Yoga und Karma

Jukiwi fragt:

Liebe Forum-Mitglieder,

in meiner Yogapraxis hat sich die Frage nach der Bedeutung und dem Wirken von Karma aufgetan. Ich habe darüber in meiner Ausbildung nicht viel verstanden (die philosophische Theorie schon, aber das Erkennen/Erfahren fehlt mir ganz) und würde euch gerne nach eurem Wissen, euren Ideen fragen. Es geht mir darum, mehr darüber zu verstehen, speziell in der Rolle als Yogalehrerin.

LG, Jukiwi

Die Antworten lauten wie folgt:

Tulsi antwortet

Hallo Jukiwi,

für mich heißt das: Achtsamkeit, Achtsamkeit, und nochmal Achtsamkeit. Alles, was ich tue, denke und fühle, hat Konsequenzen, für die ich gerade stehen muss ...

Herzliche Grüße!, Tulsi

Ram

Hier ein Text, der auch auf die verschiedenen Arten von Karma eingeht (Sanjita Krama, Agami Karma, Prarabdha Karma): https://docplayer.org/24009469-Karma-ursache-oder-auswirkung.html

Jukiwi

Liebe Tulsi,

danke für deine Antwort. Einfach, aber nicht leicht ist das...

Lieber Ram,

danke dir für den Hinweis. Ich werde ihm folgen.

LG, Jukiwi

Ramananda

Von meiner Seite beginne ich den Thread mit einem Posting, welches ich in diesem Forum an anderer Stelle eingebracht hatte (»Die erfüllendsten Worte – Januar 2012«): »Karma is Samsara, Yoga is Moksha.« (Yogiraj Gurunath Siddhanath)

Dieser tiefgründige Satz (Quelle: Wings to Freedom, Seite 143) ist im Sutra-Stil geschrieben; sozusagen »nur das Nötigste vom Nötigen – und dennoch vollständig«.

Von den Sutra-Schreibern des alten Indien wird gesagt, sie hätten sich über die Geburt eines Sohnes nicht so sehr gefreut wie über ein weiteres Wort, welches sie aus ihrem Text streichen konnten (!), ohne dass der Inhalt an Aussagekraft verloren hätte. Shri Patanjalis Yoga-Sutra ist ein klassisches Beispiel dafür. Noch extremer findet man diesen Stil im unvergänglichen Vedanta-Sutra (Brahma-Sutra) des Weisen Badarayana, auf den sich Shri Shankaracharya immer wieder bezog.

Der leidvolle Kreislauf der Geburten und Tode (samsara) wird durch das Karma in Gang gehalten. Karma ist sowohl »Handlung, Tat« als auch »das Schicksal« (die Folge früherer Gedanken und Handlungen, das Gesetz von Ursache und Wirkung, das Prinzip des universalen Ausgleichs).

Solange es das Karma gibt, so lange gibt es keine »Erlösung, Freiheit« (moksha). Mit Yoga (»das Verbinden« des begrenzten menschlichen Bewusstseins mit dem alldurchdringenden Ozean des Bewusstseins) ist beides gemeint, sowohl der Zustand der Vereinigung (das Ziel) als auch die Methode, die dahin führt (der Weg).

»Karma is Samsara, Yoga is Moksha.« Die erste Wahrheit ist ein realistischer Zustandsbericht, die zweite die lichtvolle Verheißung und der Hinweis auf den ursprünglichen Sinn des Lebens. Über diesen einen Satz sind ganze Bibliotheken geschrieben worden. Die Essenz aller Bücher über Yoga, Religion, Spiritualität aber ist: »Yoga is Moksha.« Ich atme diese reinigenden, erhebenden Worte wie die klare Luft des Himalaya, ich empfinde sie mit allen Sinnen. Das ist »India at its best« – der alte Yoga, der alte Geist, der heute zunehmend verlorengeht. Immer wieder jedoch – die göttliche Gnade ist wie der Wind – werden wir von den Weisen an den wahren Sinn des Lebens erinnert.

Lokah samastah sukhino bhavantu, Om Shanti 

Tulsi

Oh, wie ist das schön erklärt!!! Hat mich heute schon den ganzen Vormittag begleitet, lieber Ram, vielen Dank.

Jedoch habe ich ein Problem damit, wenn ich z. B. einem gläubigen Christen erklären will, was Karma ist, unabhängig von dem Gedanken der Wiedergeburt. Christen wollen und können das häufig so nicht akzeptieren. Mir persönlich erscheint die Wiedergeburt logisch, weil ich halt wünsche, dass es Gerechtigkeit gibt (und innerhalb eines Lebens sehe ich dazu keine Möglichkeit) – dennoch ist es ein Denkmodell wie so etliche andere auch, und letztendlich weiß ich nicht, ob nach dem Tod überhaupt etwas kommt. Ich kann mich nur so gut als möglich auf ALLES einrichten, und dann abwarten.

Herzliche Grüße!, Tulsi

M33

Liebe Tulsi,

das Christentum ist eine Karmareligion!

Liebe Grüße, M33

Jukiwi

Lieber Ramananda,

danke für den schönen Beitrag. Die Klarheit darin hat mich sehr berührt.

Ramananda schrieb: "»Yoga is Moksha.« Ich atme diese reinigenden, erhebenden Worte wie die klare Luft des Himalaya, ich empfinde sie mit allen Sinnen."

Mit diesem Satz und Bild habe ich heute innerlich meinen Yogaunterricht begonnen und zwischendurch immer wieder daran gedacht. Habe bemerkt, dass es mich immer wieder sehr klar zum Fokus meiner Handlungen zurückbringt, zum Yoga. Ich glaube, beobachtet zu haben, dass ich mich schnell in dem verliere, ob sich eh niemand verletzt oder ob mich eh jede/r versteht oder ob sich eh alle wohlfühlen etc. Ich möchte mich mit diesem schönen Satz weiter verbinden und ihn wirken lassen. Hoffe, ich "darf" das im yogischen Sinne.

Danke jedenfalls. LG, Jukiwi

Tulsi

Liebe (lieber?) M33,

kannst Du mir das bitte genauer erläutern? Denn in einem Leben bring ich's nicht unter ...

Herzliche Grüße, Tulsi

Jukiwi

Liebe M33, liebe Tulsi,

nach meinem laienhaften Verständnis des Christentums (bin evangelisch erzogen worden) gibt es eine ähnliche Befreiung der menschlichen Seele, nur geschieht sie nicht durch Erkenntnis wie in den indischen Weisheitslehren, sondern durch die Gnade Gottes, die der Einzelne erfährt. "Die Gnade Gottes kann man nicht kaufen. Alle Taten eines Menschen sind bedeutungslos wie einzelne Wassertropfen im Ozean. Allein die Gnade Gottes erlöst." Das sind Sprüche aus meiner Kindheit, die ich dazu noch in den Ohren habe und über die ich auch manchmal nachdenke.

Auch wenn es vermutlich Unsinn ist, geistige Konzepte so miteinander zu vergleichen – interessant finde ich es schon. Und ich sag gleich dazu, dass ich mich in alldem auch irren kann.

LG, Jukiwi

Ramananda

Jukiwi schrieb: "Ich möchte mich mit diesem schönen Satz weiter verbinden und ihn wirken lassen. Hoffe, ich "darf" das im yogischen Sinne.

Selbstverständlich!

Ramananda

Namaste Tulsi,

ich danke Dir für das schöne Feedback. Wenn ich zu einigen Deiner Sätze etwas sage, versuche (!) ich mich kurz zu fassen, denn das Thema ist gewaltig – nur durch das Karma dreht sich ja die Welt, wie sie sich dreht.

Tulsi schrieb: "Jedoch habe ich ein Problem damit, wenn ich z. B. einem Christen erklären will (...) Christen wollen und können das häufig so nicht akzeptieren."

Um niemandem zu nahezutreten, spreche ich jetzt meine subjektive Meinung aus: Es ist sinnlos, die reinste Verschwendung von Zeit und Energie, mit Christen darüber zu reden. Ich bin im erzkatholischen Südtirol aufgewachsen und habe das Christentum geliebt. Wenn da nur nicht einige entscheidende Fragen gewesen wären, die mir niemand beantworten konnte (und die mich schließlich über den Buddhismus zum Yoga geführt haben).

Jedenfalls: Man mag in der Bibel noch so viele Aussagen finden, wie die klassischen »was der Mensch sät, das wird er ernten« und »wer das Schwert nimmt, der soll durch das Schwert umkommen«; man mag Hinweise geben auf apokryphe Schriften, die in aller Klarheit von der Wiedergeburt reden – es hilft nichts, da die offizielle Kirchenmeinung seit ungefähr 1600 Jahren nun einmal ist: Es gibt nur ein Leben, und basta.

Tulsi schrieb: "Mir persönlich erscheint die Wiedergeburt logisch (...)«

Ich erlaube mir zu sagen: Das erkennst Du nicht durch die Logik (= Logik als intellektuelle Leistung); das sagt Dir vielmehr Dein Innerstes, Deine Intuition, weil es nämlich eine WAHRHEIT ist. Und diese in uns allen schlummernde Wahrheit sollten wir an die Oberfläche kommen lassen!

 Tulsi schrieb: "(...) weil ich halt wünsche, dass es Gerechtigkeit gibt (und innerhalb eines Lebens sehe ich dazu keine Möglichkeit) (...)"

Man mag das als Wunsch bezeichnen, okay. Aber für mich gilt wie oben: Das ist kein Wunsch; das ist die innere Gewissheit, dass es diese universale Gerechtigkeit GIBT. Selbst wenn ein Mörder seiner Bestrafung in diesem Leben entkommt – er kann seinem Schicksal trotzdem nicht entgehen, im nächsten Leben kommt das Resultat. Das sagen alle großen Meister, alle großen Schriften, und zahllose (!) Menschen können es persönlich bestätigen. Es gibt dazu wundervolle (eigentlich erschreckende, aber wundervoll lehrreiche) Berichte und Geschichten.

Tulsi schrieb: "(...) dennoch ist es ein Denkmodell wie so etliche andere auch (...)"

Auch hier: Man mag es als Denkmodell, als Konzept, als Logik begreifen. Aber mir ist das zu wenig. Ich habe mit eigenen Ohren einen Meister sagen hören (zu einem Skeptiker): »Glaube es oder glaube es nicht, aber die Wiedergeburt gibt es.«

Tulsi schrieb: "(...) und letztendlich weiß ich nicht, ob nach dem Tod überhaupt etwas kommt."

Das ist die »Frage aller Fragen«. Gäbe es keinen Tod, dann gäbe es weder Philosophie noch Religion. Im Buch der Bücher, in der Bhagavad-Gita, hören wir diese Worte Gottes an Arjuna: »Wahrlich, nie war die Zeit, da Ich nicht war, noch du, noch diese Könige; und nie werden wir alle in Zukunft nicht sein. Wie für den Bewohner des Leibes in diesem Körper Kindheit, Jugend und Alter sind, so ist für ihn auch die Erlangung eines anderen Körpers. Der Weise wird davon nicht verwirrt.«

Es gibt mehrere Wege, um zur Erkenntnis zu kommen, dass die Wiedergeburt eine Tatsache ist. Da wäre als wichtigster

  • 1. die Aussage der wahren Erleuchteten; und da ihre Worte die Heiligen Schriften bilden, eben auch
  • 2. das Zeugnis der Schriften. Es gibt
  • 3. das persönliche Wissen der eigenen vergangenen Geburten; das dauert aber eventuell etwas länger... Und dann gibt es
  • 4. »den« großen Moment, den JEDER Mensch erlebt, nämlich in der Stunde seines Todes.

Hierzu sagen die Erleuchteten: Im letzten Augenblick des Lebens, kurz bevor die Seele (der »Bewohner des Leibes«) den Körper verlässt, sieht man wie in einem Film die Umstände der neuen Geburt (Dinge wie Ort, Zeit, Familie usw.). Nur ist es dann zu spät, diese Erkenntnis weiterzugeben, denn man kann in diesem Augenblick nicht mehr sprechen. Manche Menschen sterben mit einem friedlichen, ja glücklichen Gesichtsausdruck; andere mit verzerrtem, fast entsetztem. Zufall? Gewiss nicht.

  • Wenn man das alles weiß, dann beginnt die Frage wichtig zu werden:
  • Wie soll der Mensch leben?
  • Wie kann er das Karma zu Ende bringen?
  • Gibt es überhaupt die Möglichkeit, sich vom Karma zu befreien und Erlösung, Freiheit (moksha) zu erlangen?

Und die Weisen sagen: Ja!

Genug. Ich habe vielleicht schon zu viel gesagt. Denn eines steht fest: Das Thema Karma »beunruhigt«, der Yoga, überhaupt. Die Religionen verkünden aber: Das ist eine positive Unruhe; sie wird der Antrieb sein, der uns zur Freiheit führt. So lesen wir in den Schriften diese wundervollen Worte, welche die Erleuchteten an uns Suchende richten:

»Erwacht! Erhebt euch! Und ruht nicht eher, als bis das Ziel erreicht ist!«

Lokah samastah sukhino bhavantu, Om shanti

Tulsi

Liebe Jukiwi,

nun, die Gnade gibt es auch im Hinduismus: 5-fache Kraft des Göttlichen – aufbauend, erhaltend, abbauend, verhüllend und Gnade gewährend (enthüllend, erleuchtend). Meine Frage bezog sich auf den notwendigen (?) Zusammenhang von Karma und Samsara – was, wenn man nicht an eine Wiedergeburt glaubt?

Herzliche Grüße!, Tulsi

Tulsi

Lieber Ram,

es ist sinnlos, mit Christen darüber zu reden, schreibst Du. Ja, da magst Du recht haben – was die Wiedergeburt betrifft. Ich lebe (und unterrichte) im erzkatholischen Bayern auf dem Dorf und in einer Kleinstadt und daher bin ich seeehr vorsichtig mit diesem Thema. Aber trotzdem möchte ich das Gesetz von Ursache und Wirkung ansprechen ... Es muss auch ohne diese Kopplung möglich sein.

Herzliche Grüße!, Tulsi

Ramananda

Liebe Tulsi,

verzeihe mir bitte meine derbe Ausdrucksweise; sie ist wohl zunehmend einer altersbedingten Ungeduld geschuldet, zum Wesentlichen zu kommen.

Das Gesetz von Ursache und Wirkung wird im Christentum von niemandem bestritten; die Aussagen der Bibel sind unmissverständlich. Das eventuelle (!) Problem liegt darin, dass man angeblich nur einmal lebt; danach folgen »die Auferstehung der Toten« und man wird von Gott »gerichtet«: Himmel, Fegefeuer, Hölle. Die Christen sind wie die Anhänger aller Religionen angehalten, ethisch/moralisch gut, »gottgefällig« zu leben. In diesem Sinne gibt es keinen Unterschied zum Yoga.

Jukiwi

Hi zusammen,

mir fällt dazu etwas ein, was der Frage "wie kann ich im katholischen Land die Frage von Karma und Wiedergeburt ansprechen?" vielleicht etwas an Schwere nimmt. Einer meiner Lieblingsfilme über Indien ist Wolfgang Panzers "Broken Silence". Darin gibt es eine Szene, in der die schwer kranke Hauptdarstellerin mit einem schweizer Mönch (der aufgrund einiger Umstände in Indien sein Schweigegelübde bricht) über Karma und Wiedergeburt diskutiert. Am Ende fragt sie ihn: "Können sich 600 Millionen Inder irren?" :)

LG, Jukiwi

M33

Lieber Ramananda,

leider hat es schon wieder gar nichts mit gegenständlichem Thema zu tun, was ich hier schreibe. Lieber Ramananda, ich bitte Dich um Deine Hilfe.

Ich habe in Deinen Internetinfos geschmökert und mir Bücher von Swami Narayanananda bestellt, "Das Mysterium des menschlichen Geistes" und "Das Ende der Philosophie". Müsste mir das für einen gründlichen Überblick genügen od. würdest Du ein weiteres Buch empfehlen, weil es sonst an Wesentlichem fehlt?

Verschiedene andere Schriften, in der Zeit vor meiner Initiation gelesen, werde ich neuerlich lesen. Bezüglich Bhagavad-Gita und Yogasutra kann ich ja sogar auf Deine Übersetzungen (wow, da musst Du die Sprache ja aus dem Effeff beherrschen, das muss ja eine Heidenarbeit gewesen sein. Ich habe mich z. B. mal mit Punjabi befasst und es fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel!) zurückgreifen, falls es bei uns ausgeliehen und verschollen ist.

Anhand der Forumsdiskussion ist mir wieder mal so richtig klar geworden, es gibt die Meditationserfahrung und die Wahrheit. Zum Philosophieren über Yoga hat man einen Schritt zurückzutreten, sich in philosophischen Gedankengängen klug zu machen und so die Grundbedürfnisse philosophischer Auseinandersetzung zu befriedigen. Im Grunde ist jede Philosophie nur eitler Firlefanz, und doch ist es so schön, sich in Gesellschaft lieber Menschen zu wissen und zum Thema Yoga in philosophischer Weise mit ihnen zu kommunizieren.

Was mich in nächster Zeit sehr interessieren würde, wären wirklich gut fundierte, neurophysiologische Erkenntnisse bezügl. Meditation. Was im DYF z.B. unter 5/2oo8 und 5/2o1o zu finden ist, kenne ich. Das ist allgemein bekannt. Und hier, lieber Ramananda, komme ich zum vorrangigen Grund meiner Bitte an Dich um Hilfe. Falls es zu Deinen Interessensgebieten gehören sollte, bitte gib mir Hinweise für wirklich Aussagekräftiges im Internet und in der Literatur. (Englisch ginge, das sagt einer mit threat-thread!!!, Deutsch wäre mir lieber.)

Auch an sämtliche Forumsmitglieder richte ich dahingehend meine Bitte um Information!

Ganz liebe Grüße, M33

M33

Liebe Tulsi,

wenn mir ein Mensch lieb und wert ist und ich gerne mit ihm kommunizieren will, bin ich bestrebt, seinem Gedankengut näherzukommen. Womöglich könntest Du die Bibel, den Katechismus und sonst. einschlägige Schriften lesen.

Liebe Grüße, M33

Ramananda

Liebe M33,

dein in mehrfacher Hinsicht bemerkenswertes Posting enthält neben einigen schnell zu beantwortenden Fragen auch eine, über die man ein ganzes Buch schreiben könnte; ist also nicht einfach abzuhandeln und dabei von größter Bedeutung, nämlich »die Meditationserfahrung und die Wahrheit«.

Zunächst kurz (Teil 1): Bücher von Swami Narayanananda. Als Einstieg nimmt man gewöhnlich »Das Geheimnis der Geisteskontrolle«. Da wird der Yoga allgemein beschrieben; alle anderen Bücher behandeln spezielle Themen. Ist die »Geisteskontrolle« noch nicht abschreckend genug (kein Scherz, Erfahrung der letzten 35 Jahre), liest man als zweites »Der Weg zur Erleuchtung«. Die von Dir gewählten Titel sind natürlich toll, aber sozusagen härtere Kost.

M33 schrieb: "Was mich sehr interessieren würde, wären wirklich gut fundierte, neurophysiologische Erkenntnisse bezügl. Meditation"

Hier werde ich Dich vermutlich enttäuschen, aber so etwas kann ich nicht empfehlen. Ich zitiere aus meiner Übersetzung des Yoga-Sutra (geht am schnellsten, mit copy + paste):

»Es mangelt heute nicht an Versuchen, den Yoga erklärbar, beweisbar und damit für die westliche Wissenschaft annehmbar zu machen. Abgesehen davon, dass der majestätische Yoga die Anbiederung an eine alle subtilen Phänomene leugnende Pseudowissenschaft nicht nötig hat, sind alle diese gutgemeinten Versuche von vornherein zum Scheitern verurteilt. Der Yoga wird immer bleiben, was er war: eine Sache der persönlichen Erfahrung. Er kann daher nicht zum Objekt einer Wissenschaft werden. Obwohl durch und durch vernunftgemäß, erfordert auch er anfangs den Glauben; durch ihn beflügelt, geht man an die Praxis und erlangt irgendwann Einsichten, die den Glauben zum Wissen machen. Dieses Wissen ist subjektiv; ein Zweiter wird es nicht eher als wahr anerkennen, bis er – durch eigene Praxis, durch nichts anderes – im Besitz der gleichen Erfahrungen ist; so geht es mit einem Dritten, Vierten ... Die Grundlage der modernen Wissenschaft ist der fassbare Nachweis; subtile Dinge wie die Erfahrungen auf dem religiösen Weg lassen sich aber nicht beweisen. Jeder Versuch, sie zu objektivieren, muss zwangsläufig zur Quelle von Missverständnissen und Auseinandersetzungen werden. Von alters her wird die Lehre des Yoga »Geheimwissen« genannt; niemals wird sie intellektuell enträtselt werden können. Dies sollte bereits aus der genialen Definition »Yoga ist die Stilllegung der Bewegungen des Geistes« unmissverständlich hervorgehen.«

Ich halte auch alle neurophysiologischen Untersuchungen für lediglich grobstofflich. Ein schöner Zeitvertreib für einige Forscher, aber vollkommen nutzlos, da die subtile Ebene, um es nochmals zu sagen, niemals ein Gegenstand von Forschungen sein kann. Sicherlich aber wirst Du von anderen Forumsmitgliedern genügend Literaturempfehlungen erhalten, bei denen es um solche Forschungen geht.

M33 schrieb: "Zum Philosophieren über Yoga hat man einen Schritt zurückzutreten, sich in philosophischen Gedankengängen klug zu machen und so die Grundbedürfnisse philosophischer Auseinandersetzung zu befriedigen."

Ich bewundere und schätze eine solch reife Aussage. Wenn man denkt, wie wenige dazu bereit sind ...

M33 schrieb: "Im Grunde ist jede Philosophie nur eitler Firlefanz, und doch ist es so schön, sich in Gesellschaft lieber Menschen zu wissen und zum Thema Yoga in philosophischer Weise mit ihnen zu kommunizieren."

Ja; aber über den Yoga, über das Karma zu diskutieren ist in diesem Fall keine Philosophie (»Gerede«), vielmehr eine nützliche und notwendige Auseinandersetzung mit wahrlich wichtigen Dingen des spirituellen Weges.

