Yoga Sutra Das Selbst
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Yoga Sutra I-3: Dann ruht der Wahrnehmende in seiner wahren Natur
Tadâ drashtuh swarûpe ‘vasthânam
तदा द्रष्टुः स्वरूपेऽवस्थानम्Hier wird das erste große Versprechen des Yoga verkündet. Die Tragweite dieser Zusicherung wird in den Kommentaren zur Sutra erläutert:
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Yoga Sutra I-4: In den anderen geistigen Zuständen - mit Vrittis - identifiziert sich der Wahrnehmende mit den Bewegungen im Geist
Vṛitti sārūpyam-itaratra
वृत्तिसारूप्यमितरत्रAlso... In allen anderen Umständen, außer dem der klaren Sicht, identifiziert sich der Mensch mit seinen Vrittis. Das gilt es zu ändern. An Vorschlägen, was man als Yogi tun kann, soll es nicht mangeln...
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Yoga Sutra I-24: Ishvarah ist als besonderes Wesen unberührt von Leid, Karma oder Wünschen
Klesha-karma-vipâsakâshayair-aparāmṛṣṭaḥ puruṣa-viśeṣa īśvaraḥ
क्लेशकर्मविपाकाशयैरपरामृष्टः पुरुषविशेष ईश्वरःViele Sutras-Kommentatoren sehen zwei Aspekte in dieser Sutra: Ishwara findet sich IN UNS als ein göttliches Bewusstseinszentrum und wir müssen einige Dinge überwinden, um Gott in uns zu erfahren. Genauer gesagt handelt es sich um vier Punkte.
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Yoga Sutra I-27: Ishvara zeigt sich in dem Wort OM (Pranavah)
Tasya vâchakah pranavah
तस्य वाचकः प्रणवःHier beschreibt Patanjali einen weiteren Weg, Gott (Ishvara) in uns zu erfahren. Doch unkonzentriertes Murmeln von OM reicht nicht aus:
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Yoga Sutra I-28: OM ist im Bewusstsein seines Sinnes mit Hingabe zu wiederholen
Tajjapas tad–artha–bhâvanam
तज्जपः तदर्थभावनम्Die Übung besteht also im Wiederholen von OM, hingebungsvoll und verbunden mit einer Vorstellung von dessen Bedeutung. Hiermit erläutert Patanjali einen weiteren Weg zur Befreiung. Begibt man sich auf diesen Pfad, sollte man wissen, wie er sich dieses Wiederholen vorstellte.
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Yoga Sutra I-29: Durch diese Praxis erlangt man das wahre innere Selbst und alle Hindernisse verschwinden
tataḥ pratyak-cetana-adhigamo-py-antarāya-abhavaś-ca
ततः प्रत्यक्चेतनाधिगमोऽप्यन्तरायाभावश्चMan kann sagen, dass Patanjali der bewussten OM-Rezitation wahre Wunderwirkungen attestiert. Hindernisse werden überwunden, Probleme gelöst. Die Kommentatoren erläutern dies ausführlicher:
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Yoga Sutra II-20: Der sehende ist reines Bewusstsein; doch er sieht [die Welt] durch den [täuschungsanfälligen] Geist
draṣṭā dṛśimātraḥ śuddho-pi pratyaya-anupaśyaḥ
द्रष्टा दृशिमात्रः शुद्धोऽपि प्रत्ययानुपश्यःPatanjali beschreibt unsere grundlegende Essenz und deren Wahrnehmung der Welt. In diesem Wahrnehmungsprozess kommt es gemäß der Yogalehre leicht zu Verwirrung und Täuschung. Es finden sich hier interessante Parallelen zur modernen Wahrnehmungspsychologie.
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Yoga Sutra II-21: Die Welt existiert nur für den Sehenden
Tadartha eva dṛśyasyātmā
तदर्थ एव दृश्यस्यात्माEine durch und durch positive Sutra. Und eine, aus der wir viel Kraft schöpfen können – in guten und in schlechten Zeiten. Eine Sutra, die unser Interesse für die Welt und unsere permanente Achtsamkeit stark zu motivieren vermag. Die uns bei einer Entscheidung „Soll ich das jetzt tun oder lieber lassen“ als Richtschnur zur Verfügung steht.
