Shaucha-samtosha-tapah-swâdhyâyeshwara-pranidhânâni niyamâh
शौच संतोष तपः स्वाध्यायेश्वरप्रणिधानानि नियमाः
Bei den Niyamas handelt es sich um yogische Empfehlungen für den Umgang mit uns selbst. Regeln, die einen achtsamen Wahrnehmen unseres Geisteslebens ermöglichen und die Basis für eine gesunde und erfolgreiche Lebensführung legen. Regeln, deren Einhaltung uns auf dem inneren Weg zum Licht gute Dienste leisten wollen.
Îshwara-pranidhânât wird auch als "Urvertrauen" übersetzt.
Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits
Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:
- Shaucha, śauca = (innere und äußere) Reinheit; Klarheit; Sauberkeit; Entschlackung;
- Samtosha, saṁtoṣa = Zufriedenheit; Bescheidenheit;
- Tapah, tapas tapaḥ = Hitze, Glut; Intensität; Enthusiasmus; den Körper „erhitzen“; etwas mit Freude tun; Askese; Selbstzucht; Selbstdisziplin; inneres Feuer; Hitze; Intensität der Disziplin; ständige Übung; Anstrengung;
- Svadhyaya, swâdhyâya, svādhyāya = Selbststudium; (innere) Reflexion; lernen von sich selbst; auf sich selbst achten;
- Ishvara, īśvara = der persönliche Gott; hohes Ideal;
- Pranidhana, praṇidhānāni = Hingabe; Vertrauen; Demut;
- Ishvarapranidhana, ishwara-pranidhânâni = Hingabe an Gott, Verehrung Gottes; Verehrung des Göttlichen; Gottvertrauen; Annehmen des Schicksals;
- Niyama, niyamâh = feste Regeln; Regeln im Umgang mit sich selbst; Regeln des Alltagsverhaltens; Verhaltensregeln;
Zu den Quellen
Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:
Bücher
- Mircea Eliade: Yoga – Unsterblichkeit und Freiheit
- Iyengar: Der Urquell des Yoga
- Deshpande/Bäumer: Die Wurzeln des Yoga
- Geraldine Coster: Yoga und Tiefenpsychologie
- R. Sriram: Von der Erkenntnis zur Befreiung – Das YogaSutra
- Govindan: Die Kriya Yoga Sutras des Patanjali
- Mallinson/Singleton: Roots of Yoga
- R. Palm: Der Yogaleitfaden des Patañjali
- T.K.V. Desikachar: Über Freiheit und Meditation | Das Yoga Sutra von Patanajali
- Feuerstein, Georg: Die Yoga Tradition (Amazon)
- Skuban, Ralph: Patanjalis Yogasutra (Amazon)
- Sri Swami Satchidananda: The Yoga Sutras of Patanjali (Amazon)
- Trevor Leggett: The complete Commentary by Sankara on the Yoga-Sutras* (Amazon)
Internetseiten
- Internet-Übersetzung des Yogasutras auf Yoga-Vidya.de
- Zu den Sutras auf ashtangayoga.info
- Zu den Sutras auf 12koerebe.de
- Zu den Sutras auf vedanta-yoga.de
- Openland.de (mittlerweile offline)
- Zu www.bodhi.sofiatopia.org (buddhistische Kommentare zum Yogasutra nur noch als Buch)
- sanskrit-sanscrito.com (Sutras anscheinend entfernt)
- Zur Übersetzung von Chip Hartranft (PDF)
- Die Übersetzung von Hariharananda Aranya, I. K. Taimni, Vasa Houston, Barbara Miller, Swami Satchidananda, Swami Prabhavananda, Swami Vivekananda finden sich auf dieser Seite.
- Übersetzung von James Haughton Woods
- Rainbowbody.com (ausführliche und eigene Kommentierung)
- Wisdom Library
Weitere Quellen, z. B. zu aktuellen Studien, sind direkt im Text verlinkt.
Dein Übersetzungsvorschlag
Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.
Hast du einen eigenen Übersetzungsvorschlag?
Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)
Wo wir stehen
Hier findest du eine kurze Zusammenfassung des 2. Kapitels des Yogasutras bis zu Sutra II-31:
Yoga Sutra - 2. Kapitel - bis hierher
Wir befinden uns im zweiten Kapitel des Yogasutra von Patanjali. Es handelt von der „Praxis“. Patanjali beginnt das Kapitel mit dem Versprechen, dass Yoga die Leiden des Yogis vermindere und (irgendwann) zu Samadhi, zur allumfassenden Freiheit führe.
In Sutra II-3 bis II-11 schildert Patanjali die fünf Haupt-Hindernisse auf dem Yogapfad, die sogenannten Kleshas (Unwissenheit, Anhaftung, Ablehnung, Ego, Lebensdrang). Erste Wege zur Überwindung der Hindernisse werden angerissen (Gegenschöpfung, Meditation).
Sutra II-12 bis II-15 handeln von Karma (Folgen von Handlungen und Gedanken, die aufgrund der Kleshas geschehen) und dem inhärenten Leid von allem und jedem in dieser Welt. Grundübel ist dabei unsere Identifikation mit dem, was wir nicht sind.
Dann geht es bei den Sutras weiter mit den Schritten, das Leiden zu besiegen. Patanjali sieht es als „die“ Aufgabe des Yogis an, den Unterschied zwischen Sehenden und Gesehenem zu erkennen. Nach und nach sollte diese Erfahrung kultiviert und ausgebaut werden. So gelange man zur Freiheit – Kaivalya (auch mit „letzter Freiheit“, Isoliertheit (Alleinheit), höchster Befreiung oder „vollkommener Erlösung“ übersetzt.
Nachdem Patanjali in den Sutras II-18 und II-19 über Prakriti, die Natur/unsere Welt, gesprochen hat, geht er dann auf deren Beobachter, den Seher (Purusha) und dessen Wahrnehmung ein. Von Sutra II-20 bis Sutra II-27 erläutert Patanjali Grund und das Zustandekommen unserer Existenz, wie die Unwissenheit unser Dasein bestimmt und dass Viveka Khyati, die Unterschreidungskraft oder unterscheidende Wahrnehmung, dauerhaft angewendet unsere Unwissenheit beendet. In den Sutras II-28 bis Sutra III-8 gibt Patanjali die konkrete Praxisempfehlung Ashtanga Yoga, um unser falsches Bild von der Welt – das Leid verursacht und unsere Befreiung verhindert – auch ohne großes spirituelles Talent zu überwinden. Den achtfachen Pfad des Raja Yoga, des königlichen Yoga.
In Sutra II-30 zählt Patanjali auf, was zur ersten Stufe des Pfades, den Yamas, gehört, in II-31 betont er deren universelle Gültigkeit. Nun kommt er zu den Niyamas.
Die Niyamas
Die Niyamas können auch als Psychohygiene gedeutet werden oder als tägliche Checkliste für fürsorgliches Verhalten.
1. Saucha – Reinheit
Sanskrit
- Sauca, Saucha: (innere und äußere) Reinheit; Klarheit; Sauberkeit; Entschlackung; das Geklärte;
Zugehöriges Element: Erde (körperliche Hülle);
Die Yogis wussten schon lange, dass innere und äußere Reinheit dem Menschen zuträglich ist. Saucha wird vielschichtig ausgelegt. Man versteht darunter unter anderem:
- körperliche Hygiene (äußere Reinheit)
- saubere Gedanken zu pflegen (energetische und mentale Ebene)
- vornehmlich sattvige, leichte, vegetarisch/vegane und reine Nahrung zu sich zu nehmen (gesunde Ernährung)
- innere Reinheit anzustreben (hierfür stehen dem Yogi Pranayama, Asana und verschiedene Kriya-Yoga-Reinigungstechniken zur Verfügung)
- eine saubere Wohnumgebung
- einen aufgeräumten und sauberen Arbeitsplatz
- Asana und Pranayama zur inneren Reinigung zu üben
- Den Nachrichtenstrom zu filtern. Wer den Kopf sauber hält, lebt leichter.
