patanjali selbst führt Pranayama als wichtige Vorstufe zu Dharana (Konzentration) an. Ein gleichmäßiger, feiner Atem fördert eine introvertierte Aufmerksamkeit und kann latente Energien (Prana) wecken. Insbesondere fortgeschrittene Pranayamas, die mit Konzentration auf Energiezentren (Chakras) verbunden sind, schulen die Wahrnehmung des inneren Raums. Dadurch wird der Yogi empfänglicher für subtile Empfindungen – eine essenzielle Vorbereitung, um in tiefere Meditation vorzudringen, wo sich Siddhis zeigen könnten.
- Optional: Yoga Nidra (Yogischer Tiefenentspannungszustand): Yoga Nidra ist eine geführte Meditation, die den Körper in vollständige Entspannung versetzt, während der Geist hellwach bleibt. In diesem Schwebezustand zwischen Wachen und Schlaf treten Gehirnwellen auf, die für Aufnahmefähigkeit und Intuition förderlich sind. Die Praxis von Yoga Nidra hilft, unbewusste Verspannungen und mentale Blockaden abzubauen. Sie schult außerdem die Fähigkeit, bewusst ins Unterbewusstsein hineinzulauschen, ohne einzuschlafen. Diese Fertigkeit – entspannt und zugleich aufmerksam nach innen zu schauen – ist eine direkte Vorbereitung auf Samyama. Ein Yogi, der Yoga Nidra meistert, kann seine Aufmerksamkeit lange nach innen richten, was die Kontinuität von Dharana/Dhyana fördert. Zugleich fördert Yoga Nidra einen Zeuge-Geist („Sakshi-Bhava“), der Phänomene beobachten kann, ohne sich damit zu identifizieren – hilfreich, um etwaige Siddhi-Erfahrungen nüchtern zu betrachten. Hier findest du die konkrete Übungsanleitung.
- Optional: Japa (Mantra-Wiederholung): Die Rezitation oder mentale Wiederholung eines Mantras gilt als eine der wirkungsvollsten Konzentrationshilfen. Durch Japa wird der rastlose Geist schrittweise beruhigt und auf einen Klang oder eine heilige Silbe ausgerichtet. Das kontinuierliche Wiederholen – ob laut, leise oder innerlich – bündelt die Gedankenströme und führt zu tiefer Meditation. In vielen Yoga-Traditionen heißt es, ein Mantra reinige den Geist und öffne das Herz. Praktisch bewirkt Japa, dass störende Gedanken in den Hintergrund treten und eine spirituelle Schwingung den Vordergrund einnimmt. Dies bereitet auf Samyama vor, indem das Mantra wie ein Anker für Dharana dient und nahtlos in Dhyana übergehen kann. Zudem kann intensives Mantra-Japa dazu führen, dass der Übende das Mantra schließlich innerlich „hört“, ohne aktives Tun – eine Form von subtiler Wahrnehmung, die als Siddhi betrachtet werden könnte (z.B. Nada-Anubhava, das innere Klang-Erlebnis). Selbst wenn solche Phänomene nicht explizit gesucht werden, stärkt Japa in jedem Fall die Konzentration, Hingabe und Vairagya. Diese Qualitäten schützen und begleiten den Yogi, falls sich verfeinerte Sinneswahrnehmungen einstellen.
Zusammengefasst dienen Pratyahara, Pranayama, Yoga Nidra und Japa als (nicht unbedingt notwendige aber) hilfreiche Bausteine in der Vorbereitung auf Samyama. Sie entwickeln die nötige geistige Disziplin, Sammlung und Reinheit, um die im Yoga-Sutra beschriebenen Fähigkeiten zu ermöglichen (garantieren aber deren Auftreten nicht). Gleichzeitig fördern sie die Haltung von Losgelöstheit und innerer Ruhe, sodass der Yogi bereit ist, Siddhis weder zu erzwingen noch zu fürchten, sondern sie im richtigen Geist zu integrieren. Jede dieser Techniken ist für sich schon eine wertvolle Übung; im Zusammenspiel ebnen sie den Weg zu den tieferen Erfahrungen des Yoga – bis hin zur Pratibha, dem aufblitzenden inneren Wissen, und darüber hinaus zum endgültigen Ziel des Yoga, der Verwirklichung des Selbst.
