Wolfgang Borchert "Nachts schlafen die Ratten doch" und ihr Bezug zur Yogalehre

Die etwas andere Yoga-Geschichte. Hier findest du den Text der Geschichte und Erläuterungen zum Bezug der Geschichte zur Yoga-Philosophie. Plus passende Yoga-Artikel.

Haus in Trümmern

Inhalt: Wolfgang Borchert "Nachts schlafen die Ratten doch" mit Yogabezug

Die Geschichte: Wolfgang Borchert "Nachts schlafen die Ratten doch"

Das hohle Fenster in der vereinsamten Mauer gähnte blaurot voll früher Abendsonne. Staubgewölke flimmerte zwischen den steilgereckten Schornsteinresten. Die Schuttwüste döste.

Er hatte die Augen zu. Mit einmal wurde es noch dunkler. Er merkte, dass jemand gekommen war und nun vor ihm stand, dunkel, leise. Jetzt haben sie mich! dachte er. Aber als er ein bisschen blinzelte, sah er nur zwei etwas ärmlich behoste Beine. Die standen ziemlich krumm vor ihm, dass er zwischen ihnen hindurchsehen konnte. Er riskierte ein kleines Geblinzel an den Hosenbeinen hoch und erkannte einen älteren Mann. Der hatte ein Messer und einen Korb in der Hand. Und etwas Erde an den Fingerspitzen.

Du schläfst hier wohl, was? fragte der Mann und sah von oben auf das Haargestrüpp herunter. Jürgen blinzelte zwischen den Beinen des Mannes hindurch in die Sonne und sagte: Nein, ich schlafe nicht. Ich muss hier aufpassen. Der Mann nickte: So, dafür hast du wohl den großen Stock da?

Ja, antwortete Jürgen mutig und hielt den Stock fest.

Worauf passt du denn auf? Das kann ich nicht sagen. Er hielt die Hände fest um den Stock.

Wohl auf Geld, was? Der Mann setzte den Korb ab und wischte das Messer an seinen Hosenbeinen hin und her.

Nein, auf Geld überhaupt nicht, sagte Jürgen verächtlich. Auf ganz etwas anderes. Na, was denn?

Ich kann es nicht sagen. Was anderes eben.

Na, denn nicht. Dann sage ich dir natürlich auch nicht, was ich hier im Korb habe. Der Mann stieß mit dem Fuß an den Korb und klappte das Messer zu.

Pah, kann mir denken, was in dem Korb ist, meinte Jürgen geringschätzig, Kaninchenfutter.

Donnerwetter, ja! sagte der Mann verwundert, bist ja ein fixer Kerl. Wie alt bist du denn?

Neun.

Oha, denk mal an, neun also. Dann weißt du ja auch, wie viel drei mal neun sind, wie?

Klar, sagte Jürgen, und um Zeit zu gewinnen, sagte er noch: Das ist ja ganz leicht. Und er sah durch die Beine des Mannes hindurch. Dreimal neun, nicht? fragte er noch einmal, siebenundzwanzig. Das wusste ich gleich.

Stimmt, sagte der Mann, und genau so viel Kaninchen habe ich. Jürgen machte einen runden Mund: Siebenundzwanzig?

Du kannst sie sehen. Viele sind noch ganz jung. Willst du?

Ich kann doch nicht. Ich muss doch aufpassen, sagte Jürgen unsicher. Immerzu?, fragte der Mann, nachts auch?

Nachts auch. Immerzu. Immer. Jürgen sah an den krummen Beinen hoch. Seit Sonnabend schon, flüsterte er.

Aber gehst du denn gar nicht nach Hause? Du musst doch essen.

Jürgen hob einen Stein hoch. Da lag ein halbes Brot. Und eine Blechschachtel. Du rauchst? fragte der Mann, hast du denn eine Pfeife?

Jürgen fasste seinen Stock fest an und sagte zaghaft: Ich drehe. Pfeife mag ich nicht.