Deshpande/Bäumer schreiben: "Der Yogaweg verlangt Reinigung" wie die Gewinnung von reinem Gold die Entferfnung der Schmutzklumpen im Golderz notwenig mache.
Etwas darüber hinausgehend kann man unter Saucha auch die Forderung sehen, sich nicht durch die ungefilterte Aufnahme von schlechten Nachrichten innerlich zu verschmutzen. Buddha spricht in diesem Zusammenhang davon, dass er Schlechtes nicht in sein "Herz einlässt". Siehe dazu auch Sutra II-33, in der eine Kultivierung positiver Gedanken angemahnt wird. Vyasa (Kommentator des Yogasutra) fügt hinzu, dass Sauca auch meine, Unreinheiten des Geistes zu reinigen (Eliade, Yoga, S.58f).
Unter Saucha wird von mancher Stelle sogar die Aufforderung zu einer Lebensweise verstanden, die heutzutage mit Minimalismus bezeichnet wird. Siehe den Artikel "Warum Minimalismus?".
Deshpande/Bäumer hingegen wollen eine Betonung der "Reinigung des Sehens" bei Saucha verstanden wissen. Der Yogi müsse zum "reinen Schauen" finden, dies führe zu "Loslösung und Befreiung" und sei "der Kern der Reinigung".
Im Yoga wurden Techniken entwickelt, auch das Innere des Körpers mechanisch zu reinigen:
Artikel: Die 6 Yoga-Reinigungsübungen
Ähnliche Reinigungstechniken finden sich übrigens im Evangelium der Essener, wie man bei Ralph Skuban nachlesen kann.
Sutras: Was folgt, wenn wir Saucha befolgen
Yoga Sutra II-40: Durch Reinheit entsteht Abneigung gegenüber dem eigenen Körper und gegenüber der Berührung mit anderen Körpern
Yoga Sutra II-41: Aus Reinheit entstehen Klarheit im Geist, innere Freude, gerichtete Konzentration, Beherrschung der Sinne und Erkennen vom wahren Selbst
2. Santosha – Zufriedenheit
Sanskrit
- Santosha, Samtosa: Sanskrit Genügsamkeit, Bescheidenheit; Zufriedenheit;
Zugehöriges Element: Wasser (physiologische Hülle);
Santosha steht für folgende Geisteshaltungen:
- Ich nehme alles so, wie es kommt.
- Ich bin mit dem zufrieden, wie es ist.
Das reicht von der Empfehlung, die geistige Haltung der Abneigung bzw. Ablehnung (von Erlebnissen, Menschen, Umständen usw.) immer weiter abzulegen bis hin zur Forderung, sich nicht mit anderen zu vergleichen.
Zufriedenheit klingt schlicht, ist aber manchmal die härteste Übung: beim Warten in der Supermarktschlange nicht innerlich kochen. Zufriedenheit: die Macken des anderen nicht ständig neu verhandeln. „Ich nehme, was ist.“ – das ist Santosha.
Dies bedeutet nicht, dass man in seinem Leben nichts verändern darf. Es geht vielmehr darum, die negativen Folgen geistigen Haderns mit der Welt und den eigenen Erfahrungen zu vermeiden.
Hariharananda Aranhya (1869-1947), Kommentar des Yogasutra, verdeutlicht:
"Um Dornen zu entgehen, ist es lediglich nötig, Schuhe zu tragen, nicht jedoch, die ganze Erde mit Leder zu überziehen."
Ramana Maharshi (1879-1950) geht noch einen Schritt weiter: Wenn der Wunsch eines Menschen erfüllt wird, er (mehr oder weniger kurz) zufrieden ist, "kehrt er in Wirklichkeit zu seinem Ursprung zurück und erfreut sich an dem Glück, das das Selbst ist" (beides zitiert aus Ralph Skuban). Mit Santosha würde ein Mensch also nur seine eigentliche Natur empfinden.