🌀 Samyama-Reife-Check
Samyama – die Kombination aus Konzentration, Meditation und tiefer Versenkung – ist eine hochentwickelte Praxis im Yoga. Doch ist sie für jeden und zu jeder Zeit sinnvoll? Mit diesem kurzen Selbsttest kannst du einschätzen, ob dein Geist bereit ist, sich auf diese subtile Form des inneren Forschens einzulassen.
So geht's: Beantworte die Fragen ehrlich und spontan. Am Ende erhältst du eine Einschätzung und eine Empfehlung für deinen nächsten Schritt.
Diese Zeitleiste zeigt dir die Stufen des Yogawegs, die nötig sind, um in den Zustand von Samyama zu kommen – und wie daraus Siddhis (verfeinerte Sinneswahrnehmungen) spontan entstehen können. 🪷 Yama & Niyama Ethische Grundlagen & Selbstdisziplin: z. B. Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Reinheit. Sie bereiten deinen Geist auf Tiefe und Klarheit vor. 🧘 Asana Stabiler, bequemer Sitz. Der Körper wird still, der Atem ruhig – beides ist nötig für längere innere Versenkung. 🌬️ Pranayama Atemkontrolle als Brücke zur inneren Wahrnehmung, Pantanjali empfiehlt, Ausatmung und Einatmung und Anhalten zu verlängern und zu verfeinern. Dieses Pranayama beruhigt das Nervensystem und bereitet den Geist auf Fokus vor. 👁️ Pratyahara Zurückziehen der Sinne. Der Blick geht nach innen. Die Außenwelt verliert an Bedeutung. Jetzt beginnt echte Sammlung. 🎯 Dharana Konzentration auf ein Objekt (z. B. Licht, Atem, Mantra). Der Geist bleibt bei einem Punkt – erste Form von Meditation. 🧘♀️ Dhyana Meditation. Der Fokus wird fließend, mühelos. Es gibt keine Unterbrechungen mehr – reines Verweilen im Beobachteten. 🌌 Samadhi Verschmelzen mit dem Objekt. Kein „Ich meditiere“ mehr – nur noch reines Sein. Dies ist der Eingang in tiefe Einsicht. ✨ Übergang zu Samyama Wenn Dharana, Dhyana und Samadhi auf dasselbe Objekt gerichtet sind – ohne Unterbrechung –, kann daraus Samyama entstehen. Dann ist der Geist hochfokussiert, durchlässig und empfänglich für tiefe, intuitive Erkenntnis. 🌟 Was entsteht daraus? Spontan kann es geschehen, dass sich ein Siddhi zeigt, du z. B. feiner hörst, spürst, siehst – nicht mit den Sinnen, sondern von innen heraus. Denke immer daran: Siddhis sind kein Ziel, aber ein möglicher Meilenstein auf deinem Weg.
Interaktive Zeitleiste: Pfad zu Samyama und den Siddhis
Samyama, der Dreiklang aus Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) auf ein Meditationsobjekt ist das Mittel der Wahl für den Yogi, um die in Kapitel III des Yogasutra besprochenen Siddhis auszuüben. In diesem Fall ist das Meditationsobjekt zumeist die reale Sonne.
Üblicherweise gelingt tiefe Versenkung bei voller Bewusstheit am besten mit tiefer Meditation. Es soll auch mit Yoga Nidra funktionieren, wenn du die darin enthaltenen Schritte mit Konzentration ohne einzuschlafen durchführen kannst. Zu beiden Techniken findest du Anleitung (& Downloads) auf Yoga-Welten.de:
Der Begriff Meditation hat viele Facetten. Das Spektrum reicht vom Nachsinnen über ein Thema (vornehmliche Betrachtungsweise der Philosophen) bis zur völligen Gedankenstille. Im Folgenden findest du eine konkrete Anleitung der Schritte, welcher der Buddha himself seinen Schülern zum Lernen einer tiefen Meditation gegeben hat. Sicherlich nicht die schlechteste Herangehensweise, wenn du persönliche Entwicklung oder gar Erleuchtung zum Ziel deiner Meditationsreise auserkoren hast. Am Ende findest du eine Merkkarte zum Ausdruck – z. B. für das Portemonnaie. Willkommen zu der Entspannungstechnik des Yogas: Yoga Nidra. Die yogische Tiefenentspannung, auch "yogischer Schlaf" genannt, ist eine Tiefenentspannungsübung der tantrischen Yoga-Lehre. Ihr Ursprung liegt in weit entfernten Zeiten. Yoga Nidra führt in tiefe Entspannungszustände, die mit einiger Übung bei vollem Bewusstsein erfahren werden können. Zusätzlich besteht über einen sogenannten Sankalpa die Möglichkeit, Persönlichkeitsentwicklung tief ins Unbewusste einzuprägen. Hier findest du Yoga Nidra erläutert und dazu eine einfache Anleitung, einen Gratis-MP3-Download, den Text zum Ausdrucken und viele Varianten für fortgeschrittenes Üben, auch als Videos.Beitrag: Meditation lernen
Meditation lernen – die grundlegende Anleitung aus dem Buddhismus
Beitrag: Yoga Nidra
Yoga Nidra | Anleitung, MP3, Text und Variationen
Relativ unbedenklich ist der Blick in die Sonne bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.
