Hase auf einer Wiese

Der Hase vor der Möhre

Vor langer Zeit lebte ein Hase am Rande eines kleinen Dorfes. An einem strahlenden Frühlingsmorgen entdeckte er eine saftige Möhre. Eine so große Möhre, wie er noch nie eine Möhre gesehen hatte. Die Rübe glänzte im morgendlichen Tau hinter einem hohen Maschendrahtzaun. Vor Freude lief ihm unserem Hasen Wasser im Hasenmunde zusammen.

Nach Gewohnheit der Hasen versuchte er als erstes, unter dem Zaun einen Tunnel zu graben. Das Erdreich war jedoch voller spitzer Steine, so dass seine Pfoten schnell anfingen zu bluten. Dabei passte bis dahin gerade einmal sein Kopf in das Loch hinein. So würde er nicht zur Möhre gelangen ...

Unser Hase wurde immer aufgeregter und versuchte nun, mit aller Kraft über den Zaun zu hüpfen. Doch der Zaun war zu hoch, der Rand blieb unerreichbar.

Nun nahm unser Hase Anlauf und rannte mit voller Geschwindigkeit gegen den Zaun. Kurz sah er Sterne durch seine nachtschwarzen Hasenaugen. Doch der Zaun blieb unversehrt. Die Möhre blieb unerreichbar.

Das wollte der Hase nicht hinnehmen. Eins ums andere Mal preschte er gegen den Zaun, immer wieder prallte er ohne Erfolg zurück. Unser Hase tat dies so oft, bis er tot vor dem Zaun zusammenbrach.

Irgendwann kam ein weiterer Hase des Weges. Er sah den toten Hasen in der Sonne liegen. Dieser zweite Hase war schon sehr alt, trotzdem zog er seinen toten Artgenossen voller Mitleid auf die Seite, so dass dieser nicht von den Pferdewagen überfahren werden würde.

Dann sah auch der alte Hase die saftige Möhre. Aufmerksam beobachtete er das angefangene Loch unter dem Zaun, prüfte die Höhe des Zaunes, blickte nach links, blickte nach rechts ... und sah, dass der Zaun auf dieser Seite nach drei Metern endete. Der alte Hase hoppelte also um den Zaun herum, holte sich die Möhre und aß sie als Leichenschmaus in Gedenken an seine verstorbenen Artgenossen.

Quelle: unbekannt, nacherzählt von Peter Bödeker 

Yoga-Bezüge der Geschichte

  • Anhaftung und die Folgen
    In der Geschichte vom Hasen vor der Möhre erkennen wir deutlich die Anhaftung des jungen Hasen an sein Ziel. Er sieht die saftige Möhre und fixiert sich so sehr darauf, dass er alle Warnsignale ignoriert. Seine Begierde treibt ihn dazu, sich selbst zu verletzen und letztlich zu erschöpfen. Im Yoga spricht man von Anhaftung (Raga) als Ursache für Leid. Wenn wir uns zu sehr an materielle Dinge oder Ergebnisse klammern, verlieren wir den Blick für das große Ganze.
  • Achtsamkeit als Schlüssel
    Der alte Hase hingegen zeigt uns, wie wichtig Achtsamkeit und Bewusstsein sind. Er nimmt sich die Zeit, die Situation zu beobachten, blickt nach links und rechts und entdeckt so den einfachen Weg um den Zaun herum. Diese Gelassenheit und Weisheit sind zentrale Elemente der Yoga-Philosophie. Anstatt kopflos zu handeln, lehrt uns Yoga, im Moment zu sein und unsere Umgebung bewusst wahrzunehmen.
  • Die Bedeutung des Loslassens
    Der junge Hase konnte nicht loslassen. Seine Verbissenheit führte zu seinem Untergang. Im Yoga lernen wir, Anhaftungen zu erkennen und loszulassen, um frei von Leid zu sein. Durch Loslassen öffnen wir uns für neue Wege und Möglichkeiten, die wir sonst übersehen hätten.
  • Praktische Anwendung im Yoga
    Vielleicht hast du selbst schon einmal im Yoga erfahren, wie wichtig es ist, nicht mit Gewalt eine Position zu erzwingen. Wenn eine Asana nicht gelingt, ist es manchmal besser, einen Schritt zurückzutreten und eine alternative Route zu suchen. So wie der alte Hase den einfacheren Weg fand, können wir durch Geduld und Achtsamkeit unsere Ziele erreichen, ohne uns selbst zu schaden.

Fazit: Die Geschichte erinnert uns daran, dass der Weg zum Ziel nicht immer geradeaus führt. Indem wir Achtsamkeit praktizieren und Anhaftungen loslassen, öffnen wir uns für Lösungen, die uns sonst verborgen bleiben. Im Sinne der Yoga-Philosophie können wir so Leid vermeiden und Weisheit erlangen.

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„Nur die, welche nichts lieben und nichts hassen, tragen keine Fesseln.“

Siddhartha Gautama Buddha, Dhammapada 16, 211. Anthologie  mit 423 Sprüchen des Buddhas ethischen Inhalts, vermutlich auf dem 2. buddhistischen Konzil im Jahr 383 v. Chr. aufgenommen in den Palikanon unter den kurzen Texten (Khuddaka-Nikaya) . Interessant zu wissen: Buddha nannte sein Kind  Rahula, was (auch) mit "Fessel" übersetzt wird.

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Glück kann nicht gefunden werden
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Überanstrenge dich nicht,
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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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