Deshpande/Bäumer sehen in Santosha, dass Begierden, Wünsche, Gier und der unstillbare Hunger nach einem Mehr von allem, was man für wünschenswert hält, zur Ruhe kommen. Irgendwann sei nichts mehr von Bedeutung, was nicht "das reine Schauen und das rechte Verstehen der existenziellen Situation fördert."
Sutra: Was folgt, wenn wir Santosha befolgen
Yoga Sutra II-42: Durch das Kultivieren von Zufriedenheit erreichen wir höchstes Glück
3. Tapas – Selbstzucht
Sanskrit
- Tapas: Hitze, Glut; Intensität; Enthusiasmus; den Körper „erhitzen“; etwas mit Freude tun; Askese; Selbstzucht; Selbstdisziplin; inneres Feuer; Hitze; Intensität der Disziplin; ständige Übung; Anstrengung;
Zugehöriges Element: Feuer (psychische Hülle);
Tapas hat viele Bedeutungen, auch im Yoga-Universum. Hier bei den Niyamas wird es meist im Sinne von Selbstzucht verstanden. Gemeint ist sowohl die Disziplin beim Üben von Meditation, Asana und Co. als auch der bewusste Verzicht auf Annehmlichkeiten, die uns auf lange Sicht schwächen. Ziel ist ebenfalls, über innere und äußere Reinheit ein Stärken von Körper und Geist.
Wann Selbstdisziplin in Selbstquälerei umschlägt: Ausdauer ist wertvoll, Fanatismus zerstörerisch. Selbstdisziplin bedeutet nicht, sich mit eiserner Härte durch Fastenkuren zu peitschen. Es reicht schon, Widerstände zu überwinden (morgens aufzustehen und zu meditieren), sich ungesunder Vergnügungen zu enthalten (die fünfte Tasse Kaffee ...) und einen klaren und positiven Geist trotz widriger äußerer Umstände zu bewahren (z. B. bei einer Beleidigung innerlich nicht aufzubrausen).
Sutra: Was folgt, wenn wir Tapas befolgen
Yoga Sutra II-43: Durch tapas (Entsagungen, Selbstzucht) verschwinden Unreinheiten; dies führt zu Vollkommenheit und Beherrschung vom Körper und den Sinnen
4. Svadhyaya – Selbststudium (Studium)
Sanskrit
- Sva, Swa: selbst: „zu mir gehörig“;
- Adhyaya: Untersuchung; Erforschung; nahe herangehen;
- Svadhyaya, Swadhyaya: Selbststudium; Selbsterforschung; Selbstreflexion; (innere) Reflexion; lernen von sich selbst; auf sich selbst achten;
Zugehöriges Element: Luft (intelektuelle Hülle);
Hier fordert uns die Yogalehre dazu auf, uns selbst immer besser kennenzulernen. Uns unserer Gedanken und Einstellungen bewusst zu werden. Die Motive unseres Handelns zu erkennen.
Selbststudium meint: innehalten. Tagebuch schreiben. Sich selbst beim Argumentieren zuhören – und hinterfragen, ob man sich gerade etwas vormacht.
In einem engeren Sinne wird Svadhya als Studium spiritueller Schriften ausgelegt. Aber auch dieses Lesen heiliger Texte soll uns letzlich zur Selbsterforschung, zum Gang nach Innen motivieren.
Sutra: Was folgt, wenn wir Svadhyaya befolgen
Yoga Sutra II-44: Durch Selbstserforschung wird man eins mit der ersehnten Gottheit (bzw. dem Ideal)
Siehe auch:
Spirituelles Tagebuch führen
5. Ishvarapranidhana – Verehrung des Göttlichen
Sanskrit
- Ishvarapranidhana, Ishvara Pranidhana: Verehrung des Göttlichen; Hingabe an Gott; Verehrung Gottes; Verehrung des Göttlichen; Gottvertrauen; Annehmen des Schicksals;
Zugehöriges Element: Äther (spirituelle Hülle);
Das Göttliche anerkennen – auch ohne religiösen Hintergrund. Es kann heißen: loslassen. Nicht alles kontrollieren wollen. Ein Stück Vertrauen ins Leben selbst.
