Vrittayah pañchatayyah klistâklistâh
वृत्तयः पञ्चतय्यः क्लिष्टाक्लिष्टाः
Ab dieser Sutra geht Patanjali ins Detail. Zunächst unterteilt er die Vrittis in schmerzhaft und nicht-schmerzhaft. Doch wo bleibt dabei die Freude?
Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits
Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:
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Vrittayah (Mehrzahl von vritti) =<strong"> Vritti = Welle, seelisch-geistige Vorgänge, Gedanken(wellen), Gefühlsaufwallungen etc., auch: Bewusstseinszustand, Strukturen, Geistesbewegungen, dazu gehören auch Prägungen, Neigungen, Impulse, Glaubenssätze, Vorurteile, das Wesen des Menschen, Vritti verändert wie eine Fehleinschätzung die Wahrnehmung, Wellen auf der Wasseroberfläche, die den Blick ins Wasser trüben oder verzerren. -> Vritti
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Pancatayyah, pañcatayyah = fünffältig, fünf Arten, fünferlei (Art).
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Klista, klistâ = leidvoll, schmerzlich, beschwerlich, schmerzhaft, belastend.
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Aklista, aklistâh = leidlos, nicht schmerzlich, nicht beschwerlich, nicht-schmerzhaft, nicht belastend, harmlos, manche sagen auch: angenehm.
Zu den Quellen
Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:
Bücher
- Mircea Eliade: Yoga – Unsterblichkeit und Freiheit
- Iyengar: Der Urquell des Yoga
- Deshpande/Bäumer: Die Wurzeln des Yoga
- Geraldine Coster: Yoga und Tiefenpsychologie
- R. Sriram: Von der Erkenntnis zur Befreiung – Das YogaSutra
- Govindan: Die Kriya Yoga Sutras des Patanjali
- Mallinson/Singleton: Roots of Yoga
- R. Palm: Der Yogaleitfaden des Patañjali
- T.K.V. Desikachar: Über Freiheit und Meditation | Das Yoga Sutra von Patanajali
- Feuerstein, Georg: Die Yoga Tradition (Amazon)
- Skuban, Ralph: Patanjalis Yogasutra (Amazon)
- Sri Swami Satchidananda: The Yoga Sutras of Patanjali (Amazon)
- Trevor Leggett: The complete Commentary by Sankara on the Yoga-Sutras* (Amazon)
Internetseiten
- Internet-Übersetzung des Yogasutras auf Yoga-Vidya.de
- Zu den Sutras auf ashtangayoga.info
- Zu den Sutras auf 12koerebe.de
- Zu den Sutras auf vedanta-yoga.de
- Openland.de (mittlerweile offline)
- Zu www.bodhi.sofiatopia.org (buddhistische Kommentare zum Yogasutra nur noch als Buch)
- sanskrit-sanscrito.com (Sutras anscheinend entfernt)
- Zur Übersetzung von Chip Hartranft (PDF)
- Die Übersetzung von Hariharananda Aranya, I. K. Taimni, Vasa Houston, Barbara Miller, Swami Satchidananda, Swami Prabhavananda, Swami Vivekananda finden sich auf dieser Seite.
- Übersetzung von James Haughton Woods
- Rainbowbody.com (ausführliche und eigene Kommentierung)
- Wisdom Library
Dein Übersetzungsvorschlag
Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.
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Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)
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Antwort 1
Alle Gedankenformen die vom Bewusstsein – von dir, wahrgenommen werden, erscheinen freudvoll oder auf fünf verschiedene Arten leidvoll :)
Deutung: Keine Freude mit den Vrittis
Man beachte: Gemäß Patanjali gibt es zwar schmerzhafte und nicht-schmerzhafte Geistesbewegungen, er spricht aber hier nicht davon, dass irgendein Vritti freudvoll wäre. Manche deuten dass so, dass Patanjali meint, es gäbe gar keine freudvollen Vrittis (und damit Gedanken, Gefühle, Erinnerung, etc.).
Ähnlich drückt es Sukadev aus, wenn er schreibt: Nur im wahren Selbst ist (richtige) wahre Freude. Die Erläuterung lautet: Wenn für uns ein äußerer Wunsch in Erfüllung geht ist die damit einhergende Freude nicht durch den Wunsch bedingt, sondern durch die daraus resultierende Ruhe unserer Vrittis, so dass in diesem Moment das wahre Selbst hindurchscheinen kann und uns hierdurch ein Gefühl der Freude überkommt.