M33 schrieb: "(...) es gibt die Meditationserfahrung und die Wahrheit."

Damit wären wir bei dem schwierigsten von Dir angesprochenen Punkt. Da mein Posting bereits hier viel zu lang geworden ist, werde ich diese Frage morgen extra beantworten (Teil 2).

Bis dann - Ram

Ramananda

Jukiwi schrieb: "Am Ende fragt sie ihn: "Können sich 600 Millionen Inder irren?"

Liebe Ju,

diese Frage würde nicht jeder mit »nein« beantworten. In der Tat könnten sich auch sieben Milliarden Menschen irren. Auf dieses Argument wird man immer treffen. Meine – total subjektive – Empfehlung ist daher, anders an die Sache heranzugehen: Können sich die großen Rishis (wörtlich: »Seher«) Indiens, vom Altertum bis in die Neuzeit, irren? Antwort: nein.

Alle wahrhaft(!) Erleuchteten sind im Besitz der letzten Wahrheit und sagen daher nichts als die Wahrheit. Ihre Worte hierzu mögen verschieden sein (für das »Nirvana« gibt es z. B. viele weitere Begriffe), aber meinen tun sie alle dasselbe.

Und alle Rishis Indiens sprechen vom Samsara, dem Kreislauf der zahllosen Geburten und Tode. Die Wesen sind solange im Samsara gefangen, bis sie durch Erkenntnis der eigenen wahren Natur »die Freiheit vom Karma« (so die Bhagavad-Gita) erreichen und damit die Erlösung (Moksha). Und dass ALLE Wesen die Erlösung erreichen können – ist das nicht ein »Evangelium, eine frohe Botschaft«?

M33

Lieber Ramananda,

du machst mir die Bücher von Swami Narayanananda ja ganz schön madig von wegen Abschreckung. Hoffentlich verfolgt es mich nicht bis in meine Träume und raubt mir die Konzentration für die Meditation. Gleichwohl danke für Deine Hinweise!

Natürlich akzeptiere ich Deinen Standpunkt bezüglich neurophysiologischer Forschung in Sachen Meditation. Was meinen Standpunkt betrifft, wenn ich viele Jahre täglich mehrere Stunden meditiere, interessiert es mich schon, welche Abdrücke in meinem physischen Körper es hinterlässt bzw. eben diese Abdrücke zum Objekt einer Wissenschaft gemacht zu sehen. Das hat eigentlich kaum damit zu tun, die subtilen Erfahrungen und subtil geistigen Auswirkungen auf dem meditativen Weg einer Beweisführung mittels grobstofflicher neurophysiologischer Untersuchungen unterziehen zu wollen.

Danke für Deine Antwort und hoffentlich hast Du Recht damit, dass ich von anderen Forumsmitgliedern genügend Literaturempfehlungen erhalten werde, bei denen es um solche Untersuchungen geht. Ich bitte sehr darum!

Liebe Grüße, M33

Ramananda

Liebe M33,

ich will Dir die Bücher von Swami Narayanananda gewiss nicht madig machen; wie könnte ich auch, es sind die Schriften jenes Meisters, dessen Schüler ich sein darf. Ich halte es dennoch für nicht verkehrt, interessierte Leser darauf hinzuweisen, dass diese Schriften sich durch ihre Nüchternheit und Strenge von anderen Werken abgrenzen. Die Wahrheiten von Swami Narayanananda mag nicht jeder – welche anderen Gründe als die genannten es auch sonst noch geben mag.

Auf meiner Homepage findet sich dazu ein Passus, aus dem ich hier nur einige Sätze zitiere: »Persönliche(!) Anmerkung von Helmuth Maldoner. Wenn die Werke von Swami Narayanananda die weltweit besten zu den Themen Yoga und Religion sind, warum weiß angeblich niemand etwas davon? Yogalehrer und Yoga-Autoren kennen zumindest seine großen Schriften wie "Die Urkraft im Menschen". Dennoch wird Swami Narayanananda in 9.999 von 10.000 Yogabüchern nicht erwähnt, er ist in praktisch keinem Literaturhinweis zu finden.« Und dies, liebe M, ist kein Zufall.

Zur »Meditationsforschung«: Ich verstehe Dein Interesse einerseits; andererseits glaube ich, dass Du nicht lange brauchen wirst um zu erkennen, dass ich mit meinem Standpunkt nicht so falschliege. Swami Narayanananda sagte, es gäbe kein »Instrument«, mit dem man den Geist und seine Funktionen »messen« könnte; das einzige Instrument dafür ist der Geist selber. Und von welchen grobstofflichen Wirkungen (»Abdrücke«) der Meditation Du sprichst, ist mir ein Rätsel. Aber wie gesagt, Du wirst bestimmt einige Empfehlungen erhalten, die Dir entsprechen.

Was schließlich »… die Meditationserfahrung und die Wahrheit« angeht, so bin ich noch am Überlegen, ob dazu überhaupt etwas gesagt werden soll. Das Thema (die meisten Meditations»erlebnisse« sind in der Regel keine Wahrheiten, sondern im besten Fall Halbwahrheiten, im weniger guten Fall Hirngespinste und Fallen des eigenen Ego) ist zu »reizend«. Im wortwörtlichen Sinn – es reizt, es regt auf, und viele fühlen sich dann persönlich angegangen. Ich habe dazu in einem anderen Yogaforum (dort gibt es tatsächlich Teilnehmer, die sich für erleuchtet halten und dies auch öffentlich kundtun) schon so viel Kontra und böse Antworten erhalten, dass es vielleicht besser ist, »nicht an die Substanz zu gehen«?

Mit liebem Gruß, Ram 

Jukiwi

Liebe M33,

obwohl ich Ramananda insofern zustimme, dass unsere westliche Forschung wenig Substantielles zum Thema zu sagen hat (ich hoffe, ich habe dich, Ram halbwegs richtig verstanden), zitiere ich hier einzelne Abschnitte aus meinen persönlichen Skripten zum Thema Meditation. Allerdings sind die schon 5 Jahre alt, es gibt sicher neuere Forschungen dazu.

Im normalen Wachzustand erzeugt unser Gehirn Beta-Wellen, die in den verschiedenen Hirnregionen unterschiedlich lang und unregelmäßig sind. In Entspannungszuständen werden dazu die ruhigeren Alpha-Wellen erzeugt – und in diesem Stadium gleichen sich die Wellen des gesamten Großhirns aneinander an, beginnen synchron zu laufen. In tiefer Entspannung lassen sich Theta-Wellen messen.

Nur in tiefer Meditation sind die langsamsten, die Delta-Wellen messbar – eigentlich ein Kennzeichen für Tiefschlaf – obwohl die Meditierenden vollkommen wach und bewusst sind!

Der amerikanische Radiologe Adrew Newberg hat die Gehirnaktivität von Menschen mit jahrelanger Meditationserfahrung, darunter drei Franziskaner-Nonnen, während der Meditation gemessen: Ein Areal im vorderen Stirnlappen leuchtete hell auf, andere Regionen des Großhirns links und rechts reduzierten ihre Aktivität deutlich. Newberg meint, dass, wenn in der rechten Gehirnhälfte das Areal, das für die Orientierung im Raum zuständig ist, keine Information mehr bekommt, für den Meditierenden ein Gefühl von Raumlosigkeit (der Raum um mich ist grenzenlos) entsteht. Werden in der linken Gehirnhälfte jede Areale, die für die Wahrnehmung von Begrenzung im körperlichen Sinn zuständig sind, ruhig gestellt, dann entstehe subjektiv die Wahrnehmung, dass man selbst grenzenlos sei. Aber – so Newberg: “Wenn ein Mensch die Erfahrung der Gegenwart Gottes macht, kann ich sagen, was dessen Gehirn dabei tut, aber ich kann nichts darüber aussagen, ob sich dieser Mensch wirklich in der Gegenwart Gottes befindet.“ (GEO Heft 8 2001 und 2002)

Ken Wilber beschreibt in seinem Buch "Einfach das" die mit ihm durchgeführten Untersuchungen wie folgt : „Am Anfang des Videos bin ich an der Maschine (EEG) zu sehen, ich befinde mich im normalen Wachbewusstsein, weshalb man in beiden Hemisphären eine große Alpha- und Beta-Aktivität sieht ... Dann versuche ich, in eine Art Nirvikalpa-Samadhi – vollständiges Erlöschen der Geistestätigkeit – einzutreten und innerhalb von vier, fünf Sekunden gehen alle Anzeigen des Geräts vollständig auf null zurück. Es sieht so aus, als ob derjenige, der da angeschlossen ist, absolut hirntot sei. Keine Alpha-, Beta-, keine Theta-Wellen, nur die Delta-Wellen sind noch im Maximum.“

LG, Jukiwi

Wintersun

Hallo M33,

ich höre öfters Podcasts des Upaya Zen Centers - vielleicht findest Du da etwas. Vielleicht geht das von Dan Siegel in die Richtung, was Du suchs? Hier findest du die Podcasts: https://www.upaya.org/wisdom-library/dharmatalks/ - dort nach "Dan Siegel" filtern.

Ramananda

Liebe Ju,

weit davon entfernt, irgendjemanden zu kritisieren, frage ich daher mich selbst: Was sagen die verschiedenen Gehirnströme über den meditierenden Geist aus? Antwort: nichts. Was macht man PRAKTISCH mit den gewonnen Erkenntnissen über Gehirnströme von Meditierenden? Antwort: nichts. Das Newberg-Zitat sagt ja alles.

Wozu also das Ganze? Antwort für mich: weil man sich so einen interessanten Zeitvertreib leisten kann, ohne selber in die echte Materie eindringen zu müssen, nämlich ins Reich der Beherrschung des eigenen Geistes. Denn da beginnt die harte ARBEIT, nicht mit irgendwelchen »wissenschaftlichen« Studien.

Und zu welchen Absonderlichkeiten so eine Wissenschaft führen kann, sehe ich aktuell an der zitierten Aussage von Wilber. Immerhin ist er noch so anständig und spricht von »einer Art Nirvikalpa Samadhi«. Mit anderen Worten: nichts genaues weiß man nicht. Erschütternd.

Von meinem Meister habe ich mehr als einmal gehört: Viele Wissenschaftler hätten die nötige Konzentrationskraft, um die im Yoga angestrebten »höheren« Zustände des Geistes erreichen zu können. Warum gehen sie dann den Weg nicht? Warum verschwenden sie ihre Zeit mit sinnlosen Studien? Und die Antwort des Meisters war immer dieselbe: »They do not want it.«

Und warum dies? Der wahre geistige Yoga ist der denkbar größte Stress; hier geht es um die willentliche Konzentration des Geistes auf einen Punkt (das Schwierigste überhaupt), um Selbstbeherrschung, Askese, Verzicht; um das Elend des Kreislaufs der Geburten und Tode, um die Überwindung dieser armseligen Welt, um die Sehnsucht nach Freiheit, um das Finden eines echten, eines wahrhaft erleuchteten Gurus; um das alles beherrschende Thema Karma, um Religion, um das Heil der Seele.

Der PRAKTISCHE Weg zur Erkenntnis der eigenen wahren Natur ist eng, steinig, dornenreich, voller Entbehrungen. Und wer will das schon?

M33

Liebe Jukiwi, lieber Ramananda,

herzlichen Dank an Juwiki für die freundlichen Bemühungen. Auch ernsthafte Untersuchungsreihen bzgl. der Gehirnströme interessieren mich sehr wohl, doch es interessieren mich die gesamten Veränderungen im Kopf, die Gehirnrinde bzw. die Verdickung bestimmter Areale der Gehirnrinde bei jahrelange in Meditation geübten Mönchen z. B., die Zirbeldrüse, die Hypophyse etc. Alles im Sinne von "der Geist formt den Kopf". Sowas gibt es unter diesem Titel bereits im Internet, habe ich eben gesehen. Es ist aber leider nur minimal angerissen thematisiert. Es gibt übrigens bezüglich der Drüsen ganz interessante, alte Darstellungen mit Zeichnungen und ausführlichen Erläuterungen von Yogamönchen, daran erinnere ich mich ganz sicher. Nur sind sie aus unserer Bibliothek verschollen, wohl an Unbekannt verliehen.

Ich habe vor, in den nächsten Monaten, sobald ich alles an Yogaschriften u. sonst. Material zusammen habe, meine Freizeit hauptsächlich dem Yogastudiium zu widmen. So wie ich es vor meiner Einweihung damals getan habe, auch um hier bei den Diskussionen besser teilnehmen zu können bzw. die Schriften wieder besser im Kopf abrufbar zu haben.

Auch an Wintersun meinen herzlichen Dank für die freundliche Hilfe!

Ich suche jetzt schon längere Zeit nach wirklich aussagekräftigem Informationsmaterial und es ist mir wirklich nicht billiger Zeitvertreib. Und ich arbeite auch tagtäglich seit Jahren an meinem spirituellen Fortschritt in ausgedehnter Meditation! Meine Suche war im Grunde auch der Anstoß, mich hier im Forum anzumelden und mich mal umzuschauen. Ich habe es vermisst, in meiner Sache nicht fündig zu werden, bin dann aber so lieben Menschen hier begegnet und bin gerne hier.

Lieber Ramananda, solltest Du es tatsächlich als nicht gut und ernsthaft bedenklich für die anderen Forumsteilnehmer sehen in Bezug auf deren spirit. Entwicklung, durch meine Suche hier evtl. zur Beschäftigung mit wissenschaftlichen Daten angeregt zu werden (denn Du hast zweifellos damit recht, die Beschäftigung mit diesen wissenschaftlichen Betrachtungsweisen hält vom praktischen Yoga ab – zudem bläht es den Mind!), dann bitte sage mir einfach, ich solle meine Suche aufgeben. Du kannst dann meine dahingehenden Anfragen gerne löschen, mir macht das nichts aus. Ich möchte keinesfalls Stein des Anstoßes sein.

Liebe Grüße, M33

Jukiwi

Lieber Ramananda,

"ja, genau!", möchte ich zu deinem letzten Beitrag sagen. Die Art, wie unsere Wissenschaften versuchen, GEIST zu verstehen, ist die gleiche, wie man einen Automotor untersucht – und das kann nur absurd werden und nichts über das Wesen von Geist oder Freiheit aussagen, da es ja um persönliche Erfahrung geht.

Die "Biologiesierung" des Geistes und der Psyche ist gerade sehr modern (und ein seeehr gutes Geschäft für die Pharmaindustrie, nebenbei bemerkt!). Viele Psychotherapeuten kritisieren genau das, weil es die dem Menschen innewohnenden Heilkräfte des Menschen ignoriert und geradezu lahmlegt.

Mich hat die Hirnforschung einige Jahre lang sehr fasziniert. Ich hab alles dazu studiert, was ich nur erwischen konnte. Letztendlich kam aber ein Gefühl auf, dass die Ergebnisse irgendwie "egal, irrelevant" sind – denn was nützt es z. B., wenn wir wissen, dass die Hirnregion, die die Bewegungen des Daumens steuert, bei Jugendlichen durch das häufige Schreiben von SMS größer geworden ist?

Dennoch wünsche ich dir, M33, viel Erfolg bei deiner Suche! Es würde mich interessieren, was es ist, wenn du es gefunden hast!

Jukiwi

M33

Liebe Jukiwi,

also der "SMS-Daumen" würde mich auch nicht interessieren, aber "Geist bzw. Meditation formt den Kopf" schon. Tut mir leid, hier mit meiner Angelegenheit so gänzlich falsch angekommen zu sein,

Liebe Grüße, M33

Ramananda

Liebe M33,

wie kommst Du denn auf solche Gedanken? Du bist doch kein Stein des Anstoßes. Im Gegenteil, ich und bestimmt andere auch finden, dass Du eine Bereicherung für das Forum darstellst (abgesehen davon: »löschen« könnte ich sowieso nichts, ich bin ja hier auch nur zu Gast). Und niemals würde ich es wagen, jemandem zu sagen, er solle seine Suche aufgeben. Da hättest Du mich ganz falsch verstanden. Ich bin nur ein kleiner Lehrer für Hatha-Yoga, wie käme ich dazu, anderen die Richtung vorzugeben?

Bis jetzt habe ich diese Diskussionen als einen völlig normalen – und sehr interessanten! – Austausch von Gedanken gesehen, der für alle irgendwie von Gewinn sein kann. Und ich wünsche mir von Herzen, dass das so bleibt. In diesem Sinne freue ich mich auf jedes weitere Posting von Dir.

Noch einmal: mit größter Sympathie – Ram

Jukiwi

Hi alle,

nachdem ich dieses Thema vor einigen Tagen angefangen habe, möchte ich mich hier zwischendurch einmal für die vielen aufschlussreichen Beiträge bedanken. Eure Meinungen und Ideen waren mir wirklich hilfreich. Danke!

Jukiwi

Ramananda

Es gibt meiner Meinung nach drei mögliche Antworten auf die Frage: Warum leiden die Lebewesen?

1. Zufall,

2. Gottes Wille,

3. Karma (= durch eigene Schuld).

Bevor ich näher darauf eingehe, stelle ich in den Raum: Gibt es eine vierte Erklärung?

Ram

Jukiwi

Lieber Ramananda,

beim Nachdenken über diese Frage bin ich auf eine Art Vorfrage gekommen, die ich gerne klären möchte, damit es nicht später zu Missverständnissen kommt: Was ist denn Leid? Das Gleiche wie Schmerz? Einfach eine Empfindung, die nicht näher untersucht werden muss?

In meiner (vielleicht naiven) westlichen Denke gibt es Leid, das einfach direkt mit dem Leben verbunden ist und an dem auch nichts falsch ist, bzw. das sogar Ausdruck eines gesunden Menschenwesens ist. Damit meine ich: Wenn ich beziehungsfähig bin, leide ich, wenn ein geliebter Mensch aus meinem Leben verschwindet. Wenn mein Nervensystem gesund ist, spüre ich den Schmerz einer Verletzung (beim Yoga z. B.). Wenn ich etwas möchte und nicht bekommen kann, leide ich vielleicht wegen der Enttäuschung etc.

Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass Leid dem menschlichen Leben einfach innewohnt und unvermeidlich ist – genau so wie die Erfahrung von Glück oder Freude. Das wäre mein Versuch einer "vierten" Erklärung: Leid ist einfach ein Phänomen des Lebendig-Seins. Es gibt nichts zu erklären.

Dass es darüber hinaus überhaupt eine Möglichkeit gibt, auf einer (geistigen?) Ebene tatsächlich Befreiung davon zu erfahren, ist für mich ein ganz neuer Gedanke. Für meine eigenen Meditationserfahrungen trifft nämlich einfach zu, was du früher hier schon gesagt hast – was sich gut anfühlt, sind lediglich Spiegelungen des Ego ...

Hm, ich hoffe, meine Gedanken sind nicht allzu wirr, Jukiwi

M33

Lieber Ramananda,

das Karmagesetz lässt keinen Raum für das willkürliche Eingreifen einer launischen Gottheit od. dafür, dass man sich widerstandslos dem Schicksal ergibt. Ein Dasein als manmukh zeitigt avidya und avidya wiederum kam, krodh, lobh, moh, ahankar, wobei es nicht möglich ist, durch shil, skhama, santosha, viveka vaigagya und dinta avidiya aufzulösen. Ein satguru erst kann den Menschen mit shabd und jyoti verbinden und dort erst beginnt der allererste Schritt und zwar auf die aller unterste Stufe des weiten Wegs. Es ist im Grunde unstatthaft, überhaupt von "der Erleuchtung" zu reden.

Was den von Dir angesprochenen spirituellen Kindergarten (auch parshabd, parjyoti) anbelangt, dazu werde ich mich noch äußern. Auch dazu, was zu pralabdh-, kriyaman- und sinchitkarma in die Diskussion eingebracht wurde.

Womöglich fördert der von mir gewählte Sprachrahmen etwas die Diskussionsteilnahme von Leuten, die aus dem Sikhsismus kommen, damit es nicht einseitig wird.

Alles Liebe, M33

Wintersun

Lieber Ramananda,

danke für deine anregenden Gedanken. Mich hat es beschäftigt. Ich weiß nicht so viel zu dem Thema. Trotzdem war es für mich mal interessant, einige Gedanken von mir aufzuschreiben und über deine Frage nachzudenken.

Ich kann es nicht ausschließen, dass es eine Wiedergeburt gibt, aber ich glaube nicht daran. Im Zusammenhang mit Wiedergeburt wäre der Begriff Karma für mich keine mögliche Antwort auf das Leiden. Karma in dem Sinne – eigene Schuld – so wie ich meine Leben gestalte und lebe, so werde ich auch die entsprechenden Früchte ernten – das ist für mich ein Fakt.

Ich glaube nicht an den Gott (so fällt Gottes Wille auch weg). Allerdings an so etwas, das man Gott, Tao oder Atman nennen kann, und das man erfahren kann. Mit Worten kann ich es nur mangelhaft beschreiben. Dieses Gedicht von Kabir ist ein Bild, mit dem ich etwas anfangen kann: Die gestaltlose Gottheit nimmt tausend Gestalten an in den Augen ihrer Geschöpfe. Rein ist sie und unzerstörbar, sie tanzt in Verzückung, und Wellen erheben sich aus diesem Tanz von Gestalt. - Kabir

Ein Weg und Lebenswandel, der einen Menschen immer wacher und "klarer" werden lässt, lässt dann so eine Einheitserfahrung zu und befreit dann von dem Leiden. So wäre vielleicht als vierte Erklärung für das Leiden, dass ich die Welt nicht so wahrnehme, wie sie ist.

Noch ein Text, der mich anspricht und sich für mich richtig anfühlt, auch wenn ich ihn nicht erklären kann: Es gibt weder Schöpfung noch Zerstörung, weder Schicksal noch freien Willen, weder einen Weg noch ein Ankommen. Das ist die endgültige Wahrheit. - Sri Ramana Maharshi

Liebe Grüße, Klaus

Ramananda

Liebe Jukiwi, liebe M33,

eigentlich wollte ich »gleich loslegen« mit den oben erwähnten drei Punkten, aber wir sollten doch das Grundsätzliche klären, denke ich. Und dabei bitte ich zum wiederholten Male, meine Antworten weder als Kritik noch als Belehrung zu missverstehen.