Patanjali definiert „das Göttliche“ im Yogasutra nicht konkret. Es scheint, als will er jedem selbst überlassen, ob und wie er an etwas Göttliches glaubt. Allgemein könnte man Ishvarapranidhana als die Forderung nach einer Kultivierung einer Beziehung zu Gott verstehen.
Ralph Skuban schreibt: "Die Hingabe ... kann eine Art Schnellstraße zum inneren Licht sein." Er zählt darunter auch das Sprechen (heiliger) Mantras, Gebete, rituelle Handlungen oder Karmayoga.
Ishvarapranidhana lässt sich aber auch so deuten, dass man alles in Gottes Hände gibt. Sich schon selbst im Leben bemüht, aber das Ergebnis Gott überlässt.
Im täglichen Leben kannst du probieren, alles als göttlich anzusehen. So durch die Welt zu gehen kann sehr inspirierend sein.
Mystiker gehen noch weiter. Sie erstreben völlige Selbstaufgabe, eine Art Sterben im Leben, gemeint ist vermutlich die völlige Aufgabe des Ego über die bedingungslose Hingabe (Liebe) zum Höchsten bzw. der Quelle, aus der alles entstand, meist Gott genannt. Im Zen (ohne Gott) heißt es ähnlich:
"Der Suchende wird zum Tal."
Dann werden alle Geheimnisse der Seele offenbart (Johannes vom Kreuz, 1542-1591, schrieb dies im Dunklen einer Gefängniszelle, inmitten der Folter durch die Inquisition in der Schrift "Die dunkle Nacht der Seele", gefunden bei Ralph Skuban).
Sutra: Was folgt, wenn wir Ishvarapranidhana befolgen
Yoga Sutra II-45: Die Hingabe an Ishwara führt zur Vollkommenheit in Samadhi.
Alle Sutras zu Ishvara / dem Göttlichen bzw. der Hingabe daran
Yoga Sutra I-23: Oder durch fromme Hingabe an Ishvara (Gott als ein ideal gedachtes Wesen) kann es erlangt werden
Yoga Sutra I-24: Ishvarah ist als besonderes Wesen unberührt von Leid, Karma oder Wünschen
Yoga Sutra I-25: Er ist unübertroffen und Quell allen Wissens
Yoga Sutra I-26: Ungegrenzt von der Zeit ist er seit ältesten Zeiten der Lehrer aller Meister
Yoga Sutra I-27: Ishvara zeigt sich in dem Wort OM (Pranavah)
Yoga Sutra I-28: OM ist im Bewusstsein seines Sinnes mit Hingabe zu wiederholen
Yoga Sutra I-29: Durch diese Praxis erlangt man das wahre innere Selbst und alle Hindernisse verschwinden
Yoga Sutra II-1: Strenge Übungspraxis, Selbststudium und Hingabe an den höchsten Herrn – das ist der Kriya Yoga
Yoga Sutra II-45: Die Hingabe an Ishwara führt zur Vollkommenheit in Samadhi.
Umfrage: Welches Niyama hälst du ein?
Um die Einhaltung welcher der Niyamas bemühst du dich im täglichen Leben?
Wie oben bereits gesagt: Perfekt ist wohl niemand von uns. Darum: In welchem Niyama gibst du dir Mühe?
Hier die bisherigen Antworten anschauen ⇓
Die bisherigen Stimmen:
Santosha – Zufriedenheit | 26 Stimmen |
Svadhyaya – Selbststudium | 22 Stimmen |
Saucha – Reinheit | 21 Stimmen |
Tapas – Selbstzucht | 18 Stimmen |
Ishvarapranidhana – Verehrung des Göttlichen | 10 Stimmen |
Zum Vergleich: 10 Selbstbeschränkungen in der Yoga-Schrift Turumantiram
Vers 554 (nach Govindan):
Er tötet nicht, er lügt nicht, er stiehlt nicht,
Er ist voll Tugend, gut, sanft und gerecht;
Er teilt seine Freuden, kennt keinen Makel,
Weder Trunksucht noch Lust
Zum Vergleich: Die Yamas und Niyamas im Mahabharata
12.210.17 Körperliche Enthaltsamkeit (Tapas) ist Zölibat (Ehelosigkeit) und Gewaltfreiheit; geistige Enthaltsamkeit ist Beschränkung des Sprechens und der Geistesaktivitäten sowie Gleichmut.