Schade, der Mann bückte sich zu seinem Korb, die Kaninchen hättest du ruhig mal ansehen können. Vor allem die Jungen. Vielleicht hättest du dir eines ausgesucht. Aber du kannst hier ja nicht weg.

Nein, sagte Jürgen traurig, nein, nein.

Der Mann nahm den Korb hoch und richtete sich auf. Na ja, wenn du hier bleiben musst - schade. Und er drehte sich um.

Wenn du mich nicht verrätst, sagte Jürgen da schnell, es ist wegen den Ratten. Die krummen Beine kamen einen Schritt zurück: Wegen den Ratten?

Ja, die essen doch von Toten. Von Menschen. Da leben sie doch von.

Wer sagt das?

Unser Lehrer.

Und du passt nun auf die Ratten auf? fragte der Mann.

Auf die doch nicht! Und dann sagte er ganz leise: Mein Bruder, der liegt nämlich da unten. Da. Jürgen zeigte mit dem Stock auf die zusammengesackten Mauern. Unser Haus kriegte eine Bombe. Mit einmal war das Licht weg im Keller. Und er auch. Wir haben noch gerufen. Er war viel kleiner als ich. Erst vier. Er muss hier ja noch sein. Er ist doch viel kleiner als ich.

Der Mann sah von oben auf das Haargestrüpp. Aber dann sagte er plötzlich: Ja, hat euer Lehrer euch denn nicht gesagt, dass die Ratten nachts schlafen?

Nein, flüsterte Jürgen und sah mit einmal ganz müde aus, das hat er nicht gesagt. Na, sagte der Mann, das ist aber ein Lehrer, wenn er das nicht mal weiß. Nachts schlafen die Ratten doch. Nachts kannst du ruhig nach Hause gehen. Nachts schlafen sie immer. Wenn es dunkel wird, schon.

Jürgen machte mit seinem Stock kleine Kuhlen in den Schutt. Lauter kleine Betten sind das, dachte er, alles kleine Betten.

Da sagte der Mann (und seine krummen Beine waren ganz unruhig dabei): Weißt du was? Jetzt füttere ich schnell meine Kaninchen und wenn es dunkel wird, hole ich dich ab. Vielleicht kann ich eins mitbringen. Ein kleines oder, was meinst du? Jürgen machte kleine Kuhlen in den Schutt. Lauter kleine Kaninchen. Weiße, graue, weißgraue. Ich weiß nicht, sagte er leise und sah auf die krummen Beine, wenn sie wirklich nachts schlafen.

Der Mann stieg über die Mauerreste weg auf die Straße. Natürlich, sagte er von da, euer Lehrer soll einpacken, wenn er das nicht mal weiß.

Da stand Jürgen auf und fragte: Wenn ich eins kriegen kann? Ein weißes vielleicht?

Ich will mal versuchen, rief der Mann schon im Weggehen, aber du musst hier solange warten. Ich gehe dann mit dir nach Hause, weißt du? Ich muss deinem Vater doch sagen, wie so ein Kaninchenstall gebaut wird. Denn das müsst ihr ja wissen. Ja, rief Jürgen, ich warte. Ich muss ja noch aufpassen, bis es dunkel wird. Ich warte bestimmt. Und er rief: Wir haben auch noch Bretter zu Hause. Kistenbretter, rief er.

Aber das hörte der Mann schon nicht mehr. Er lief mit seinen krummen Beinen auf die Sonne zu. Die war schon rot vom Abend, und Jürgen konnte sehen, wie sie durch die Beine hindurch schien, so krumm waren sie. Und der Korb schwenkte aufgeregt hin und her. Kaninchenfutter war da drin. Grünes Kaninchenfutter, das war etwas grau vom Schutt.

