om Vṛitti sārūpyam-itaratra 
वृत्तिसारूप्यमितरत्र

Also ... In allen anderen Umständen, außer dem der klaren Sicht, identifiziert sich der Mensch mit seinen Vrittis. Das gilt es zu ändern. An Vorschlägen, was man als Yogi tun kann, soll es nicht mangeln ... 

Inhalt: Yogasutra Kapitel 1, Vers 4

Punkt 1

Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits

Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:

  • Vritti = Welle, seelisch-geistige Vorgänge, Gedanken(wellen), Gefühlsaufwallungen etc., auch: Bewusstseinszustand, Strukturen, Geistesbewegungen, dazu gehören auch Prägungen, Neigungen, Impulse, Glaubenssätze, Vorurteile, das Wesen des Menschen, Vritti verändert wie eine Fehleinschätzung die Wahrnehmung, Wellen auf der Wasseroberfläche, die den Blick ins Wasser trüben oder verzerren. -> Vritti  

  • sa = ähnlich.
    rupyam = Form.
    Sarupyam, sârûpyam, sarupya = Identifizierung, ähnliche Form, Anpassung, Übereinstimmung. Hier als Gegenteil von Svarupa wie im Satz zuvor benutzt. Die Identifikation findet mit etwas ähnlichem statt, aber nicht mit dem wahren Selbst.

  • itaratra = in anderen Zuständen oder Situationen, andernfalls, ansonsten.

2

Übersetzungsvarianten und -hinweise (Quellen)

Hervorhebungen weisen auf Besonderheiten der jeweiligen Übersetzung hin. Übertragungen aus dem Englischen sind Eigenübersetzungen.

  • In unkonzentrierten Zuständen identifiziert sich der Wahrnehmende mit seinen Gedanken.

  • Sonst sind die inneren Zustände durch Identifizierung mit den seelisch-geistigen Vorgängen determiniert.

  • Zu anderen Zeiten sieht sich der Seher als das veränderliche Bewusstsein.

  • In anderen Umständen formen die Bewegungen des Citta die Erscheinungsformen des Sehers.

  • Ansonsten kommt es zur Identifizierung mit den Fluktuationen des Geistes.

  • Normalerweise identifiziert oder verliert er sich in der Verwirrung seines eigenen Menschenbildes.

  • Andernfalls hält sich der Bewusste für die Muster des Bewusstseins.

  • In allen anderen Zuständen ist er regungsförmig.

  • Zu anderen Zeiten scheint der Seher anzunehmen, die Modifikationen des Geistes zu sein.

  • In anderen Stadien findet sich eine Anpassung mit den Modifikationen.

  • Paul Deussen (1908): „Im andern Falle teilt er die Natur der Funktionen.”
  • Ansonsten ist da eine Übereinstimmung mit den Vritti-Definitionen. (siehe Sutra I-5)

  • Ansonsten identifiziert sich der Beobachter mit den Wendungen des Denkens.

  • Zu anderen Zeiten nimmt das Selbst die Formen der mentalen Modifikationen an.

  • Zu anderen Zeiten [denn denen der Konzentration] identifiziert sich der Seher mit den Modifikationen.

  • Sonst verzerrt das Denken die Wahrnehmung.

  • In anderen Bewusstseinszuständen ist das Bewusstsein mit seinen Bewegungen identifiziert.

  • Zu anderen Gelegenheiten ist da Identifikation mit den Modifikationen.

  • Andernfalls verfremden die Trübungen seine Wahrnehmungen.

  • Zu anderen Zeiten ist da Übereinstimmung mit den Strömungen.

Zu den Quellen

Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:

Bücher

Internetseiten

Weitere Quellen, z. B. zu aktuellen Studien, sind direkt im Text verlinkt.

Dein Übersetzungsvorschlag

Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.

Hast du einen eigenen Übersetzungsvorschlag?

Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)

 

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Hier die bisherigen Antworten anschauen ⇓

Antwort 1
Alle Erscheinungen im Bewusstsein - in dir, gilt es als solche zu erkennen und dich nicht mit ihnen zu verwechseln :)

Antwort 2
In anderen Zuständen identifiziert sich der Beobachter mit den Gedankenwellen.

Punkt 3

Deutung: Verwirrung überwinden

In dieser Sutra sagt Patanjali, was der Yogi hinter sich lassen muss: Die Identifizierung mit den eigenen geistig-seelischen Vorgängen. Das ist die Vergangenheit. "Nun" - siehe Sutra I-1 - folgt der Weg des Yogas. Nicht mehr an der Vergangenheit hängen, nicht alle Hoffnung an die Zukunft klammern - jetzt Yoga machen.

Beachte

Patanjali sagt: Alles andere (außer Nirodha) ist Verwirrung. Alles andere!

Deshpande deutet dies so: Der Mensch, der vom existentiellen Sehen wieder ins vorstellende Wählen abgleitet, identifiziert sich wieder mit seinen Gedanken und landet bei Spannungen, Konflikten usw. Den Akt des Nicht-Wählens (sein Vorschlag!) sieht er als demütige Anerkenntnis dessen, dass man als Mensch nichts über das Leben und die Wirklichkeit weiß.

Punkt 4

Ich bin das nicht!

"Nicht dies, nicht dies, Neti, Neti" ist ein bekanntes Mantra, das von einigen Yogalehrern zur ständigen Wiederholung empfohlen wird. Folglich lautet ihr Vorschlag zur Behebung der Identifikation mit den Geistesbewegungen: Du fragst dich immer: "Bin ich dies?" und sagst dir sogleich: "Neti, Neti".

Nach Sukadev meint Patanjali jedoch, dass jeder Gedanke eine Identifikation enthält. Ohne diese gäbe es gar keine Gedanken, auch wenn ich "Neti" denke. Man solle die Identifikation halt so klein und kurz wie möglich halten.

Punkt 5

Die Gedankenmaschine

Narada weist im Hinblick auf Sutra I-4 darauf hin, dass der große Teil unserer Gedanken autonom abläuft.

Resultieren aus diesem Gedankenkarussell gute Stimmungen (z.B. wenn der Lieblingsmensch den ganzen Tag im Kopf herumspukt), mag der Denker sich freuen. Oftmals, vor allem in späteren Jahren, wenn der Druck steigt und die Kräfte nachlassen, verhält es sich umgekehrt: Gedanken münden in Melancholie. Depression kommt zwar auch in jungen Jahren vor, ist aber vor allem eine Alterserscheinung.

Egal, ob die Gedanken gute oder schlechte Stimmungen zur Folge haben, eines steht für Patanjali und andere Yogis fest: Der Mensch ist bei Identifikation mit den Gedanken nicht Herr seiner selbst.

Yoga strebt daher mit seinen Techniken (Vorschläge über Vorschläge: Achtsamkeit, Konzentration auf ein Objekt, Kontrolle der Aufmerksamkeit, Pranayama, Meditation ...) eine Herrschaft über die Bewegungen im Geist und damit über sich selbst an. In einem Wort: Selbstbeherrschung.

Übrigens: Wim van den Dungen (Sofiatopia) sieht die Wurzelursache aller Unwissenheit in der Übereinstimmung bzw. Identifikation mit den Strömungen des Geistes.

Punkt 6

rolle angeschnitten

Der Purusha in der Höhle

Patanjalis Hinweise zu unserer unter "normalen" Umständen verzerrten Wahrnehmung kann man gut am berühmten Höhlengleichnis veranschaulichen. Platon (428/427–348/347 vor Chr.) lässt diese Geschichte am Anfang des siebten Buches seines Dialogs Politeía von Sokrates erzählen.