...
12.232.4 Der Mensch sollte die fünf Probleme überwinden, die dem Yoga entgegenstehen, wie von den Weisen gelehrt: Lust, Zorn (Ärger, Wut), Gier, Furcht und das fünfte, Schlaf.
12.232.5 Zorn wird durch Ruhe überwunden, die Lust durch das Aufgeben von Wünschen; der entschlossene Yogi überwindet den Schlaf durch die Kultivierung der Energie-Prinzipien (sattva) [Sattva verkörpert in der Samkhya-Lehre Reinheit und Ausgeglichenheit, leicht, erhellend].
12.232.6 Er soll seinen Penis und seinen Magen mit Willenskraft bewachen, seine Hände und Füße mit seinen Augen, seine Augen und sein Hören mit seinem Geist und seinen Geist und sein Sprechen mit seinen Handlungen.
12.232.7 Er soll seine Furcht mit den Mitteln der Wachsamkeit abschütteln und seine Gier durch die Kultivierung von Weisheit.
...
12.232.10 Meditation, Studium, Wohltätigkeit, Wahrhaftigkeit, Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Geduld, Reinheit, eine reine Ernährung und Zurückhalten der Sinne:
12.232.11 Mit diesen Mitteln steigt die Vitalität des Yogis und tilgt er seine Sünden. Er erreicht alle seine Ziele und entwickelt Einsicht ...
...
12.262.37 Freundlichkeit, Nachsicht, Ruhe, Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, Abwesenheit von Bosheit, Fehlen von Stolz, Bescheidenheit, Geduld und Frieden.
12.262.38 Durch diese erreichen die Brahmanen auf dem Pfad jenen höchsten Ort, den der Weise mit seinem Geist erkennen sollte, der durch [seine] Handlungen bestimmt wird. [...]
Zum Vergleich: Yoga-Schrift Śāradātilaka: Zehn Regeln und zehn Einhaltungen
25.7a Die zehn Regeln (Yamas) sind: Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, nicht stehlen, sexuelle Enthaltsamkeit, Mitgefühl, Ehrlichkeit, Geduld, Rechtschaffenheit, Mäßigung in der Nahrung und Sauberkeit.
25.8 Enthaltsamkeit, Zufriedenheit, Glaube an die Autorität der Veden (āstikya), Nächstenliebe, Verehrung der Gottheit, Hören auf die kanonischen Lehren, Bescheidenheit, Entschlossenheit, Mantra-Wiederholung und [die Durchführung] von Opfergaben:
25.9 diese zehn werden von Experten in den Abhandlungen über Yoga als die Einhaltungen (Niyamas) bezeichnet.
➔ Mehr zur Yoga-Schrift Śāradātilaka
Die dritte Erwähnung von Ishvarapranidhana im Yogasutra
- In I-23 – I-27 beschreibt Patanjali die Vorteile der Hingabe an Ishvara (einen Gott oder ein ideales Wesen)
- In II-1 beschreibt Patanjali die Hingabe an Ishvara als einen von drei Bestandteilen des Kriya-Yogas.
- Hier nun, bei den Niyamas in Sutra II-32, wird wieder Ishvarapranidhana, Hingabe an Gott, gefordert.
Sukadev schlussfolgert aus diesen Sutras: „ Also auch im Raja Yoga spielt bhakti, die Hingabe an Gott, eine große Rolle.“
Charakterbildung
Iyengar bezeichnet die Yamas als „soziale Praxis“ und die Niyamas als das, „was der Sadhaka ganz für sich allein übt, um seinen Charakter zu bilden.“ Die Meisterschaft im Yoga sei auch seiner Meinung nach ohne Befolgung der Yamas und Niyamas nicht zu erreichen.