 

Die Tragik der Geschichte

Symbolisch und metaphorisch schildert die Geschichte den Versuch, die Menschen aus den Trümmern des Krieges zurück ans Licht des Lebens zu locken. Wolfgang Borchert hat die Geschichte in seinen letzten Lebenstagen vom Krankenbett in Basel aus geschrieben. Er litt an einer Lebererkrankung, in Folge derer er im November 1947 im Alter von nur 26 Jahren verstarb. Im Januar 1947 hat er noch "Nachts schlafen die Ratten doch" vollendet. Eine mögliche Interpretation: Steht der Lebenswille des kleinen Jungen symbolisch für Borcherts (im Nachhinein vergebliche) Hoffnung, die eigene Krankheit doch noch zu besiegen?

Bezüge zur Yogaphilosophie

Die Kurzgeschichte "Nachts schlafen die Ratten doch" von Wolfgang Borchert kann auf verschiedene Weise mit der Yoga-Philosophie in Verbindung gebracht werden. Obwohl die Geschichte in der Nachkriegszeit spielt und die traumatischen Erfahrungen eines Jungen beleuchtet, spiegeln ihre Themen universelle Lehren wider, die auch im Yoga zu finden sind.

  1. Mitgefühl (Karuna): Der alte Mann in der Geschichte zeigt tiefes Mitgefühl für den Jungen, der über den Verlust seines Bruders trauert. In der Yoga-Philosophie ist Mitgefühl ein zentraler Wert, der uns dazu anleitet, das Leiden anderer zu erkennen und zu lindern.
  2. Überwindung von Leid und Anhaftung (Duhkha und Aparigraha): Der Junge ist an die Vorstellung gebunden, seinen toten Bruder beschützen zu müssen. Yoga lehrt, dass Anhaftung zu Leid führt und dass das Loslassen von übermäßigen Bindungen zur inneren Freiheit beiträgt.
  3. Achtsamkeit und Präsenz (Dhyana und Dharana): Der alte Mann lenkt die Aufmerksamkeit des Jungen auf den gegenwärtigen Moment und einfache Dinge wie das Essen eines Bonbons. Dies spiegelt die yogische Praxis der Achtsamkeit wider, bei der der Fokus auf dem Hier und Jetzt liegt.
  4. Wahrheit und Illusion (Satya und Maya): Obwohl der Mann dem Jungen sagt, dass Ratten nachts schlafen—was nicht der Wahrheit entspricht—tut er dies, um dem Jungen zu helfen. Dies kann als Hinweis auf die yogische Lehre verstanden werden, dass manchmal Illusionen genutzt werden, um höhere Wahrheiten zu vermitteln.
  5. Heilung durch Gemeinschaft (Sangha): Die Interaktion zwischen dem Jungen und dem alten Mann zeigt, wie zwischenmenschliche Verbindungen Heilung fördern können. Yoga betont die Bedeutung der Gemeinschaft und der Unterstützung durch andere auf dem spirituellen Weg.
  6. Innere Stärke und Resilienz (Tapas): Der Junge zeigt trotz seiner jungen Jahre eine bemerkenswerte innere Stärke. Yoga fördert die Entwicklung von Tapas, der Disziplin und Ausdauer, um Herausforderungen zu meistern.
  7. Nicht-Verletzen (Ahimsa): Indem der alte Mann dem Jungen hilft, verhindert er weiteres emotionales Leid. Ahimsa, das Prinzip des Nicht-Verletzens, ist ein Grundpfeiler der Yoga-Philosophie.
  8. Transformation durch Erfahrung: Die Begegnung führt zu einer Veränderung im Jungen. Yoga lehrt, dass persönliche Erfahrungen und Selbsterkenntnis entscheidend für spirituelles Wachstum sind.

Fazit: Die Geschichte behandelt tiefgreifende Themen wie Verlust, Mitgefühl, Anhaftung und Heilung—Themen, die auch im Yoga zentral sind. Sie zeigt, wie menschliche Verbindung und Achtsamkeit dazu beitragen können, inneren Frieden zu finden und Leid zu überwinden. Durch diese Parallelen kann die Geschichte als literarische Reflexion wichtiger Elemente der Yoga-Philosophie angesehen werden.