Du könntest auch bei geschlossenen Augen den Blick auf die Sonne richten und Samyama darauf üben.
Oder du setzt dich mit geschlossenen Augen in die Sonne und führst Samyama über das Licht und die Wärme aus, die du spürst. Gleichzeitig kannst du dir die Sonne vorstellen.
In Indien gibt es eine Technik, Tratak (eigentlich ein langes, konzentriertes Schauen auf eine Kerzenflamme, siehe folgende Artikel und Sutra zuvor), um mit Blick direkt auf die Sonne zu üben. Sukadev berichtet von seinem Meister Swami Sivananda, der dies beherrscht haben soll und direkt in die pralle Mittagssonne geschaut haben soll.
Melinah fragt: Guten Abend, ich hoffe, es ist okay, wenn ich hier Fragen stelle. Bin noch sehr neu hier im Forum. Sehr gerne würde ich regelmäßig meditieren, ich probiere es auch öfter mal, aber so richtig klappen will es noch nicht. Die Gedanken schweifen zu sehr ab. Ich halte es nie länger als 2 oder 3 Minuten aus. Ich habe das Gefühl, ich mache es falsch und breche dann ab. Ist das richtig so, oder sollte ich einfach immer weiter machen? Zur Info: Ich sitze meistens im Schneidersitz, mit geradem Rücken, Hände offen und nach oben zeigend auf dem Oberschenkel, Augen geschlossen, Gesicht nach vorne. Ist das überhaupt richtig? Außerdem interessiere ich mich für Tratak. Ich würde es gerne versuchen, habe aber auch hierzu ein paar Fragen. Zuerst: Blinzeln ist nicht erlaubt? Soll man ganz aufhören, wenn man blinzelt, oder einfach so lange nicht blinzeln, wie es geht und nach Bedarf aufhören? Ich bin eine Brillen- oder eher Kontaktlinsenträgerin. Sollte ich Tratak ohne beides ausführen? Ich habe auch gelesen, dass Augenprobleme langsam verbessert werden, oder irre ich mich? Ich glaube, das wars erst einmal. So viele Fragen, ich hoffe wirklich, ihr könnt mir weiterhelfen. :) Mein Interesse ist groß. Ich habe auch erst vor kurzem mit Yogastunden begonnen, bin also wirklich noch sehr neu auf dem ganzen Gebiet. Euch allen einen schönen Abend! Melinah Die Antworten lauten wie folgt: Tratak oder Trataka – die Augenreinigung Zunächst die Verse aus der Hatha Yoga Pradipika zu Trataka (auch Tratak), der Augenreinigung oder auch Augenmeditation: 2-29 Achtsam soll der Yogi mit starrem Blick auf einen kleinen Punkt schauen, bis Tränen entstehen. 2-32 Dieses hält die Augen frei von Krankheiten, Erschöpfung und verhindert andere Krankheiten. Der Yogi soll Trataka geheim halten. Ausführungen zur Ausübung mit weichem Blick:Beitrag: Tratak und Meditation
Tratak und Meditation
Beitrag: Tratak oder Trataka – die Augenreinigung
Trataka in der Hatha Yoga Pradipika
Alternativ/ergänzend kann man sich gemäß der Deutungen obiger Kommentatoren auf die “innere Sonne” oder Sushumna-Nadi (Energiekanal entlang der Wirbelsäule) oder auf Surya-Nadi, den Energiekanal auf der rechten Seite der Wirbelsäule, auch Pingala-Nadi genannt, bei seiner Meditation konzentrieren.
Möchtest du bis hierhin etwas ergänzen oder korrigieren? (2)
Möchtest du bis hierhin etwas zum Gesagten ergänzen oder etwas korrigieren?
Vielen Dank für jeden Hinweis!