Warum sollte ich die Niyamas einhalten?
Um gesund zu bleiben und tiefer zu meditieren
Die Reinheit meint sowohl das Äußere als auch das Innere des Menschen. Körper und Geist werden durch Reinheit „geläutert“. Tapas, die Selbstzucht, verhindert ungesunde Völlerei. Der Körper wird leichter, geschmeidiger und gesünder, der Geist ruhiger, achtsamer und konzentrierter.
Um positive Gefühle und gutes Karma anzusammeln
Dieser Grund findet sich analog bei den Yamas. Wer wahre Zufriedenheit entwickelt und sich stets selbst prüft, ob man noch auf dem richtigen Pfad ist, kann leichter eine Lebensführung einhalten, die gutes Karma erzeugt.
Karma-Plus-Box integrieren.Was ist Karma, siehe II-30
Beitrag: Die Lehre vom Karma
Karma ist das Gesetz von Ursache und Wirkung. Wir finden es u.a. im Yogasutra von Patanjali ausführlich behandelt.
Um Leiden zu vermeiden
Iyengar schreibt: „Leiden entsteht durch Wünsche, Zorn, Gier, Leidenschaft, Überheblichkeit und Eifersucht.“ Denn diese Gefühle verwirren einen Menschen, stören das innere Gleichgewicht und animieren zu leidbringenden Taten. Mit Svadhyaya beobachtet der Yogi seine Handlungen und Absichten und kommt so dem Fehltritt früh auf die Spur.
Erläuterungen zu den Niyamas im Pātañjalayogaśāstra
(Pātañjalayogaśāstra = Übersetzung und erster Kommentar des Yogasutras von der „mystischen Figur“ Vyasa.)
Dort heißt es:
- "Von diesen ist Reinheit äußerlich, wenn sie durch Erde, Wasser und so weiter herbeigeführt wird, und es ist der Verzehr reiner Nahrung usw.; innere [Reinheit] ist die Reinigung der Unreinheiten des Geistes.
- Genügsamkeit ist, nicht mehr erwerben zu wollen als die Mittel, die einem zur Verfügung stehen.
- Sparsamkeit ist das Aushalten von Extremen. Extreme sind Hunger und Durst; Kälte und Hitze; Stehen und Sitzen [über lange Zeiträume]; nicht durch Wort oder Geste kommunizieren (kāṣṭhamauna) und schweigen (ākāramauna);und, wie es sich gehört, [umfasst die Enthaltsamkeit auch] die Gebote der [Yogis] wie das kṛcchra-, cāndrāyaṇa- und saṃtāpana-Fasten.
- Rezitation ist das Studium von Texten zur Befreiung oder die Wiederholung des Mantra oṃ.
- Hingabe an Īśvara [den Herrn] ist die Widmung aller Handlungen an ihn, den obersten Guru.
›Wer, ob auf einem Bett oder einem Sitz oder auf der Straße wandernd, in Ruhe ist, mit allen Zweifeln vernichtet [und] die Zerstörung des Samens der wandernden Existenz beobachtet, bleibt ständig in samādhi [und] genießt Unsterblichkeit.‹ Von diesem wird gesagt: [1.29] ›Der Geist wendet sich nach innen und Hindernisse entstehen nicht‹ [...]"
Quelle: Roots of Yoga
Im Yoga-Bhashya-Vivarana finden wir in Vers 2.29 folgende Formulierung (nach Feuerstein):
„Nachdem sich ein yogin durch die stete Ausübung von moralischer Disziplin (yama) und Selbstbeherrschung (niyama) qualifiziert hat, kann er zu Yoga-Stellungen und anderen Methoden übergehen.“
Verwandte Sutras
Maitrî–karunâ–muditopeksânam sukha–duhkha–punyâpunya–vishayânâm bhâvanâtash chitta prasâdanam
मैत्री करुणा मुदितोपेक्षाणांसुखदुःख पुण्यापुण्यविषयाणां भावनातः चित्तप्रसादनम्
Sutra I-33 gibt Empfehlungen zu Tugenden, die ein Yogi zur Unterstützung seines Weges entwickeln sollte. Satchidananda schreibt: "Egal ob du dich am Erreichen von Samadhi interessiert zeigst oder vorhast, den Weg des Yoga völlig zu ignorieren, würde ich dir raten, zumindest diese Sutra zu erinnern."