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Weitere Interpretationen und Hintergründe zur Geschichte

Yoga-Welten-Artikel zum Thema "Verzweiflung & Leiden"

Vom Beten

kind betet auf teppich l 564

Dann sagte die Priesterin:

"Sprich zu uns vom Gebet."

Und er antwortete, sagte:

Ihr betet in Verzweiflung und Not.
Würdet ihr doch auch beten
in der Fülle eurer Freude und in euren Tagen des Überflusses.

Denn zu was anderem ist das Gebet da,
als für die ...

Hier weiterlesen: Vom Beten


Aus dem Yogasutra:

Yoga Sutra I-5: Es gibt fünf Arten von Bewegungen im Geist (Vrittis), von denen einige leidvoll sind und andere nicht

auge feld 250Vrittayah pañchatayyah klistâklistâh 
वृत्तयः पञ्चतय्यः क्लिष्टाक्लिष्टाः

Ab dieser Sutra geht Patanjali ins Detail. Zunächst unterteilt er die Vrittis in schmerzhaft und nicht-schmerzhaft. Doch wo bleibt dabei die Freude?

Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-5: Es gibt fünf Arten von Bewegungen im Geist (Vrittis), von denen einige leidvoll sind und andere nicht


Yoga Sutra I-15: Verhaftungslosigkeit ist erreicht, wenn das Verlangen nach sichtbaren und unsichtbaren Dingen erloschen ist

om

dṛṣṭa-anuśravika-viṣaya-vitṛṣṇasya vaśīkāra-saṁjṇā vairāgyam
दृष्टानुश्रविकविषयवितृष्णस्य वशीकारसञ्ज्ञा वैराग्यम्

In dieser Sutra beschreibt Patanjali den Endzustand des Übens der Nicht-Anhaftung. Interessant ist, dass viele Kommentatoren diese Sutra dahingehend auslegen, dass Patanjali hierbei auch das Begehren rein spiritueller Wonnezustände im Auge hatte. Sivananda hält (ein wenig) dagegen.

Müssen wir unseren Willen bemühen oder kommt die Freiheit durch das Yoga-Praktizieren quasi "von alleine"?

Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-15: Verhaftungslosigkeit ist erreicht, wenn das Verlangen nach sichtbaren und unsichtbaren Dingen erloschen ist


Yoga Sutra I-16: Das Nichtbegehren nach den Elementen der Erscheinungswelt führt zur Wahrnehmung des wahren Menschen, des Purushas - die höchste Form der Verhaftungslosigkeit

omTatparaṁ puruṣa khyāte rguṇa vaitṛṣṇyam
तत्परं पुरुषख्यातेर्गुणवैतृष्ण्यम्

 

In dieser Sutra geht es um die Frucht fortgeschrittener yogischer Praxis. Patanjali formuliert, dass wir durch den irgendwann voll integrierten Verzicht in der Lage sein werden, unser wahres Selbst (Purusha) von dem zu unterscheiden, was nicht unser wahres Selbst ist. Dadurch sinkt das Begehren weiter. So kann uns die Freude des Purushas immer häufiger erreichen.

Doch wie werde ich zum unbeteiligten Betrachter meines eigenen Lebens?