Vyāsas Kosmologie im Kontext zu Sutra 3.27 – eine erläuternde Zusammenfassung
Erläuterungen zu Vyasa
Vyasa war ein indischer Philosoph des 5. bzw. 6. Jahrhunderts nach Christi, der den ältesten überlieferten Kommentar zum Yogasutra des Patanjali schrieb. Der Text wird Yogabhashya (wörtlich "Kommentar (Bhashya) zur Yogaphilosophie") genannt und um 600 nach Christi datiert. Vyasas Kommentare zu den Sutras sind oftmals recht kurz.
Dieses Yogabhashya wurde im 8./9. Jh. von Shankara (788–820 n. Chr, indischer Gelehrter, Vedanta-Philosoph, Begründer der Advaitavedānta-Tradition) kommentiert. Sein Kommentar nennt sich Yogabhashyavivarana, Vivarana ist ein Unterkommentar. Auch Vachaspati Mishra hat einen frühen, berühmten Kommentar zum Yogasutra geschrieben. (Meine Quellen für diese Kommentare waren unterschiedliche Bücher und Webseiten, zum Beispiel Legget (siehe Literatur) und wisdomlib.org/hinduism/book/yoga-sutras-with-commentaries/). Ich gebe hier diese Kommentare in für mich relevanten Auszügen in Worten wieder, die für mich den Sinn in heutigen Worten am besten wiedergeben. Dies ist explizit kein Bemühen, die Originalkommentare wortgetreu wiederzugeben. Fehlinterpretationen sind natürlich in meiner Verantwortung.
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Die Kommentare von Vyasa, Mishra und Shankara sind oft wörtlich übersetzt worden, zum Beispiel bei den oben angegebenen Quellen.
Vyāsa, einer der bekanntesten Kommentatoren zum Yoga Sūtra von Patañjali, beschreibt in seinem Kommentar zu Sutra 3.27 eine umfassende kosmische Ordnung – ein vielschichtiges Weltbild, das die äußeren wie inneren Welten umfasst. Dabei greift er auf traditionelle vedisch-puranische Vorstellungen zurück. Was folgt, ist keine wörtliche Übersetzung, sondern eine verständlichere, erläuternde Wiedergabe dieser vielschichtigen Beschreibung – speziell für Menschen mit Interesse an Yogaphilosophie und spiritueller Praxis.
🪐 Die sieben Ebenen der Welt (Bhuvanas)
Vyāsa nennt sieben „Welten“ bzw. Ebenen der Existenz. Diese sind nicht nur physische Räume, sondern symbolisieren auch Bewusstseinszustände oder subtile Dimensionen der Wirklichkeit:
- Die irdische Welt – von der untersten Höllenregion Avīci bis zum Gipfel des mythischen Bergs Meru.
- Zwischenraum (Antarīkṣa) – von Meru bis zum Polarstern, umfasst die Sternenregionen.
- Der Himmel – beginnt mit der Welt des Gottes Indra und führt durch mehrere höhere Ebenen:
- Prajāpatis Welt – eine schöpferische Ebene,
- Jana-Loka – Welt göttlicher Wesen,
- Tapas-Loka – Sphäre der spirituellen Kraft,
- Satya-Loka – die höchste Welt der Wahrheit.
Diese Ebenen werden in einem Vers zusammengefasst:
„Dreifach ist die Welt von Brahmā, darunter liegt die Welt des Prajāpati, dann die des großen Indra – all das wird als Himmel bezeichnet. In ihm: die Sterne. Auf der Erde: die Lebewesen.“
🔥 Die niederen Welten: Höllen und Unterwelten
Unterhalb der irdischen Ebene beschreibt Vyāsa mehrere dunkle Bereiche:
- Sechs große Höllen – z. B. Mahākāla, Raurava, Andhatāmisra, in denen Lebewesen das Karma ihrer Handlungen erfahren.
- Die sieben Pātālas – Unterwelten, u. a. Sutala, Vitala, Mahātala, die von verschiedenen Wesenheiten wie asuras, rākṣasas, piśācas usw. bewohnt sind.
Diese Bereiche symbolisieren stark leidvolle, unbewusste oder karmisch belastete Zustände des Daseins.
🌍 Die kosmische Geographie: Die Erde und darüber hinaus
Die Erde, Vasumatī genannt, ist eine von acht Hauptwelten. In ihrem Zentrum erhebt sich der Berg Sumeru, mit Gipfeln aus Edelmetallen und Edelsteinen. Die Erde ist in sieben Inselkontinente (dvīpas) gegliedert:
- Jambudvīpa – die uns bekannte Welt,
- weitere sechs: Śaka, Kuśa, Krauñca, Sālmala, Gomedha, Puṣkara – jeweils doppelt so groß wie der vorherige.