In meiner Zeit als Musiklehrer gab es einen Merksatz, der mich persönlich ziemlich weitergebracht hat, denn diesen Satz konnte ich dann auch auf den Yoga und auf das Buchschreiben anwenden: »Wenn es ein Problem gibt (technischer Art mit dem Instrument, oder sonst etwas, mit dem man nicht klarkommt), und der Lehrer ist nicht imstande, es so auszudrücken, dass ein zehnjähriges Kind dies versteht, dann hat es der Lehrer selbst nicht verstanden.« Was ist also gefragt? Klarheit und Einfachheit. Wir kennen doch alle den berühmten Spruch: Simplex sigillum veri – »das Einfache ist das Siegel des Wahren.«

Ich habe in sogenannten Studiengruppen öfters den Einwand hören müssen: »Leid« – das muss man erst einmal definieren. Meine Antwort an die betreffende Person war dann jedes Mal dieselbe: »Bist Du schon so weit von der Wirklichkeit weg, dass Du nicht mehr weißt, was Leiden bedeutet? Es geht hier nicht um Philosophie, sondern um die GRUNDERFAHRUNG aller Lebewesen. Jedes Kleinkind weiß, was Leid ist. Was gibt es da zu definieren?«

Die alten Meister, die wahren Erleuchteten, haben es in unübertroffener EINFACHHEIT erklärt. Zum Beispiel der Buddha: »Leben ist Leid. Geburt ist Leid; Krankheit ist Leid; Altern ist Leid; Tod ist Leid. Mit Unliebem vereint zu sein, ist Leid. Von Liebem getrennt zu sein, ist Leid.« Wer das nicht versteht, ist von der zutiefst menschlichen »Grunderfahrung« zur reinen »Kopferfahrung« gegangen, er ist ein Intellektueller geworden, und das ist in diesem Falle kein Kompliment.

Noch einmal: Einfachheit, Einfachheit, Einfachheit! Selbst der angeblich »schwer verständliche« Patanjali sagt in seinem Yoga-Sutra in großer Klarheit: »Wegen der mit der unaufhörlichen Veränderung, mit dem Kummer und mit den Samskaras (karmische Eindrücke) verbundenen Leiden … ist für den Unterscheidenden alles nur Leid.« (II, 15) Und: »Im Nicht-Ewigen, im Unreinen, im Leidvollen und im Nicht-Selbst (= im Ego) das Ewige, das Reine, das Freudvolle und das Selbst zu sehen ist Nichtwissen.« (II, 5) Und das NICHTWISSEN ist nach Zeugnis aller Weisen der Grund aller Gründe für das Leiden.

»Solange der Mensch sich für das hält, was er (in Wirklichkeit) NICHT ist, so lange muss er leiden!« (Shri Ramakrishna).

An dieser Stelle möchte ich meine Frage »Warum leiden die Lebewesen?« wiederholen, aber in anderer Form: Wie erklärt man die Ungleichheit der Lebewesen? Der eine ist gesund geboren, der andere mit Behinderungen; der eine ist dumm, der andere intelligent; der eine ist arm, der andere reich; der eine stirbt friedlich im Bett, der andere erleidet einen grausamen Tod und so weiter.

1. Zufall, 2. Gottes Wille, 3. Karma. Oder gibt es eine vierte Erklärung? Das war meine Ausgangsfrage. Und ich wünsche mir, dass wir alle dabei eine Haltung einnehmen, die mein Meister so formulierte: »Be simple!«

Jukiwi

Gut, meine Vorfragen sind geklärt. Von mir aus kannst du "loslegen".

Danke dir, Jukiwi

Ramananda

Lieber Klaus,

unsere beiden Postings haben sich zeitmäßig überschnitten, sonst hätte ich Dir gleichzeitig mit Jukiwi und M33 antworten können.

Ich wollte nur schnell sagen: Schön, dass Du die Dinge so klar siehst. Und Dein erster oben zitierter Satz ist ja genau das, was Shri Ramakrishna gemeint hat – man sieht die Welt nicht so, wie man sie sehen müsste. Ergo: Unwissenheit ist die wahre Ursache des Leidens.

Zu Shri Ramana Maharshi erlaube mir bitte eine Anmerkung. Ich bin ein tausendprozentiger Bewunderer des Maharshi, also kann man meine »Kritik« wohl nicht falsch verstehen, wenn ich sage: Kein anderer Meister der letzten hundert Jahre wird so leicht »verdreht« wie er. Da der Maharshi immer nur von der Endstufe her geredet hat (vom Ziel), besteht die Gefahr, dass man seine Aussagen so lange zurechtbiegt bis sie »passen«. Damit meine ich jetzt nicht Dich. Wie viele Diskussionen habe ich darüber schon geführt ...

Konkret: Wenn von Shri Ramana zu hören ist: »There is not a thing called suffering, you are always one with the Self«, dann ist das eben die höchste Stufe der Weisheit – aber nicht sehr praktisch für jene, die noch auf dem Weg sind. Mein eigener Meister hatte, wenn Schüler ihn mit solchen Aussagen konfrontierten, stets dieselbe Antwort auf Lager: »Why do you mix the beginning with the end? Why do you start with the end? BE PRACTICAL!«

Ram

PS: In einem anderen Yoga-Forum durfte ich übrigens mehr als eine Person kennenlernen, die den Anfang mit dem Ende nicht nur theoretisch (rein philosophisch), sondern tatsächlich verwechselt haben und allen Ernstes verkünden, sie hätten die Stufe der Erleuchtung, der Weisheit erreicht. Jetzt mag man sagen: selber schuld! Ja, aber ein bisschen Schuld ist auch das »Herunterziehen« von Meisterworten auf das eigene Niveau. Und dann ist die Sache nicht mehr so harmlos, wie man denken mag.

M33

Lieber Ramananda,

also, mit einem Zehnjährigen an der Gitarre habe ich mich auch nie so schwer getan. Und um Deinem Gleichnis doch zu folgen und etwas hinzuzufügen: Ich würde mich hier ungemein strapaziert sehen mit einer Anforderung, wie von Dir hier angeführt, wie du sie an Dich beim Schreiben Deiner Bücher stellst. (Ich muss jetzt wirklich bald einmal ein Buch von Dir lesen.)

Vielleicht klappt es doch auch so: Jeder darf hier einfach schreiben, ohne auch nur in den Anschein zu geraten, dass er etwas selbst nicht begreift, wenn er es nicht so schreibt, dass es auch ein Zehnjähriger verstehen kann. Ich bin bereit, mich um meine Diskussionspartner zu bemühen, ihren Gedankengängen aufmerksam zu folgen und bei Unverständnis nachzufragen, zu googeln, deren Bücher zu lesen, etc. Aber für Zehnjährige schreibe ich nicht. Für alle o.k.?

Liebe Grüße an alle, M33

PS: Lieber Ramananda, was Du eben zum Meisterwort geschrieben hast, ist für mich völlig o.k. und oben Angesprochenes  betrifft dieses nicht, so etwas muss selbstverständlich klargestellt werden!

M33

Lieber Ramananda,

erlaube mir bitte eine Frage am Rande. Dass Maharshi immer nur v.d. Endstufe her geredet hat, höre ich in letzter Zeit öfters. Hat er das selber so gesagt od. wer hat das über ihn gesagt bzw. woher weißt Du es?

Ich wäre für ein klärendes Wort dankbar, liebe Grüße, M33

Ramananda

Liebe M33,

das mit den Zehnjährigen bitte nicht ganz so ernst nehmen. Es geht ja hier im Forum nicht um solche »Probleme«, ich wollte daraus nichts Akademisches machen. Sollte dieser Eindruck entstanden sein, bitte ich um Verzeihung – war nicht meine Absicht.

Sagen wollte ich im Kern: Die Sache mit dem Karma ist vielleicht kompliziert; aber dass »die Welt Leiden ist«, wie der Buddha sagte, das ist elementar, noch einfacher geht es nicht. UND TROTZDEM habe ich in den letzten Jahren so viele Menschen getroffen, welche diese elementare Wahrheit entweder nicht kapiert (?) oder schlicht abgelehnt haben mit dem Argument: Die Welt ist doch auch so schön. Das stimmt; aber den großen Buddha sollte man dennoch recht verstehen. Und dazu genügt der gesunde Menschenverstand, da muss man kein »Philosoph« sein. Im Gegenteil: Letzterer wird darüber anfangen zu diskutieren; ein Kind hingegen, welches schon einmal geweint hat, braucht keine hochgestochene, praxisferne Definition des Wortes »Leid«.

Die einfache, »nackte« Wahrheit dieses Universums lautet: Alle Wesen streben nach Befreiung vom Leiden. Noch einfacher: sie wollen glücklich sein. Volltreffer? Keineswegs. Selbst dieser Ur-Wahrheit wird heutzutage gerne widersprochen, denn »so einfach kann es ja wohl nicht sein« ...

Ich habe das jetzt nicht speziell zu Dir gesagt, liebe M, sondern meine es allgemein. Vielleicht wird dadurch meine »Ungeduld« mit den Kopfmenschen dieser Welt und auch meine etwas zu direkte, undiplomatische Ausdrucksweise verständlich? Wäre schön. :)

Noch eine Anmerkung zu Shri Ramana. Es gibt vom Maharshi selber nichts Schriftliches (bis auf eine kleine Aufzeichnung mit Namen »Who am I«). Und dennoch verfügt die Welt über einen unermesslichen Schatz: die drei Jahre lang mitgeschriebenen Gespräche mit Shri Ramana im Ashram von Tiruvannamalai.

Die Originalausgabe heißt »Talks with Sri Ramana Maharshi, Volumes 1–3«. Eine Offenbarung. Aber es gilt bei der Lektüre trotzdem aufzupassen, wie ich im letzten Post angedeutet habe: Man kann den Maharshi auch missverstehen. Das ist bei den »Talks« eine Gefahr. Allerdings wäre es keine Gefahr (seine Worte sind so klar ...), wenn man nicht ständig das eigene Ego bei der Lektüre einbringen würde.

PS: Lasse Dich bitte um Himmels willen nicht von mir »strapazieren«; die Welt ist schon Stress genug. Wenn ich überhaupt etwas »fordere«, dann ist es: Einfachheit. So habe ich auch Jesus verstanden, der ja sagte, wenn ihr nicht so werdet wie die Kinder, könnt ihr niemals in das Reich Gottes eintreten.

Jemandem Stress zu bereiten wäre das Letzte, was mir einfiele. Das merke ich aktuell daran, dass ich über Deine Antwort erstaunt bis betroffen war. Ich habe keine Sekunde daran gedacht, dass meine Worte diesen Effekt haben könnten. Umso mehr danke ich Dir für Deine klare Antwort, das ist eine Hilfe für mich.

M33

Lieber Ramananda,

danke für Deine freundliche Antwort bezügl. Maharshi. Insoweit ist es mir bekannt. Schade, dass Du auch nicht weißt, woher der geflügelte Satz in aller Munde genau kommt. Ich habe gerade "Die Suche nach dem Selbst" mit dem Untertitel "Die Jagd nach dem Ich" von Lucy Cornelssen neben mir liegen; ausgewählte Gespräche zum hundertsten Geburtstag von Maharshi. Ob ich die von Dir angeführte englische Originalausgabe 1-3 habe, wird sich finden. Ich erinnere mich aber, einmal viel über Maharshi gelesen zu haben. Damals war ich ziemlich sicher, dass ihn sowieso kaum einer jemals versteht, ich einschließlich, eben weil ich Jungspund dachte, ihn verstanden zu haben. Darf ich Dich fragen, wie alt in etwa Du warst, als Du mit Maharshi wirklich etwas anfangen konntest?

Bezüglich Jesus mit der Kindwerdung, darf ich Dich da an das Meisterwort erinnern? (Ich bin zwar keine Christin, hatte aber einen Mittelschullehrer, der mich da voll mitgerissen hat. Ich habe mit ihm und seinen Freunden die Ferien im Vatikan im Archiv verbracht.)

Eine Frage hätte ich abschließend noch: Hatte meine Antwort auf Deine klare Frage, ob es zu 1.Zufall, 2.Gottes Wille, 3.Karma eine 4. Erklärung gibt, die gewünschte Einfachheit, um die Du gebeten hast? Ich bitte Dich dazu um ein klares Ja oder Nein. Für mich war es nämlich das Äußerste an Einfachheit und Klarheit, was ich zu Deiner Frage zu bieten hatte.

Liebe Grüße, M33

Ramananda

Liebe M,

vielleicht bin ich zu müde, aber in Deinem letzten Post habe ich einiges nicht ganz verstanden, sorry.

Zunächst aber: Wenn Du mit Deiner Antwort auf meine Frage diese Bemerkung meinst: "Das Karmagesetz lässt keinen Raum für das willkürliche Eingreifen einer launischen Gottheit od. dafür, dass man sich widerstandslos dem Schicksal ergibt", dann erwidere ich: total klar.

Nun zu den zwei Unklarheiten. Du schreibst:

M33 schrieb: "Schade, dass Du auch nicht weißt, woher der geflügelte Satz in aller Munde genau kommt."

Welchen Satz genau meinst Du denn?

M33 schrieb: "Bezüglich Jesus mit der Kindwerdung, darf ich Dich da an das Meisterwort erinnern?"

Was meinst Du damit?

Ich habe die "Talks with Sri Ramana Maharshi" mit 29 oder 30 in die Hände gekriegt. Da hatte ich bereits einige Jahre Buddhismus und Zen hinter mir und fing mit dem Yoga an. Und Shri Ramanas Worte gingen mir runter wie Öl, da gab es vom ersten Moment an nicht den Schatten eines Zweifels.

Bis zum nächsten Mal – Ram

M33

Lieber Ramananda,

danke für Deine freundliche Antwort!

Zu 1.: Ich meinte, was ich wie gesagt in letzter Zeit öfters hörte bzw. was Du geschrieben hast: "Da der Maharshi immer nur von der Endstufe geredet hat..." Würde ich den diesbezüglichen Originalsatz kennen, hätte sich meine Frage, ob Maharshi das selber so gesagt hat od. wer das über ihn sagte bzw. woher Du es weißt, eigentlich erübrigt gehabt, oder nicht?

Zu 2.: Mein Hinweis auf das Meisterwort war ein Hinweis auf die von Dir zitierten Worte Deines Meisters: "Why do you mix the beginning with the end?" Ich meine, über die Worte Jesu mit der Kindwerdung ist schon genug debattiert worden und jeder zieht sie sich an den Haaren herbei, wofür auch immer. Aber Du hast ja wenigstens von "werdet wie die Kinder" geredet, im Sinne von Einfachheit und nicht von "bleibt wie die Kinder", wie es meistens verstanden und in Diskussionen eingeworfen wird, den Sinn von jeglichem spirituellen Fortschritt bezweifelnd, was mir gelinde gesagt oft ziemlich auf die Nerven geht. Und überhaupt, wenn einer derart übersensibilisiert ist wie ich in dieser Sache, sollte er dazu besser gar nichts sagen. Entschuldige bitte, ich höre schon auf.

Für die nächsten Tage fahre ich in die Sonne ohne PC und Bücher und sowas Wichtigem. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich die Diskussion zum Karma bis zum Wiederkommen entwickelt hat.

Liebe Grüße, M33

Ramananda

Hi M33,

ganz kurz: dass Shri Ramana immer von der Endstufe geredet hat, liest man in den »Talks« geschätzte dreimal pro Seite, um es so zu formulieren. »Den« Satz in diesem Sinne gibt es nicht.

Das mit dem »Meisterwort« war vielleicht doch ein Missverständnis, denn ich meinte damit nicht die Worte meines Meisters, vielmehr die Worte aller großen Meister. »Werdet wie die Kinder« ist für mich keine zwei Minuten Diskussion wert, denn es gibt nur einen Sinn in der Aussage Jesu, nämlich die Einfachheit. Alles andere wäre »gelehrte Theologie«, und dafür fehlt mir das Verständnis. Ist jetzt nicht auf Dich gemünzt, sondern auf jene, die selbst einen derart einfachen Satz auch noch zerreden müssen.

Für die nächsten Tage wünsche ich Dir eine erholsame Auszeit vom PC. Ich freue mich (wir freuen uns) auf Dein nächstes Posting.

Jukiwi

Hallo zusammen,

danke Wintersun für die schönen Texte!

Die letzten Beiträge haben mich motiviert, mein Buch von David Godman/Ramana Marharshi "Sei, was du bist" hervorzuholen. Darin werde ich lesen, bis die Belehrung (ich meine das im allerbesten Sinn, ich freue mich darauf, Ramananda) weiter geht. Mir gefällt es, wenn vorher benannt wird, worum es geht und worum nicht und wie darüber geredet werden soll und wie nicht. Ich finde das ein Zeichen von Qualität.

Jukiwi

Ramananda

Liebe Ju,

auch zu Dir nur ganz schnell (gleich beginnt der Unterricht): Ich weiß, dass Du es nur gut gemeint hast; trotzdem ist mir beim Wort »Belehrung« ein Schreck durch den Körper gefahren. Oje. Darf ich deshalb an dieser Stelle wiederholen, nur zum Zwecke der Klarheit: Ich bin ein kleiner Lehrer für Hatha-Yoga, habe noch nichts erreicht und in diesem Sinne auch wenig zu sagen, geschweige denn Menschen zu »belehren«. Bei diesem Wort spüre ich einen Fluchtreflex in mir. Ich betrachte mich als »Mitdiskutierer« und finde jedes einzelne Posting der Forumsmitglieder interessant und gewinnbringend.

Jukiwi

Lieber Ramananda,

danke für deine Offenheit im Umgang mit "Belehrung". Dazu möchte ich gern Stellung nehmen. Ich komme aus einer Ausbildungstradition, in der Lehrer (und das ist jemand, der zu einem bestimmten Thema mehr weiß als ich und dankenswerterweise bereit ist, mir sein Wissen mitzuteilen) sehr geschätzt werden. Dabei ist es notwendig, dass ich aufmerksam bei mir bleibe und nachdenke. Ich gebe mich dabei nicht irgendwie auf oder ab oder hin, sondern ich nehme für die Zeit meines Lernens die aufrechte, innere Haltung der Lernenden ein.

In vielen Jahren körpertherapeutischer Fortbildung und Tanztherapie und natürlich auch dem Yoga habe ich erlebt, wie bedeutsam es ist, einem Lehrer – für die Zeit und in den Inhalten, um die es geht – achtsam zu folgen, sonst lerne ich nämlich nichts oder verstärke nur meine eigenen rechthaberischen Muster. Und ich möchte hier in dieser Diskussion möglichst wenig "Ego-Runden" drehen, wenn ich das so sagen darf.

Ich bedaure es sehr, dass in unserer Gesellschaft die Rolle des Lehrers/der Lehrerin einerseits so geringgeschätzt wird. Sie wird emotional fast ausschließlich negativ überfrachtet, sodass niemand mehr gerne Lehrer sein will. Andererseits wird sie ins positiv, beinahe göttliche hinein überdehnt, sodass es bei den meisten Menschen die Angst der völligen Selbst-Aufgabe in einem wieder negativen Sinn auslöst. Beides meine ich hier für die Forumsdiskussion nicht.

Es tut mir leid, wenn ich etwas egoistisch aus meinem Lernbedürfnis heraus dich zu einem Lehrer gemacht habe, der du hier nicht sein möchtest. Auch ich schätze alle Diskutant/innen und bin einer von ihnen, gleichzeitig aber möchte ich in manchen Fragen die Lernende sein. Ich hoffe, das ist ok?

Jukiwi

Ramananda

Liebe Ju,

ja, ist okay. Deine Antwort hat mir geholfen. Von Herzen danke.

Ramananda

Nun zurück zu den beiden Fragen »warum leiden die Wesen?« und »wie erklärt man ihre Ungleichheit?« 1. Zufall, 2. Gottes Wille, 3. Karma?

Fast überflüssig zu erwähnen: Da alle drei aufgezählten Gründe objektiv nicht bewiesen werden können, handelt es sich beim folgenden um meine persönliche Meinung.

Zunächst zu Punkt 2: der Wille Gottes. Die Anhänger der monotheistischen Religionen, immerhin die Hälfte der Menschheit, glauben dies. Und sind selbstverständlich nicht in der Lage, es zu erklären, da Gottes Wille »unerforschlich« ist. Wir bewegen uns hier also auf einem reinen Glaubensniveau: nimm es oder lass es bleiben.

Alleine beim Grundsätzlichen, nämlich: wer ist »Gott«? scheitert man bereits. Anstatt hier endlos – seit Jahrtausenden – Theorien zu wälzen, wäre es besser, sich auf die Aussagen jener wenigen zu stützen, welche die Gott- oder Selbstverwirklichung erreicht haben, die wahren Erleuchteten. Sie sprechen nicht mehr von Gott als Form oder als Person, sondern vom Alldurchdringenden, also vom formlosen, grenzenlosen Meer des Bewusstseins. Um keine Namen nennen zu müssen (ich möchte hier nicht parteiisch sein) darf ich kurz die Bhagavad-Gita heranziehen.

Obwohl die Gita als eine Schrift der Hingabe an Gott bezeichnet wird, spricht sie auf der höchsten Ebene unmissverständlich (5, 15): »Der Alldurchdringende nimmt nicht das Böse und auch nicht die gute Tat irgendjemandes an. Das Wissen wird von Unwissenheit verhüllt – allein dadurch werden die Geschöpfe verwirrt!« Das heißt im Klartext: Wir allein bestimmen unser Glück und Unglück, unsere Freuden und Leiden, unser gutes und schlechtes Schicksal. »Gott« hat mit Gut und Böse nichts zu tun.

Nach (persönlichen und generellen) Katastrophen aller Art lautet die Frage immer wieder: »Wie konnte Gott dieses enorme Leiden zulassen?« Und immer wieder lautet die Antwort zwangsläufig: »Das kann der Mensch nicht wissen.« Diese Meinung teile ich nicht; die indischen, höheren Schriften sprechen einstimmig davon, dass man am Ende seiner spirituellen Reise all das wissen wird, was man immer wissen wollte. Es waren einige unbeantwortete Fragen dieser Art, welche mich vom Christentum »wegtrieben«; an erster Stelle stand dabei stets diese grundlegende. Der Mensch muss eben so lange fragen, bis er die entsprechenden Antworten erhalten hat.