Hier weiterlesen: Yoga Sutra I-16: Das Nichtbegehren nach den Elementen der Erscheinungswelt führt zur Wahrnehmung des wahren Menschen, des Purushas - die höchste Form der Verhaftungslosigkeit


Yoga Sutra I-31: Leiden, Verzweiflung, nervöse Zustände und unregelmäßige Atmung sind Zeichen eines zerstreuten Geistes

kopf veraestelt 250yduḥkha-daurmanasya-aṅgamejayatva-śvāsapraśvāsāḥ vikṣepa sahabhuvaḥ
दुःखदौर्मनस्याङ्गमेजयत्वश्वासप्रश्वासा विक्षेपसहभुवः

In dieser Sutra nennt Patanjali Symptome, an denen wir einen zerstreuten Geist erkennen. Sie helfen uns, unseren Yoga-Weg stets neu zu justieren. Die Kommentatoren geben tiefergehende Anregungen:

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Yoga Sutra II-8: ›Nicht-Haben-Wollen‹ (Dvesha) resultiert aus Leid

daumen runter rot gDuhkhânushayî dweshah
दुःखानुशयी द्वेषः

Der kurze Text dieser Sutra „Dvesha kommt vom Leid“ ist scheinbar der Ausdruck einer Selbstverständlichkeit. Wenn wir aber bedenken, dass dieses Dvesha – das ›Will-ich-nicht-haben‹ – laut Patanjali zumeist auf Avidya – Unwissenheit – beruht, ergeben sich wichtige Konsequenzen. So öffnet sich ein Weg, freier und gelassener – leidfreier – durch das Leben zu gehen.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-8: ›Nicht-Haben-Wollen‹ (Dvesha) resultiert aus Leid


Yoga Sutra II-9: Haften am Leben (Abhinivesa) ist das instinktive Verlangen nach Leben, das man sogar beim Weisen findet

angst tod geist xdsvarasvāhi viduṣo-i samārūḍho-bhiniveśaḥ
स्वरसवाही विदुषोऽपि तथारूढो भिनिवेशः

Der Selbsterhaltungstrieb Abhinivesa, die (panische) Angst vor dem Tod, ist eigentlich nur eine Form von Raga (›Haben-Wollen‹). Der Mensch wünscht sich, weiter zu leben. Doch Patanjali widmet diesem Klesha (= leidvolles Hindernis) eine eigene Sutra. Und das aus guten Gründen.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-9: Haften am Leben (Abhinivesa) ist das instinktive Verlangen nach Leben, das man sogar beim Weisen findet


Yoga Sutra II-10: Die subtilen Formen [der Kleshas, der schmerzbringenden Hindernisse] können überwunden werden, indem man sie zu ihrem Ursprung zurückführt

kopf gespinst r 250Te pratiprasava-heyâh sûkshmâh
ते प्रतिप्रसवहेयाः सूक्ष्माः

Mit dieser Sutra beginnt im zweiten Kapitel des Yogasutra „prati-prasava“, der yogische Weg der „Gegen-Schöpfung“, hin zur Freiheit von allen leidvollen Spannungen (Kleshas). In der Besprechung der Sutra kommen wir auch zur Begründung der besonderen Wirksamkeit des  (vermutlich) hilfreichsten Tool des Yogapfades.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-10: Die subtilen Formen [der Kleshas, der schmerzbringenden Hindernisse] können überwunden werden, indem man sie zu ihrem Ursprung zurückführt


Yoga Sutra II-11: Die aktiven bzw. gröberen Formen (der Kleshas) werden durch Meditation überwunden

meditation kloster berg 250dhyāna heyāḥ tad-vṛttayaḥ
ध्यानहेयास्तद्वृत्तयः

Die vorige Sutra widmete sich der Auflösung subtilerer Probleme mittels der Rückführung zu deren Wurzel, hier gehen wir nun die gröberen Beschwernisse mittels Meditation an.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-11: Die aktiven bzw. gröberen Formen (der Kleshas) werden durch Meditation überwunden


Yoga Sutra II-12: Die Kleshas sind [somit] die Wurzel für das gespeicherte Karma. Es wird im sichtbaren [gegenwärtigen] oder in nicht sichtbaren [zukünftigen Leben] erfahren werden.

wurzel moos o 250Klesha-mûlah karmâshayo drishtâ-adrishta-janma-vedanîyah
क्लेशमूलः कर्माशयो दृष्टादृष्टजन्मवेदनीयः

Karma und Reinkarnation sind das Fundament der Yoga-Philosophie sowie der anderen indischen Religionen. Auch Patanjali gründet im Yogasutra ganz selbstverständlich auf diesen beiden Vorstellungen vom Leben und seinen Gesetzen. Sutra II-12 ist dem Zusammenhang Klesha – Karma gewidmet.