Wir befinden uns in einer unterirdischen Höhle. Ein breiter Gang führt nach oben, Licht (ein Feuer oder die Sonne) scheint über diesen Zugang in die ansonsten dunkle Höhle.

hoehle

Unten in der Grotte kauern Gefangene, die seit der Geburt so gefesselt sind, dass sie nur auf die dem Ausgang entgegengesetzte Höhlenwand blicken können. Sie haben sich noch nie umgedreht und ahnen nichts von der Welt dort oben.

Als weitere Erkenntnishürde führt Sokrates eine Mauer ein, die im Gang zwischen Lichtquelle und Höhlengefangenen einen Teil des Lichtes abschneidet. Oben flanieren Menschen vor dem Höhleneingang hin und her und tragen dabei verschiedene Lasten. Die Mauer ist so hoch, dass auf der Höhlenwand nur die Schatten der getragenen Lasten ankommen, die Schatten der Menschen werden von der Mauer abgefangen.

mauer

Damit erscheint es den Höhlenbewohnern so, als ob die getragenen Lasten sich eigenständig bewegten. Einige Träger oben unterhalten sich, ihre Worte werden von der Höhlenwand auf die Gefangenen zurückgeworfen. Für die Höhlengefangenen wirkt es so, als würden die Schatten der getragenen Lasten sprechen.

Sokrates geht soweit, die Höhlenbewohner eine Wissenschaft von den Bewegungen der Schatten entwickeln zu lassen. Derjenige der Schattenwissenschaftler, der die besten Voraussagen zur Bewegung der Schatten macht, erhält das höchste Ansehen.

Betrachten wir diese Sehfähigkeit der gefangenen Höhlenbewohner als die eines Menschen, der die Welt mit Vrittis wahrnimmt. Platon verstand darunter die Wahrnehmung eines Menschen mit den normalen Sinnen.

Einer bricht aus

Nun schlägt Sokrates vor, dass einem Gefangenen die Flucht gelingt. Zunächst befreit er sich von den Fesseln und ist in der Lage, sich umzudrehen. Im ersten Moment wird er sich geblendet abwenden. Doch bleibt er neugierig (oder wird gezwungen), steht auf und wankt dem Licht entgegen, so wird er sich nach und nach an die Helligkeit gewöhnen.

Würde dieser Gefangene wieder in die Welt der Schattenhöhle zurückwollen, nachdem er die lichte Welt oben kennen gelernt hat? Sicher nicht. So mag es auch einem Yogi ergehen, der den Purusha geschaut hat.

Sokrates geht noch weiter: Man stelle sich vor, dieser Befreite eile zurück in die Höhle und würde die anderen Gefangenen von seinen Erlebnissen berichten. Dort unten angekommen würde er erst einmal nichts sehen, da es zu dunkel für seine Sinne ist, er würde sich vielleicht sogar tollpatschig verhalten. Würden die Gefangenen so einen Menschen ernst nehmen?

Das Höhlengleichnis von Platon enthält noch weitere Deutungsmöglichkeiten und Gleichnisse. Wer mehr lesen mag, schaue zum Beispiel auf Wikipedia.

Punkt 7

Schlussfolgerungen

Sriram formuliert anschaulich: Wenn keine Einheit vorhanden ist, wird Wahrnehmung durch Gefühle und Gedanken verfälscht.

Iyengar zieht an dieser Stelle ein wichtiges Fazit, dass vielen vielleicht nicht munden mag: Aus den Sutras I-1 bis I-4 sei zu ersehen, dass Übung und Entsagung zusammen gehören. Übung ohne Entsagung würde "nichts fruchten". (Iyengar "Urquell des Yoga" Seite 35). Denn mit einem Flügel könne ein Vogel nicht fliegen.

Punkt 8

Fazit der Sutras I-1 bis I-4

Die ersten vier Sutras fassen das gesamte Yogasutra zusammen und beinhalten dessen Kernbotschaft: Mache Yoga - jetzt - und beruhige deine Geistesaktivitäten. Dann klärt sich dein Geist und du erkennst dein wahres Selbst. In allen anderen Zuständen ist deine Sicht von dir selbst und der Welt getrübt.