Ein »Gott«, dessen Wille es ist, den einen Menschen kerngesund, den anderen behindert zur Welt kommen zu lassen; den einen wohlbehütet leben, den anderen jämmerlich verhungern zu lassen, und so weiter (die Aufzählung möge jeder weiter spinnen) – das wäre kein Gott, vielmehr ein Dämon, der an einem grausamen, unerklärlichen und sinnlosen Spiel Gefallen findet. Ich bin in keinster Weise daran interessiert, einen solchen Gott finden zu wollen.

Die »Prediger, Priester, Seelsorger« sämtlicher Religionen verkünden einen Gott, den sie nie gesehen haben. Sie sprechen von ihm in so widersprüchlicher Weise, dass dem kritischen Betrachter auffallen muss: Hier wird dem Alldurchdringenden das eigene, erbärmliche Denken übertragen. Als Blinde wollen sie andere Blinde führen, mit der Rechtfertigung: »Gott hat gesagt...« In Wahrheit hat »Gott« nichts gesagt, sondern sie haben selber zu sich gesprochen, schrieb der Heilige Juan de la Cruz, die entwaffnende Begründung hinzufügend: weil sie es so wollten.

Die vielen abwegigen Worte, die man Gott in den Mund schiebt, wurzeln in egozentrischer Verblendung. Und wie viele Götter gibt es, wieviel Gegensätzliches soll von ihnen zu hören sein! Entsprechend groß sind die Differenzen und Streitigkeiten zwischen den Lehren. Hält man sich dies in seiner ganzen Konsequenz vor Augen, dann zeigt sich ein armseliges und erschreckendes Bild von Geistigkeit und Religion.

Abschließend: Das Leiden der Wesen auf Gottes Willen zurückzuführen ist absolut indiskutabel. Es gehört für mich höchstens (!) zu den von Shri Shankaracharya so genannten »niederen Wahrheiten«; sie mögen Erklärung und Trost sein für eine gewisse Zeit, lösen sich jedoch auf, wenn der Mensch auf seinem Weg weitergeht und dann erkennt, dass er selber verantwortlich ist für sein Glück und Unglück, für sein gutes und schlechtes Karma, für seine Wanderung im Samsara und für seine Befreiung aus diesem leidvollen Kreislauf.

In seinem überragenden Film »Ran« (die japanische Version von »King Lear«) lässt Akira Kurosawa am Ende, als das Drama auf seinem Höhepunkt ist, den Narren des Königs verzweifelt und zornig zum Himmel blicken und sagen: »Gibt es denn keine Götter mehr; keinen Buddha? Wenn es euch noch gibt, dann lasst euch sagen, dass ihr bösartig und grausam seid. Ist es euch da oben so langweilig, dass ihr euch daran ergötzt uns wie Würmer zu zertreten? Seid ihr glücklich, wenn ihr so viele Menschen hier unten nur noch weinen seht?« Und einer der neben den Leichen knienden Soldaten herrscht ihn an: »Genug! Lästere unsere Götter nicht. Die Götter sind es, die weinen, wenn sie mitansehen müssen, wie wir Menschen uns gegenseitig umbringen, immer und immer wieder seit Anbeginn der Zeit. Sie können uns nicht vor uns selbst bewahren. So ist nun mal die Welt; die Menschen ziehen das Leid der Freude vor; sie leiden lieber, als in Frieden zu leben. Sieh nur – dort in der Burg: sie genießen den Schmerz, das Leid und das Blutvergießen; sie genießen das Morden ohne Ende!« Hier spricht ein altersweiser Regisseur genau das an, worum es geht: Gott hat mit dem Leiden nichts zu tun; der Mensch ist selbst an allem schuld.

Punkt 1 und 3 im nächsten Posting. Om Shanti

Wintersun

Ramananda schrieb: "(...) und dann erkennt, dass er selber verantwortlich ist für sein Glück und Unglück, für sein gutes und schlechtes Karma, für seine Wanderung im Samsara und für seine Befreiung aus diesem leidvollen Kreislauf."

Lieber Ramananda,

wie kann jemand, der behindert geboren wird oder jemand, der als Säugling verhungert oder misshandelt wird, das erkennen? Das verstehe ich nicht? Da kann ich mir keine Antwort darauf vorstellen. Wahrscheinlich kommt hier das Thema Wiedergeburt ins Spiel. Für Dich ist das eine Wahrheit. Du hast die Gründe weiter oben ja schon aufgeführt:

Ramananda schrieb: "Es gibt mehrere Wege, um zur Erkenntnis zu kommen, dass die Wiedergeburt eine Tatsache ist. Da wäre als wichtigster 1. die Aussage der wahren Erleuchteten; und da ihre Worte die Heiligen Schriften bilden, eben auch 2. das Zeugnis der Schriften. Es gibt 3. das persönliche Wissen der eigenen vergangenen Geburten; das dauert aber eventuell etwas länger. Und dann gibt es 4. »den« großen Moment, den JEDER Mensch erlebt, nämlich in der Stunde seines Todes."

In dem Mediationscenter, in dem ich Yoga unterrichte, ist der Leiter Reinkarnationstherapeut. Ich verstehe mich sehr gut mit ihm. Und höre auch sehr gerne, was er zu sagen hat. Und trotzdem – für mich ist die Wiedergeburt keine Realität. Es kann sein. Es kann nicht sein. Ich weiß es nicht und habe auch kein Problem damit, es offen zu lassen.

Glaube nichts, weil ein Weiser es gesagt hat.
Glaube nichts, weil alle es glauben.
Glaube nichts, weil es geschrieben steht.
Glaube nichts, weil es als heilig gilt.
Glaube nichts, weil ein anderer es glaubt.
Glaube nur das, was Du selbst als wahr erkannt hast.

Buddha

Ich war so froh, als ich vor nun schon mehr als 30 Jahren Yoga begegnet bin, diese Worte von Buddha gelesen habe. Das waren einige meiner Gedanken zu einem Thema, von dem ich fast keine Ahnung habe, aber mit großem Interesse verfolge.

Danke für deine Ausführungen. Liebe Grüße, Klaus

Ramananda

Lieber Klaus,

bereits mit der ersten Frage in Deiner Antwort hast Du direkt ins Zentrum getroffen. Hier beginnt der Ernst des Lebens, und daher möchte ich auch nicht »zu genau« darauf erwidern, denn hier werden nicht wenige Menschen richtiggehend aggressiv, wenn sie damit konfrontiert werden. Ich meine jetzt nicht Dich, sondern unbekannte Leser, die vielleicht noch nicht eine gewisse innere Festigkeit erreicht haben.

Also nur kurz, nur damit die Sache nicht auf halbem Wege hängen bleibt (das wäre ja nicht fair): Der gewöhnliche Mensch (99,99 %) weiß in seiner neuen Geburt ja nichts von einem früheren Leben. Manche Meister bezeichnen das als Gnade Gottes (wie immer man dies verstehen will); es ist eine Art Schutz, denn dadurch kann man relativ unbelastet weitergehen, und nur ums Weitergehen dreht sich ja alles im spirituellen Leben. (Nebenbei: Das beliebte Argument »es gibt gar keine Wiedergeburt, denn sonst könnte ich mich ja daran erinnern« ist natürlich ein schlechtes Argument. Normalerweise geht die Erinnerung von Erwachsenen maximal bis ins dritte Lebensjahr zurück. Haben wir davor, im jetzigen Leben, nicht gelebt?)

Zurück zum Thema. Das kranke Kind weiß also nichts von seiner vergangenen Geburt und ist deshalb unschuldig. Okay. In Wahrheit jedoch, das hören wir von den großen Meistern, existiert das Wort »Unschuld« nicht. Und wenn man hier nicht gleich wütend wird (wie ich es so oft erlebt habe), wenn man ruhig ausatmet und kurz darüber nachdenkt, muss man zu diesem Schluss kommen. Warum sollte für Kinder nicht gelten, was für Erwachsene gilt? Schließlich waren sie ja Erwachsene in ihrem letzten Leben. UND ES IST GUT, dass das Kind jetzt nichts weiß (wie oben erwähnt). Was aber sind die Fakten? Jemand wird im Elend geboren, der andere im Überfluss. Zufall? Wer's glauben mag ... Gottes Wille? Wer's glauben mag ... Dritte Möglichkeit: Die jetzige Geburt ist das logische »Ergebnis von Verdienst und Schuld« (wie Shri Patanjali es sagt) von vergangenen Gedanken, Wünschen und Handlungen. Aber das Thema wird jetzt vielleicht zu ernst ...

Noch zwei Anmerkungen zu dem von Dir Gesagten. 1.: Im Grunde spielt es keine Rolle, ob man etwas von Wiedergeburt weiß oder ob man daran nicht glaubt. Hauptsache, man geht den Weg und erreicht irgendwann das Ziel! Andererseits sorgt das Wissen von der Wiedergeburt für eine gewisse innere Ruhe; man ist nicht mehr sauer auf Politiker, auf Reiche, auf die Umgebung, auf die Umwelt, auf die Eltern etc., weil man weiß: ICH ALLEIN bin für alles verantwortlich, was mir jetzt positiv und negativ zufällt! Und eine solche innere Ruhe ist ungemein hilfreich auf dem spirituellen Weg. Man hört auf, gegen die Welt zu kämpfen; der Geist wird frei für die wirklich wichtigen Dinge.

2. Ob die von Dir zitierten Worte des Buddha tatsächlich vom Buddha stammen, wäre die eine Frage. Die andere Frage ist: Werden sie recht verstanden? Denn dieser permanent zitierte Passus (wie viele hundert Male habe ich ihn schon lesen müssen?) ist ja einer der typischen: Ich lege ihn so aus, wie es mir gerade im Augenblick als richtig erscheint. Diese Worte sind also stets ein Spiegel für den momentanen Zustand der eigenen Psyche. Ich halte es hier mehr mit der Bhagavad-Gita: »Die Schriften seien deine Richtschnur bei der Frage nach dem, was getan und was nicht getan werden soll. Wissend, was in den Schriften gesagt wird, mögest du hier auf Erden dein Werk tun!« Und die wahren(!) Schriften sind ja nichts anderes als die niedergeschriebenen Worte der Erleuchteten. In diesem Sinne:

Der Mensch kann alleine, aus eigenem Antrieb, ohne das geringste Feedback, den geistigen Weg gehen: er wird das Ziel irgendwann erreichen, in einigen Millionen Jahren ... Der bessere Weg ist: Der Weise, der Erleuchtete, er WAR ja schon am Ziel, ist dann umgekehrt und bleibt noch einige Zeit, aus reinem Erbarmen mit den leidenden Wesen, auf der Erde. VON IHM haben wir das Wissen, dass es einen Zustand namens Samadhi überhaupt gibt; von ihm erhalten wir die nötigen Anleitungen, um den Weg sicher zu gehen. Der Weise zeigt uns die Richtung; gehen müssen wir dann selbst. Wie aber sollen wir gehen, wenn wir nicht einmal die Richtung kennen? Welchen Grund gäbe es, diese Hilfe NICHT anzunehmen? Ich kenne nur einen Grund: Stolz.

Und aus diesem Grund halte ich es nicht für sehr weise, die (angeblichen) Worte des Buddha so zu verstehen: Glaube nichts, bis du selber im Besitz des vollen Wissens bist. Derart lebensfern kann der Buddha unmöglich gewesen sein.

In Liebe, Ram

Jukiwi

Lieber Wintersun, lieber Ramananda,

für mich ist Gott, wie er im Alten Testament dargestellt wird (sein ist die Rache, er straft Sünden bis in die 4. folgende Generation, er sendet Plagen und Prüfungen, sein ist die Gnade ...) bei nüchterner Betrachtung ein sehr "karmischer" Gott. Es ist alles sein Wille. Er agiert wie ein aus dem Menschen ausgelagertes Gewissen, eine ausgelagerte Instanz für Buße, für Böses und Sühne. Ich kann das nur als einen Spiegel des Bewusstseins der Menschen in ihrer Zeit sehen. Seit Jesus (ich glaube, es war Martin Luthers Verdienst, dass der Gedanke auch in die kirchlichen Lehren Einzug hielt) wohnt das Gewissen im Menschen und der Mensch kann durch Selbsterkenntnis auf den rechten Weg kommen.

Wenn ich die indischen Weisheitslehren recht verstehe, ging man hier schon tausende Jahre früher von der Erkenntnis aus, dass Erlösung jedem Menschen als Möglichkeit innewohnt, wenn er innerlich zur Ruhe kommt und die Welt sieht, wie sie ist, ohne Verzerrung durch das Ego.

Meine Erfahrung ist: Wenn wirkliche, innere Ruhe einkehrt, stellt sich für mich auch die Frage nach Schuld und Gerechtigkeit nicht mehr so, wie wenn sie aus innerer Unruhe kommt. Was mich bei Karma so unsicher macht, ist die Frage nach dem Ego.

Ich habe einige Freunde, die bei Reinkarnationstherapeuten waren (ich entschuldige mich jetzt gleich bei dir Wintersun, möglicherweise verstehe ich da etwas ganz falsch) und alle waren sie in früheren Leben entweder König/innen, Stammesführer o.ä. und wunderbar stark und gerecht. Oder sie waren Hexen, die unschuldig verbrannt wurden, oder gequälte KZ-Häftlinge o.ä. Niemand, den ich kenne, war in seinen früheren Leben ein Schuldiger ...

In allen Fällen lieferte die Beschäftigung damit einfach plausible, simple Erklärungen für eine jetzige Befindlichkeit. Die Beschäftigung mit Karma und Wiedergeburt brachte aus meiner Sicht diese Menschen nicht näher oder klarer zu sich selbst, sondern entfernte sie eher aus der Gegenwärtigkeit. Das kann doch unmöglich mit Karma gemeint sein?

LG, Jukiwi

Tulsi

Hallo an alle,

ich lese eifrig mit, komme nur nicht so fleißig zum Schreiben, wie das bei Euch der Fall ist. Vorweg: Ich bin glücklich über die Gelegenheit zum Austausch über solch bewegende Themen!

@Wintersun: Ich liebe diesen Spruch (glaube nicht ...), ob nun von Buddha oder sonst-wem, sehr. Ich habe ihn sogar in meiner Yogaschule aufgehängt, denn meiner Meinung nach ist gerade der Yoga ein Weg der Erfahrung, und keine Angelegenheit des Glaubens. Meine Erfahrung ist, dass gerade die Zweifel es sind, die mich vorwärts treiben, meinen ganz eigenen Weg zu gehen, mit meinen eigenen Füßen und mit meinem eigenen Kopf eigene Gedanken zu haben. Ich will nicht in ausgetretenen Spuren irgendwem hinterherlaufen und ich will nicht an-was-auch-immer glauben sollen/müssen. Ich habe durchaus großen Respekt gegenüber den Meistern und Meisterinnen, aber das habe ich von meinem Guru gelernt: Sie sind Quelle der Inspiration, Flammen, die das Feuer in mir entzünden und schüren können, aber ich habe auch das Gefühl, es ist für sie extrem anstrengend, wenn wir uns alle aufführen, wie Schafe in einer Herde, die nur blindlings hinter dem Leithammel herrennen. Sollten wir nicht von pashu (Vieh) uns zumindest zum vira (Held) entwickeln, um vielleicht uns irgendwann einmal der Stufe der divya (Himmlischen) anzunähern???

@Ramananda: Ich bewundere sehr die Festigkeit Deiner Überzeugungen. Dennoch bleibe ich dabei: Ich weiß nicht, was nach dem Tod ist. Ich kann mich nur darauf einstellen, für alles bereit sein und hoffen, dass die Sache mit der Reinkarnation stimmt – denn sonst könnte ich die Existenz von Gerechtigkeit nicht erkennen.

@Juwiki: Wieso schreibst Du, dass erst seit Jesus menschliches Gewissen existiert? Die 10 Gebote sind altes Testament – sind sie nicht (wie die Yamas und Niyamas auch) Maßnahmen zur Gewissensbildung??? War und ist es nicht immer schon so, dass um die Bildung des Gewissens permanent gerungen werden muss, es fügt sich in den Kontext der Kultur, der Zeit, der gesellschaftlichen "do's and dont's" und ist leider niemals allgemeingültig, geschweige denn selbstverständlich? Was also bleibt? Glaube, Liebe, Hoffnung ...

Glaube: Hält sich bei mir die Waage mit dem Zweifel und ist für mich wirklich eine harte Nuss. Liebe: IST WIRKLICH UND WAHRHAFTIG – mein Lebenselixier. Ein schöner Jazzstandard (nature boy) singt: " the greatest thing, you' ll ever learn, is just to love, and be loved in return ..." Hoffnung: Auf Gerechtigkeit, siehe oben.

Herzliche Grüße! Tulsi

Wintersun

Liebe Tulsi,

sehr schön, wie Du das schreibst. Ich hatte auch das Glück, auf Lehrer zu treffen, denen es wichtig ist, die Dinge nicht einfach zu glauben, sondern sie zu „überprüfen“.

Allen hier einen schönen Sonntag, Klaus

Jukiwi

Liebe Tulsi,

hm, ich weiß nicht, ob ich gemeint habe, dass das Gewissen erst seit Jesus existiert. Eher habe ich versucht, (kurz und ziemlich platt, das geb' ich gerne zu) einen kultur- und religionsphilosophischen Prozess zu beschreiben, der in Indien ganz anders verlaufen ist. Dass der Mensch der Selbstreflexion und damit der moralischen Besserung fähig ist, wird ihm in unserer europäischen Kultur noch nicht lange zugestanden. Erst Ende des 18. Jahrhunderts tauchen z. B. erste Gefängnisse auf, die sich als Resozialisierungsanstalten verstehen und nicht nur als reine Kerker, in denen Menschen verwahrt werden müssen. Aber dies ist ein Nebengleis. Sorry, wenn ich damit Verwirrung gestiftet habe.

Ich stimme dir zu, dass das rechte Leben etwas ist, was man immer anstreben soll und Gewissensbildung ein Prozess ist, der ein Leben lang andauert. Bedeutsam beim prüfenden Betrachten der Ungleichheit auf der Welt erscheint mir einzig und allein, dass es auf den inneren Ort ankommt, von dem aus ich diese Frage stelle und von dem aus ich auf die Welt schaue. Die Verzerrung von dem, was da ist, findet in mir statt.

Jukiwi

Ramananda

Tulsi schrieb: "(...) denn meiner Meinung nach ist gerade der Yoga ein Weg der Erfahrung, und keine Angelegenheit des Glaubens."

Die Sache mit dem Glauben wird generell ständig und konsequent missverstanden. Und ich frage mich wieso. Es gibt zwar eine Antwort auf diese Frage, aber sie ist wenig schmeichelhaft (siehe mein letztes Posting).

Dabei ist die Sache so einfach: Jeder geistig Strebende hat, BEVOR er sich auf den Weg macht, eine bestimmte »Vision« dessen, was er möchte, wohin er will. Dieses innere Bild ist noch nicht wirklich, also reiner GLAUBE. Und motiviert dadurch, geht man los. Irgendwann wird dieser Glaube Wirklichkeit, dann heißt er WISSEN. Und ohne den Glauben daran hätte man sich nicht vorwärtsbewegt, hätte man dieses Wissen nie erreicht. Man verzeihe mir meine üblich derbe Ausdrucksweise, aber das ist doch Psychologie, Grundkurs, erste Woche, also eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Im Yoga-Sutra beschreibt Shri Patanjali folgenden Stufenweg zur Erleuchtung: Shraddha-Virya-Smriti-Samadhi-Prajna (I, 20) = Glauben, Tatkraft, Erinnerung, Versenkung und (daraus geborene) Einsicht. In meinem Kommentar dazu (https://www.yoga-maldoner.de/seite_7.html) schrieb ich: »Alle vorkommenden Begriffe sind nach Meinung des Übersetzers hintereinander zu lesen. Der Glaube (shraddha) ist der Beginn des spirituellen Weges; durch ihn entwickelt sich die Tatkraft (virya), mit der man das Sadhana (die geistigen Übungen) betreiben kann; ein anderer Ausdruck für Sadhana ist »das Forschen nach dem Selbst«, auch genannt »die Übung der Erinnerung« (smriti). Die Übung der Erinnerung (an die eigene wahre Natur) erfordert, wie aus dem Sutra hervorgeht, die Praxis der Konzentration, die Fähigkeit zur Versenkung (samadhi); mit der Bhagavad-Gita ›die Beharrlichkeit im Erkennen des höchsten Atman und die wahre Einsicht (prajna) in den Sinn der Wahrheitserkenntnis‹. Hat man die Einsicht erlangt, dann geht man ›rasch zum höchsten Frieden ein‹.«

Es wäre erfreulich, wenn man die Sache mit dem Glauben nicht so skeptisch sehen würde, denn diese Skepsis beruht auf einem nicht korrekten Verständnis der Sache.

Das damit zusammenhängende zweite, große, bereits mehrmals angestoßene Thema ist »die eigene Erfahrung«. Also: nicht glauben, sondern eigenes Erfahren. Und auch bei diesem Thema sieht man mich etwas »ungeduldig«, weil: Muss man eine solche Selbstverständlichkeit überhaupt betonen? Natürlich muss jeder Mensch selber zum Samadhi! Die Frage ist aber: wie kommt er auf sicherem Wege dorthin? Und die Antwort lautet: durch die Wegbeschreibung der Erleuchteten. Ohne diese Wegbeschreibung »loszurennen« ist wie ohne Bergführer und ohne Ausrüstung auf das Matterhorn zu gehen. Und wenn ich den Satz höre: »auf dem geistigen Weg zählt einzig und allein meine Erfahrung«, dann sieht man mich die Augen schließen, weil ich denke: Jaja, ist gut; rede nur weiter so unüberlegte Sachen ...