Wahre Freude im Yoga
Dieser Gedanke lohnt eine Vertiefung, da es hier doch um eine Kernbehauptung des Yogas und des Buddhismus geht: Wahre Freude finden wir nur in uns, nie in äußeren Objekten.
Führe dir das vor genau vor Augen: Zu diesen äußeren Dingen gehören demnach auch der/die Geliebte, die eigenen Kinder, Freunde, Erfolge usw.
Viele denken von sich, sie würden Yoga üben. Gleichzeitig sehnen sie sich nach der Erfüllung ihrer (äußeren) Wünsche ... Vermutlich müssen wir uns diesen Widerspruch ab und an deutlich vor Augen führen, um Klarheit in unseren Geist zu bekommen.
Wie geht es dir mit diesem Grund-Postulat: Nichts im Außen verursacht meine Freude, sondern diese kommt einzig und allein aus mir heraus?
Eliade sagt ganz recht, dass der Weg des Yoga eigentlich eine Daseinsweise völlig konträr zu unserem "normalen" Handeln verlangt.
Die Schmerz-Unterteilung
Die Bewegungen des Geistes können also schmerzhaft oder nicht-schmerzhaft sein. Laut Iyengar kann sich der Schmerz auch mal verbergen. Verborgenes Leid ;-). Weiterhin könne man die Vrittis in erkennbar und nicht-erkennbar für den "ungeübten" Menschen unterteilen. Er gebraucht folgende Metapher: Einem mit Asche bedeckten Kohlenstück sieht man die eventuell noch vorhandene Hitze nicht an. Greift man jedoch zu, spürt man den Schmerz der vorhandenen Hitze.
Siehe zum Vergleich von sichtbar und unsichtbar auch die Sutra II-12:
Klesha-mûlah karmâshayo drishtâ-adrishta-janma-vedanîyah
क्लेशमूलः कर्माशयो दृष्टादृष्टजन्मवेदनीयः
Karma und Reinkarnation sind das Fundament der Yoga-Philosophie sowie der anderen indischen Religionen. Auch Patanjali gründet im Yogasutra ganz selbstverständlich auf diesen beiden Vorstellungen vom Leben und seinen Gesetzen. Sutra II-12 ist dem Zusammenhang Klesha – Karma gewidmet.
Schauen wir im Folgenden einmal genauer hin, wie aus den leidvollen Zuständen unser zukünftiges Leben beeinflusst wird. Und natürlich, wie wir es auf Basis dieser Prinzipien besser haben könnten. Oder – das eigentliche Yoga-Ziel – wie wir alle Einflussnahme auf uns beenden.
Das dortige drishta und adrishta kann laut Iyengar mit klista und aklista verglichen werden.
Sriram deutet schmerzhaft auch als Druck erzeugend, nicht beschwerliche würden entsprechend eventuell von Druck befreien.
Mischmasch
Die Bewegungen des Geistes sind selten alleine schmerzhaft oder nicht-schmerzhaft. Sie ergänzen und fußen aufeinander. Iyengar nennt als weitere Verdeutlichung den Schlaf: Darin findet sich Trägheit aber auch, nach dem Aufwachen, eine Ahnung von höheren Zuständen.
Vrittis im Grunde neutral
Zur Erinnerung: Deshpande deutet Vrittis (auch) als Wählen. Wählen ist in seinem Sinne alles, was von Wunsch oder Begierde eingegeben wird. Yoga sei Freiheit vom Wählen. "Daher sagt Yoga: Höre auf zu wählen und sieh, was geschieht." Wenn das Wählen aufhört, sich die Vrittis verlangsamen, beginnt der Zustand der "Ruhe der totalen Freiheit", die aufmerksame Handlungen ermöglicht, die "allein schöpferisch" sind.
Deshpande sagt hinsichtlich Sutra I-5 weiter: Vrittis müssen von Natur aus nicht leidvoll sein. Sie werden dies erst, wenn die wählende Vorstellung dazwischenkommt und die reine Anschauung verzerrt. Darum müssen sie zur Ruhe kommen, um die reine Sicht zu ermöglichen. So können dann die Vrittis zu "Werkzeugen neuer Entdeckungen" werden.