Dein Feedback / deine offene Frage an den Text

  • Was ist "Nichtwählen"?
    Anonym fragt: Im 3. Kapitel wird vom "Akt des Nichtwählens" gesprochen. Worin oder zwischen welchen Möglichkeiten soll man nicht wählen? Und Sriram sagt: "Wenn keine Einheit vorhanden ist, wird Wahrnehmung durch Gefühle und Gedanken verfälscht." Einheit womit? Zwischen dem was ist und dem was ich sehe? Vielen Dank für die Anregung!
    Antwort Peter: Zum Nichtwählen: Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, er meint damit zum Beispiel die Akte des "Habenwollens" bzw. "Ablehnens", welche ja laut Yogasutra vermieden werden sollen, unter anderem um Freiheit zu erlangen.
    Zu "Einheit": Hier habe ich auch keine konkrete Definition gefunden. Ich gehe aber davon aus, dass er damit den Zustand des Nicht-Denkens, wie er in Sutra I-2 das erste Mal beschrieben wird, meint. Zu dieser Sutra erläutert Sriram nämlich: "Einheit besteht, wenn alle Gedanken und Gefühle zueinander finden." 
    Weiß jemand Näheres?

Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?

Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:

 

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Punkt 9

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Yoga Sutra II-20: Der sehende ist reines Bewusstsein; doch er sieht [die Welt] durch den [täuschungsanfälligen] Geist

auge riss wand sw 250draṣṭā dṛśimātraḥ śuddho-pi pratyaya-anupaśyaḥ
द्रष्टा दृशिमात्रः शुद्धोऽपि प्रत्ययानुपश्यः

 Patanjali beschreibt unsere grundlegende Essenz und deren Wahrnehmung der Welt. In diesem Wahrnehmungsprozess kommt es gemäß der Yogalehre leicht zu Verwirrung und Täuschung. Es finden sich hier interessante Parallelen zur modernen Wahrnehmungspsychologie.

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medi see geist sonne klar 250Citer apratisamkramâyâs tad-âkârâpattau sva-buddhi-samvedanam
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Dieser Artikel bündelt klassische Kommentare, Übersetzungsvarianten, Verbindungen zu moderner Wissenschaft und nennt den Yogapfad zum ruhigen Geist.

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Weitere Sutras, die Aspekte dieser Sutra verdeutlichen

Yoga Sutra I-18: Ein weiterer Zustand des Samadhi - Virama Pratyaya - ist nach intensiver Übung erreicht, wenn alle geistigen Aktivitäten aufhören und nur (ein Rest) unmanifestierter Eindrücke im Geist (eine Form der Leere) verbleiben

wasser tropfen 250

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Yoga Sutra III-36: Weltliche Erfahrungen wie Vergnügen und Genuss beruhen (nur) auf der fehlenden Unterscheidung zwischen dem wahren Selbst (Purusha) und dem eigenen (reinen/sattvigen) Intellekt (Buddhi).

Wissen um und Bewusstsein für das wahre Selbst entsteht durch Samyama auf dessen Interessen.

mann meditierent am berg 250Sattwa-purushayor atyantâsamkirnayoh pratyayâvishesho bhogah parârthât svârtha-samyamât purusha-jnânam
सत्त्वपुरुषायोः अत्यन्तासंकीर्णयोः प्रत्ययाविशेषोभोगः परार्थत्वात्स्वार्थसंयमात् पुरुषज्ञानम्

Wer sich nicht nur mit dem „was“, sondern auch mit dem „warum“ hinter dem Yoga beschäftigen möchte, landet früher oder später bei den tiefgründigen Versen des Yoga Sutra von Patanjali. Einer davon – Sutra III.36 – hat es besonders in sich. Hier geht’s nicht um akrobatische Posen oder Atemtechniken, sondern um das feine Gespür für das, was in uns wirklich echt ist. Im Artikel findest du die Deutungen und Erläuterungen der Kommentatoren des Yogasutra zu wahrem Selbst, Verstand, inneren Impulsen, äußeren Reizen und spirituellem Ehrgeiz. Und vielleicht – nur vielleicht – bringt dich dieser Vers ein kleines Stück näher an das, was du tief in dir längst bist.