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Yoga Sutra II-22: Die Welt verschwindet für den, für den sie ihren Zweck erfüllt hat; für alle anderen existiert sie als gemeinsame Realität weiter
Kritârtham prati nashtam apy anashtam tad-anya-sâdhâranatvât
तदर्थ एव दृश्यस्यात्माDies ist eine für den Normalmenschen kaum nachvollziehbare Sutra. Wie soll sich die Welt für mich auflösen, wenn ich sie völlig (und dauerhaft) durchschaue? Die Kommentatoren versuchen, diesen Prozess zu erklären und geben wertvolle Empfehlungen.
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Yoga Sutra II-23: Der Sinn der Vereinigung unseres Wahren Selbstes mit der äußeren Welt besteht darin, dass wir unsere Wahre Natur und deren Kräfte erkennen.
svasvāmi-śaktyoḥ svarūp-oplabdhi-hetuḥ saṁyogaḥ
स्वस्वामिशक्त्योः स्वरूपोपलब्धिहेतुः संयोगःWieder eine positive Sutra in Bezug auf unser Dasein und unsere Erfahrungen in der Welt. Sie gibt eine (Teil-)Antwort auf den Sinn des Lebens. Wir schauen uns die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten dazu an.
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Yoga Sutra II-24: Die Ursache unserer „Verbindung mit der Welt“ (= Samyoga) ist Unwissenheit
Tasya hetur avidyâ
तस्य हेतुरविद्याEine eher ernüchternde Sutra. Erfahrung in der Welt ist ja ganz schön und auch sinnvoll, hält uns aber im „Gefängnis dieser Welt“. Führt zu irrigen Identifikation. Letztendlich lautet das Ziel Erleuchtung. Der Weg dorthin: Vidya!
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Yoga Sutra II-25: Wenn das Nichtwissen endet, löst sich die Verbindung mit der Welt auf – dadurch erlangt der Sehende absolute Freiheit
tad-abhābāt-saṁyoga-abhāvo hānaṁ taddṛśeḥ kaivalyam
तदभावात्संयोगाभावो हानं तद्दृशेः कैवल्यम्Diese Sutra geht auf den Prozess der Erleuchtung ein. Die Kommentatoren erläutern den Zusammenhang Unwissenheit → Anhaftung in der Welt → Leid. Sie ermuntern uns, die scheinbaren Freuden dieser Welt nicht allzulange hinterherzulaufen, sondern zügig und konsequent die wahre Wirklichkeit zu erkennen.
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Yoga Sutra II-26: Die Entwicklung und ununterbrochene Anwendung einer reinen Unterscheidungskraft beendet die Unwissenheit
Viveka-khyâtir aviplavâ hânopâyah
विवेकख्यातिरविप्लवा हानोपायःMit dieser Sutra nennt Patanjali die konkrete Fähigkeit, die unsere Unwissenheit beendet und uns dadurch zur Erlösung führt. Betont wird, dass wir uns um deren ständige Anwendung bemühen. Dazu gibt es eine Reihe konkreter Tipps und Empfehlungen.
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Yoga Sutra II-27: Die Anwendung der reinen Unterscheidungskraft führt zur siebenfachen Erkenntnis
tasya saptadhā prānta-bhūmiḥ prajña
तस्य सप्तधा प्रान्तभूमिः प्रज्ञाHier endet der Abschnitt des zweiten Kapitels vom Yoga Sutra zur Erlangung der Einsicht. Die Beschreibung des Weges, an dessen Ende für den Yogi die Welt aufhört zu sein. Patanjali macht in dieser Sutra eine geheimnisvolle Andeutung: Die Einsicht entfalte sich in sieben Stufen oder Schritten. Ohne näher darauf einzugehen. Es gibt denn auch mehrere Mutmaßungen dazu, was diese Stufen sein könnten.