Schlussfolgerungen
Im den kommenden Sutras I-6 bis I-11 geht Patanjali auf die fünf Vrittis näher ein. Die Intention dahinter könnte sein, den Schüler zu lehren, diese zu erkennen. Wozu das? Dieses Erkennen hilft dabei, die Vrittits zu beruhigen.
Patanjali sagt mit seinen bisherigen Sutras indirekt: Traue nicht deinem Verstand, deinem Geist. Er spielt dir Streiche und ist Quell aller Irrtümer und Leiden. Auch sowas wie die innere Stimme, dein Bauchgefühl, kann dich täuschen.
Patanjali fordert dich auf: Beobachte deinen Geist, lerne ihn kennen, übe die Yoga-Übungen und erlange durch all dies Herrschaft über deinen Geist.
Dabei wollen wir doch nur glücklich sein :-)
Dein Feedback / deine offene Frage an den Text
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Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:
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Antwort 1
Wie kann man "nicht wählen" umsetzen? Sitzt man dann den ganzen Tag? Das wäre doch auch eine Wahl... Oder macht man dann das nicht was man normalerweise machen würde (das für uns Angenehme)?
{tab Siehe auch (Sutras, Links ...)}
Ergänzende Sutras zu I-5
... bzw. die Unfähigkeit, darin beständig zu bleiben. Diese Hindernisse zerstreuen den Geist.
yâdhi–styâna–samshaya pramâdâlasyâ–virati–bhrânti–darshanâ–labdhabhûmi–katvânavasthitatvâni chitta–vikshepâs te’ntaraayaaH
व्याधिस्त्यानसंशयप्रमादालस्याविरतिभ्रान्तिदर्शनालब्धभूमिकत्वानवस्थितत्वानि चित्तविक्षेपास्तेऽन्तरायाः
Ziel des Yoga ist Erleuchtung, Erkennen des wahren Selbstes, des Purushas. Der Weg dorthin führt über die Ruhigstellung des Geistes, siehe Sutra I-2. Doch vor den Erfolg hat der liebe Gott ... Hindernisse gestellt.
In dieser Sutra I-30 nennt Patanjali nun neun solcher Hindernisse. Die Kommentatoren nehmen schon einmal die kommenden Sutras vorweg und besprechen Yoga-Wege zu deren Überwindung:
yduḥkha-daurmanasya-aṅgamejayatva-śvāsapraśvāsāḥ vikṣepa sahabhuvaḥ
दुःखदौर्मनस्याङ्गमेजयत्वश्वासप्रश्वासा विक्षेपसहभुवः
In dieser Sutra nennt Patanjali Symptome, an denen wir einen zerstreuten Geist erkennen. Sie helfen uns, unseren Yoga-Weg stets neu zu justieren. Die Kommentatoren geben tiefergehende Anregungen:
Advidyâsmita–râga–dveshâbhiniveshah kleshah
अविद्यास्मितारागद्वेषाभिनिवेशः क्लेशाः
Kommen wir zu den leidvollen Zuständen, welche den Yogi an der Befreiung hindern. Patanjali gibt hier eine erste Definition der Hindernisse auf dem Yoga-Pfad. Interessant sind auch die Parallelen im Buddhismus.
Drashtri-drishyayoh samyogo heya-hetuh
द्रष्टृदृश्ययोः संयोगो हेयहेतुः
In dieser Sutra finden wir Ursache und Erlösung von allem Leid. Wir müssen nur unsere Unwissenheit, unsere Falsch-Wahrnehmung und Fehl-Identifikation überwinden, dadurch nicht mehr den Wahrnehmenden (Atman, Purusha) mit dem Wahrgenommenen (Prakriti) verwechseln und schon wären wir aller Sorgen ledig. Doch wie gelingt uns das?
Prakâsha-kriyâ-sthit-–shîlam bhûtendriyât-makam bhogâpavargârtham drishyam
प्रकाशक्रियास्थितिशीलं भूतेन्द्रियात्मकं भोगापवर्गार्थं दृश्यम्
Wenn der Yogi langsam aus seiner Unwissenheit erwacht, nimmt er die Welt um sich herum mit Staunen wahr. Die Wirklichkeit ist eine geheimnisvolle Beziehung zwischen „Wahrnehmenden“ und „Wahrgenommenen“. Prakriti, die Natur, tanzt einen rätselhaften Tanz, der uns seit Urzeiten staunen lässt.
