In einem kleinen rumänischen Dorf gastierte ein Jahrmarkt. Die Hauptattraktion war ein großes Spiegelkabinett.
Eines Tages verirrte sich ein Wolf in den frühen Morgenstunden auf den verlassenen Jahrmarkt. Das Spiegelkabinett war am vergangenen Abend unverschlossen geblieben und so setzte der Wolf vorsichtig seine Pfoten in die Spiegelgänge.
Auf einmal fiel die verspiegelte Tür hinter ihm zu. Erschrocken drehte sich der Wolf um und sah sich einem riesigen Wolf gegenüber. Sofort zog er seine Lefzen hoch, knurrte und nahm eine Drohhaltung ein.
Der Wolf gegenüber reagierte ebenfalls mit Drohhaltung, gesträubten Nackenfell und hochgezogenen Lefzen. Die schmalen Gänge wiederholten das drohende Knurren dutzendfach.
Erschrocken lief der Wolf weiter in das Spiegelkabinett hinein. Doch an jeder Ecke begegnete er bedrohlich aussehenden und knurrenden Wölfen. Völlig verängstigt sprang er panisch durch die engen Korridore, prallte mehrfach gegen einen der anderen Wölfe (die merkwürdig hart waren, aber der Wolf hatte keine Zeit, darüber nachzudenken) und fand endlich eine Tür hinaus. Mit letzter Kraft schleppte er sich zurück in den Wald. Keinen Fuß würde er mehr in die Nähe dieses Dorfes setzen.
Angelockt von dem wilden Wolfsgebell betrat Dackel Waldemar das Jahrmarktsgelände. Er verfolgte die noch frische Spur des geflohenen Wolfes bis ins Spiegelkabinett. Schwanzwedelnd spazierte er in die Spiegelgänge hinein und sah sich überall schwanzwedelnden Dackeln gegenüber. Fröhlich bellend begann er hin und her zu tollen und all die Dackel um ihn herum machten es ihm nach. Von überall her echote fröhliches Gebelle.
Da hörte Waldemar den Pfiff seines Herrchens. Wehmütig verabschiedete er sich mit einem letzten Schwanzwedeln von den anderen Hunden. Hier würde er morgen früh wieder herkommen.
Nach einer alten indischen Geschichte, Peter Bödeker