Diese Sutra ist für viele Kommentatoren ein sehr wichtiger Vers. Denn wenn ein Yogi unterscheiden kann, was im Leben dem wahren Selbst dient bzw. in dessen Interesse liegt, so kann er stets eine gute Entscheidung treffen und viele Klippen auf dem spirituellen Pfad umschiffen. Patanjali mahnt vermutlich mit dieser Aussage auch davor, die übersinnlichen Fähigkeiten, die in diesem dritten Kapitel das Hauptthema sind, nicht allzu wichtig zu nehmen bzw. ihnen nicht allzu sehr nachzueifern.

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Yoga Sutra I-33: Der Geist wird geklärt durch Kultivierung von Freundlichkeit, Empathie, Zufriedenheit sowie Gleichgültigkeit gegenüber Freude, Leid, Erfolg und Misserfolg

bauer kuh laecheln 250Maitrî–karunâ–muditopeksânam sukha–duhkha–punyâpunya–vishayânâm bhâvanâtash chitta prasâdanam
मैत्री करुणा मुदितोपेक्षाणांसुखदुःख पुण्यापुण्यविषयाणां भावनातः चित्तप्रसादनम्

Sutra I-33 gibt Empfehlungen zu Tugenden, die ein Yogi zur Unterstützung seines Weges entwickeln sollte. Satchidananda schreibt: "Egal ob du dich am Erreichen von Samadhi interessiert zeigst oder vorhast, den Weg des Yoga völlig zu ignorieren, würde ich dir raten, zumindest diese Sutra zu erinnern."

Die hier gegebenen Empfehlungen seien "very helpful", im täglichen Leben einen friedlichen Geist zu bewahren.

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Yoga Sutra I-34: [Der Geist wird klar] durch (kontrolliertes) Ausstoßen oder Anhalten des Atems

pusten blase 250Pracchardana–vidharanabyam va pranasya
प्रच्छर्दनविधारणाभ्यां वा प्राणस्य

Patanjali kommt zum Pranayama. Der bewussten Beeinflussung des Atems (konkrete Hinweise kommen von den Kommentatoren) ermöglicht tiefgehende Erfahrungen. Oder ist diese Sutra ganz anders gemeint? Schauen wir uns die Übersetzungsvarianten an:

Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-34: [Der Geist wird klar] durch (kontrolliertes) Ausstoßen oder Anhalten des Atems


Yoga Sutra I-35: Oder die Meditation über subtile Sinneswahrnehmung führt zur Stabilität des Geistes.

ohr frei 250Visayavati va pravrttir utpanna manasah sthiti-nibandhani
विषयवती वा प्रवृत्तिरुत्पन्ना मनसः स्थिति निबन्धिनी

 

Auch bei dieser Sutra gehen schon bei der Übersetzung die Bedeutungsinterpretationen auseinander. Vielleicht steckt in jeder der Interpretationen ja ein Quäntchen (hilfreiche) Wahrheit. Auf jeden Fall geht es Patanjali in dieser Sutra darum, wie unsere Sinneswahrnehmung uns ein Tor nach innen öffnet.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-35: Oder die Meditation über subtile Sinneswahrnehmung führt zur Stabilität des Geistes.


Yoga Sutra I-36: Oder durch Konzentration auf ein inneres Licht, das frei von Leid ist

licht geflecht 250viśokā vā jyotiṣmatī
विशोका वा ज्योतिष्मती

Inneres Licht – wo soll das denn bitte schön leuchten? Seh ich nicht ...