Hier wären wir dann beim Reizthema »Meditationserfahrungen und die Wahrheit« (wurde angesprochen). Und für mich ist klar: Nichts ist auf dem Weg gefährlicher als die falsche Interpretation der eigenen Erfahrungen. Da sind wir westliche Menschen geradezu besoffen von unserer Egozentrik. Eine beispielhaft bescheidene Größe wie Hippokrates sagte dagegen in seinem berühmtesten Spruch:

»Das Leben ist kurz, die Kunst ist lang, der günstige Augenblick ist flüchtig, die Erfahrung ist trügerisch, das Urteil ist schwierig.«

Hier spricht ein Praktiker, und solch weise Worte sollten auf eine gewisse Resonanz stoßen.

»Meine Erfahrung ist noch lange nicht die Wahrheit!« Wenn man sich diesen Satz nur oft genug ans Herz legen würde, dann gäbe es auf dem geistigen Wege auch nicht so viele Gefahren und Irrtümer, gäbe es nicht so viel Schlechtes auf dem Gebiet der Religionen. Wer kennt ihn nicht, den klassischen Spruch: »Das Halbwissen ist gefährlicher als die Unwissenheit.« Und wie wahr ist er.

Hoffentlich sorge ich nicht für zu viel Unmut in diesem Forum, wenn ich sage: Dieses typisch westliche Beharren auf »ich gehe nicht auf ausgetretenen Pfaden«, »ich zähle nur auf meine Erfahrung« und ähnliches ist nicht, wie man gerne glaubt, ein Zeichen besonderer Reife, sondern schlicht von Egozentrik, also von Unreife.

»Es gibt drei Wege (zur Erkenntnis): erstens durch Nachdenken, das ist der edelste; zweitens durch Nachahmen, das ist der leichteste; drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.« - Kungfutse

Om Shanti

Ramananda

Jukiwi schrieb: "Ich habe einige Freunde, die bei Reinkarnationstherapeuten waren (... und alle waren sie in früheren Leben entweder König/innen, Stammesführer (...) Niemand, den ich kenne, war in seinen früheren Leben ein Schuldiger ..."

Liebe Ju,

eine mir sehr liebe Person sagte in Diskussionen immer wieder erfrischend (und zur Erheiterung aller Teilnehmer): Jaja, alle waren in ihren früheren Leben große Männer und Frauen, Könige, Führer, Helden – niemand war Putzfrau, Sklave, einfach nur ein kleiner, unbedeutender Arbeiter ...

Das ist das Lustige an uns Menschen und wieder einer der Beweise, dass es nichts Trickreicheres gibt als den eigenen Geist, der mit uns seine Spielchen treibt. Auch hier könnte man einfügen: Was nützen denn all »meine« Erfahrungen, wenn sie dann doch nicht der Wahrheit entsprechen? Wie gesagt: Spiele des eigenen Geistes.

Bhagavad-Gita VI, 5 + 6: »Wahrlich, der Geist ist der Freund des Menschen, aber der Geist ist auch der Feind des Menschen. Für den, der sich selbst durch den Geist besiegt hat, ist der Geist wie ein Freund. Wer aber den Geist nicht beherrscht, dessen Geist handelt in Feindschaft wie ein Feind.«

Zur »Reinkarnationstherapie« selber möchte ich jetzt nicht zu viel Kritisches sagen, aber es muß erlaubt sein anzumerken: Kein ernsthafter Yogameister hat so etwas je befürwortet. Im Gegenteil.

In Sachen Therapie sind wir Menschen aus dem »aufgeklärten« Westen ja immer schnell bei der Sache. Ob wir wissen, was wir damit tun, das ist eine andere Frage :-)

Jukiwi

Lieber Ramananda,

Wenn ich den Gedanken, ich könnte erfahren, was ich in einem früheren Leben war/getan habe, weiter spinne:
Wie ist es denn tatsächlich, wenn ich erfahre, dass ich ein Betrüger war oder Menschen ermordet habe? Was macht das mit mir und meinem Gewissen hier und jetzt? Was bedeutet das für meine (ob ich will oder nicht von christlichem Schulddenken geprägte) Gegenwart?

Da bestätigt sich einfach, was du in deinem letzten Beitrag aus der Baghavadgita zitiert hast.
Und die Weisheit der großen Yogalehrer.

LG, jukiwi

Ramananda

Liebe Ju,

den einen ist es »egal«, wenn sie davon erfahren – es liegt ja in der Vergangenheit und ist damit praktisch wertlos. Ist die Milch verschüttet, dann kommt sie nicht mehr zurück in den Topf. Insofern »berühren« solche Ereignisse aus den letzten Leben nicht mehr wirklich. Und das ist gut, das ist vernünftig. Denn wichtig ist ja nur eines, wie schon erwähnt: nicht stehenbleiben! Nicht zurückschauen! Weitergehen! Und zur gleichen Zeit – obwohl es einen nicht wirklich berührt – hilft dieses Wissen, um im jetzigen Leben zu verstehen: Warum bin ich so und so? Warum gibt es so viele Hindernisse? Warum tut man mir Schlechtes an? Warum bin ich krank? Solche Gedanken eben. Und sie machen den Geist ruhig, denn man weiß: Nicht die Gesellschaft ist schuld an meinen jetzigen Problemen, nicht die Politiker, nicht die Eltern, nicht die Umwelt … ich selber habe mir das eingebrockt. So gesehen ist das Wissen um vergangene Dinge in gewisser Weise sinnvoll. Und andererseits, um noch einmal darauf zurückzukommen, im Grunde unnütz.

Andere wiederum steigern sich dann in die Sache hinein: Oh, was für ein schlechter Mensch war ich, wieviele Fehler habe ich da gemacht … Shri Ramakrishna warnte davor sich zu sagen: Ich bin ein Sünder, ich bin ein Sünder … Denn wenn man die Gesetze des Geistes kennt, weiß man:

»So wie man denkt, so wird man; das ist das ewige Geheimnis!«

[Maitri-Upanishad]

Die Vergegenwärtigung von Gedanken wie »Ich bin ein Sünder, ich bin ein schlechter Mensch, was habe ich da bloß getan …« mögen als kurze »Standortbestimmung« vielleicht in Ordnung sein. Dann aber: weg damit! Sonst wird man es nie schaffen, vorwärtszukommen. Hier kennt der Yoga wundervolle Autosuggestionen, die dem Geist helfen.

Immer wieder hört man von den Meistern: NICHT zu wissen, wer man im letzten Leben war, NICHT zu wissen, was man getan hat, ist eine Art göttlicher Gnade (und in der Tat: 99 % wissen davon nichts).

Wenn man es nämlich weiß, »ruhen sich« die einen »auf ihren Lorbeeren aus« (»ich war schon mal ein großer Yogi, ein Meister, ein König, ein Held«) und sind zu nichts anderem fähig als in der jetzigen Geburt damit anzugeben und in mannigfacher Weise »Guru zu spielen« (ich hätte da zahlreiche Beispiele auf Lager). Und damit ist ein weiterer Fortschritt ausgeschlossen, damit beginnt neues Unheil, neues schlechtes Karma.

Die anderen wiederum behindern ihren Fortschritt dadurch, dass sie sich mit den »Sünder-Gedanken« selber bremsen.

Beides also ist negativ.

Wintersun

Ramananda schreibt:  "Muß man eine solche Selbstverständlichkeit überhaupt betonen? Natürlich muß jeder Mensch selber zum Samadhi!Die »Prediger, Priester, Seelsorger« sämtlicher Religionen verkünden einen Gott, den sie nie gesehen haben. Sie sprechen von Ihm in so widersprüchlicher Weise, daß dem kritischen Betrachter auffallen muß: Hier wird dem Alldurchdringenden das eigene, erbärmliche Denken übertragen."

Lieber Ramananda,

bei einer Diskussion unter uns ist es vielleicht nicht wichtig zu betonen, dass jeder Mensch den Weg des Samadhi gehen muss.

Aber wie viele Menschen gehen diesen Weg? Ich selbst gehe diesen Weg auch nur halbherzig.

Du schreibst: "Und sind selbstverständlich nicht in der Lage, es zu erklären, da Gottes Wille »unerforschlich« ist. Wir bewegen uns hier also auf einem reinen Glaubensniveau: nimm es oder lass es bleiben."

Kann man Gottes Wille in Worte fassen und erklären? Ich glaube nicht.

Wie steht es in diesem Zusammenhang mit dem freien Willen der Menschen?

Wieviele Menschen laufen einem Guru hinterher? Wieviele davon sind echt? Kann jeder Mensch einen echten Guru erkennen? Begegnen uns auch nicht manchmal merkwürdige Yogameister (manchmal sogar in anderen Yogaforen), bei deren Beiträgen mehr ihr eigenes Denken als die absolute Wahrheit durchschimmert.

Anmerken möchte ich noch gerne (vielleicht ist das den meisten bekannt, ich habe das lange Zeit nicht gewusst), dass es auch in der Christlichen Tradition Menschen gibt, die Gott- oder Selbstverwirklichung erreicht haben.

So zum Beispiel Meister Eckhart oder Johannes von Kreuz.

"Soll Gott gesehen werden, so muss es in einem Lichte geschehen, das Gott selbst ist. Das Auge, in dem ich Gott sehe, ist dasselbe Auge, darin mich Gott sieht - mein Auge und Gottes Auge ist ein Auge und ein Erkennen und ein Lieben."

Meister Eckhart

Einen schönen Tag, Klaus

Ramananda

Hi Klaus!

Ich danke wie immer für Dein schönes Feedback und möchte zu einigen Deiner Sätze etwas anmerken.

»Bei einer Diskussion unter uns ist es vielleicht nicht wichtig zu betonen, dass jeder Mensch den Weg des Samadhi gehen muss.«
Ob Samadhi, Nirvana, Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung – wie man es nennt ist einerlei, aber vom ZIEL sollte man schon sprechen, wenn man von der Wanderung der Lebewesen im Samsara redet, denn diese Wanderung hat einen Anfang und sollte eben auch ein Ende haben.

»Aber wie viele Menschen gehen diesen Weg? Ich selbst gehe diesen Weg auch nur halbherzig.«
Lieber Klaus, ich selbst gehe den Weg ja auch nur halbherzig, nicht mit vollem Einsatz meiner Kräfte. Aber – wie gerade gesagt – wenn man in Diskussionen vom Sinn des Lebens spricht, dann muss man auch vom Ziel reden, unabhängig davon, wie weit man persönlich gekommen ist.

»Kann man Gottes Wille in Worte fassen und erklären? Ich glaube nicht.«
Dazu muß man zwei Dinge streng trennen.
1. Wenn man sagt, »hier bin ich, und dort ist Gott«, dann ist man im Reich der Dualität, und Gott wird in diesem Fall, wie man in allen Religionen sieht, quasi als »Person« verstanden. Dieser »Gott« erschafft angeblich die Welt und die Lebewesen, und das ganze Universum ist seinem – zwangsläufig unbegreiflichen! – Willen unterworfen. Nun gut, so mag man denken. Ich habe klargemacht, dass ich selbst einen solchen Gott ablehne, weil er kein Gott, vielmehr ein Dämon ist, dem es gefällt, die Wesen leiden zu sehen. Das ist out of discussion.
2. Kann man sich mehr und mehr mit der Lehre der indischen Upanishaden anfreunden (für mich stellen sie das höchste Niveau der Religion dar), dann klingt die Sache schon anders: »Tat tvam asi – Du bist es selbst!« und »Wer das Brahman erkennt, wird selbst zum Brahman!« Hier ist man SELBST Schöpfer (nämlich seiner eigenen Welt), ist durch den EIGENEN WILLEN in den Samsara hineingegangen (wie wir auch von Shri Patanjali hören) und so weiter. Und damit wären wir wieder beim reinen Yoga.

»Wie steht es in diesem Zusammenhang mit dem freien Willen der Menschen?«
Siehe oben!

»Wieviele Menschen laufen einem Guru hinterher?«
Vergleichsweise wenige. Die meisten westlichen Suchenden ziehen es ja wie erwähnt vor, den »eigenen Weg« zu gehen, ohne Hilfe von anderen.

»Wieviele davon sind echt?«
Wenn Du mit »davon« die Gurus meinst: extrem wenige, an den Fingern einer Hand zu zählen.

»Kann jeder Mensch einen echten Guru erkennen?«
Ja! Man muss dazu nur die stets irreführenden Emotionen mal beiseiteschieben und in glasklarer Nüchternheit beobachten und seine Schlüsse daraus ziehen. Die zwei Diamanten des Yoga heißen Viveka (Unterscheidungskraft) und Vairagya (Leidenschaftslosigkeit).

»Begegnen uns auch nicht manchmal merkwürdige Yogameister (manchmal sogar in anderen Yogaforen), bei deren Beiträgen mehr ihr eigenes Denken als die absolute Wahrheit durchschimmert.«
Natürlich. Aber es ist jedem Menschen gegeben, echte Heilige von Schwindlern, tatsächlich erleuchtete von Schwätzern zu unterscheiden. Nötig ist dazu ein wenig Grundwissen und vor allem der gute Wille (!) zur Unterscheidung.

»Anmerken möchte ich noch gerne (vielleicht ist das den meisten bekannt, ich habe das lange Zeit nicht gewusst), dass es auch in der Christlichen Tradition Menschen gibt, die Gott- oder Selbstverwirklichung erreicht haben.«
Wer hätte das bestritten?
Und Dein wundervolles Zitat von Meister Eckhart weist unmissverständlich auf den oben erwähnten »großen Satz« der Upanishaden hin: Tat tvam asi!

Ramananda

Zu den noch fehlenden zwei Punkten, der Zufall (Punkt 1) und das Karma (Punkt 3).

Bei Wikipedia liest man: »Von Zufall spricht man dann, wenn für ein einzelnes Ereignis oder das Zusammentreffen von mehreren Ereignissen keine kausale Erklärung gegeben werden kann.«

Während ich den Punkt 2, den Willen Gottes, als Absurdität kategorisch ausschließe, ist es bei Punkt 1 nicht so einfach.

  • Beispiel A. Man fährt am Wochenende in eine weit entfernte Stadt und trifft dort im Café am Domplatz seine Nachbarn, die ebenfalls einen Ausflug dorthin machten. Zufall? Kann sein.
  • Beispiel B. Ein Kind beginnt ohne erkennbaren Grund in einer fremden, real existierenden Sprache zu reden. Zufall? Für mich: nein. Das Kind hat diese Sprache in vergangenen Leben gesprochen und gepflegt.

Obwohl es interessante Diskussionen über den Zufall gibt (Chaostheoretiker bejahen ihn; andere Physiker sagen, alles im Universum beruhe auf Gesetzmäßigkeiten), liegt für mich der Haken in dem Wörtchen »alles«.

Wenn ALLES nur Zufall ist: das würde ich sofort, ohne weiteres akzeptieren. Auch wenn dadurch die Welt, unser aller Leben usw. vollkommen sinnlos wäre.

Wenn in der bewussten Welt der Lebewesen nur dieses und jenes Zufall ist, aber nicht alles, dann gibt es keinen Zufall.

»In der bewußten Welt« soll heißen: Rollt ein Stein den Abhang hinunter, dann landet er schließlich links oder rechts vom Bach. Kann (!) Zufall sein. Das erwähnte Fremdsprachenkind aber nicht.

Man kennt den geläufigen Satz: »So viele Zufälle kann es gar nicht geben.«

Nur noch drei Beispiele (von Millionen):

Ein Mann setzt sich in Hamburg in seinen Wagen und fährt gegen Süden. Der andere Mann setzt sich in München in seinen Wagen und fährt gegen Norden. In der Mitte, etwa bei Köln, stoßen sie frontal zusammen und sterben. Zufall? Für viele: ja. Für mich: nein; ihr Karma hat sich bei Köln erfüllt.

Eine Person betritt den ICE, der später in Eschede entgleist, mit 101 Toten. Er geht in ein Abteil und »spürt«: Nein, hier mag ich nicht sein (so seine Aussage vor der Presse). Er geht weiter, bis ihm ein anderer Wagen »von den Schwingungen her zusagt«. Und ausgerechnet dieser Wagen blieb in Eschede auf den Gleisen stehen, alle darin sitzenden Personen überlebten. Zufall? Für viele: ja. Für mich: nein.

Und der Klassiker: Jemand verpasst sein Flugzeug (hat verschlafen, oder stand im Stau, oder …); das Flugzeug, welches kurz darauf abstürzt. Zufall? Für viele: ja. Für mich: niemals.

Ein schwieriges Thema. Beim Würfelspiel kommt mal die sechs, mal die eins. Und auch die Ziehung der Lottozahlen fällt wohl unter die Rubrik Zufall. Vielleicht (!). Sicher bin ich mir nicht.

Feststehen tut aber für mich, um es noch einmal zu sagen, dass in der bewussten Welt der Lebewesen alles einer bestimmten Gesetzmäßigkeit folgt, nämlich dem Gesetz von Ursache und Wirkung, dem Gesetz des Karma.

Dazu mehr in einem weiteren Posting.

Wintersun

Ramananda schreibt: "Eine Person betritt den ICE, der später in Eschede entgleist, mit 101 Toten. Er geht in ein Abteil und »spürt«: Nein, hier mag ich nicht sein (so seine Aussage vor der Presse). Er geht weiter bis ihm ein anderer Wagen »von den Schwingungen her zusagt«. Und ausgerechnet dieser Wagen blieb in Eschede auf den Gleisen stehen, alle darin sitzenden Personen überlebten. Zufall? Für viele: ja. Für mich: nein."

Für mich taucht die Frage auf: ist wirklich alles vorherbestimmt? Und wenn ja, wo bleibt die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen? So zum Beispiel ein Mensch, der durch einen Eingriff in letzter Minute alles ändert, das Zugunglück vielleicht verhindert. Er hätte ja auch die "Wahl" gehabt, sich nicht einzumischen?

Wenn alles vorhersagbar ist, mein ganzes Handeln schon feststeht (was ich nicht glaube), erscheint mir das Leben ziemlich sinnlos! Wenn ich aber die Freiheit habe, in sekundenschnelle eigene Entscheidungen zu treffen, dann wirken sie doch auch auf den Lauf der Dinge und die Ereignisse werden unvorhersagbar, unberechenbar.

Es gibt eine Wahrscheinlichkeit, was passiert, aber doch nie eine Gewissheit (glaube ich).

Vielleicht ist mein Einwand verständlich. Ansonsten versuche ich noch mal, das etwas genauer in Worte zu fassen. Kann aber etwas dauern.

Ramananda

Lieber Klaus,

in 20 Minuten beginnt mein Unterricht, aber ich sollte Dir einfach ganz schnell – zunächst, Ausführliches dann später – Folgendes sagen: Der Yoga lehnt die 100 Prozent Schicksal (woran zum Beispiel die Moslems glauben) strikt ab. Denn in diesem Falle wäre ja in der Tat jede menschliche »Freiheit« ein Widerspruch in sich.

Im Yoga heißt es:

50 Prozent ist Karma, die andere Hälfte ist die neue Bemühung.

Und diese neue Bemühung schafft wieder neues Karma (durch gutes Denken und Handeln gutes Karma, durch schlechtes eben schlechtes). Dies auf die Schnelle. Wobei der Yoga differenziert: Es gibt das Prarabdha Karma – ihm können wir tatsächlich nicht »entgehen«. Dann gibt es das Agami Karma – dieses können wir durch neue Bemühung ändern, ebenso das Sanchita Karma. Dazu später mehr, wie gesagt.

Jukiwi

Hallo,

ich lese mit großem Interesse eure Beiträge. Eine Frage hat sich bei meinem Nachdenken darüber aufgetan.

Was hat dies aus eurer Sicht mit Karma zu tun: Ich erlebe in meiner Arbeit öfter, dass ein Mensch sich in großer Not wirklich nach innen wendet und in Verbindung mit seinen Kräften kommt (so sage ich das halt aus westlicher Sicht) – mit dem ehrlichen Willen, sich zu versöhnen, mit einer tief empfundenen Liebe zu sich selbst, einem tatsächlichen Annehmen von dem, was ist.

Und dann passieren plötzlich kleine "Wunder" – das Problemgeflecht verändert sich im Außen und ein gangbarer Weg entsteht, wo vorher keiner möglich war – ohne, dass die Betroffenen sich weiter anstrengen müssen. Wie wird das im Yoga gesehen?

Jukiwi

Ramananda

Genau dies ist der Weg des Yoga. Nur der Weg »nach innen« ist der wirkliche Weg, die »äußeren« Lösungen folgen dann. Das Karma ist nämlich »drinnen«, im eigenen Gedächtnisspeicher (Chitta); es ist ja nichts anderes als »die treibende Kraft der Gedankenschwingungen«.

Zu dem letzten von Dir zitierten Satz wäre zu sagen: »Ohne Anstrengung« verläuft das aber nicht immer. Das hängt von der Tiefe des jeweiligen Problems ab. Aber selbst wenn es schwierig wird – der Weg nach innen ist der rechte Gang. »Draußen« wird man nichts von Belang finden. So wird der Satz verständlich: »Face the devil!« - Könnte in diesem Sinne übersetzt werden mit: Sei mutig und schau der Wirklichkeit ins Angesicht!

Jukiwi

Lieber Ramananda,

danke für deine Antwort. Löst sich durch so einen Prozess des "Sich-nach-innen-Wendens" dieses Karma in der yogischen Lehre dann auf? Oder wird es damit erfüllt? Oder entsteht dadurch wieder Neues? (Tut mir leid, wenn meine Frage komisch klingt, aber ich finde keine bessere Formulierung)

Jukiwi

Ramananda

Liebe Ju,

mit Deinen (gut formulierten) Fragen tauchen wir tief hinein in die Welt der Karma-Lehre. Diesen noch fehlenden, wichtigsten Punkt 3 wollte ich der Klarheit wegen in der gebotenen Ausführlichkeit erörtern. Das dauert allerdings etwas ... Heute so viel zu Deinen Fragen:

Jukiwi schrieb: "Löst sich durch so einen Prozess des "Sich-nach innen-Wendens" dieses Karma in der yogischen Lehre dann auf?