Schauen wir im Folgenden einmal genauer hin, wie aus den leidvollen Zuständen unser zukünftiges Leben beeinflusst wird. Und natürlich, wie wir es auf Basis dieser Prinzipien besser haben könnten. Oder – das eigentliche Yoga-Ziel – wie wir alle Einflussnahme auf uns beenden.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-12: Die Kleshas sind [somit] die Wurzel für das gespeicherte Karma. Es wird im sichtbaren [gegenwärtigen] oder in nicht sichtbaren [zukünftigen Leben] erfahren werden.


Yoga Sutra II-13: Solange die Wurzeln [der Kleshas, der leidbringenden Hindernisse] verbleiben, muss es [das Karma] erfüllt werden, und erschafft die allgemeine Lebenssituation, die Lebensspanne und das Maß an freudvollen Erfahrungen in unserem Leben

schienen bogen wolken 250sati mūle tad-vipāko jāty-āyur-bhogāḥ
सति मूले तद्विपाको जात्यायुर्भोगाः

Weiter geht es mit der Karmalehre in den Yogasutras. In dieser Sutra schildert Patanjali in knapper Form, wovon unser Leben abhängt und warum es kein Entrinnen aus den Fängen des Karmas gibt. Schauen wir, wie sich unsere Gedanken, Worte und Handlungen auf Lebenszeit, den Erlebnissen in unserem Leben und unser menschliches Umfeld auswirkt.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-13: Solange die Wurzeln [der Kleshas, der leidbringenden Hindernisse] verbleiben, muss es [das Karma] erfüllt werden, und erschafft die allgemeine Lebenssituation, die Lebensspanne und das Maß an freudvollen Erfahrungen in unserem Leben


Yoga Sutra II-14: Die Ernte aus dem Karma ist entweder freudvoll oder schmerzhaft, je nachdem, ob die zugrunde liegende Tat heilsam oder leidbringend war.

mohn feld e 250Te hlādaparitāpaphalāḥ puṇyāpuṇyahetutvāt
ते ह्लादपरितापफलाः पुण्यापुण्यहेतुत्वात्

Patanjali unterteilt die Karma-Folgen in leidvoll und freudebringend. In der Bhagavadgita (und an anderer Stelle im Yogasutra) ist sogar vom Karma „dreierlei Art“ zu lesen. Schauen wir uns einmal näher an, was hier genau gemeint ist und prüfen dann die Lösungswege gegen das Leid, die uns von Seiten des Yogas und vom Buddhismus feilgeboten werden.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-14: Die Ernte aus dem Karma ist entweder freudvoll oder schmerzhaft, je nachdem, ob die zugrunde liegende Tat heilsam oder leidbringend war.


Yoga Sutra II-15: Für jemanden mit Unterscheidungsfähigkeit ist alles in dieser Welt leidvoll; das liegt an der Vergänglichkeit, unserem Verlangen, den unbewussten Prägungen und an der Wechselhaftigkeit der Natur

mann skulptur stein traurigParinâma-tâpa-samskâra-duhkhair guna-vritti-virodhâch cha duhkham eva sarvam vi-vekinah
परिणाम ताप संस्कार दुःखैः गुणवृत्तिविरोधाच्च दुःखमेव सर्वं विवेकिनः

