Die Katha Upanishad – Auszüge und Erläuterungen
Die frühen Upanishaden (auch "mukya" - ersten - Upanishaden) entstanden um das siebte bis erste Jahrhundert vor Christus. Hier finden sich die die ersten brahmanischen Texte, die den Lehren asketischer Entsagter gewidmet sind.
Hierzu gehört die Katha Upanishad und trägt auch den Titel "Der Tod als Lehrer" (Wikipedia). Der berühmte Shankara hat den Text kommentiert.
Die Kahta Upanishad ist für Yoga-Interessierte deswegen so besonders, weil sich darin die frühest bekannte Definition von Yoga findet. Diese ergibt sich aus einem Gespräch zwischen dem Jungen Naciketas und Yama, dem Gott des Todes.

1. Historie und Daten
- Entstehung der Katha Upanishad: 3. Jhd. v. Chr., andere Quellen: 4-5 Jhd. vor Christus oder noch älter, weil es in ihr keine konkreten Anhaltspunkte auf den Buddhismus gibt.
- Anderer Name: Kaṭha Upaniṣad, "Der Tod als Lehrer"
- Verfasser: unbekannt
- Einordnung: Übergang von der Esoterik der frühen Upanishaden zum vorklassischen Yoga
Die Katha Upanishad steht an dritter Stelle der Muktika-Sammlung von 108 Upanishads. Die Schrift besteht aus zwei Kapiteln mit jeweils drei Abschnitten, Vallis genannt. Jedes Valli umfasst zwischen 15 und 29 Versen, sogenannte ślokas.
2. Definition von Yoga in der Katha Upanishad
Die Katha Upanishad gilt als weltweit älteste von Yoga handelnde Upanishade. Darin wird (Quelle: Roots of Yoga) der Körper als Streitwagen symbolisiert, das Leben ist das Reiten eines Streitwagens.
- Das Selbst – Atman – ist ein Mitfahrer im Wagen,
- der Intellekt – Buddhi – ist der Wagenlenker,
- der Geist – Manas, Denken und Fühlen – sind die Zügel,
- die Sinne sind die Pferde und
- die sinnlichen Objekte – Visayas – sind die Pfade, die von den Sinnen genommen werden.
Zusammengefasst heißt es:
„Yoga ist die feste Zurückhaltung der Sinne"
Die älteste bekannte Definition von Yoga aus der Katha Upanishad
Wenn die Sinne nicht unter Kontrolle gebracht werden, wird man wiedergeboren. Wenn die Pferde/Sinne aber über den Geist gezügelt und kontrolliert werden, entkommt man dem Rad der Wiedergeburten. Dann erreicht man den höchsten Zustand, Purusha genannt.
Im sechsten Kapitel wird der Zustand, in dem die Sinne still gehalten werden und jemand nicht mehr abgelenkt oder verwirrt ist, Yoga genannt.
Siehe auch viele hundert Jahre später Patanjali in der 2. Sutra:
Yoga Sutra I-2: Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Bewegungen im Geist
Yogash citta–vritti–nirodhah
योगश्चित्तवृत्तिनिरोधः
Wenn ich festlegen müsste, welche Sutra die Bedeutsamste ist, dann würde ich diese wählen. Hier wird der Yogaweg in einem Satz zusammengefasst. Alle weiteren Sutras erläutern den Weg.
Auslegung und Deutung dieser Sutra erfolgt unterschiedlich. Lies hier, welche Prioritäten du gemäß der Sutras-Deuter bei deiner täglichen Praxis setzen solltest.
3. Samkhya-Philosophie
Die Ausdrücke der Katha Upanishad für die aufgeführten Elemente des Menschen stammen aus der alten indischen dualistischen Philosophiem mit Namen Samkhya.
Kurze Zusammenfassung der Samkyha-Lehre
Wahrgenommenes und Wahrnehmendes – Auszug aus der Samkhya-Lehre
Das Samkhya ist eines der ältesten philosophischen Systeme indischer Herkunft. „Samkyha“ bedeutet wörtlich „Zahl“, „Aufzählung“ oder „das, was etwas in allen Einzelheiten beschreibt“. Hiermit ist die Aufzählung und Analyse jener Elemente gemeint, die gemäß Samkyha die Wirklichkeit bestimmen.
Allein das Wissen um diese Elemente soll bereits zur Erlösung vom Kreislauf der Wiedergeburten führen. Damit einher geht die Beendigung von drei Arten des Leidens (duhkha):
- adhyatmika (Leiden unter physischen oder psychischen Krankheiten),
- adhibhautika (von Außen zugefügtes Leid durch menschliche Gewalt oder Umwelteinflüsse),
- adhidaivika (Leid durch Naturgewalt, Umweltkatastrophen oder übernatürliche Phänomene).