Diese dvīpas sind von sieben Ozeanen umgeben, die symbolisch verschiedene „Elemente“ darstellen: Salz, Zuckerrohrsaft, Wein, Ghee, Quark, Haferschleim und Milch.
Im Zentrum: Ilāvṛta, das spirituelle Herz der Welt. Dort liegt der Garten der Götter mit Städten, Palästen und Versammlungsorten.
✨ Die höheren Regionen: Astral- und Götterwelten
Oberhalb des Sumeru-Gipfels beginnt die astrale Region, in der Planeten und Sterne kreisen. Angetrieben werden sie von vāyus – feinstofflichen Kräften oder „Winden“.
- Mahendra-Loka – Heimat verschiedener Götterklassen, die sich durch bloße Gedanken Wünsche erfüllen können.
- Prajāpatya-Loka – hier leben Götter, die sich von Kontemplation nähren. Ihre Lebenszeit beträgt mehrere Kalpas (Weltzeitalter).
🧘 Die Brahma-Welten: Stufen spiritueller Verwirklichung
Vyāsa beschreibt drei Welten, die direkt mit spiritueller Reifung zusammenhängen:
- Janaloka – Welt der Priester-Götter mit Kontrolle über grobe Elemente und Sinne.
- Tapoloka – Heimat von Göttern mit Macht über die feinstofflichen Elemente (tanmātras).
- Satyaloka – die Welt der Wahrheit, Wohnsitz höchster spiritueller Wesen, z. B. der Suddhanivāsas, die in tiefer Meditation verweilen. Diese Wesen leben vollständig in sich selbst und symbolisieren höchste Formen von Trance (samādhi):
- Savitarka-Samādhi (analytisch unterscheidende Trance),
- Dhyāna-Seligkeit,
- ānanda (Glückseligkeit),
- Ego-Transzendenz.
🌀 Über die phänomenale Welt hinaus
Vyāsa erwähnt außerdem Wesen, die sich nicht mehr im Kreislauf der Erscheinungen befinden:
- Videhas – körperlose Seelen,
- Prakṛtilayas – in die Urnatur zurückgekehrte Seelen.
Sie stehen an der Schwelle zur vollständigen Befreiung (kaivalya).
🧭 Praxisrelevanz: Samyama als Mittel zur Erkenntnis
All diese Ebenen der Wirklichkeit – sichtbar und unsichtbar – können durch Saṁyama erschlossen werden. Das bedeutet: durch konzentrierte Kontemplation auf die innere „Sonne“ (sūrya) und ihre Entsprechung im Körper (z. B. das Sonnentor oder die Sushumna-Nadi) kann der Yogi tiefere Einsichten in die kosmische Ordnung erlangen.
Vyāsa schließt:
„Der Yogi soll üben, bis alles klar wird.“
📝 Fazit
Vyāsas Ausführungen sind keine geografische Beschreibung im modernen Sinn, sondern ein spirituelles Weltmodell. Die verschiedenen „Welten“ stehen für Bewusstseinszustände, kosmische Kräfte und spirituelle Entwicklungspfade. Wer sich mit diesen Vorstellungen beschäftigt, bekommt eine Vorstellung davon, wie tief Patañjalis Yoga Sūtra in ein ganzheitliches spirituelles Weltbild eingebettet ist – ein Bild, das auch innere Reisen und Transformation einschließt.
Übungsvorschlag zu Sutra III-27
Meditiere über die reale Sonne oder deine innere Sonne. Verschmelze möglichst tief mit deinem Meditationsobjekt und öffne dich für aufkommende Informationen.
Meine Erkenntnisse/Erfahrungen bei/mit dieser Übung

Siehe auch folgende Sutra
Yoga Sutra II-27: Die Anwendung der reinen Unterscheidungskraft führt zur siebenfachen Erkenntnis
Ergänzungen und Fragen von dir zur Sutra
Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?
Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:
Videos zu Sutra III-27
Sonnen-Meditation - Intuition über die Welt – Kommentar von Sukadev zu Yoga Sutra - Kap. 3, Vers 27
Länge: 3 Minuten
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Anvita Dixit zur Meditation über die Sonne (bei ihr Sutra III-26)
Länge: 8 Minuten
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Video von Ahnand Krishna zur Sutra
Kräfte von Samyama: Asha Nayaswami zu Sutra 3:26-27
Länge: 68 Minuten
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