In dieser und den folgenden Sutra geht es um diesen Tanz, sprich die Eigenschaften der Natur, deren Wirkungsweisen und deren Nutzung durch den Menschen. Patanjali versucht zu beschreiben, „was da draussen ist“. Was unser wahres Selbst – Purusha – sehen und erfahren darf.
{tab Kommende Sutras}
Etwas nach vorne geblickt
Auch wenn man den Zustand von I-18 erreicht:
Virâma–pratyayâ-abhyâsa–pûrvah samskâra–seso nyah
विरामप्रत्ययाभ्यासपूर्वः संस्कारशेषोऽन्यः
Wir tauchen tiefer in die Welt des Samadhi ein. Sutra I-18 erläutert Virama-Pratyaya. Dieser Zustand muss schon sehr wonnevoll und reich an intuitiven Erkenntnissen sein. Aber Achtung! Es droht Gefahr ...
mahnt Patanjali in I-19:
Bhava-pratyayo videha-prakṛti-layānām
भवप्रत्ययो विदेहप्रकृतिलयानाम्
In den Sutras I-19 und I-20 geht es um "mittlere Samadhi-Zustände". Es ist nicht ganz klar, ob sich Patanjali mit "dieses/dieser" auf den Asamprajnata Samadhi allgemein oder den Zwischenzustand Virama Pratyaya aus Sutra I-18 bezieht. So unterscheiden sich die Übersetzungen erheblich und bieten ein schönes Beispiel dafür, wie unterschiedlich das alte Sanskrit gedeutet werden kann. Ich finde es trotzdem nützlich, sich die unterschiedlichen Deutungen vor Augen zu führen. Wir können sie in unserem Geist abwägen und die jeweilige Deutung in unserem eigenen Leben überprüfen.
dass der Yogi in dem Bemühen um "Tugend" nicht nachlassen darf, um nicht wieder in den schmerzhaften Zustand zu verfallen.
In den Sutras I-23,27,28,33-39 und II-29 erläutert Patanjali die Mittel und Wege zum Erlangen von Freiheit und Glücksseligkeit:
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Îshwara–pranidhânâd vâ
ईश्वरप्रणिधानाद्वा
Mit dieser Sutra weicht Patanjali deutlich vom Samkhya, der grundlegenden Yoga-Philosophie, ab: Gott tritt ins Spiel. Konkreter: Ishvara als Konzept einer persönlichen Gottheit mit ganz bestimmten Eigenschaften. Gott einmal anders, als man ihn sich üblicherweise vorstellt ...
Yoga Sutra I-27: Ishvara zeigt sich in dem Wort OM (Pranavah)
Tasya vâchakah pranavah
तस्य वाचकः प्रणवः
Hier beschreibt Patanjali einen weiteren Weg, Gott (Ishvara) in uns zu erfahren. Doch unkonzentriertes Murmeln von OM reicht nicht aus:
Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-27: Ishvara zeigt sich in dem Wort OM (Pranavah)
Yoga Sutra I-28: OM ist im Bewusstsein seines Sinnes mit Hingabe zu wiederholen
Tajjapas tad–artha–bhâvanam
तज्जपः तदर्थभावनम्
Die Übung besteht also im Wiederholen von OM, hingebungsvoll und verbunden mit einer Vorstellung von dessen Bedeutung. Hiermit erläutert Patanjali einen weiteren Weg zur Befreiung. Begibt man sich auf diesen Pfad, sollte man wissen, wie er sich dieses Wiederholen vorstellte.
Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-28: OM ist im Bewusstsein seines Sinnes mit Hingabe zu wiederholen

Maitrî–karunâ–muditopeksânam sukha–duhkha–punyâpunya–vishayânâm bhâvanâtash chitta prasâdanam
मैत्री करुणा मुदितोपेक्षाणांसुखदुःख पुण्यापुण्यविषयाणां भावनातः चित्तप्रसादनम्
Sutra I-33 gibt Empfehlungen zu Tugenden, die ein Yogi zur Unterstützung seines Weges entwickeln sollte. Satchidananda schreibt: "Egal ob du dich am Erreichen von Samadhi interessiert zeigst oder vorhast, den Weg des Yoga völlig zu ignorieren, würde ich dir raten, zumindest diese Sutra zu erinnern."