Dieser Aspekt der Karmalehre trifft oft auf taube Ohren, obwohl es sich um eine ganz entscheidende Grundlage aller indischen Philosophien handelt. Wir hören einfach nicht gerne, dass wir letztendlich – wenn wir nur weise genug sind – alles in dieser Welt als unattraktiv und sogar leidvoll ansehen (sollten). Doch obgleich die Konsequenz aus dieser Sutra unangenehm scheint, lohnt es sich, die Auslegungen hierüber zu kennen. Denn auch dieses Postulat aus der Yogaphilosophie können wir positiv für uns nutzen.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-15: Für jemanden mit Unterscheidungsfähigkeit ist alles in dieser Welt leidvoll; das liegt an der Vergänglichkeit, unserem Verlangen, den unbewussten Prägungen und an der Wechselhaftigkeit der Natur


Yoga Sutra II-16: Künftiges Leiden kann und sollte vermieden werden

leiden mann skulptur 250Heyaṁ duḥkhamanāgatam
हेयं दुःखमनागतम्

Die Lösung naht ... :-)

Patanjali verdeutlicht in dieser Sutra, dass Yoga in gewissem Sinne eine vorbeugende Heilkunst ist. Ein Weiser bemüht sich, künftiges Leiden jetzt zu vermeiden.

Die heutige Sutra könnte zudem als Lebensmotto von Buddhisten und Yogis durchgehen. Man kann es als Mantra nutzen, sich täglich erinnern: „Heyam duhkham anâgatam“ – „Künftiges Leiden kann und sollte vermieden werden“. Um diesem Motto zu folgen, brauchen wir drei Dinge.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-16: Künftiges Leiden kann und sollte vermieden werden


Yoga Sutra II-17: Die Identifikation des wahrnehmenden Selbstes mit den wahrgenommenen Objekten ist Ursache [des Leides] und sollte überwunden werden

kopf frau weiss bueste allDrashtri-drishyayoh samyogo heya-hetuh
द्रष्टृदृश्ययोः संयोगो हेयहेतुः

In dieser Sutra finden wir Ursache und Erlösung von allem Leid. Wir müssen nur unsere Unwissenheit, unsere Falsch-Wahrnehmung und Fehl-Identifikation überwinden, dadurch nicht mehr den Wahrnehmenden (Atman, Purusha) mit dem Wahrgenommenen (Prakriti) verwechseln und schon wären wir aller Sorgen ledig. Doch wie gelingt uns das?

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-17: Die Identifikation des wahrnehmenden Selbstes mit den wahrgenommenen Objekten ist Ursache [des Leides] und sollte überwunden werden


Yoga Sutra II-18: Die wahrgenommenen Objekte haben die Eigenschaften Klarheit, Aktivität und Trägheit und bestehen aus Elementen und Wahrnehmungskräften. Alles Wahrgenommene dient der (genussvollen) Erfahrung und der Befreiung.

kuchen schoko erdbeere 150Prakâsha-kriyâ-sthit-–shîlam bhûtendriyât-makam bhogâpavargârtham drishyam
प्रकाशक्रियास्थितिशीलं भूतेन्द्रियात्मकं भोगापवर्गार्थं दृश्यम्

Wenn der Yogi langsam aus seiner Unwissenheit erwacht, nimmt er die Welt um sich herum mit Staunen wahr. Die Wirklichkeit ist eine geheimnisvolle Beziehung zwischen „Wahrnehmenden“ und „Wahrgenommenen“. Prakriti, die Natur, tanzt einen rätselhaften Tanz, der uns seit Urzeiten staunen lässt.

In dieser und den folgenden Sutra geht es um diesen Tanz, sprich die Eigenschaften der Natur, deren Wirkungsweisen und deren Nutzung durch den Menschen. Patanjali versucht zu beschreiben, „was da draussen ist“. Was unser wahres Selbst – Purusha – sehen und erfahren darf.

Hier weiterlesen: Yoga Sutra II-18: Die wahrgenommenen Objekte haben die Eigenschaften Klarheit, Aktivität und Trägheit und bestehen aus Elementen und Wahrnehmungskräften. Alles Wahrgenommene dient der (genussvollen) Erfahrung und der Befreiung.


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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

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