Gemach! Die Kommentatoren geben, anders als Patanjali, konkrete Übungsempfehlungen zur Schau des inneren Lichtes.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-36: Oder durch Konzentration auf ein inneres Licht, das frei von Leid ist


Yoga Sutra I-37: Oder durch Meditation über einen Menschen, der völlig frei von Anhaftungen an Sinnesobjekte ist.

buddha gruen leuchten 250Vîta-râga-vishayam vâ chittam
वीतरागविषयं वा चित्तम् 

Hier kommt die Kraft des Vorbildes zur Wirkung, die traditionelle yogische Guru-Verehrung im positiven Sinne. Aber auch wenn du nicht der Typ für die Verehrung eines Menschen bist, kannst du die Empfehlung dieser Sutra nutzbringend anwenden.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-37: Oder durch Meditation über einen Menschen, der völlig frei von Anhaftungen an Sinnesobjekte ist.


Yoga Sutra I-38: Oder durch Meditation über Trauminhalte oder den Zustand des traumlosen Schlafes

schlaf engel 0d 250Svapna-nidrâ-jnânâlambanam vâ
स्वप्ननिद्रा ज्ञानालम्बनम् वा

Patanjali schreibt, dass die Meditation über Trauminhalte zur Ruhe des Geistes führen kann. Lese hier, welche Arten von Traumerfahrungen dafür geeignet sind.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-38: Oder durch Meditation über Trauminhalte oder den Zustand des traumlosen Schlafes


Yoga Sutra I-39: Oder durch Meditation über irgendetwas, das man mag

steine bunt haufen lx 250yathā-abhimata-dhyānād-vā
यथाभिमतध्यानाद्वा

Hier scheint Patanjali jegliches Objekt zur Meditation freizugeben. Die Kommentatoren schränken das dann jedoch ein klein wenig ein:

Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-39: Oder durch Meditation über irgendetwas, das man mag


Yoga Sutra II-29: Die acht Glieder des Yoga-Weges sind: Yama (Umgangsregeln), Niyama (Enthaltungen), Asana (Stellungen), Pranayama (Atemregulierung), Pratyahara (Sinnesrückzug), Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Erleuchtung)

acht ashtanga yoga 250yama niyama-āsana prāṇāyāma pratyāhāra dhāraṇā dhyāna samādhayo-'ṣṭāvaṅgāni
यमनियमासनप्राणायामप्रत्याहारधारणाध्यानसमाधयोऽष्टावङ्गानि

 Mit dieser Sutra beginnt der „praktische“ Teil des Yogasutras. Patanjali beginnt ab hier, den achtfachen Yogapfad zu erläutern, für viele der bedeutsamste Teil des Yoga Sutras. Die achte Stufe – Samadhi – ist schon „Yoga“, in Sinne von längerer "Stillstand der Wellenbewegungen des Geistes". Das Ziel des Yogis ist beinahe erreicht.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-29: Die acht Glieder des Yoga-Weges sind: Yama (Umgangsregeln), Niyama (Enthaltungen), Asana (Stellungen), Pranayama (Atemregulierung), Pratyahara (Sinnesrückzug), Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (Erleuchtung)


Punkt 10

Übung zu Yoga Sutra I-4

uebung sutre

Übungsvorschlag für die kommende Woche: Achte in dieser Woche auf deine Identifikationen mit den Bewegungen des Geistes. Sei wachsam.

Frage dich so oft es dir behagt: "Bin ich diese Stimmung, diese Klugheit, diese Erinnerung, dieses Gefühl, dieser Gedanke ...?" Antworte dir selbst: "Nein. Neti."

Hier weiterlesen: Übung zu Yoga Sutra I-4


Punkt 11

Videos zur vierten Sutra:

Erläuterung zur vierten Sutra auf Deutsch:

Youtube-Video

Mit Klick auf dem Button wird eine Verbindung zu Youtube hergestellt und die bei Youtube üblichen Daten erhoben und Cookies gesetzt.

Punkt 12

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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