Purusha, Prakriti, Guna
Das Universum und die Abläufe darin beruhen gemäß Samkyha auf zwei fundamentalen Prinzipien:
- Purusha: passiver aber bewusster Geist, auch Urseele, Weltgeist oder kosmisches Selbst genannt. Steht im Dualismus für Subjekt und das Wahre Selbst.
- Prakriti: aktive aber unbewusste „Urmaterie“, das Wahrnehmbare, das Benennbare oder „Natur“. Steht im Dualismus für Objekt und das Universum
Swami Satchidananda schreibt:
„Das Purusha ist das Wahre Selbst, das Purusha sieht. Prakriti ist alles andere.“
Es herrscht Uneinigkeit: Die Samkhya Philosophie sagt, dass es ein real existierendes Universum gibt. Die Vedanta-Lehre sieht alles als Maya, als Illusion an.
Prakriti und die Gunas
Der Urnatur Prakriti werden im Samkhya drei Gunas (Merkmale, Eigenschaften, von Hauer „Weltstoffenergien“ genannt) zugerechnet:
- Sattva (das Seiende, Reinheit, Klarheit). Gemäß Ayurveda-Lehre steht Sattva für Reinheit, Ausgeglichenheit, Balance und Neutralität. Charakterlich zeigt sich eine Sattva-Vorherschaft in Freigebigkeit, Gelassenheit, Zufriedenheit, Weisheit, Ausgeglichenheit und Toleranz. Menschen, die sich vorwiegend sattvisch ernähren sollen länger leben und gesünder alt werden. Als sattvische Nahrungsmittel gelten frische & reife Früchte, Honig, Milch, Reis, Weizen, Safran und Zimt.
- Rajas (Bewegung, Energie, Leidenschaft). Verantwortet Wandlung, Veränderung und Dynamik. Aber auch Zorn, Rastlosigkeit und Hektik.
- Tamas (Trägheit, Dumpfheit, Dunkelheit, Schwere). Eine Kraft, die unsere Wahrnehmungsfähigkeit trübt und unsere Wirkkraft schwächt. Aber auch das Prinzip der Ruhe.
Sattva für den Yogi
Feuerstein (Buch bei Quellen ergänzen) schreibt: „Während aktive (rajas) und träge (tamas) Qualität dazu neigen, die Ich-Illusion aufrechtzuerhalten, erschafft die Qualität der Helligkeit (sattva), insoweit sie dominiert, die Vorbedingungen für das Befreiungsgeschehen. Daher erstrebt der yogin sattvische Konditionen und Zustände.“
Aber auch das Körper-Geist-System existiert auf Basis der drei Gunas. Als Yogi wisse man, dass alle drei Prinzipien miteinander wechselseitig verbunden sind. Jede Anhaftung an einen Zustand (Sattva ...) führt (ebenfalls) zu Leid.
Purusha
Purusha ist das Selbst, das allen fühlenden Wesen innewohnt. Durch Purusha erhalten Menschen, Tieren, Pflanzen und Götter ihre Empfindungsfähigkeit und Bewusstsein.
Des Menschen wahre und ursprüngliche Identität ist einzig und allein Purusha, die sich zum Zwecke des Erfahrens in Prakriti manifestiert hat, siehe Sutra II-18.
Nun verstrickt sich dieses Purusha in Prakriti, hält die zur Sphäre der Prakriti gehörigen Elemente und Bereiche irrtümlicherweise für Bestandteile seiner selbst. Daraus entsteht Leid.
Grundelement der Lehre des Samkhya für den nach Erlösung Strebenden ist deshalb, die beiden Substanzen Purusha und Prakriti und ihre Merkmale streng voneinander unterscheiden zu lernen.
Vedanta
Im nondualen Vedanta ist Prakriti nur eine Täuschung, Maya.
Physik und Quantentheorie
Betrachten wir den Bildschirm vor uns, so sehen wir gemäß der Physik ein Konstrukt aus Neutronen, Elektronen und Protonen, die alle auf einer eigenen Frequenz schwingen und um sich kreisen. Nahezu 100 Prozent des Bildschirmes besteht aus Vakuum! Nur unsere Sinne – die Sinne des Wahrnehmenden – machen daraus einen Monitor.
Die Quantenphysik macht alles noch verschwommener: Ob sich ein subatomares Partikel als Teilchen oder als Welle verhält, hängt vom Beobachter ab. Anders ausgedrückt: vom beobachtenden Bewusstsein. Vom Wahrnehmenden und dessen Wahrnehmung. Eigenschaften der Partikel wie dessen Lokalität können nicht vom Betrachter getrennt werden. Dies geht mehr in Vedanta (und Buddhismus)-Richtung als die Samkhya-Behauptung eines unabhängig von Purusha existierenden Universums Prakriti.