Das Karma insgesamt löst sich erst dann auf, wenn der Yogin in den Nirvikalpa-Samadhi eintaucht, wenn er eins wird mit dem unendlichen Ozean des Bewusstseins. Nicht vorher. Die Kundalini-Shakti selbst IST der Gedächtnisspeicher, und ihr Aufenthaltsort ist das unterste Chakra (Muladhara). Solange die Shakti nicht vollständig zum Ziel, zum Sahasrara-Chakra (Kopfzentrum) aufgestiegen ist, so lange existiert der Gedächtnisspeicher; er löst sich erst mit dem Erreichen des Zieles auf. Dann gibt es nur noch, wie die Upanishaden sagen, »das Eine ohne ein Zweites«, das alldurchdringende Bewusstsein: keine Kundalini mehr, kein Geist, kein Gedächtnisspeicher, kein Karma ... Eine der Bezeichnungen für die Erlösung (Moksha) ist in der Bhagavad-Gita »die Freiheit vom Karma«.

Jukiwi schrieb: "Oder wird es damit erfüllt?"

Ja, das kann man sagen. Wenn die treibende Kraft bestimmte Gedankenschwingungen hochbringt ins Bewusstsein, wenn die Zeit dafür reif ist, dann erfüllt sich das betreffende Karma, und es kommt zur neuen Aktion (zuerst der Gedanke, dann die Handlung).

Insofern: Wenn dieses und jenes Karma »reif« geworden ist, dann muss ich mich ihm stellen – im Guten und eben auch im schlechten. Dann ist die Zeit der »Belohnung« oder des »Bezahlens« gekommen. Shri Patanjali drückt es so aus: Dieses Karma besteht aus »Verdienst und Schuld«; die jeweiligen Früchte nennt er »hlada« (Erquickung, Freude) und »paritapa« (Kummer, Leid).

Und trotzdem sich dieses Karma erfüllt hat, bleiben die betreffenden Gedanken dennoch im Gedächtnisspeicher (wie oben gesagt). Sie haben aber keine bindende Kraft mehr, sie berühren den Menschen dann nicht mehr wirklich, er hat sie »verarbeitet«.

Jukiwi schrieb: "Oder entsteht dadurch wieder neues Karma?"

Ja, natürlich. So ist das Karma: Ein Gedanke erzeugt eine Handlung. Diese Handlung wiederum erzeugt neue Gedanken, und diese neuen Gedanken erzeugen wieder Handlungen ... Eigentlich ein unlösbares Dilemma, denn dies scheint ein Kreislauf zu sein, der niemals enden kann. In der Bhagavad-Gita aber findet der Mensch die geniale Lösung dieses Ur-Problems. So wird verständlich, warum ich die göttliche Gita als »das Buch der Bücher« bezeichne. Auch dazu später mehr ...

Jukiwi

Lieber Ramananda,

ich danke dir herzlich für deine ausführliche Antwort. Besonders für deine Bereitschaft, dich zu einem so großen Maß auf meine etwas verzwickten Gedankenwindungen einzulassen. Deine Worte erläutern mir etwas über die Weisheit der alten Seher, was ich noch nie verstanden habe – nämlich die Frage: "Was hat dieses ganze Karma eigentlich wirklich mit mir zu tun?"

Ich erfahre anhand dieses Dialogs jetzt beim Nachdenken über Ursache und Wirkung, Karma und Moksha eine tiefe Berührung und ein beginnendes, inneres Verstehen, wie das alles mit mir und meinem begrenzten Menschsein (jiva/moksha) zusammenhängen könnte. Ich kann bei weitem nicht sagen, dass ich es begreife, aber eine Ahnung tut sich auf. 

Danke nochmals, Jukiwi

Ramananda

Deine »Gedankenwindungen« sind überhaupt nicht verzwickt; Du gehst mit klaren Ideen und Fragen dorthin, wohin Dich Dein Karma treibt. »Wahrlich, durch jene frühere Übung wird er, selbst ohne es zu wollen, (auf dem rechten Weg) vorangetrieben.« (Bhagavad-Gita 6, 44) »Karma« ist eben nicht nur »Schuld, Bestrafung, Sühne, Bezahlen«. Der Mensch erntet die schlechten UND die guten Früchte seiner vergangenen Wünsche, Gedanken und Handlungen.

Liebe Ju, es versteht sich hoffentlich von selbst, dass das folgende nicht auf Dich gemünzt ist, sondern ganz allgemein gesagt wird. So verteilen wir das umfangreiche Thema Karma portionsweise auf mehrere Postings. :)

Hier käme allerdings der nächste »Stress«, auf den uns die Bhagavad-Gita vorbereitet. Die schlechten Früchte muss der Mensch hinnehmen (in Form von Armut, schlechter Umgebung, von Krankheiten, Enttäuschungen, Zweifel, Hindernisse usw.), sie »verarbeiten« und dadurch dieses Karma erschöpfen.

Und die guten Früchte (eine gute Familie und Umgebung, ein gesunder Körper, ein funktionierender Intellekt, höhere Interessen, Erfolg usw.)? Man mache sich klar: Dies alles habe ich selbst geschaffen, sie sind das Ergebnis meiner früheren Bemühungen. UND GLEICHZEITIG: Auf diese guten Früchte, so die Bhagavad-Gita, muss ich verzichten, muss sie »hingeben«, darf mich nicht darauf ausruhen, denn andernfalls verliere ich sie wieder und habe in Wirklichkeit keinen Fortschritt gemacht.

Was bedeutet »auf die Früchte verzichten«? Ich darf sie nicht für mich persönlich, nicht in egozentrischer Weise verwenden, wenn ich wirklich weiterkommen will (nur darum geht es in dieser Lehre: WENN es weiter nach oben gehen soll). Beispiel: Man hat es verdient, wohlhabend geboren zu sein. Auf diesen Reichtum aber muss der Mensch verzichten, wenn er weiterkommen will – das Geld spenden, Armen helfen, Hungrige speisen ...

Beispiel: Ein gesunder Körper ist die Bedingung für den geistigen Weg. Und man hat ihn sich ebenfalls verdient. Auf diese gute Frucht verzichten hieße jetzt: Ich lebe weiterhin (!) gesund, bin diszipliniert beim Essen und Trinken, pflege die körperliche und mentale Fitness, um den Geist nicht mit Krankheiten und Störungen zu belasten, um ihn nicht auf dem weiteren Weg nach oben zu behindern ...

Beispiel guter Intellekt: Wofür verwende ich diese Frucht aus den letzten Leben? Und der Yoga ist eindeutig: Auf diese Frucht zu »verzichten« bedeutet, sie nicht für egoistische Zwecke zu gebrauchen (Ruhm, Name, Ehre ...), sondern sie ganz in den Dienst der weiteren Suche zu stellen, um das Rätsel des Lebens zu lösen.

Das Beschriebene ist die Ausnahme. Die Regel ist: Der Reiche genießt seinen Reichtum für egoistische Zwecke (und wird im nächsten Leben wieder arm sein); der Gesunde genießt seinen Körper und treibt Raubbau mit ihm (und wird im nächsten Leben nicht mehr so fit sein); der Intelligente nutzt seine Fähigkeiten für egoistische Zwecke (und ...).

Mein Hathayoga-Buch schließt mit diesen Worten: »Die Befriedigung aller im Geist auftauchenden Wünsche, die Jagd nach Sinnenfreuden sieht der Yogin nicht als »gesundes, glückliches, erfülltes Dasein«. Die alten Schriften verkünden: Es ist schwer für eine Seele, als Mensch geboren zu werden; noch schwerer ist es, als gesunder Mensch auf die Welt zu kommen; am schwersten zu erlangen ist die menschliche Geburt mit einem gesunden Körper und einem funktionierenden Intellekt. Wem diese Früchte außergewöhnlicher Verdienste aus vergangenen Leben zuteil wurden, der muss Gebrauch von ihnen machen, um zur Freiheit zu streben, zur Erkenntnis der eigenen wahren Natur. ›Intelligent zu sein, bedeutet zu wissen, wohin man geht; warum die Wesen leiden; welchen Sinn das Leben hat‹ (aus der Einleitung).«

An dieser Stelle taucht häufig die Frage auf: Ja, darf denn das Leben keinen Spaß machen? Nun, ein jeder lebe, wie er will, aber die Position des Yoga kann nicht klarer sein.

Auf meiner Homepage habe ich folgenden Passus für Personen eingefügt, welche sich in der Yogaschule eventuell für die Meditation interessieren: »Eines sei klargestellt. Wer sagt: ›Ich will meditieren, um zur Ruhe zu kommen‹, der hat nicht verstanden, worum es beim spirituellen Yoga geht. Wer vom hektischen Alltag abschalten, eben ruhig werden will, sollte im Liegen zwanzig Minuten entspannen, oder zehn Minuten bewusst atmen, oder bei beruhigender Musik eine Tasse Tee trinken, aber gewiss nicht ›meditieren‹. Der wahre geistige Yoga ist der denkbar größte Stress; hier geht es um die willentliche Konzentration des Geistes auf einen Punkt (das Schwierigste überhaupt), um Selbstbeherrschung, Askese, Verzicht; um das Elend des Kreislaufs der Geburten und Tode, um die Überwindung dieser armseligen Welt, um die Sehnsucht nach Freiheit, um das Finden eines echten, eines wahrhaft erleuchteten Gurus; um das alles beherrschende Thema Karma, um Religion, um das Heil der Seele. Wer all diese Begriffe nicht zu seinem Wortschatz zählt, wer sich dafür nicht interessiert, der sollte sich nicht mit ›Meditation« und ›geistigem Yoga‹ beschäftigen.«

Ich stelle bei der Lektüre von Zeitschriften, Büchern, aber auch in Yogaforen immer wieder fest: Die Anhänger des »modernen« Yoga möchten solche Dinge lieber nicht hören. Sie haben eine andere Auffassung der Sache.

Fern jeder Kritik will ich daher auch an dieser Stelle sagen: Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Und ich will eben der alten, traditionellen Yogalehre folgen. 

Jukiwi

Lieber Ramananda,

ich kann in deinem Posting sehr gut nachvollziehen, dass man karmisch für Gesundheit, Intellekt, Wohlhabenheit etc. dankbar sein kann und damit auch einen förderlichen Gebrauch anstreben soll. Auch dies verstehe ich sehr gut: 

 Ramananda schrieb: "Die schlechten Früchte muss der Mensch hinnehmen (in Form von Armut, schlechter Umgebung, von Krankheiten, Enttäuschungen, Zweifel, Hindernisse, usw.), sie »verarbeiten« und dadurch dieses Karma erschöpfen."

Wenn ich über deine strikten Aussagen über den wahren geistige Yoga nachdenke (hier und in anderen Postings), komme ich immer wieder in eine Art Klemme, die sich in etwa so anfühlt: Da sind auf der einen Seite meine Handlungen in der tatsächlichen Welt, die Karma erzeugen. Dazu gibt es eine Vielzahl von Ritualen, die das Ganze günstig beeinflussen oder lösen sollen (die ganze Welt von Karmakanda). Vieles, was im Yoga heute bei uns geschieht oder wie Yoga "esoterisch" verstanden wird, bezieht sich aus meiner Sicht allein darauf.

Auf der anderen Seite wird in den Schriften (und in der Bhagavadgita ganz besonders, wenn ich mich nicht irre) immer wieder darauf hingewiesen, dass die äußere Welt eine Täuschung ist und meine Handlungen bedeutungslos sind. Vielmehr geht es allein um die inneren Absichten, die karmisch wirken. Und – wie du sagst – der Mensch muss auf die Früchte seiner Handlungen verzichten. Der Yogi muss sich in der Beschäftigung damit vollständig vom Außen abwenden und sich ganz nach innen wenden. Aus dieser Sicht stimme ich dir in der Strenge über den Weg des geistigen Yogas vollkommen zu – ein Verstehen-Wollen dieser Schriften geschieht auf einem klaren, inneren Weg.

Mir kommt halt vor, dass diese zwei Ebenen des Yoga (Karmakanda und Vedanta) immer wieder heftig vermischt werden und es sich jeder gerne so richtet, wie er's gerade brauchen kann, bzw. womit man gerade Geschäfte machen kann. Aber so gleichen wir eben alle nur dem Geist, den wir begreifen und nicht dem wahren Selbst ...

Jukiwi

Ramananda

Liebe Ju,

bevor ich mich konkret an Dich wende, möchte ich zur Erklärung der Begriffe etwas einfügen, damit eventuell auch unsere MitleserInnen im Bilde sind.

Die Veden (die Heiligen Schriften Indiens) bestehen aus zwei Teilen. Der größere Teil heißt Karma-Kanda; der andere Jnana-Kanda.

Kanda heißt »Abschnitt, Teil«. Karma ist »Handlung, Tat, Werk« und bedeutet in diesem Zusammenhang »Opferwerk, rituelle Handlung«. Karma-Kanda = Ritual-Teil.

Jnana heißt »Wissen«. In diesem Zusammenhang ist Jnana-Kanda jener Teil der Veden, in dem es um die Philosophie geht: Jnana-Kanda = Wissens-Teil. Der Jnana-Kanda ist bekannter unter den Namen »Upanishaden« oder »Vedanta«. Upanishad kann man übersetzen mit »Geheimlehre«. Vedanta bedeutet »Ende oder Höhepunkt« (anta) des Veda; ein Hinweis darauf, dass es hier um die höchste Weisheit geht.

Die Bhagavad-Gita kritisiert durchgehend den Karma-Kanda, da sie eine Schrift der höchsten Weisheit ist. Zu einem der Verse habe ich in meiner Übersetzung der Gita kommentiert: »Es mag befremden, dass die Veden auch Opfer empfehlen, die wie Aberglauben erscheinen; aber der Veda sollte jedem Menschen gerecht werden. Der am Materiellen Haftende beschäftigt sich mit den fruchtbringenden Ritualen des Karma-Kanda und entwickelt sich, wenn er den wahren Opfergeist besitzt, in gewisser Weise höher. Der Fortgeschrittene aber hält sich unbeirrt, kompromisslos an den Jnana-Kanda und bringt das rein geistige Opfer der Erkenntnis dar.«

Nun zu zwei von Dir angesprochenen Dingen:

Jukiwi schrieb: "Wenn ich über deine strikten Aussagen über den wahren geistigen Yoga nachdenke (hier und in anderen Postings), komme ich immer wieder in eine Art Klemme, die sich in etwa so anfühlt: Auf der einen Seite (...)"

Mit den verschiedenen Ritualen des Karma-Kanda erreicht man »kleinere« Dinge, wie die Reinigung der Atmosphäre (in Tempeln, Wohnungen etc.) und eine gewisse innere Vorbereitung (wenn ich etwa eine Kerze am Altar anzünde, denke ich »anders«). Aber wirklich wichtig sind Rituale nicht; noch dazu kann das in der Bhagavad-Gita schwer kritisierte »Hängen am Ritual« den Yogin in die Irre führen, vom wahren Weg abbringen. Die Geistigkeit ist innerlich! Ein Schlüsselsatz diesbezüglich war für mich die herrliche Aussage von Shri Ramakrishna: »Wozu Wallfahrten? Dein einziger Wallfahrtsort sei dein eigenes Herz!«

Jukivii schrieb: "Auf der anderen Seite wird in den Schriften (...)"

Hier, liebe Ju, musst Du mir erlauben »dazwischenzufunken«, denn es könnte (!) sich um ein riesiges Missverständnis handeln. Und gerade an diesem Punkt erkennt man die Größe der Bhagavad-Gita. Denn sie handelt ja davon, dass der Mensch »in der Klemme steckt« und aus dem Ur-Dilemma nicht rauskommt. Nämlich: Auch einem Yogin ist es NICHT möglich, sich vom Außen abzuwenden und ganz nach innen zu gehen. Er MUSS in der Welt leben; er MUSS handeln; und dadurch schafft er zwangsläufig neues Karma. Ich zitiere aus dem Vorwort zu meiner Gita-Übersetzung (bitte nicht als Werbung missverstehen, es geht aber sehr viel schneller, mit copy + paste): »Solange der Geist eines Menschen nicht vollkommen rein geworden ist, so lange gibt es keine Erlösung aus dem leidvollen Kreislauf der Geburten und Tode (samsara). Das ist die negative Seite des Karmas: Jede Handlung hinterlässt einen Eindruck im Gedächtnisspeicher; der Eindruck wird wieder zum Gedanken, dieser zu einer neuen Handlung. Was eben noch die Wirkung einer Ursache war, wird zur Ursache neuer Wirkungen und so fort: ein nicht endender Kreislauf. Erschwerend kommt hinzu, dass es, metaphysisch gesehen, nicht eine absolut gute oder absolut schlechte Handlung gibt. Jede Tätigkeit eines Menschen ist eine Mischung aus gut und schlecht; diese Tatsache muss man akzeptieren, wenn man verstehen will, was die Bhagavadgita zum Wesen des Karmas und zur Möglichkeit der Erlösung sagt. Wie auch immer wir handeln – die guten und die schlechten Früchte der Handlungen sind nichts als Ketten, die uns an den Samsara fesseln. Das ist der Standpunkt aus der Sicht göttlicher, höchster Weisheit, wie die eindrucksvollen und erschütternden Worte von Shri Krishna zeigen: ›Die mitgeborene Pflicht soll man nicht aufgeben, selbst wenn sie mit Übel behaftet ist; denn alles Tun ist von Übel umhüllt wie Feuer von Rauch!‹ Werke allein, auch gute, können die Unwissenheit nicht zerstören; nur die Verwirklichung der letzten Wahrheit führt zur Erlösung: ›Wahrlich, nichts hier auf Erden ist so reinigend wie die Erkenntnis. Wie flammendes Feuer Brennholz zu Asche macht, o Arjuna, so verbrennt das Feuer der Erkenntnis alles Karma zu Asche!‹

Eine mögliche Folgerung daraus, dass jedes Werk eine Mischung aus gut und schlecht ist, und dass Werke immer wieder Werke bewirken und einen endlosen Kreislauf in Gang halten, wäre: sich der Werke zu enthalten, alles von sich zu werfen. Diese Art der Entsagung aber, diese Weltflucht kann nicht mehr sein als ein frommer Wunsch, denn, so Shri Krishna, sie ist nicht möglich: ›Niemand kann auch nur einen Augenblick sein, ohne etwas zu tun. Alle werden, selbst gegen ihren Willen, zum Handeln gezwungen. Sogar die Erhaltung des Körpers gelingt nicht ohne das Handeln. Wahrlich, es ist einem Menschen nicht möglich, das Handeln restlos aufzugeben, solange er an den Körper gebunden ist!‹

Das ist die Stimme der Vernunft. Demjenigen, der sich hier uneinsichtig zeigt, macht Shri Krishna klar, dass der Dharma eines Menschen, die Pflichten und die Werke, die er zu tun hat, die logische Folge seines früheren Handelns sind; es ist unmöglich, diesem Lebenskampf entgehen zu wollen: ›Wenn du in deinem Egoismus denkst: Ich werde nicht kämpfen!, so ist dieser Entschluss doch vergeblich; deine Natur wird dich dazu zwingen. Gefesselt durch dein eigenes, deiner Natur entsprungenes Karma wirst du selbst gegen deinen Willen tun müssen, was du aus Verblendung nicht tun willst. Durch das Nichtausführen der Werke erlangt der Mensch nicht die Freiheit vom Karma; durch bloßes Entsagen gelangt er nicht zur Vollkommenheit!‹

Kann der Mensch sich dann überhaupt vom Karma befreien und Erlösung finden? Shri Krishna sagt: Ja, durch Loslösung vom Ego. Eine Handlung setzt das Bewusstsein eines Handelnden voraus. Es ist der Gedanke des »Ich« und »Mein«, der den Durst nach Befriedigung der Sinne, das Anhaften an die Früchte der Werke bewirkt. Es ist der Gedanke des »Ich« und »Mein«, der den Menschen seine wahre Natur vergessen und ihn dadurch leiden lässt. Das Ego ist die Wurzel allen Übels, und solange diese Wurzel nicht zerstört ist, gibt es keine Erlösung. Der indische Weise sagt: Der Verlust der Individualität, das Verschwinden des Ego ist die Vollkommenheit, das Nirvana.« (©HelmuthMaldoner)

Ich bin wieder mal erschrocken über die Länge des Postings und höre jetzt erst einmal auf ...

Jukiwi

Lieber Ramananda,

diese Texte sind alle sehr mächtig und so dicht ... Ich verstehe immer nur einen kleinen Bruchteil.

Diese Frage ist mir aufgetaucht: Wenn ich also mich nicht der notwendigen Handlungen/Pflichten entziehen kann und soll, geschieht die Lösung der Identifizierung mit dem Ego darüber, dass ich meine inneren Absichten (was ich mit meinen Handlungen bewirken möchte) neutral werden lasse und auf die Früchte meiner Handlungen verzichte und ihnen gegenüber ebenfalls neutral bleibe? Verstehe ich das richtig?

Danke aufrichtig für deine Bemühungen, Jukiwi

Ramananda

Meine liebe Ju,

zuerst bitte ich um Verzeihung: Ich will mit den »mächtigen und dichten Texten« niemanden überfahren; es ist nicht meine Absicht, jemandem Stress zu bereiten.

Zweitens muss ich sagen: Das Thema ist wirklich hoch wie der Himalaya. Es erfordert (nicht nur von Dir, auch von mir und allen anderen Menschen) eine wiederholte Lektüre, ein sich ständiges Auseinandersetzen; ist das Ganze oft genug durch den Kopf gegangen, klären sich die Dinge zunehmend.

Und drittens: Du hast es ja bereits verstanden! Da habe ich mich nicht in Dir getäuscht.

Schließlich viertens: Ich habe mit einer gewissen Absicht in meinen letzten Postings »die Materie dicht verpackt«; denn so ist von mal zu mal der Punkt 3, die Sache mit dem Karma, klarer geworden. Es fehlt also nicht mehr viel, und wir sind mit dem Thema durch – generell gesagt. Ich würde dann eventuell einen neuen Thread eröffnen, etwa »Karma im täglichen Leben« (= worauf muss man in karmischer Hinsicht aufpassen), und vielleicht auch »Einige aufschlussreiche Karma-Geschichten«. Aber zunächst muss natürlich die Grundtheorie soweit okay sein.

Zu Deiner Frage: Die Antwort ist: ja! Natürlich wäre noch zu klären, was die Bhagavad-Gita unter Dharma versteht, denn »Dharma« (das, was man zu tun hat) und »Karma« hängen ja unmittelbar zusammen. Dazu mag man sich dann mit der Gita beschäftigen. Die Mühe wird sich lohnen; sie ist das Buch der Bücher.

