Sarvangasana – Schulterstand oder Kerze
Wenn der Kopfstand der König der Asanas ist, dann wäre Sarvangasana oder Schulterstand (auch Kerze genannt) die Königin der Yoga-Körper-Übungen. Die Übung sollte stets etwas länger gehalten werden als der Kopfstand, da sie dessen "Abhebungstendenzen" abmildert, indem sie den Yogi erdet. Manche Yogis halten diese Asana darum sogar für die wichtigste Übung.
Auch bei Sarvangasana sind die positiven Wirkungen für den Körper mannigfaltig.
Die Übungsfolge
Tipp zur Schonung der Halswirbel
Übe (insbesondere als Anfänger) auf einer gefalteten Decke. Der Kopf liegt auf dem Boden, die Schulter ruht erhöht auf der mehrlagigen Decke.
Schritt-für-Schritt-Anleitung
- Lege dich flach auf den Rücken, halte die Beine geschlossen, lege die Hände mit den Handflächen nach unten auf den Boden.
- Hebe die Beine mit langsamen, fließenden Bewegungen an.
- Dann hebe das Becken.
- Die Beine schweben nun nicht ganz parallel zum Boden.
- Unterstütze den Rücken mit den Händen.
- Richte die Beine und den Rücken auf.
Auch wenn es anstrengender ist: Führe alles in ruhigen Bewegungen aus, nie ruckartig hochschwingen!!! - Strecke die Beine nach oben, so dass der Körper möglichst eine gerade Linie bildet. Der Brustkorb wird in Richtung Kinn geführt.
- Komme in der Stellung zur Ruhe, bis der Atem sanft fließt.
- Vertiefe deinen Atem.
- Spüre in deinen Köper, vor allem den Kehlraum und die Stelle um die Wurzel der Wirbelsäule herum.
- Bleibe so lange, wie es angenehm ist, in dieser Stellung, circa 1-5 Minuten. Mindestens jedoch fünf ruhige Atemzüge lang.
- Komme in umgekehrter Reihenfolge mit abstützenden Händen aus der Stellung oder gleite weiter in den Pflug.
Generelle Tipps zur Asana-Ausführung
Wenn du in die Stellung kommst, mache diese zunächst bewegungslos. Es ist eine gute Basis, eine Asana für zehn ruhige Atemzüge regungslos (oder zumindest sehr ruhig) zu halten. In dieser Zeit auch keine Korrekturen vorzunehmen oder tiefer zu dehnen.
- Der Atem in der Asana
Wenn du in Stellung gehst und dich dabei ausdehnst, atme beim In-Die-Stellung-Gehen ein. Umgekehrt, bei zusammenziehenden Stellungen, atme beim Reingehen aus. Beim Auflösen der Stellung entsprechend umgekehrt.
Wenn du in der Stellung bist, beruhige den Atem. Immer weiter (siehe dazu auch: Yoga - wie atmen?. Atme mit dem Bauch und verlangsame und verfeinere deine Atmung im Laufe des Haltens der Stellung. Wenn problemlos möglich baue kleine Atempausen ein. Verlangsame den Atem so weit, wie es ohne Stress möglich ist.