Kurz gefasst: die materielle Welt Prakṛti und das spirituelle Prinzip, Puruṣa genannt, fallen aus dem Gleichgewicht und führen zu einer Übertragung in die materielle Existenz. Im Verlauf dieses Prozesses verwechselt Puruṣa sich mit den vierundzwanzig Tattwas ("Elementen" oder "Prinzipien") von prakṛti, die die Sinne, den Intellekt und den Geist sowie die gröberen Elemente einschließen.
Darum ist das Dasein des Menschen durchdrungen von der trügerischen Identifizierung des Individuums mit den Elementen von prakṛti. Hieraus entstehen Leiden und Wiedergeburt ist. Das ist das grundlegende "Denkgerüst" vieler Yoga-Lehren.
4. Ausgewählte Verse aus der Kathas Upanishad
6.10 Der Zustand, wenn die fünf Sinne (jnanani) entlang des Geistes still verharren und der Verstand ruht, ist als der höchste Zustand bekannt.
6.11 Sie betreiben Yoga, um eine feste Zurückhaltung der Sinne zu erreichen. Dann wird der Zustand des Nicht-Abgelentkseins erreicht, denn Yoga ist Entstehen und das Vergehen.
...
6.16. Es gibt 101 Kanäle (nâḍîs) des Herzens. Einer von ihnen fließt zum Kopf. Indem man aufwärts geht, erreicht man die Unsterblichkeit. Die anderen breiteten sich in alle Richtungen aus.
Den kompletten Text der Katha Upanishad von Paul Deussen übersetzt findest du hier.
5. Weiterlesen
- Das Yogasutra – jede Sutra detailliert erläutert
- Die Hatha-Yoga-Pradipika – kapitelweise zusammengefasst
- Zusammenfassung der Bhagavad-Gita
- Eine kurze Zusammenfassung der Upanishaden und des Mahabharata
- Die Mandukya Upanishad – deutsche Übertragung
- Die Gheranda Samhita – kapitelweise zusammengefasst
- Yoga in der Bhagavad Gita – die bunte Vielfalt
➔ Zu allen alten Schriften auf Yoga-Welten.de
Weitere oft aufgerufene alte Schriften
- Yoga im Mahabmarata – erste Systematik
- Goraksa-Sataka – die älteste Hatha-Abhandlung
- Brahma-Sutra Bhashya von Sankara – der Kommentar von Sankara
- Mrigendra Tantra Yoga Pada
- Die Shiva Samhita
Zusammenfassung Upanishaden & Mahabharata
Eine kurze Zusammenfassung der Upanishaden und des Mahabharata
Die Upanishaden sind eine Sammlung von Schriften, die im Hinduismus als Bestandteil des Veda (religiöse Texte) eingeordnet werden. "Upanisad" bedeutet im übertragenen Sinne "sich zu Füßen eines Lehrers setzen", die Upanischaden wollen uns also belehren. Viele Gedanken der Yoga Philosophie finden sich in diesen Lehrtexten, speziell in den sogenannten Yoga Upanischaden und im Mahabharata, dem größten Epos aus Indien.
Im Artikel findet sich (auch) eine Sammlung von Volltexten bekannter Upanishaden.
Die Mandukya Upanishad (auf Deutsch)
Die Mandukya Upanishad ist die Kürzeste aller Upanischaden und umfasst lediglich zwölf Verse. Doch diese haben es in sich! Sollen Sie doch (gemäß Radhakrishnan) eine grundlegende Herangehensweise an die Erkenntnis der letzten Realität beinhalten.
Der Inhalt dreht sich hauptsächlich um das Mantra OM und die vier Zustände des Bewusstseins (Wachen, Träumen, Tiefschlaf und einen mystischen vierten Zustand der Erleuchtung – Turiya.
Der Text besteht nur aus 12 Versen. Ich habe eine eigene Übersetzung erstellt, die (hoffentlich) das Gemeinte korrekt wiedergibt, dabei aber verständlicher zu lesen ist.
- Andere Namen: Svetasvatara Upanishad; Śvetâúvatara Upaniṣad
- Vedische Schrift, Hindu-Text
- 6. Jhd. nach Christus
Die Shvetashvatara Upanishad ist Teil des Krishna Yajurveda únd eine der älteren Haupt-Upanishaden. „Svetasvatara“ bedeutet „weißes Maultier“, ein verehrtes Tier im alten Indien. Sogar Arjunas wird im Mahabharata mal „Shvetashva“ genannt.
Die Shvetashvatara Upanishad behandelt die Philosophie und geistigen Grundlagen von Yoga und Advaita Vedanta. Sie enthält 113 Verse in 6 Kapiteln.