Die hier gegebenen Empfehlungen seien "very helpful", im täglichen Leben einen friedlichen Geist zu bewahren.
Yoga Sutra I-34: [Der Geist wird klar] durch (kontrolliertes) Ausstoßen oder Anhalten des Atems

Pracchardana–vidharanabyam va pranasya
प्रच्छर्दनविधारणाभ्यां वा प्राणस्य
Patanjali kommt zum Pranayama. Der bewussten Beeinflussung des Atems (konkrete Hinweise kommen von den Kommentatoren) ermöglicht tiefgehende Erfahrungen. Oder ist diese Sutra ganz anders gemeint? Schauen wir uns die Übersetzungsvarianten an:

Visayavati va pravrttir utpanna manasah sthiti-nibandhani
विषयवती वा प्रवृत्तिरुत्पन्ना मनसः स्थिति निबन्धिनी
Auch bei dieser Sutra gehen schon bei der Übersetzung die Bedeutungsinterpretationen auseinander. Vielleicht steckt in jeder der Interpretationen ja ein Quäntchen (hilfreiche) Wahrheit. Auf jeden Fall geht es Patanjali in dieser Sutra darum, wie unsere Sinneswahrnehmung uns ein Tor nach innen öffnet.
Yoga Sutra I-36: Oder durch Konzentration auf ein inneres Licht, das frei von Leid ist

viśokā vā jyotiṣmatī
विशोका वा ज्योतिष्मती
Inneres Licht – wo soll das denn bitte schön leuchten? Seh ich nicht ...
Gemach! Die Kommentatoren geben, anders als Patanjali, konkrete Übungsempfehlungen zur Schau des inneren Lichtes.
Vîta-râga-vishayam vâ chittam
वीतरागविषयं वा चित्तम्
Hier kommt die Kraft des Vorbildes zur Wirkung, die traditionelle yogische Guru-Verehrung im positiven Sinne. Aber auch wenn du nicht der Typ für die Verehrung eines Menschen bist, kannst du die Empfehlung dieser Sutra nutzbringend anwenden.
Yoga Sutra I-38: Oder durch Meditation über Trauminhalte oder den Zustand des traumlosen Schlafes

Svapna-nidrâ-jnânâlambanam vâ
स्वप्ननिद्रा ज्ञानालम्बनम् वा
Patanjali schreibt, dass die Meditation über Trauminhalte zur Ruhe des Geistes führen kann. Lese hier, welche Arten von Traumerfahrungen dafür geeignet sind.
Yoga Sutra I-39: Oder durch Meditation über irgendetwas, das man mag
yathā-abhimata-dhyānād-vā
यथाभिमतध्यानाद्वा
Hier scheint Patanjali jegliches Objekt zur Meditation freizugeben. Die Kommentatoren schränken das dann jedoch ein klein wenig ein:
Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-39: Oder durch Meditation über irgendetwas, das man mag
yama niyama-āsana prāṇāyāma pratyāhāra dhāraṇā dhyāna samādhayo-'ṣṭāvaṅgāni
यमनियमासनप्राणायामप्रत्याहारधारणाध्यानसमाधयोऽष्टावङ्गानि
Mit dieser Sutra beginnt der „praktische“ Teil des Yogasutras. Patanjali beginnt ab hier, den achtfachen Yogapfad zu erläutern, für viele der bedeutsamste Teil des Yoga Sutras. Patanjali nennt an dieser Stelle allerdings nur 7 Stufen, den die achte Stufe – Samadhi – ist schon „Yoga“. Ziel erreicht.
Übungsvorschlag für die kommende Woche: Überlege dir diese Woche, welche Geistesbewegungen/Gedankenwellen (Vrittis) bei dir schmerzhaft sind und welche nicht. Was könnte mit "unsichtbaren/nicht wahrnehmbaren" Vrittis gemeint sein? Wenn du magst, lasse uns an deinen Ideen teilhaben, indem du hier deine Erkenntnisse als Kommentar hinterlässt.
Hier weiterlesen: Übung zu Yoga Sutra I-5
Videos zur fünften Sutra:
Erläuterung zur fünften Sutra auf Deutsch:
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