Wenn du einen Schritt weiter gehen willst, atme während deiner gesamten Asana Praxis in der Ujjayi-Atmung (hier erläutert). Halte dann deine Konzentration während der gesamten Übung beim Atem. - Bandhas in der Asana
In vielen Asanas ist es förderlich, Mula Bandha (ggf. leicht) zu halten. - Entspanne dich
Wenn die Asana fest und der Atem ruhig geworden ist, entspanne alle Körperbereiche, die nicht zum Halten der Asana angespannt sein müssen, so wie es Patanjali in Sutra II-47 empfiehlt. Gehe vom Kopf (Gesicht!) den ganzen Körper bis zu den Füßen durch und entspanne dabei alle Bereiche. - Die Konzentration
Konzentriere dich bei jeder Asana mit allen Sinnen und deinem ganzen Geist auf die Bereiche, die gestreckt oder gestaucht werden. Werde innerlich eins mit diesem Bereich. - Variante: Konzentriere dich auf die Unendlichkeit
In Sutra II-47 empfiehlt Patanjali zudem, sich in der Asana auf die Unendlichkeit zu konzentrieren. Mache dir z. B. bewusst, dass du in der Asana mit dem ganzen Universum verbunden bist, über das Prana mit Allem im Austausch stehst. Oder stelle dir vor, wie du in der Asana inmitten eines Sternenmeeres stehst. Finde deine eigene Verbindung zum Unendlichen. - Variante: Tipp zur Förderung von Freude und innere Stärke
Spüre die positiven Belebungs-, Dehnungs-, und Stimmungswirkungen während und nach der Übung. Erfreue dich ganz bewusst daran, mache diese Freude in deinem Inneren für 5-10 Sekunden lebendig und stark.
Dies ist eine von uns empfohlene Ergänzung zu jeder Asana. Sie dient dazu, förderliche Neuronenverbindungen im Gehirn aufzubauen und sukzessive zu verstärken, siehe nähere Erläuterungen beim Beitrag "Spirituelles Tagebuch". - Spüre nach
Wenn du aus der Asana herausgekommen ist, spüre ihrer Wirkung im ganzen Körper nach (hier im Forum besprochen).
Siehe auch im Yoga-Welten-Übungsplan:
Übungsfolge
Sarvangasana kommt in vielen Übungsfolgen nach dem Kopfstand und vor dem Pflug. Als Gegenstellung kann im Anschluss an den Pflug der Fisch geübt werden. Auch Brücke (Rad) sind passende Anschlussübungen.
Positive Wirkungen des Schulterstandes
Grundlegend
"Sarva" heißt auf Sanskrit "Alle" und "Anga" heißt "Teile". Sarvangasana ist also eine Übung für den ganzen Körper.
- Die Blutzufuhr zum Gehirn wird erhöht.
- Übende berichten vom Lösen der Verspannungen in Nacken und Schultern.
- Das Vishuddha Chakra in der Kehle wird energetisiert.
- Wirbelsäule, Schultern und oberer Rücken werden gestärkt.
- Stress und Anspannung werden abgebaut.
- Die Schilddrüse soll ausgeglichen werden.
- Sarvangasana vitalisiert, soll sogar verfüngen und lindert manche Magenverstimmung und (wie alle Umkehrhaltungen) Krampfadern.
Tipps, Gefahren und Beachtenswertes
Grundlegend
- Manche Lehrer warnen (insbesondere Anfänger) vor der Ausführung von Sarvangansana, da es bei fehlerhafter Ausführung zu Quetschungen und anderen Verletzungen im Nackenbereich kommen kann. Siehe dazu auch das Video von Silvio im rechten Tab.
Mein Empfinden: Bei mir liegt das Gewicht im Schulterstand auf der hinteren Schultermuskulatur. Meine Wirbelsäule berührt dabei kaum den Boden. Deshalb führe ich Sarvangasana für mich bedenkenlos aus, bleibe aber stets achtsam. - Auch für Sarvangasana gilt: NACKEN LANG! Ziehe Schulter und Kopf auseinander.
- Drehe in der Stellung nicht den Kopf oder schaue nach links oder rechts. Dies schont deinen Hals.
- Zwinge dich nicht in fortgeschrittene Haltungen, gerade bei Sarvangasana sollte die Flexibilität nur sanft forciert werden, um Verletzungen zu vermeiden.
- Starte als absoluter Anfänger mit einigen Sekunden in der Übung und erhöhe danach die Zeitdauer langsam.
- Bei Verletzungen oder Vorschäden im Nacken- oder Schulterbereich darf kein Schulterstand ausgeführt werden.
- Wenn du deine Periode hast oder deine Schwangerschaft schon länger als drei Monate andauert, solltest du den Schulterstand nicht ausführen.
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- Geschrieben von Peter Bödeker
- Zuletzt aktualisiert: 05. Februar 2019