Für heute mag es genügen, noch einmal aus der Gita zu zitieren, es ist der Kern ihrer Botschaft: »Ohne den Ich-Gedanken gibt es kein Karma – diese tiefgründigste aller Lehren vermittelt uns die Bhagavadg­ita. Aber der Weg zur Loslösung vom Ego ist lang und beschwerlich. Um den Geist zu reinigen, muss man lernen, in jeder Beziehung enthaltsam zu leben und seine Wünsche zu beherrschen; man muss sich an die Gebote einer sittlichen Lebensführung halten, ständige Unterscheidung üben und sein Denken immer mehr auf Gott oder die Freiheit richten. Es ist ein Weg der Praxis und gründet im gesunden Menschenverstand, im rechten Verstehen sowohl der eigenen Situation als auch der Möglichkeit sich aus ihr zu befreien.

Dieses »rechte Verstehen, die nur auf das Höhere gerichtete Intelligenz« (buddhi) wird in der Bhagavadgita immer wieder betont. Wir sollten einsehen, dass wir trotz der Bestrebungen, uns vom Karma zu befreien, weiterhin handeln müssen; ein auf den ersten Blick unlösbares Dilemma, aus dem uns jedoch Shri Krishna befreit: Alle Werke sollen als Opfer an Gott ausgeführt werden; man handelt nicht im eigenen Interesse, sondern um der Sache willen, ohne ein Verlangen nach den Früchten der Arbeit. Das uneigennützige Handeln ist die wahre Selbsthingabe, der Weg zur Freiheit, wie wir von Shri Krishna hören: "Es ist einem Menschen nicht möglich, das Handeln restlos aufzugeben, solange er an den Körper gebunden ist. Wer jedoch auf die Früchte des Handelns verzichtet, er wird ein Entsagender genannt. Unerwünscht, erwünscht, gemischt – die dreifache Frucht des Handelns wird den Nicht-Entsagenden nach dem Tode zuteil; niemals aber den Entsagenden! Was du tust, was du isst, was du opferst, was du gibst, welche Askese du dir auferlegst – tue es als eine Darbringung an Mich! Auf diese Weise wirst du befreit werden von den guten und schlechten Früchten der Werke. Mit ganzem Herzen solchem Yoga der Entsagung hingegeben, wirst du, befreit, zu Mir kommen!"« (©HelmuthMaldoner)

In Liebe – Ram

Jukiwi

Lieber Ramananda,

Ramananda schrieb: "Das Thema ist wirklich hoch wie der Himalaya."

Ja, das fühlt sich für mich tatsächlich so an. Ich kann – mit einem Lächeln, das nur zur Hälfte etwas scherzhaft ist – sagen, dass ich aus dieser Auseinandersetzung erfahre, in welchen Bemühungen ich den Rest meines Lebens verbringen werde ...

Ich sehe, dass dieser Thread sich mehr und mehr zu einem Dialog entwickelt hat – und das ist möglicherweise nicht der Sinn der Sache. Sorry, wenn ich durch meine inständige Fragerei wenig Raum für andere Beiträge gelassen habe. Gleichzeitig fühle ich mich durch das hier so großzügig (mit)geteilte Wissen reich beschenkt und hätte nie gedacht, dass via Internet so viel Dichte, Intensität und Schönheit kommuniziert werden kann.

Danke, Jukiwi

Ramananda

Das würde ich nicht so sehen. Jedes Mitglied dieses Forums hat ja Gelegenheit, mitzumachen; wir haben niemanden »verdrängt« oder ausgegrenzt. Zudem, um es erneut zu sagen: Das Thema ist sperrig, da geht es »um die Substanz« – ein gewisser Stress ist unvermeidbar.

Andererseits: Auch ein Dialog kann erhellend sein, einfach indem man mitliest und sich »im Stillen« seine Gedanken macht. Immerhin hat bis zum heutigen Tag dieser Thread bereits über 80.000 Aufrufe! Das finde ich beachtlich und danke »unbekannterweise« den vielen Leserinnen und Lesern dieses Threads.

Wintersun

Liebe Jukiwi,

danke, dass Du deine Fragen stellst. Ich finde es gar nicht so einfach, Fragen klar zu formulieren und zu stellen. Durch deine Fragen lerne ich auch.

Lieber Ramananda,

dir vielen Dank für deine Erklärungen und dass du dein Wissen mit uns teilst. Mich hat das Thema die letzten Tage sehr beschäftigt und ich habe viel darüber nachgedacht. Dadurch, dass ich nicht an Wiedergeburt glaube, fehlt mir im Moment etwas, um hier tiefer zu verstehen. Trotzdem bin ich im Moment sehr glücklich über diese Diskussion. Das Lernen geht weiter. Mal sehen, wo es mich hinführt.

Khoefli

Hallo,

an alle Beteiligte dieses Threads meinen Respekt und meine Anerkennung für Eure Beiträge! Ich finde die Diskussion hoch spannend und verfolge sie täglich. Leider fehlt mir das Wissen und momentan auch die Zeit, um hier Konstruktives mit einzubringen. Dass man die Posts zu diesem Thema nicht einfach aus dem Ärmel schüttelt, wisst Ihr sicher am besten.

Herzliche Grüße, Khoefli

Silvia75

Liebe Jukiwi, lieber Ram,

ich danke euch sehr für euren Dialog. Ich habe die Posts alle gelesen und auch viel darüber nachgedacht. Das Thema wird mich sicher weiterhin begleiten. Und nach all den ausführlichen Posts von Ram habe ich nun endlich eine bessere Vorstellung von "Karma" bekommen. Dass ich es vollständig verstanden habe, kann ich nicht behaupten. Dafür habe ich mich in der Vergangenheit auch fast gar nicht mit diesem Thema beschäftigt. Das wird sich nun ändern. Da bin ich ganz sicher. Denn tief drinnen in mir arbeitet es schon.

Danke noch mal, lieber Ram, liebe Jukiwi. Und natürlich auch allen anderen für eure Beiträge hier.

Liebe Grüße, OM Shanti, Silvia

Jukiwi

Liebe mitlesende Silvia75, Khoefli und Wintersun,

danke für diese Rückmeldung. Das beruhigt mich.

Ich habe mir den Thread jetzt ausgedruckt mit der Absicht, einzelne Sätze mit in mein "stillsitzen" zu nehmen und mich diesen Gedanken länger auszusetzen. Vor allem die Teile, wo es um das neutral-bleiben geht, um das sich lösen vom ständigen "Ich und Mein" im Leben, bringen viel Verwirrung in mein Denken.

Nicht so sehr in meiner Arbeit, da ist das eher eine notwendige Grundhaltung, sonst kann ich niemandem helfen. Zumindest dort habe ich im Lauf der Jahre eine Ahnung von Neutralität entwickeln können. Wobei – das möchte ich gleich dazu sagen – sich das "Helfen" in der psychosozialen Arbeit bei uns immer nur auf die Gesundung und Stärkung des ICH bezieht, niemals gewollt auf irgendeine Transzendenz.

Aber in meinem Alltag und allen Alltagsgesprächen, in allen Zeitungen, Fernsehen, Aktivitäten bis hin zu unserem Gesundheitswesen und der Gesetzgebung – da herrscht zumindest in meiner Welt fast immer nur das ICHUNDMEIN ... Und ich bin immer wieder hin- und hergerissen, vielleicht sollte ich doch da auch mitmachen, von wegen erfolgreich sein und integriert sein etc.

Tja, wie gesagt, genug Stoff zum Nachdenken... Jukiwi

Ramananda

»Das Boot ist im Wasser; das Wasser sollte aber nicht im Boot sein.«

Shri Ramakrishna (1836-1886) meinte mit diesem Satz: Der Yogin lebt in der Welt; die Welt sollte aber nicht im Yogin sein.

Einen ähnlichen Rat findet man in der alten Schrift Shiva-Samhita: »Der Yogin übe dies(en Yoga) im Geheimen, an einem einsamen Ort, ohne die Gesellschaft von Menschen. Um den Schein zu wahren, bleibe er in der Gemeinschaft, sei aber mit dem Herzen nicht in ihr. Er vernachlässige nicht die Pflichten seines Berufes und Standes, erfülle sie jedoch nur als ein Werkzeug Gottes, ohne an ihnen zu haften. Wenn er so handelt, lädt er keine Schuld auf sich. Auch Ehemann und Ehefrau können durch verständiges Befolgen dieser Methode die Vollendung erreichen, daran ist kein Zweifel. Inmitten der Familie lebend, stets seine familiären Pflichten (ohne Anhaftung) erfüllend, erlangt, wer frei von Verdienst und Schuld ist und seine Sinne beherrscht, die Erlösung.«

Der entscheidende Satz ist dieser: »Er vernachlässige nicht die Pflichten seines Berufes und Standes, erfülle sie jedoch nur als ein Werkzeug Gottes, ohne an ihnen zu haften.«

Silvia75

Danke für den wunderbaren Textauszug, Ram. Der entscheidende Satz hat es in sich. Besonders dieser Teil: "ohne an ihnen zu haften". Für mich stellt dies das größte Problem im täglichen Leben dar. Ich stelle immer wieder fest, an wie vielen Dingen ich verhaftet bin und wie viele Abhängigkeiten ich mir selbst schaffe, während ich auf der anderen Seite genau das Gegenteil anstrebe. Ein lebenslanger Prozess des Lernens ist dies, denke ich.

Liebe Grüße, OM Shanti, Silvia

Jukiwi

Hi zusammen, lieber Ramananda!

In meinem Nachdenken über die Texte aus der Bhagavadgita ist jetzt eine Irritation entstanden, die ich gern klären möchte. Ich verstehe da etwas nicht: Was ist denn hier die Bedeutung Krishnas? Es geht immer wieder um die Erkenntnis, dass die Welt und alles, was ich da tue, nicht die wirkliche Welt ist. Und dann gibt es einen Gott, der sagt, man soll alles ihm zum Opfer tun?

Ich möchte beispielhaft ein paar Sätze von dir/aus deinen Übersetzungen zitieren Ramananda, um dazustellen, was ich nicht verstehe. Vielleicht bringe ich ja in meiner Laienhaftigkeit auch nur etwas durcheinander. "Es ist der Gedanke an Ich und Mein, der den Menschen seine wahre Natur vergessen lässt. (...) Der Verlust der Individualität, das Verschwinden des Ego ist die Vollkommenheit, das Nirvana." Wenn also die Loslösung vom Ego geschieht, löst sich ja jede Individualität auf.

Warum sagt Krishna dann: "Alle Werke sollen als Opfer an Gott ausgeführt werden." Und: "Was du tust, was du opferst, was du gibst, welche Askese du dir auferlegst, tue es als Darbringung an Mich! Auf diese Weise wirst du befreit werden von den guten und schlechten Früchten der Werke. Mit ganzem Herzen solchem Yoga der Entsagung hingegeben, wirst du, befreit, zu Mir kommen." Dieser Satz könnte nach meinem Verständnis genau so auch in der Bibel stehen. Es muss sich also um eine universelle Weisheit handeln, oder?

Wenn sich aber jede Individualität auflöst, womit soll dann alles Handeln ein Opfer an Krishna sein? Dann handelt ja wieder jemand – aber wer? Und warum? Sorry, ich bin schon ganz verwirrt.

Jukiwi

Wintersun

Hi Jukiwi,

mein Verständnis (Glaube, Halbwissen) ist, dass alles göttlich, alles Krishna ist. Und wenn ich erkannt habe, dass alles in „meiner kleinen Welt“ vergänglich ist, ich mich an nichts anhafte oder festhalte und Gott erkenne und mein Handeln danach ausrichte – dann handele ich sozusagen als Krishna.

Ich habe gerade wieder angefangen, die Bhagavadgita zu lesen. Bisher habe ich mir immer schwer getan. Zur Zeit bin ich sehr angetan. Allerdings lese ich eine englisch Übersetzung: "I am the ritual and the worship, the medicine and the mantra, the butter burnt in the fire, and I am the flames that consume it. I am the father of the universe and its mother, essence and goal of all knowledge, the refiner, the sacred Om, and the threefold Vedas." (9.16 - 9.17 übersetzt von Stephen Mitchell)

Deutsch: "Ich bin das Ritual und die Verehrung, die Medizin und das Mantra, die im Feuer verbrannte Butter, und ich bin die Flammen, die sie verzehren. Ich bin der Vater des Universums und seine Mutter, Essenz und Ziel allen Wissens, der Läuterer, das heilige Om und die dreifachen Veden."

Liebe Grüße, Klaus

Jukiwi

Lieber Klaus,

Wenn Krishna Ausdruck des All-Göttlichen ist (wie in den schönen Zeilen, die du zitierst), macht das Sinn, ja. Dann könnte ich Krishnas Rede so verstehen, dass das Handeln als Opfer an Krishna einen Weg beschreibt oder anbietet, den der Mensch im geistigen Yoga gehen kann – eine ausgestreckte Hand des Göttlichen quasi, eine Orientierungshilfe in dem ganzen Dschungel der Ego-Tricks?

Jukiwi

Ramananda

Jukiwi schrieb: "In meinem Nachdenken über die Texte aus der Bhagavadgita ist jetzt eine Irritation entstanden, die ich gern klären möchte."

Liebe Ju,

damit das Posting nicht wieder zu lang wird ;), teile ich meine Antwort in drei Drittel:

1. Das Generelle;

2. Shri Krishna und die Bhagavad-Gita.

3. Die Bedeutung des Opfers.

Teil 1:

»Verwirrt« über solch hohe Dinge können wir nur sein, weil wir den Anfang mit dem Ende verwechseln. Ich komme zurück auf ein früheres Posting, in dem ich sagte, kein anderer Erleuchteter wird heute dermaßen missverstanden wie Shri Ramana Maharshi; einfach deshalb, weil er konsequent nur vom Ende sprach. Und es gefällt vielen, sich damit zu identifizieren, obwohl sie noch ganz unten, am Anfang ihres Weges stehen. Alleine im europäischen Raum gibt es über zweihundert Personen, die sich auf Shri Ramana als ihren »Guru« beziehen (dabei hatte der Maharshi keinen einzigen Schüler; solche Meister gibt es eben auch, aber dieses Thema würde jetzt zu weit führen) und aufgrund kleinerer Erlebnisse oder schlicht aufgrund ihrer Einbildungskraft allen Ernstes glauben, sie hätten die Erleuchtung, also tatsächlich die Stufe von Shri Ramana erreicht. Unglaublich.

Ein aktuelles Beispiel: Es gibt eine Facebook-Seite über Shri Ramana, auf welcher sich die Anhänger des Maharshi austauschen. Persönlich schätze ich diese Seite wegen der wundervollen Bilder und Videos. Textmäßig aber ist sie eher bedenklich. Vor einigen Tagen hat jemand diesen Satz des Maharshi gepostet: »You are always perfect.« Nun, das hat der Maharshi tatsächlich gesagt. Es sollte aber nicht missverstanden werden. AM ENDE des geistigen Weges ist man vollkommen, und nicht »always«. Mit Sätzen dieser Art konfrontiert, sagte mein Meister immer: »Why do you mix the beginning with the end? Why do you begin with the end? BE PRACTICAL!«

Um bei dem zitierten Satz zu bleiben. Eine Mutter trauert; ihr Kind wurde vergewaltigt und getötet. Sagt man so einem Menschen »You are always the Self, you are always perfect; there is no suffering; the world is not real«? Nein, natürlich nicht. Ihr Leiden ist jetzt real, was gibt es darüber zu philosophieren? Lächerlich. Um ja nicht missverstanden zu werden, sage ich noch einmal: Ich bin ein tausendprozentiger Anhänger des Maharshi, aber ein Gegner von Pseudophilosophen und Scharlatanen, die einen großen Meister auf haarsträubende Art für ihre eigenen Zwecke missbrauchen.

Yoga ist »die Beherrschung des Geistes« (»mind-control«). Müsste jedem einleuchten: Man hat Wünsche, Gedanken, Emotionen, Probleme, Konflikte, usw., das Leben ist Gegensätzlichkeit (Freude und Leid, usw.). Der Weg ist, den Geist zu reinigen, seine Kräfte zu konzentrieren usw., um damit zum Ziel zu gehen, zur Erkenntnis der eigenen wahren Natur. Und die wahre Natur ist eben nicht der Geist, sondern das sogenannte Selbst, das alldurchdringende, grenzenlose, unveränderliche, ewige Bewusstsein. Der Weg zum »Selbst« – DAS IST DER ANFANG.

UND DAS ENDE? Im höchsten Bewusstseinszustand (Nirvikalpa Samadhi) gibt es nur das Eine ohne ein Zweites, und damit gibt es keine Gegensätzlichkeit mehr, keine Kundalini, keine Chakren, keinen Weg, kein Ziel, keinen Geist. Erst am Ende kann ein Mensch unwidersprochen sagen, wie wir vom großen Shri Shankaracharya hören: »Die Welt ist eine Täuschung; Brahman allein ist wirklich!«

Und damit wären wir jetzt bei der Bhagavad-Gita, bei Shri Krishna, beim Begriff »Opfer« und bei anderen Dingen, welche man sorgfältig trennen und einteilen muss in Anfangsstufen, mittlere Stufen, höhere Stufen, höchste Stufe ... Andernfalls werden wir nur schwer zu einem Verständnis der Sache kommen.

Um auch bei der Gita gleich ein praktisches Beispiel zu nehmen – hier Gesang 6, Vers 3: »Für den, der zum Yoga aufsteigen will, wird das selbstlose Werk (das Opfer) als Weg genannt; für den, der zum Yoga aufgestiegen ist, wird Ruhe als Weg genannt.« Kommentar dazu: »Das wurde in den vorangehenden Kapiteln klar gesagt: Es ist in dieser Welt unmöglich, nichts zu tun; man muss arbeiten, um den Yoga zu erreichen – selbstlos, ohne anzuhaften. Je höher man steigt, desto mehr Pflichten, Werke fallen weg. Mit dem Erreichen des Zieles – die tiefste, vollkommene Ruhe des Geistes – ist das Ende aller Werke erreicht.« (©HelmuthMaldoner)

Dazu etwas später der Teil 2.

Ramananda

Nun zu Teil 2 (die Bhagavad-Gita und Shri Krishna):

Ein genereller Satz:

»Die Erleuchteten verkünden die höchste Wahrheit; ihre Worte werden zu den Heiligen Schriften.«

Der Verfasser der Gita ist unbekannt (nach der Tradition soll es der Weise Vyasa sein). Jedenfalls spricht hier jemand über das Höchste. Da dieses Höchste für uns Menschen kaum fassbar ist, »kommen« die Weisen »uns entgegen«, eben damit wir das Grundsätzliche verstehen, um damit den spirituellen Aufstieg beginnen zu können. Shri Shankaracharya sprach deshalb schon vor tausend Jahren von »niederen Wahrheiten« und von der »höchsten Wahrheit«. Um nicht missverstanden zu werden: Die niederen Wahrheiten sind keine »Irrtümer«; sie sind die Wahrheit, allerdings zeitliche Wahrheiten, »menschlich zurechtgebogen« ZUM ZWECKE DER PRAXIS. Das ist ja das Geniale am Yoga: Jeder Mensch, ob Arbeiter, Diener, Herr, Bauer, Händler, Krieger, Priester ... kann das Höchste erreichen. Die Frage ist: von welchem Punkt aus startet er?

In diesem Sinne: Soll man gleich »mit der Tür ins Haus fallen« und allen Menschen verkünden: »Gott« ist das formlose(!), eigenschaftslose(!), für den menschlichen Geist undenkbare(!), unvorstellbare, alldurchdringende Bewusstsein, das ewige Brahman? Nein. Wie soll der denkende Geist etwas Undenkbares fassen? Und so heißt es: »Gott« ist formlos, aber er hat auch Formen, Eigenschaften ... Und jeder Suchende wird zu jenem Gott streben, den er persönlich am anziehendsten findet, der seiner Natur entgegenkommt: Vishnu, Gott der Liebe und Geduld; Shiva, Gott der Zerstörung (wobei man »Zerstörung« recht verstehen sollte); Kali, die Göttliche Mutter des Universums; oder ...

In der Bhagavad-Gita spricht »Gott« zum Menschen, in diesem Fall zu seinem Freund und Schüler Arjuna. Und wer ist dieser Gott? Er heißt Krishna und wird als eine Inkarnation von Vishnu angesehen. Im vierten Gesang sagt Shri Krishna: »Obgleich Ich ungeboren bin, unvergänglichen Wesens, (...) gelange ich doch, in die Natur eingehend, zum Sein. Denn wann immer der Dharma (die Religion) verfällt und der Adharma (das Gegenteil) sich erhebt, dann bringe Ich mich selbst hervor. Zum Schutze der Guten und zur Vernichtung der Bösen entstehe Ich in jedem Zeitalter, um den Dharma wieder aufzurichten.«

Die Gita wird aber offiziell als »Lehrschrift des Yoga« und »Wissenschaft vom Brahman« bezeichnet. Und »das Brahman« ist eben der erwähnte formlose Aspekt Gottes. Andererseits muss ja die Gita nicht von Erleuchteten verstanden werden, sondern von uns Normalsterblichen. Also hat Gott doch eine Form, im Falle der Gita die Form eines Königs und Weisen (Krishna und Arjuna unterhalten sich auf einem Schlachtfeld).

Man verstehe das aber recht. Shri Ramana wurde einmal von einem Besucher gefragt: »Are the gods Vishnu and Shiva and their respective heavens Vaikuntha and Kailasha real?« (Deutsch: "Sind die Götter Vishnu und Shiva und ihre jeweiligen Himmel Vaikuntha und Kailasha real?") Die berechtigte Frage eines geistig wachen Menschen. Und dann kam die einmalige, unnachahmliche Antwort eines echten Erleuchteten: »They are as real as you are in the body.« (Deutsch: "Sie sind so real, wie man selbst im Körper ist.) Und da sind wir wieder bei »the beginning« und »the end«!