Die hier gegebenen Empfehlungen seien "very helpful", im täglichen Leben einen friedlichen Geist zu bewahren.
Dein Feedback / deine offene Frage an den Text
Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?
Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:
Übungsvorschlag für die kommende Woche zu Sutra II-32:
Lerne die fünf Niyamas auswendig und wende in der kommenden jede Verhaltensregel einmal pro Tag bewusst an.
Führe den einen Tag zum Beispiel eine Yoga-Reinigungstechnik durch. Am nächsten Tag führe dir vor Augen, was alles momentan schon dein Leben bereichert. Am dritten Tag wende dich am Morgen zum Himmel und bedanke dich für dein Dasein, am vierten Tag versage dir eine ungesunde Freude usw. Gerne jeden Tag etwas anderes.
Hier weiterlesen: Übung zu Yoga Sutra II-32
Download: Yamas & Niyamas als Poster & Merkkarte
Poster
Wir haben ein Poster von den Yamas und Niyamas erstellt:
Merkkarte
Alternativ/ergänzend kannst du dir die Yamas & Niyamas auch als kleine Merkkarte für die Geldbörse herunterladen. Einfach runterladen, ausdrucken und ausschneiden:
Videos zu Sutra II-32
In den Tabs finden sich Videos zu dieser Sutra.
{tab Sukadev}
Yoga-Vidya Video zu Sutra II-30-34
Länge: 23 Minuten
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Desikachar Video zu Sutra II-31 und II-32
Länge: 49 Minuten
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{tab Nayaswami Asha}
Nayaswami Asha Video zu den Sutras II-31 bis II-32:
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Teil 2:
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Teil 3:
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Nayaswami Asha Video zu den Sutras II-29 bis II-30:
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Mit Klick auf dem Button wird eine Verbindung zu Youtube hergestellt und die bei Youtube üblichen Daten erhoben und Cookies gesetzt.
{tab Anand Krishna }
Anand Krishna zu den Sutras II-31 und II-32:
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Die Yamas und Niyamas im Alltag
Yamas und Niyamas im täglichen Leben

Keine spirituelle Richtung kommt ohne Verhaltensregeln aus. Diese legen fest, welche ethischen Handlungsweisen für einen Aspiranten (oder auch jeden Menschen) förderlich sind. Was dem Christen die zehn Gebote, das sind dem Yogi die Yamas und Niyamas. Gleichzeitig sind sie die ersten beiden Stufen im Raja Yoga, dem achtgliedrigen Yoga-Pfad (auch Ashtanga- oder Kriya-Yoga genannt). Patanjali definiert Yama und Nyama im Yogasutra.
Die alten Yogis hätten sich wohl nicht träumen lassen, dass ihre Regeln Jahrtausende später im Großraumbüro, beim Online-Shopping oder in WhatsApp-Chats auf die Probe gestellt würden. Und doch: Die Yamas und Niyamas im täglichen Leben sind verblüffend aktuell. Wer sie nicht als starre Gebote liest, sondern als praktische Orientierung, entdeckt, wie Gewaltlosigkeit beim Autofahren aussieht, warum Wahrheit auch mal Schweigen bedeutet und weshalb ein bisschen Maßhalten beim zweiten Glas Wein oft heilsamer ist als jeder Verzicht.
Dieser Artikel zeigt, wie sich alte Weisheit im modernen Alltag verankern lässt: Was sind die Yamas und Niyamas? Wie werden diese in den alten Schriften ausgelegt? Und wie wende ich die Yamas und Niyamas im Alltag an? Der Artikel gibt Antwort und hält zwei Downloads (Poster & Merkkarte) parat.
Hier weiterlesen: Yamas und Niyamas im täglichen Leben
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