Für mich spricht in der Gita Gott selbst. Und ein Mensch, der eine bestimmte Form Gottes verehrt, sich darauf konzentriert und meditiert, der wird am Ende mit dieser Form verschmelzen, eins werden. Das nennt der Yoga »Savikalpa Samadhi«, die Verwirklichung Gottes mit Form. Es geht aber weiter! Shri Ramakrishna wurde eins mit der so geliebten Göttlichen Mutter. Eines Tages jedoch erschien ein großer Guru und sprach zu ihm: Du musst weitergehen, du bist noch nicht am Ende! Und so, wie der Text sagt, »spaltete Shri Ramakrishna mit dem Schwert der Unterscheidung die Form der Göttlichen Mutter in zwei Teile« – und tauchte in den Nirvikalpa Samadhi ein, in die Verwirklichung des Formlosen, Alldurchdringenden.

Im Teil 3 folgt dann die Sache mit dem »Opfer«. Dieser auch häufig missverstandene Begriff ist schließlich der Kern der Bhagavad-Gita, wie diese wundervollen Worte zeigen:

»Außer den Werken um des Opfers willen ist diese Welt an die Werke gebunden. Diese Welt, o Arjuna, ist nicht für den Nicht-Opfernden bestimmt; wieviel weniger die andere!«

Ramananda

Teil 3: die wahre Bedeutung des »Opferns«. Nun geht es ohne Umschweife direkt rein in die Sache:

1. Da die Bhagavad-Gita ständig den Karma-Kanda, den Ritual-Teil der Veden kritisiert, kann mit den verschiedenen von Shri Krishna angesprochenen »Opfern« NICHT das »äußere« Opfern gewisser Dinge gemeint sein, denn das wären in der Tat nur leere Rituale.

2. Der alte Begriff »Opfer« wird trotzdem (das heißt: trotz der Gefahr von Missverständnissen) nicht abgelehnt, sondern umgedeutet: Opfer ist alles, was ich nicht für mich mache, sondern für einen höheren Zweck. Man tut also alle Werke, VERZICHTET ABER, um es mit der Gita zu sagen, AUF DIE FRÜCHTE dieser Werke. Das ist dann auch die wahre Bedeutung des Begriffs »Nicht-Anhaften«.

»Der Yoga bedeutet nicht etwa Flucht vor der Welt oder Gleichgültigkeit ihr gegenüber. Das Ideal des Yogin ist es, eine Sache um der Sache willen zu tun, nicht aus Eigennutz; eine Arbeit so gut wie möglich auszuführen, aber nicht an Lob, Gewinn und Vorteil interessiert zu sein. Damit erweist sich der enthaltsame, rein und äußerst einfach lebende Yogin als der wahre Menschen- und Naturfreund. Niemals würde er etwas zum Schaden anderer Lebewesen tun, nur um in den Genuss weltlicher Freuden zu kommen.« (aus der Einleitung zu meiner Gita-Übersetzung)

Was mit »Opfer« in diesem Sinn gemeint ist, müsste an wenigen Beispielen klarwerden: Ich kann mich »über das Essen stürzen« und im konzentrierten Sinnengenuss die Speisen zu mir nehmen; das nennt man dann Bhoga, »Genuss der Welt«. Geht man anders an die Sache, etwa mit der wundervollen Besinnung von Paramahamsa Yogananda: »Diese Speise dient nicht der Befriedigung einer Gier, sondern um den Körper, den Tempel der Seele gesund zu erhalten«, dann wird das Essen nicht zum weltlichen Genuss, sondern zum Gottesdienst. Natürlich kann damit »Stress« verbunden sein: Man isst langsam, schweigend, kaut sorgfältig; man isst bewusst, man isst die richtigen Dinge; man isst nicht zu viel ... Das wird »Opfer der Nahrung« genannt.

Ähnliches gilt für zahlreiche weitere Dinge. So sagt Shri Krishna: »Wieder andere opfern materielle Güter, opfern ihre Yogaübungen, opfern ihr Studium und ihr Wissen – durch strenge Gelübde sich bezwingend.« ALLE Opfer sind Mittel, um vom Übel des »Ich« und »Mein« loszukommen. So muss klarwerden: Es kann sich dabei nicht um die üblichen Rituale handeln. Und alle haben eines gemeinsam: Ich tue meine Werke nicht, um in den Genuss der Sinne zu kommen, sondern um den Geist zu reinigen und mich langsam aus den Fesseln des Karma zu befreien.

Das höchste aller Opfer, sagt die Gita, ist »das Opfer der Erkenntnis«. Damit ist gemeint: Selbst das größte karmische Geschenk, ein scharfer, funktionierender Geist, sollte nicht für egoistische, selbstsüchtige Zwecke missbraucht werden. Und deswegen unterscheidet der Yoga auch streng zwischen zwei Arten der Intelligenz. Was wir gewöhnlich darunter verstehen, das sind bloß irgendwelche intellektuellen Fähigkeiten. Die wahre Intelligenz ist etwas anderes: »Sogenannte Intelligenz ist nur ein anderer Name für Unwissenheit. Die wahre Intelligenz ist zu wissen, wer man selbst ist, warum man geboren wurde und welchen Zweck dieses Leben hat.« (Swami Brahmananda)

Der Mensch tue seine Werke nicht als Bhoga (Welt-Genuss), nicht als »Eigenzweck« (wie Shri Patanjali es so schön ausdrückt), sondern als Yoga, zum höheren Zweck, zur Reinigung des Geistes. Das ist die Essenz der Bhagavad-Gita. Und diese Essenz kann man auch so ausdrücken: »Die Menschen vergießen Ströme von Tränen für Frau, Mann, Kinder, Geld ... Wer aber weint eine Träne um Gottes willen?« (Shri Ramakrishna)

»Wenn die Menschen mit ihrem Geist ebenso sehr an Gott hingen, wie sie an den Sinnesobjekten hängen, wer würde dann nicht aus seiner Gefangenschaft befreit?« (Maitri-Upanishad)

Sarvamangalam (»zum Segen aller«)!

Ramananda

Jukiwi schrieb: "Dann könnte ich Krishnas Rede so verstehen, dass das Handeln als Opfer an Krishna einen Weg beschreibt oder anbietet, den der Mensch im geistigen Yoga gehen kann – eine ausgestreckte Hand des Göttlichen quasi, eine Orientierungshilfe in dem ganzen Dschungel der Ego-Tricks?"

Liebe Ju,

ich sag's doch: Du hast alles bereits verstanden! Anmerken möchte ich nur dies: Man opfert dann nicht an »Krishna« (manche Europäer würden einwenden: Was habe ich mit einem indischen Gott zu tun?), sondern an »Gott«. Wobei natürlich auch der Begriff »Gott« höchst geheimnisvoll ist und leicht missverstanden werden kann (wie man an den verschiedenen Religionen sieht).

Von Herzen – Ram

Jukiwi

Lieber Ramananda,

danke, dass du dein Wissen so großzügig teilst. Tatsächlich hat der Hinweis auf die Verwechslung von Anfang und Ende meine Verwirrung schlagartig beendet. Hatte es schon wieder vergessen ...

Ramananda schrieb: "Obgleich ich ungeboren bin, unvergänglichen Wesens, (…) gelange ich doch, in die Natur eingehend, zum Sein. Denn wann immer der Dharma (die Religion) verfällt und der Adharma (das Gegenteil) sich erhebt, dann bringe Ich mich selbst hervor. Zum Schutze der Guten und zur Vernichtung der Bösen entstehe Ich in jedem Zeitalter, um den Dharma wieder aufzurichten."

Es ist schon komisch, dass ich mein Leben lang nicht verstanden habe, was genau jetzt die Botschaft von Jesus am Kreuz sein soll, aber die Worte Krishnas öffnen mein Herz auf einmal zu einem Verstehen. Das Schwerste für mich zu begreifen ist die einfache Tatsache, dass mit der Möglichkeit des göttlichen Erkennens auch wirklich ich gemeint sein könnte (bin!). Das berührt zutiefst ein Lebensthema von mir.

Ich fasse kurz für mich zusammen: Es ist ein Weg, es gibt einen Weg, der auch mir offensteht. Ich bin am Anfang, nicht am Ende dieses Weges. Gutes und Schlechtes, das mir geschieht, verstehe ich als Karma. Ich versuche achtsam, nicht anzuhaften an den Absichten und Früchten meiner Werke. Ich bemühe mich um einen rechtschaffenen Lebenswandel. Die Auseinandersetzung mit der Lehre, meine Handlungen/Werke und Erkenntnis führen mich Schritt für Schritt.

Jukiwi

Ramananda

Besser kann man es nicht sagen. Ich freue mich für Dich und dafür, dass es dieses Forum gibt, welches es möglich macht, sich mit so reifen Menschen auszutauschen.

Wintersun

Lieber Ramananda,

auch von meiner Seite aus nochmals ein großes Dankeschön. Gestern Abend habe ich beim Lesen der Bhagavad Gita auch immer wieder mal in deine Antworten/Diskussionsbeiträge hier geschaut, was sehr bereichernd für mich ist.

Liebe Grüße, Klaus

Sky

Liebe M33,

wegen Maharshi, ich habe dich verstanden! Ditto Kopfuntersuchungen etc, mach dir nichts draus! Wie meditierst du?

Liebst, Sky

Ramananda

Über jede Theorie hinaus geht das wirkliche Leben, und so möchte ich zum Ende des Threads einige von so vielen aufschlussreichen Karmageschichten wiedergeben. Diese hier ist in stark gekürzter Fassung entnommen, aus dem Büchlein von Swami Narayanananda »Consciousness under Different States« (©1982 N. U. Yoga Trust, Rishikesh, India).

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lebten zwei Freunde in Bombay. Sie gründeten eine Firma und schlossen das erste Geschäftsjahr mit gutem Gewinn ab. Beide heirateten. Am Ende des zweiten Jahres hatten sie erneut einen guten Gewinn. Aber der eine von ihnen wurde neidisch und wollte den Gewinn nicht teilen. So fuhr er mit dem Partner an einen einsamen Ort, um einige freie Tage zu verbringen. Dort wurde dem nichts ahnenden Freund Gift verabreicht, er starb. Der andere hatte alle nötigen Vorkehrungen getroffen, die Leiche wurde sofort verbrannt. Wieder daheim, heuchelte der Übeltäter Mitleid, gab etwas Geld an die kinderlose Witwe, jedoch nicht den ihr zustehenden Anteil.

Nun führte er die Firma erfolgreich alleine. Nach einem Jahr wurde ihm ein Sohn geboren. Der Junge war gesund und intelligent, Stolz des Vaters. Als er das Heiratsalter erreichte, wurde ein gutes Mädchen gesucht und die Verlobung gefeiert. Zu dieser Zeit erkrankte der junge Mann plötzlich. Trotz intensiver und teurer Behandlung durch die besten Ärzte ging es ihm immer schlechter. Eines Tages sprach er zum Vater: »Weißt du, wer ich bin? Ich bin dein Freund, den du vergiftet hast. Für meine Krankheit hast du beinahe dein ganzes Geld ausgegeben. Dein in schändlicher Weise erworbener Reichtum wird an dem und dem Tag gänzlich aufgebraucht sein. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, werde ich sterben.«

Zum vorausgesagten Tag starb der junge Mann. Der Vater bekam einen furchtbaren Schock und verlor den Verstand. Im Wahn verließ er sein Haus in schwarzen Kleidern und rannte durch die Gegend mit den Worten: »Ich bin außen schwarz und ich bin auch innen schwarz.«

Eines Tages kam ein Mönch aus Rishikesh nach Bombay. Mitten in der Nacht sah er am Stadtrand einen verwahrlosten, verdreckten Irren in schwarzem Kleid vorbeigehen und laut sagen: »Ich bin außen schwarz und ich bin auch innen schwarz.« Der Mönch rief ihn zu sich und fragte nach der Bedeutung der Worte. Der Verrückte verschwand voller Scham in der Dunkelheit. Am nächsten Tag erschien er wieder und erzählte dem Mönch, was geschehen war.

Sarvamangalam (»zum Segen aller«)!

Larrim

Namaste Ihr Lieben,

voller Freude und Erstaunen entdecke ich, dass neben all den anderen Querelen hier ein wirklich wichtiges und wertvolles Thread entstanden ist. Ich muss es wohl noch ein, zwei Mal lesen. Danke euch allen dafür. :)

Licht und Liebe, Lars

M33

Hi Sky,

dein Posting ist schon über 2 Wochen alt. Sorry, ich wollte ausführlich darauf eingehen und dazu gab es einfach zu viel Sonne!

Was es letztendlich ausmachen kann, wenn das Thema Karma ledig praktischer Meditationserfahrung sich in angelesenen Kopf-Suadas ergeht, ist hier veranschaulicht und bedarf keines Kommentars. Deine Frage bezüglich meiner Meditation will ich Dir gerne beantworten. Einen geeigneten Platz muss ich mir dafür noch suchen.

Bis zum Wochenende (bei uns ist Regen angesagt), hi, sky, hi, M33

Wintersun

Hi M33,

was ist denn ein Kopf-Suadas? Ich habe mal gegoogelt. Das Wort wird sehr, sehr selten benutzt.

Liebe Grüße, Klaus

M33

Hi Klaus,

erstmal habe ich mich bei Dir zu entschuldigen. Du hast mir Ostergrüße geschickt und ich habe auf Dich vergessen, bitte verzeih!

Was die Verwendung des Wortes Kopf-Suada anbelangt: Es ist eine Hommage auf einen verstorbenen Freund. Thomas Bernhard war der Meister der Kopf-Suadas. Ich meinte es im Sinne von "Erdachtes vom Stapel lassen", zum Thema Karma z.B. genau so, wie ich es geschrieben habe.

Hi, M33

Wintersun

Hi M33,

danke für deine Antwort. Dann habe ich eine Vorstellung, was und wie Du es meinst. Wegen der Ostergrüße - ist kein Thema.

Würde mich auch freuen von Dir zu lesen, wie Du meditierst. Noch ist das Wetter zu schön (zumindest hier in Hessen), um zu viel Zeit vor dem Computer/zuhause zu verbringen.

Liebe Grüße, Klaus

Larrim

Namaste,

auch mir war das Wort Kopfsuada unbekannt. Aber irgendwie habe ich es genauso verstanden, wie du es nun beschreibst. Ich hätte es eher "Brain Jogging" genannt!

Bin übers WE weg und wünsche euch allen ein entspanntes und gesegnetes solches, Lars

Katewimision1

Thank you for sharring useful information about Yoga

Peace Warrior

-Sonnenkind

Für mich bedeutet es schlicht und einfach, genau so gut auf meine Umwelt und andere Menschen zu achten, wie ich auf mich achte. Tust du gutes, kommt es zu dir zurück.

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Das Yogasutra zum Thema Karma

Yoga Sutra I-24: Ishvarah ist als besonderes Wesen unberührt von Leid, Karma oder Wünschen

Zur Sutra

Yoga Sutra II-12: Die Kleshas sind [somit] die Wurzel für das gespeicherte Karma. Es wird im sichtbaren [gegenwärtigen] oder in nicht sichtbaren [zukünftigen Leben] erfahren werden.

Zur Sutra

Yoga Sutra II-13: Solange die Wurzeln [der Kleshas, der leidbringenden Hindernisse] verbleiben, muss es [das Karma] erfüllt werden, und erschafft die allgemeine Lebenssituation, die Lebensspanne und das Maß an freudvollen Erfahrungen in unserem Leben

Zur Sutra

Yoga Sutra II-14: Die Ernte aus dem Karma ist entweder freudvoll oder schmerzhaft, je nachdem, ob die zugrunde liegende Tat heilsam oder leidbringend war.

Zur Sutra

Yoga Sutra II-15: Für jemanden mit Unterscheidungsfähigkeit ist alles in dieser Welt leidvoll; das liegt an der Vergänglichkeit, unserem Verlangen, den unbewussten Prägungen und an der Wechselhaftigkeit der Natur

Zur Sutra

Yoga Sutra II-16: Künftiges Leiden kann und sollte vermieden werden

Zur Sutra

Yoga Sutra II-17: Die Identifikation des wahrnehmenden Selbstes mit den wahrgenommenen Objekten ist Ursache [des Leides] und sollte überwunden werden

Zur Sutra

Yoga Sutra II-18: Die wahrgenommenen Objekte haben die Eigenschaften Klarheit, Aktivität und Trägheit und bestehen aus Elementen und Wahrnehmungskräften. Alles Wahrgenommene dient der (genussvollen) Erfahrung und der Befreiung.

Zur Sutra

Yoga Sutra II-21: Die Welt existiert nur für den Sehenden

Zur Sutra

Yoga Sutra II-22: Die Welt verschwindet für den, für den sie ihren Zweck erfüllt hat; für alle anderen existiert sie als gemeinsame Realität weiter

Zur Sutra

Yoga Sutra II-23: Der Sinn der Vereinigung unseres Wahren Selbstes mit der äußeren Welt besteht darin, dass wir unsere Wahre Natur und deren Kräfte erkennen.

Zur Sutra

Yoga Sutra II-24: Die Ursache unserer „Verbindung mit der Welt“ (= Samyoga) ist Unwissenheit

Zur Sutra

Yoga Sutra II-25: Wenn das Nichtwissen endet, löst sich die Verbindung mit der Welt auf – dadurch erlangt der Sehende absolute Freiheit

Zur Sutra

Yoga Sutra II-26: Die Entwicklung und ununterbrochene Anwendung einer reinen Unterscheidungskraft beendet die Unwissenheit

Zur Sutra

Yoga Sutra II-27: Die Anwendung der reinen Unterscheidungskraft führt zur siebenfachen Erkenntnis

Zur Sutra

Yoga Sutra III-23: Die Folgen einer Handlung (Karma) zeigen sich entweder sofort oder ruhen erst und zeigen sich später. Samyama über das eigene Karma führt zur Vorahnung des Zeitpunktes des eigenen Todes.

Zur Sutra

Yoga Sutra III-53: Durch Samyama auf den Strom der Augenblicke erlangt der Yogi Wissen, das auf Unterscheidungskraft beruht

Zur Sutra

Yoga Sutra IV-7: Die Handlungen (und die Folgen daraus; Karma) eines Yogi sind weder schwarz noch weiß, für andere sind sie jedoch dreierlei Art

Zur Sutra

Yoga Sutra IV-8: Aus diesen drei Arten des Handelns entspringen Früchte, die den zugrunde liegenden Neigungen entsprechen

Zur Sutra

Yoga Sutra IV-9: Erinnerungen und unbewusste Prägungen sind gebunden im Wesen und überdauern Ortswechsel, Zeiten und Geburten. Darum wird jeder Wunsch irgendwann eine Folge haben (Karma)

Zur Sutra

Yoga Sutra IV-10: Die Wünsche und Neigungen haben keinen Anfang im Wesen, denn allein schon der Wille zu leben besteht seit ewig

Zur Sutra

Yoga Sutra IV-11: Diese Kette von Ursache und Wirkung wird durch äußere Objekte und unterstützende Faktoren aufrecht erhalten. Verschwinden diese, wird der Yogi von Wünschen befreit

Zur Sutra

Yoga Sutra IV-30: Dann folgt das Ende aller Leiden und des Karma

Zur Sutra

Siehe auch

wasser tropfen reinigung schrift 2 564

Erzählform: Die Gheranda Samhita ist in Form eines Dialoges verfasst. Der Lehrer Gheranda unterweist den wissbegierigen Candakapali. Das erste Kapitel startet mit der aus der Pradipika bekannten Begrüßung: Gheranda verneigt sich vor dem Urgott, der Hatha-Yoga-Wissen gelehrt hat, welches für den, der den Raja Yoga zu erlernen wünscht, wie eine Leiter wirkt.

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Karma ist das Gesetz von Ursache und Wirkung. Wir finden es u.a. im Yogasutra von Patanjali ausführlich behandelt.

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karma yoga blume zr 564

Was ist Karma Yoga? Karma Yoga ist der "Yoga der Tat". Ein jahrtausendealter spiritueller Pfad, den eigenen Alltag yogisch zu durchweben. Was bedeutet das konkret?

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Gast-Geschichte von YogiNils

hindu koenig shiva he 564

Bhagiratha war ein indischer Königssohn. Alle seine Brüder und Schwestern lebten in der Hölle. Sie lebten in der Welt des Leidens. Sie waren innerlich unglücklich. Sie wurden von den sieben Dämonen Wut, Stolz, Neid, Habgier, Angst, Genusssucht und Unweisheit gequält.

Bhagiratha wusste, dass seine Brüder und Schwestern sich nicht alleine von ihrer spirituellen Unweisheit befreien konnten. Der Weg des inneren Glücks ist schwer zu begreifen. Das tägliche spirituelle Üben ist schwer zu erlernen. Und noch schwerer ist es, den Weg des effektiven Übens zu finden. Die meisten Menschen verlieren sich im formalen Üben und kommen langfristig nicht voran. Ohne einen erleuchteten Meister kann kein normaler Mensch den Weg ins Licht erfolgreich gehen. Damit wir eine glückliche Welt aufbauen können, brauchen wir viele erleuchtete Weisheitslehrer.

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Woher stammen diese Beiträge?

Früher gab es auf Yoga-Welten.de einen Forumsbereich. Dieser musste aus technischen Gründen abgeschaltet werden, es gab aber auch fast keine neuen Diskussionen mehr. 

Um die oftmals sehr wertvollen Beiträge der Forumsteilnehmer zu "retten", habe ich die ursprünglichen Posts als Grundlage für eine Neuformulierung genommen und zu einem eigenständigen Text umgeschrieben. 

Dabei wurden auch Dopplungen, Rechtschreibfehler und auch themenfremde Postings korrigiert, gekürzt oder ganz weggelassen. Diese "Straffung" erleichtert den Einstieg ins Thema. Zudem wurden die Texte neu formuliert und um Sachverhalte, Bilder etc. ergänzt. Fehler durch diese Textergänzungen etc. sind natürlich nur mir anzulasten. Ich hoffe aber und habe mich sehr darum bemüht, dass die Aussagen der Forenteilnehmer dabei nicht verfälscht wurden.

Unter jedem Posts gibt es die Möglichkeit, diesen weiterhin zu ergänzen, auf Fehler aufmerksam zu machen usw.

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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